Dienstag, 27. Februar 2024

Toxische Themen

 

  • Kritik an der israelischen Besatzungspolitik, am Militäreinsatz in Gaza und Westjordanland:
    Du bist ein Faschist und Antisemit.
  • Kritik am Terror der Hamas:
    Du bist ein Faschist und Rassist.
  • Kritik an Russland:
    Du bist ein Faschist, Kapitalisten-Knecht und russophober Kaltkrieger.
  • Kritik am ukrainischen Festhalten an einem militärischen Sieg-Frieden:
    Du bist ein ehrloser Verräter und Putinversteher.

etc. etc. pp.


Zusammengefasst: 

Sofern Du nicht ausschließlich besinnungslos, bedingungslos und laut für immer mehr Waffen, immer mehr Gewalt, immer butalere Gemetzel unter Unschuldigen plädierst, bist Du ein feiger, verräterischer, faschistischer Kriegstreiber-Kommunisten-Nazi-Rassisten-Antisemit.

Willkommen im Neusprech-Doppeldenk.   


(Still aus dem Film "1984", verändert via wiki commons)








Samstag, 24. Februar 2024

Life-Haxx: Wahlen

 

Viele Wahlen stehen an in Doitschland im Jahr 2024. Und viele neue Parteien ploppen derzeit auf. Die offiziellen und die insgeheimen Wahlprogramme durchforsten zu müssen, um eine verantwortliche Entscheidung als mündige Staatsbürger*in und qua Verfassung als höchste*r Souverän*in, kann da leicht zum Gefühl der Überforderung führen, zumal das, was dann später umgesetzt wird, nicht zwingend Ähnlichkeit mit besagten Programmen hat.

Hier meine Quick-and-dirty-Methode zu einer verantwortungsvollen Wahlentscheidung. Natürlich nur eine Empfehlung und bewusst holzschnittartig, weil anwenderfreundlich formuliert. Die Reihenfolge der genannten Punkte stellt keine Priorisierung dar. Wenn Du eine Partei beurteilen willst, prüfe folgende Aspekte:

Frage 1: Regenbogen ✔
Erdreistet sich die Partei, irgendwem vorschreiben zu wollen, wer wen und wieviele wie lieben darf und dass Geschlechtsdimorphismus gesetzlich festgeschrieben werden muss? Wenn eine Partei sich dieses Recht zum Eingriff in Dein Allerintimstes zuschreibt, welche Grenzen kennt sie dann überhaupt noch? Den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellen Übergriffen nehme ich - wie alle anderen Übergriffigkeiten - ausdrücklich aus!

Frage 2: Klima, Umwelt usw. 
Der anthropogene Klimawandel ist ein wissenschaftlicher, d.h. falsifizierbarer aber bislang nicht falsifizierter Sachverhalt. Leugnet die Partei das? Wenn sie es nicht leugnet: Zieht sie konkrete, mathematisierbare Konsequenzen daraus? Oder will sie - zum Schutz der eigenen Wirtschaft - auf gesamteuropäische oder globale Lösungen warten, also bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag?

Frage 3: Wirtschaftswachstum 
Simple Logik: Unsere planetaren Ressourcen sind begrenzt. In einem begrenzten System kann es kein unbegrenztes Wachstum geben. Predigt eine Partei das Mantra ewigen Wachstums oder arbeitet sie ernsthaft an Alternativen?

Frage 4: Rassismus 
Fakten der Biologie: Es gibt beim Homo sapiens nur eine einzige Rasse. Alles andere ist gesellschaftliches Konstrukt. Hautfarbe, der Zufall des Geburtsortes und eventuelle Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlich konstruierten Inzucht-Bubbel, genannt "Ethnie" ¹ sind künstlich geschaffene und tradierte Unterscheidungen, die von ausnahmslos allen Ethnien einzig dazu benutzt werden, sich selbst auf Kosten anderer zu erhöhen.

Frage 5: Die Starken und die Schwachen 
Es gibt Menschen, die sind stark / klug / reich / mächtig / wirtschaftlich erfolgreich, und es gibt andere, die sind das nicht so, und das sind natürlich keine absoluten Zuweisungen, sondern höchst schwammige und relative Punkte auf einer fast unendlich gespreizten Skala. Verkürzen wir das auf "Starke" und "Schwache" und fragen wir: Vertritt die von Dir untersuchte Partei die Auffassung, dass es allerwichtigste ethische Pflicht der Starken ist, die Schwachen zu schützen und zu unterstützen? Oder sagt sie, es wäre doch völlig blöd, wenn die Starken ihre Stärke nicht nutzten, immer noch stärker zu werden, sich die Schwachen noch weiter untertan zu machen und andere Starke auszuschalten?

Frage 6: Militärische Gewalt 
Glaubt die von Dir untersuchte Partei daran, dass militärische Gewalt, wenn man sie nur hinreichend steigerte, letztlich immer nachhaltige Konfliktlösungen bringt?

Frage 7: Gendern 
Es ist völlig wumpe, welche Auffassung eine Partei zum Thema "Gendern" hat. Die entscheidende Frage ist, ob die Partei sich die Macht geben (sprich: ermächtigen) will, Dir im Detail vorzuschreiben, wie Du zu sprechen und zu schreiben hast. Sprachpolitik ist Machtpolitik und zwar, wie beim Sex (s.o.), auf einem sehr, sehr persönlichen Level.  



(Goldwaschen California 1848 - verändert via wiki commons)
Ja, die Suche ist aufwändig. Und manchmal bleibt fast nichts übrig.




¹ Z.B.: "die Weißen", "die Yesiden", "die Katholiken", "die Kurden", "die im Tal nebenan", "die Juden", "die Russen" etc. etc. pp.






Samstag, 17. Februar 2024

Offener Brief an Volodymyr Oleksandrovyč S. aus K. /UKR

 

Lieber Volodymyr Oleksandrovyč,

Umstände wie Alter, Wohnsitz und Berufserfahrung machen es mir unmöglich, die Ukraine im Konflikt mit Russland mehr zu unterstützen, als durch meinen staatsbürgerlich-solidarischen Anteil¹ an den materiellen Gaben, die meine Regierung Euch zufließen läßt.

Eine Winzigkeit kann ich darüberhinaus allerdings beitragen, nur einen Tipp.

Eure Propaganda ist erbärmlich! Die ist so schlecht, dass sie kontraproduktiv ist. Ich kann zwar nur aus der Perspektive westlicher Rezipienten urteilen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen östlicher Kulturkreise so sehr anders ticken.

Aktuelles Beispiel

"Die ukrainische Armee gibt die seit Monaten umkämpfte Stadt Awdijiwka im Osten des Landes auf. Der neue Oberkommandierende Syrskyj und der für den Frontabschnitt zuständige General Tarnawskij teilten mit, die Soldaten hätten sich auf zuvor vorbereitete Stellungen zurückgezogen. Die Einnahme hat vor allem symbolische Bedeutung."

Oder hier:

"Russland hat die seit Monaten umkämpfte ukrainische Stadt Awdijiwka eingenommen. 'Angesichts der operativen Lage um Awdijiwka habe ich beschlossen, unsere Einheiten aus der Stadt abzuziehen und auf günstigeren Linien in die Verteidigung zu gehen, um eine Einkreisung zu vermeiden und das Leben und die Gesundheit der Soldaten zu schützen', schrieb der neue ukrainische Armeeführer Oleksandr Syrskyj bei X. Die Armee will die Stadt aber offenbar nicht aufgeben. Man werde zurückkehren.

Die Soldaten hätten sich 'entsprechend einem Befehl aus Awdijiwka auf zuvor vorbereitete Stellungen zurückgezogen', schrieb der für den Frontabschnitt zuständige General Oleksandr Tarnawskyj in der Nacht bei Telegram."

Das geht so nicht, Voly. Das ist  eine nahezu wörtliche Übernahme des Nazi-Propaganda-Framing/Wording/Slangs. Schau mal hier ab etwa 04:10. Oder googele "Frontbegradigung". Das kannste nicht machen, Oleks, und Du musst unbedingt auch Deine sogenannten Verbündeten bitten, in den offiziösen Medien auf derartige Texte zu verzichten. Die "vorbereitete Auffangstellung" stammt sogar aus dem Ersten Weltkrieg, übrigens von beiden Seiten benutzt, je nach dem, wo gerade im Stellungskrieg die Kacke am Dampfen war und man furchtbare ²  Niederlagen einsteckte. 

Sensiblere Naturen registrieren vielleicht auch, dass Eure anfängliche Sucht nach Landkarten mit der strategischen und taktischen Stagnation, also dem Übergang zum Stellungskrieg, zur Abnutzungsschlacht, deutlich abnahm. 

Besagte sensible Naturen, wie ich zum Beispiel, erinnern sich in dem Zusammenhang vielleicht an Erzählungen wie die meiner Großmutter, von der als Ehefrau eines Wehrmachtsoffiziers normativ erwartet wurde, das Vorrücken der Deutschen Wehrmacht mit einem roten Wollfaden auf einer Europa-Karte zeitnah zu protokollieren. Meine Großmutter war ehrlich genug zuzugeben, dass sie dieses Projekt dann im weiteren Verlauf des Krieges sang- und klanglos eingestampft hat, weil es zu deprimierend wurde. Nichts gegen meine Oma, aber gestatte mir, Voly, den Hinweis, dass Ihr gerade exakt denselben Fehler gemacht habt.

Ganz allgemein: Geht die Propaganda-Sache etwas ruhiger an, gefasster. Ja, Ihr habt eine militärische Auseinandersetzung mit einem bedrohlichen Gegner. Aber es wird nicht besser, wenn Ihr den Gegner, jeden einzelnen Soldaten, als "Feind" betrachtet und als "Ork" entmenschlicht. 

Viel eindrucksvoller wäre es, würdet Ihr souverän und mit ruhigem Ernst über die Sache berichten.



(verändert via wiki commons)






¹ Natürlich rede ich hier von den mannigfachen Steuern, die ich zu entrichten habe. Aber "staatsbürgerlich-solidarischer Anteil" klingt doch viel netter. Außerdem macht es deutlich, dass, wer Steuern hinterzieht, eine unsolidarische Ego-Sau ist.

² "furchtbar" waren die Niederlagen eigentlich nur für die einfachen Soldaten. Die Generalitäten waren nicht wirklich betroffen.







Mittwoch, 14. Februar 2024

Zum Kotzen: Doitsches Wesen ...

 

Vorgestern regt sich die gesamte NATO über die idiotischen und äußerst gefährlichen Aussagen eines Größenwahnsinnigen auf, Heute beeilen sich die offiziösen doitschen Online-Portale mit der Meldung, dass Doitschland den Forderungen dieses Größenwahnsinnigen wieder mal in musterschülermäßiger Weise über-entspricht. 

Wie peinlich kann unsere devote und völlig kritiklose Abhängigkeit von diesen Verehrern subklinischer Psychopathen noch sein? Warum schaffen wir Europäer*innen es nicht, uns von diesem "Rudel hirnloser Irrer" (D. Adams) zu emanzipieren?

Weil die Gemeinsamkeit fehlt. 

Warum fehlt die Gemeinsamkeit?

Weil, wenn Europa tatsächlich zusammenwüchse, einige Mächtige an Macht verlieren würden. Und weil die Weltenherrscher in den U.S. of A. bzw in der V.R. of C. bzw. in der R.R. ein gewaltiges Interesse daran haben, uns zu spalten und uns klein zu halten.

Und weil selbständiges Denken und Handeln stets risikobehaftet ist. Dann doch lieber ein absolut gesetzter, bedingungsloser, sabbernd-winselnder will-to-comply ...



(verändert via wiki commons)

Es wäre eine nette Idee gewesen.






Sonntag, 11. Februar 2024

Wider die Religionen der Rache

 

Die aktuelle "Monde diplomatique" (02/2024, S. 10) berichtet mit Quellenangabe, dass Südafrikas Klage gegen Israel wegen des Vorwurfes des Völkermordes an den Palästinensern u.a. damit begründet wird, dass sowohl israelische Regierungskreise als auch Netanjahu wiederholt auf die alttestamentarische Textstelle Samuel 1, 15,3 verweisen, einen göttlichen Aufruf  an Gottes auserwähltes Volk zum Völkermord an den Amalekitern, den Erzfeinden der aus Ägypten einwandernden Israeliten: " ... schlag Amalek! Weihe alles, was ihm gehört, dem Untergang! Schone es nicht, sondern töte Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel!" 

Verwiesen wird in der Anklage weiterhin auf Videos israelischer Soldaten, die ihre Erfolge in Gaza feiern und dabei ebendiese von der Regierung vorgegebene Textstelle skandierten - ein Indiz dafür, dass es sich bei Israels Kampf gegen die Palästinenser um geplanten Völkermord handelt.

Ich habe nie verstanden, wie wir Religionen zulassen können, deren heilige Texte verfassungsfeindlich, menschenverachtend, rassistisch, gewaltverherrlichend usw. usw. sind und zum Völkermord aufrufen. "Heilig" bedeutet in diesem Fall immerhin, dass von den Gläubigen verlangt wird, diese Texte als wahre und richtige und verbindliche Anweisungen zu verstehen. 

In den zahlreichen Diskussionen, die ich mit den Einpeitschern der Abrahamiten¹ darum hatte, wurde mir immer wieder versichert, das Alte Testament werde ja nicht angewendet. Meine Rückfrage, warum man es dann heilig und also verbindlich mache, wurde nicht beantwortet. 

Spätestens mit der Klage Südafrikas dürfte klar sein, warum die Abrahamiten den bösen, gewaltaffinen, alten Rachegott ² der eisenzeitlichen Wüsten-Nomaden des Nahen Ostens nie wirklich abschaffen wollten: Man behielt ihn in der Hinterhand, als diskretes Drohpotenzial und um ihn hervorzaubern zu können, wenn es - wie jetzt offenbar - opportun ist.

Netanjahu hat nun also die Gelegenheit genutzt, einen zweieinhalbtausend Jahre alten Fluch zu zaubern, und er kann sich auf die Autorität ebendieser zweieinhalbtausendjährigen Tradition beziehen und sie für seine erbärmlichen Zwecke missbrauchen. 

Ich sage: Verbieten! Alle religiösen Institutionen, alle religiöse Indoktrination und alle öffentliche Ausübung von Religionen sofort verbieten! Wer für sich, im stillen Kämmerlein davon träumt, auserwählt zu sein und / oder in Himmel und / oder Hölle zu landen, mag das tun. Aber sobald diese sehr schrägen Gedankenkonstrukte anfangen, Außenwirkung zu entwickeln, beginnt umfassendes, unfassbares Leid. Es gibt in der Geschichte keine Ausnahmen.


(stark verändert via wiki commons)





¹ Juden, Christen, Moslems 

² Ich empfehle immer die Lektüre von Esekiel 21 ff. Wenn ihr an die Stelle kommt, an der der HERR die Täler mit dem Blut seiner Widersacher (d.h. Anderdenkender) füllt, denkt dran: Es ist ein HEILIGER Text!




Donnerstag, 8. Februar 2024

Krieg macht klug!

 

Atemberaubende Überraschung: Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, kein ganz unbedeutender Stichwortgeber in Sachen Militärpolitik, zitiert plötzlich öffentlich den Oberkommandierenden der ukrainischen Streitkräfte und fordert ein Ende des Ukraine-Krieges auf Verhandlungswege

Das ist an sich nicht erstaunlich, da der Krieg schon längst zu einem langweiligen¹, kostenintensiven und wenig medienwirksamen Abnutzungs- und Stellungskrieg verkommen ist. Weshalb die Amis nun folgerichtig beschlossen haben, dass sie sich die ausufernden Kosten für die Fortführung des Krieges nicht mehr ans Bein binden wollen. Das alles ist nicht atemberaubend überraschend, das war lange sichtbar bzw. absehbar. 

Was überrascht ist, dass es keine konzertierte Troll-Reaktion mehr gibt. Kein flächendeckendes Mobbing, kein hysterisches Medien-Geschrei, dass, wer für Verhandlungslösungen sei, ein Putin-Versteher, ein Russen-Unterstützer, ein Agent Moskaus sei.² Als Feigling und Verräter wurde verunglimpft, wer gemahnte, dass ein totaler Sieg über Russland wenig plausibel anzunehmen sei. Oder wer daran erinnerte, dass totale Siege eigentlich nie Frieden, sondern bestenfalls temporäre Waffenstillstände gebracht haben ...

Was mich interessiert:

  • Wo sind diese Trolls jetzt?
  • Befeuern die jetzt die neue US-Kriegspolitik, sich aus Israel und der Ukraine rauszuhalten?
  • Empfinden die Menschen, die damals so eine Schafscheiße geschrieben haben, Scham?
  • Ist es ihnen peinlich, dass sie sich damals so sehr von der westlichen Propaganda haben instrumentalisieren lassen?
  • Lernen sie etwas daraus - im Sinne einer Verhaltensänderung?

Ich fürchte, viele Menschen sind einfach so strunzendumm, dass sie nicht reflektieren, können, dass sie nur westliche Propaganda multipliziert haben. Das ist mir im Falle der griechischen Finanz-Staatskrise 2008 genau so ergangen. Erst Jahre später habe ich kapiert, dass ich - unzureichend informiert - voll auf den Falschen herumgehackt habe. Allerdings habe ich mittlerweile daraus gelernt.

Und ganz klar ist, dass die konkret-korrekt bezahlten Trolls hier nicht mitgemeint sind. Die haben ja nicht aus Überzeugung gehandelt, sondern nur aus Gier³. Das einzige, was die lernen können, ist, ob sich der Einsatz gelohnt hat oder nicht. Darüber wüsste ich allerdings gerne mehr. Kann man als Profi-Troll wirtschaftlich erfolgreich sein? Muss man sich da auf eine Seite festlegen? Wie laufen die Vertragsabschlüsse, die Erfolgsmessung, die Bezahlung? Ist KI eine Bedrohung für das Berufsbild des konventionellen Trolls - oder eine Bereicherung?

Fragen über Fragen!


(Stark verändert via wiki commons)
Erfolgsgeschichte Korea-Krieg.



¹ Ich erlaube mir diesen schnoddrigen Ton, um die Geisteshaltung der westlichen Macht-Haber zu karikieren. Nein, ich habe die Opfer auf beiden Seiten und den Schmerz ihrer Angehörigen nicht aus dem Blick verloren. 

² Der Transparenz und Kommunikationshygiene wegen gebe ich zu, dass ich hier als Betroffener schreibe. Ich hätte niemals gedacht, dass ich mit meinem kleinen, unschuldigen Blog so viel Hass aufwirbeln könnte. Wer's nicht glaubt, schaue sich meine Texte von etwa vor einem Jahr an. Himmel, was habe ich in den sozialen Netzen auf die Fresse gekriegt.

³ Letzteres ist in kapitalistischen Wirtschaftssystemen ja keine Sünde, im Gegenteil. Sündhaft wäre es, für die eigene Überzeugung einzutreten, OHNE dass Profit dabei herausspringt.


 




Dienstag, 6. Februar 2024

Plädoyer für verbindlichen "Plan B"

 

Habe auf Mastodon vorhin beiläufig meiner Verbitterung Ausdruck verliehen über den Grad, in dem die Grüne Spitze sich zwecks Erhalt der Ampel gerade inhaltlich bis zur Unkenntlichkeit verbiegt. Ein Mit-Forist antwortete nicht unintelligent, dass Kompromisse, auch schmerzhafte, nun mal zum Wesen der Demokratie gehörten, da Demokratie nun mal von Mehrheiten lebe. Die von ihm angegebene Quelle muss ich erst noch lesen, aber ich stimme dem Gedanken natürlich prinzipiell zu. 

Wie so oft bei klugen Gedanken, fällt es aber leicht, sie durch Übertreibung ad absurdum zu führen. In diesem Fall durch die Frage, ob die Grünen auch mit der (derzeit noch fiktiven!) "Satanistisch-faschistischen-Massenmörder-Partei" Kompromisse finden sollen, um deren eventueller Herrschaft wenigstens einen Hauch Grüner Politik aufzudrücken. 

Die Antwort ist banal, aber die Frage ist es nicht, denn sie führt uns zur Notwendigkeit, Grenzbedingungen zu definieren. 

Andersrum: Ich habe den Grünen meine Stimme gegeben, weil ich sie aufgrund öffentlicher Statements ihrer Führer*innen und aufgrund ihres Wahlprogrammes für die am wenigsten ungeeignete Partei gehalten habe. Wenn ich das aktuelle Regierungshandeln der Partei inclusive der Summe der inzwischen geschluckten Kröten und geschlossenen Kompromisse (Ist-Wert) mit den Aussagen, die mich zur Wahl derselben verleitet haben (Soll-Wert), vergleiche, dann fühle ich mich auf's schändlichste betrogen. 

Und da fällt mir sinngemäß die alte irische Volksweisheit ein: "Wenn sie mich EIN Mal betrügen, sind sie böse. Wenn ich mich ZWEI Mal betrügen lasse, bin ich ein Idiot!"

Ja, ja, ja, ich verstehe das Dilemma von Baerbock, Habeck, Lang und Konsorten: Man kommt nicht da hin, wo sie sind, wenn man nicht hemmungslos machtgeil ist. Wenn Dir Prinzipien wichtiger sind als persönliche Macht, dann werd' Einsiedler*in, dann hast Du in der Politik nix verloren. 

Diesen Gedanken dürfen wir aber nicht akzeptieren, denn er stellt den Fortbestand der FDGO in Frage, und der fühle ich mich durch Vernunft und dreifachen Eid verpflichtet.¹ 

Daher mein dringender Vorschlag:

Jede politische Partei, die sich einer Wahl stellt, hat ZWEI Wahlprogramme öffentlich zu machen. Das erste Wahlprogramm, wir wollen es künftig "Plan A" nennen, ist das gewohnte Wahlprogramm, voller blumiger Versprechungen, als gäb's kein Morgen.

Das zweite Wahlprogramm, "Plan B", ist das realistische Wahlprogramm, an dessen Erfüllung sich eine Partei in jedem Fall messen lassen muss. Das bedeutet, die hier aufgeführten Ziele

  • müssen nachprüfbar sein, operationalisierbar und mathematisierbar.
    "Wir wollen Frieden in Nahost." ist kein mathematisierbares Ziel. "Wir brechen alle politischen und wirtschaftlichen  Kontakte zu jenen ab, die den Krieg in Nahost auf der einen oder anderen Seite unterstützen und wir koalieren mit keiner Partei, die das nicht mitgeht." ist mathematisierbar. 
  • müssen auch umsetzbar sein, wenn die Agrar-, Auto-, Energie- und Waffenlobby dagegen ballern.
    Wenn Ihr wisst, dass die Konzerne Eure Ziele sabotieren werden, warum wollt Ihr sie dann ins Wahlprogramm schreiben? Mutig wäre Euer Programm, wenn Ihr Wege aufzeigtet, dagegen zu halten. Und Ihr koaliert mit keiner Partei, die das nicht mitgeht. 
  • müssen auch umsetzbar sein, wenn der Hegemon, der POTUS, der Imperator der westlichen Welt dagegen ballert.
    Wenn Ihr wisst, dass wer-auch-immer-in-Washington Eure Ziele sabotieren wird, warum wollt Ihr sie dann ins Wahlprogramm schreiben? Mutig wäre Euer Programm, wenn Ihr Wege aufzeigtet, dagegen zu halten. Und Ihr koaliert mit keiner Partei, die das nicht mitgeht. 
  • müssen auch umsetzbar sein, wenn die Reichen dagegen ballern.
    Wenn Ihr wisst, dass die Reichen Eure Ziele sabotieren werden, warum wollt Ihr sie dann ins Wahlprogramm schreiben? Mutig wäre Euer Programm, wenn Ihr Wege aufzeigtet, dagegen zu halten. Und Ihr koaliert mit keiner Partei, die das nicht mitgeht. 
  • müssen auch umsetzbar sein, wenn russische, chinesische, europäische und amerikanische Geheimdienste in den asozialen Netzen dagegen ballern.
    Wenn Ihr wisst, dass Geheimdienste of any color and any kind Eure Ziele sabotieren werden, warum wollt Ihr sie dann ins Wahlprogramm schreiben? Mutig wäre Euer Programm, wenn Ihr Wege aufzeigtet, dagegen zu halten. Und Ihr koaliert mit keiner Partei, die das nicht mitgeht. 
Zugegeben: "Plan B" wird ein dünner, leicht fasslicher Reader. Aber die Leute werden Euch lieben.

Und ich würde Euch wieder wählen.



Wahlplakat der Grünen 1983. 
Habeck 2022: "Jetzt ist keine Zeit für Pazifismus."
Den Spruch verzeihe ich ihm NIE.







¹ Was für eine hammer-heroische, geradezu mythische Formulierung, oder!? Aber sie stimmt: Verglichen mit dem Doitschen Grundgesetz gibt es auf diesem Planeten nur noch schlechtere Staats-Verfassungen. Und ich habe im Laufe meines Lebens drei Mal geschworen, unsere Verfassung zu achten und zu schützen. Daran fühle ich mich nach wie vor gebunden, und das ist gut so.

 



Donnerstag, 1. Februar 2024

Kinky

 

Gerade die rbb-Doku "F*ck Berlin: Folge 2: Kinky" gesehen. Stelle fest:

  1. Gut, dass ÖRR sich endlich so offen und positiv an derlei Themen herantraut.
  2. Kinky scheint ausschließlich bei gutaussehenden weiblichen Mittzwanzigerinnen stattzufinden. Oder spiegeln sich da nur die Präferenzen der Macher*innen der Doku?
  3. Indem ich mich selbst in distanzierter Außensicht ansehe, wie ich mir diese Doku ansehe, explodiert mein innerer Spießer vor Empörung und suggeriert mir ein Selbstbild als sabbernden, notgeilen dirty old man, der mit seinen demnächst 62 Jahren doch, bitteschön, das gesamte Thema Sexualität im allerweitesten Sinne schleunigst ad acta legen sollte, diese erbärmliche, lächerliche, alte Pottsau!
  4. Prompt reagiert ein anderer, offenbar progressiverer Teil meines Großhirns mit der Frage, warum, bitteschön, ich mich mit 250 Jahre alter Spießbürger-Moralkacke blockieren soll und warum Comfreys Gesetz "Wenn zwei sich einig sind, ist alles möglich." nicht auch für mich gelten soll.

Es entsteht ein, öhm, interessanter innerer Dialog, den evolutionär ältere Teile meines Hirns mit nicht-zitierfähigen Neologismen zur Selbst-Beleidigung befeuern.

Die Ergebnisse in Kürze:

  • Es ist kein Age-ismus, wenn ältere Menschen von jüngeren sexuell weniger anziehend empfunden werden. Bei der Paarung jüngerer Menschen ist die Herstellung genetischer Vielfalt wahrscheinlicher, als wenn der uralte Revierbulle sich immer wieder nur mit dem erfahrensten Weibchen paart. Da genetische Vielfalt ein Selektionsvorteil¹ ist, handelt es sich hier um ein evolutionär stabilisiertes Verhalten. 
  • Völlig unabhängig davon werde ich mir meinen ungebrochenen Spaß an Körperlichkeit, an Sex of any colour and any kind weder nehmen lassen noch selbst verbieten noch von irgendwem mies machen lassen, erst recht nicht von mir selbst.





(stark verändert via wiki commons)
"Wer Dich liebt, liebt Dich auch so!"
sagte meine Mutter immer.





¹ Hört guuut zu, ihr Rassisten aller Länder!





Dienstag, 30. Januar 2024

Demokratie at work

 

Mit äußerster kritischer Distanz lese ich regelmäßig auch die "nachdenkseiten.de" (nds). Da findet sich vieles, was ich höchst problematisch, weil einseitig und / oder verfassungsrechtlich fragwürdig finde, aber dann sind da auch immer wieder Dinge, die in anderen Portalen nicht erwähnt werden, obwohl sie es wert wären. 

Zum Beispiel der Bericht über die Bundespressekonferenz vom 24.01.2024, in der ein nds-Journalist darauf hinweist, dass die Bundesinnenministerin den Slogan "From the river to the sea" als pro-palästinensische Formel und Aufruf zur Staatsvernichtung Israels unter Strafe gestellt hat, dass aber der israelische Premier Netanjahu ebendiese Formel verwendet, um Israels Absichten gegenüber den Palästinensern zu beschreiben.

Die sich ergebende Frage, warum eine Formulierung strafbar ist, wenn sie von palästinensischer Seite kommt und auf Israel zielt, nicht aber, wenn sie von israelischer Seite kommt und auf Palästina zielt, wurde mit unerträglichem pseudo-argumentativen Gewürge der Regierungssprecher*innen trotz mehrfacher Nachfragen  nicht beantwortet. 

Der Bericht der Nachdenkseiten erschien mir so albern und hirnverbrannt, dass ich die Quelle prüfte. Und siehe da: Das offizielle Protokoll der BPK auf regierungsoffizieller Seite  bestätigt die Darstellung vollumfänglich. 

Ich weigere mich, diese Geschichte nur als bloße Anekdote abzutun, als ein weiteres Beispiel dafür, wie verlogen, dumm und selbstgerecht das politische Tagesgeschäft ausnahmslos aller unserer Parteien ist. Bei resignativem Zynismus stehenzubleiben, wäre falsch, denn damit würden wir uns von dem Gedanken verabschieden, dass unsere Demokratie zwar gerade ganz beschissen verwaltet wird, dass aber Besserung möglich und in Reichweite ist. Resignativer Zynismus wäre also verfassungsfeindlich. 

Fangen wir also damit an, die Wahrheit zu sagen, denn wir das nicht tun, werden andere, die Faschos, ihre Wahrheit dagegenstellen, und Faesers oder anderer Politiker*innen Schwachsinn gegen die Nazis verteidigen zu müssen, ist das Allerletzte, was wir wollen. Es funktioniert auch nicht.  

Die Wahrheit:

TOP 1: Faeser ist eine bedingungslos machtgeile (s. Hessen-Wahlkampf 2023) opportunistische und inkompetente Egomanin, die in dieser innenpolitisch heiklen Situation völlig überfordert ist, aber so strunzendumm und arrogant, dass sie selbst es nicht merkt..

TOP 2: Alle politischen bzw. politisch-religiösen Führer im aktuellen Nahost-Konfikt sind subklinische Psychopathen, bedingungslos machtgeil und ohne Rücksicht auf Verluste absolut bereit, ihre Anhänger*innen zu massenhaftem Mord und Totschlag aufzustacheln.

TOP 3: Deutsche sind nicht in der Lage, Israel zu kritisieren. Dafür gibt es zwei gute und drei schlechte Gründe.

3.1 Die guten Gründe sind:
3.1.1 Die historische Verantwortung verbietet es uns, und das ist gut so.
3.1.2 Aktuell gibt es in Doitschland immer noch viel zu viele Nazi-Arschgesichter, die es sofort für ihre niedrigen Motive instrumentalisieren würden, wenn Israel-Kritik salonfähig würde. Diese Nazis würden ganz absichtsvoll nicht zwischen berechtigter Kritik und plattem Antisemitismus unterscheiden.

3.2 Die schlechten Gründe sind:
3.2.1 Wir wollen Israel nicht durch Kritik verstören, weil auch berechtigte Kritik reflexhaft mit dem Antisemitismus-Vorwurf totgeschlagen wird.
3.2.2 Wir machen traumhafte Waffengeschäfte mit den Israelis, das will man sich nicht versauen.
3.2.3 Wir sind völlig abhängig von den Amis. Und die wollen gerade nicht, dass wir Israel kritisieren.

Ja, ja, ja ... ja! Das ist ein klitzebisschen verkürzt und vielleicht auch ein bisschen holzschnittartig dargestellt. Aber es ist die einzige Möglichkeit, die offensichtlichen inhaltlichen Widersprüche der o.g. Bundespressekonferenz einigermaßen zu erklären, OHNE DABEI DIE DEMOKRATIE ZU BESCHÄDIGEN!

Entschuldigt die Brüllerei! Macht Euch mal klar, was das bedeutet, wenn sich niemand mehr schämt, das eigene Volk auf so offensichtliche Weise zu belügen! Wieviel Verachtung gegenüber dem Souverän in diesem, unserem Lande, dem Wahlvolk, zeigt sich hier!

....

Ach, Kacke, jetzt habe ich mich wieder voll echauffiert.



(Frazetta: Der Zerstörer, 1954, stark verändert via wiki commons)







Dienstag, 16. Januar 2024

So kann das nix werden!


Lese gerade den "Bodenatlas" von BUND, Böll-Stiftung und TMG. Wenig erbaulich.

Erstens: Die doitschen Gesetze und viel mehr noch die internationalen Verträge zum Bodenschutz sind allesamt zahnlose Tiger. Die Regeln sind so windelweich, so unbrauchbar, so interpretations-offen, so sehr zur Pervertierung und zum Missbrauch einladend, dass der dringende Verdacht naheliegt, das sei von den Verantwortlichen genau so beabsichtigt. Wahrscheinlich würde es diese Gesetze und Verträge gar nicht geben, wenn sie ernsthaft die ungehemmten Profite der Konzerne einschränken könnten. 

Zweitens: Die Regeln für die ökologischen Ausgleichsflächen, der Handel mit CO₂-Zertifikaten etc. etc. führen dazu, dass sich die reichen und mächtigen Nationen und Konzerne von wirksamen Maßnahmen gegen den anthropogenen Klimawandel "freikaufen" können, indem sie irgendwo auf dem Planeten sogenannte "Ausgleichsflächen" kaufen oder pachten, während in ärmeren und wirtschaftlich schwächeren Ländern dafür viele Menschen von angestammten Ländereien, ihrer Lebensgrundlage, vertrieben werden, um einige wenige Lokal-Herrscher mit westlicher Kohle noch ein bisschen reicher und mächtiger zu machen. 

Es bleibt dabei: Ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, das ausschließlich  auf der hemmungslosen individuellen Gier nach Geld und Macht basiert, ist per definitionem außerstande, Lösungen für die Allgemeinheit, für unsere globalen Probleme zu liefern. 

Das ist wie Fausts Pakt mit dem Teufel oder wie der Ring der Macht: Alles, was Du damit machst, egal, wie ehrenhaft Deine Ziele scheinen mögen, wird pervertiert, wird böse, dunkel und furchtbar. 

"Je höher die Ideale, desto schlimmer die Ergebnisse." ¹



(via wiki commons)

Eigentlich wollte Dr. S. nur seine Steuererklärung machen ... 



¹Das ist meine Übersetzung einer Übersetzung einer Übersetzung aus dem Tao-te-king. Ob Lu-Tze das jemals so gesagt hat, ist äußerst zweifelhaft. Aber gedacht hat er es bestimmt. Zumindest würde ihm der Satz gut gefallen ... glaube ich.