In meinem nächsten Leben möchte ich Film-/Fernseh-Wissenschaftler*in werden. Damit meine ich nicht, dass ich "was mit Medien" machen will, sondern, dass ich als Naturwissenschaftler*in gerne wie "die im Film" arbeiten können möchte: Beliebiger Zugriff auf Equipment, Boote, U-Boote, Forschungsschiffe, Hubschrauber¹, Autos, Labore, Personal, Hotel- und sonstige Unterkünfte und rattenschnelle Kommunikations-Infrastruktur, alles vom feinsten und alles sofort verfügbar.
Noch wichtiger: Die immateriellen Güter, wie freie Zeiteinteilung, Fokussierung auf selbstgesteckte Ziele, keinerlei Legitimationsdruck, keine Lehre, keine Verwaltung, keine nervigen Studies, kein demütigendes Betteln um Drittmittel, deren Beantragung 80 % der Arbeitszeit kostet, kein Veröffentlichungszwang, kein eifersüchtelndes Hickhack in den Gremien. Ich bin aus dem Thema Meeresforschung ziemlich raus, aber wird der Einsatz der Forschungsschiffe nicht auf Jahrzehnte im Voraus minutiös festgelegt? Und wer bearbeitet deren Reisekostenabrechnungen, die Freistellungsanträge, wer triggert die Reiserücktrittsversicherungen, wenn mal wieder ein*e Wissenschaftler*in im aufopferungsvollen Kampf gegen die Yrr, nunja, aufgeopfert wurde? Da bleiben unglaubliche Kosten an den Instituten hängen, wenn man nicht aufpasst. ²
Noch, noch wichtiger: Ich will diese kurzen, straff strukturierten, zielführenden Meetings mit ausschließlich kompetenten, gutaussehenden, charmanten Teilnehmer*innen, die knappen, pointierten Diskurse. Die haben im Film gar keine Tagesordnungen mit "TOP 1: Begrüßung..." und "TOP 13: Sonstiges/Schluss" und niemand fragt "Äh, das Protokoll von der vorletzten Sitzung, ist das inzwischen eigentlich raus? Ich glaub', ich hab' das gar nicht gekriegt...!" oder "Vielleicht habt Ihr ja schon gehört, die Vanessa hat letzte Woche ihr zweites Kind gekriegt, und da wollten wir was schenken, und ich hab' dazu letzte Woche auch schon 'ne Mail an Alle geschickt, aber ich dachte, ich frag' hier auch noch mal, ob Ihr bla bla bla bla..."
Zusammengefasst: Der Schätzing, das ist schon ein ganz begnadeter Science-Fiction-Autor. Seine Fiktion, wie Science sein könnte, beeindruckt mich sehr.
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¹ Besonders heiß bin ich auf den Heli, der die 700+km von Trondheim zu den Shetlands und wieder zurück an einem Tag und in einem Rutsch (nebst Rettungsaktion) packt. Normale Helis dieser Art haben daumenpeil eine Reichweite von 500 km und eine Geschwindigkeit von 250 km/h.
² Ha! Das ist meine Idee für das "Schwarm"-Sequel:
In dem Versuch, den angesammelten Verwaltungsscheiß der involvierten "Schwarm"-Wissenschaftler*innen und ihrer Institutionen aus den Folgen 1 - 8 nachträglich aufzuarbeiten, konstruiert ein genialer, aber verzweifelt-wahnsinniger IT-Projektmanager eine gigantische Datenbank, die dann aber unter dem schieren Eigengewicht der Daten kollabiert und zu dem digitalen Pendant eines Schwarzen Loches wird, das anschließend alle globalen Rechenzentren und also die Weltherrschaft übernimmt und uns zwingt, nur noch Dinge zu verwalten, Listen zu schreiben usw., statt sinnvolle Arbeit zu tun ...