Samstag, 11. Juli 2020

Immer wieder


Gerade in der Diplo den Artikel "Kobalt wird knapp" von Akram Belkaïd gelesen. Es geht unter anderem um die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den vielen kleinbetrieblichen Kobaltminen in der DR Kongo. Ich wusste nicht, dass diesbezüglich eine Klage gegen global agierende Auto-, Smartphone- und andere Akku-Hersteller läuft, da die so inhumane Glieder in ihren Lieferketten akzeptierten.

Ich hacke ja auch gerne und sehr zu recht auf den Konzernen rum, aber der reduktionistische Holzschnitt "Hie der arme kongolesische Mineur und hie der supermächtige Global-Player" verstellt erneut den Blick auf die wahren Ursachen. Die Geschichte ist eben nicht, dass der dicke, böse, dollarstrotzende weiße Mann in die romantische Hütte eines fröhlich-friedlichen, naturverbundenen kongolesischen Hirten-Nomaden eindrang und ihn zu mörderischer bergbaulicher Fron zwang. Die Geschichte ist, dass die macht-habenden Kongolesen in egomanischem Rausch immer mehr Macht und Geld anhäufen und sich einen Dreck um Leid und Leben ihrer Leute kümmern. Und diese Leute machen dann derartige Jobs. Ob sie das nun ihrerseits aus Geldgier oder in Ermangelung irgendwelcher Alternativen tun, weiß ich nicht.

Und es waren Afrikaner, die andere Afrikaner gefangen und in weiße und arabische Sklaverei verkauft haben ... bla ... bla ... bla ...

Ich habe diesen Quatsch hier schon ein paar Mal schreiben müssen. (z.B. 2015, 2018 etc.) Altes Lied: Wenn der Markt für Sklaven oder für Elfenbein oder für Gold oder für Diamanten oder für Coltan oder für Kobalt nicht mehr genug für die überfressenen Potentaten vor Ort abwirft, dann werden sie etwas anderes finden, um im Deal mit den global players aus West, Ost und Fernost aus dem Leid ihrer Leute Geld zu machen.

Und wir selbsternannten Erstweltler stehen daneben, heulen, die Unterdrückten dieser Welt mögen sich doch endlich solidarisieren und mit dieser Solidarität das ausbeuterische System hinwegfegen. Dabei sind wir selbst nur insoweit solidarisch, als wir kollektiv klammheimlich akzeptieren, Nutznießer dieser menschenverachtenden Strukturen zu sein. Gemeinsam ist uns, dass wir nur flüchtig, am liebsten jedoch gar nicht erahnen wollen, wie unsere schöne, neue Konsum-Welt aussähe, wenn weltweit die Gerechtigkeit ausbräche und fast acht Milliarden Menschen plötzlich gleiche Start-, Lebens- und Bildungsbedingungen hätten.




 "Sklavenjäger", Radierung um 1820









Sonntag, 5. Juli 2020

Sine qua non: Plöger 06/2020


Lese gerade den aktuellen Plöger: "Zieht Euch warm an, es wird heiß!", Untertitel: "Klimawandel verstehen und aus der Krise für die Welt von morgen lernen"

Hier keine Rezension, aber mich beeindruckt, wie Plöger auf dem schmalen Grat zwischen notwendiger Darstellung  komplexer physikalischer Sachverhalte einerseits und leseappetitlicher Verstehbarkeit andererseits tänzelt, ohne je zur einen oder anderen Seite abzustürzen.

Nur im Kapitel "Kritischen Äußerungen begegnen und daraus lernen" musste ich immer wieder ein paar Absätze überspringen, weil Plöger da auf seine ruhige, verbindliche Art die ihm immer wieder begegnenden Pseudo-Argumente der Leugner menschengemachten Klimawandels aufschreibt und sehr sachlich Stück für Stück abschichtet. Den hier protokollierten, altbekannten Populisten-Schwachsinn in so konzentrierter Form inhalieren zu müssen, schmerzt, macht Kopfweh und deprimiert.

Andererseits ist es natürlich großartig, weil kräfteschonend: Wenn das nächste Mal eine entsprechende Diskussion in populistischen Dumpf-Sumpf abgleitet, sage ich schlicht: "Das wird mir hier zu doof. Lesen Sie bitte Plöger, 2020, S. 171 ff!" Dabei muss ich natürlich in Kauf nehmen, eventuell als arrogante, elitäre Drecksau wahrgenommen zu werden, aber das ist ein fairer Preis dafür, diese hirnzerschmetternden und meistens ohnehin fruchtlosen Diskussionen nicht mehr führen zu müssen.

An dieser Stelle schleicht sich ein Hauch von Skepsis gegenüber Plögers Ansatz ein. Seine Auffassung, man müsse nur hinreichend aufklären, dann würden die Menschen die Wahrheit erkennen und einsichtig handeln, finde ich sehr ... nett ... will sagen: optimistisch ... Vielleicht bin ich zu alt, zu griesgrämig, zu zynisch, aber mein Menschenbild geht eher so: "Ein viel zu großer Anteil unserer Spezies hasst Verhaltensänderungen und ist bereit, gewaltige Energien, irrsinniges Leiden (eigenes und fremdes) und beliebige Mengen ritualisierter Unvernunft zu investieren, um an überkommenen Verhaltensmustern festhalten zu können."

Plögers menschenfreundliche Auffassung, Klimawandelleugnern gebräche es nur an der entsprechenden physikalischen oder sonstigen Information, würde ich so gerne teilen - doch leider ...!

Und da ich ja sowieso gerade über Strategien zur Re-Demokratisierung dieses, unseres Landes nachdenke, leite ich daraus ab: Demokratische Entscheidungen zu Fragen des Klimawandels dürfen demnächst nur von jenen Wahlberechtigten mit-getroffen werden, die befriedigende grundlegende physikalische Kenntnisse, sagen wir, 10. Realschulklasse nachweisen können. Es muss nicht Jede*r von Allem Ahnung haben. Aber bevor Leute, die mangels eigenen Wissens wehrlose Opfer populistischer Dreiwort-Satz-Rhetorik geworden sind, an demokratischen Entscheidungen beteiligt werden, halte ich gewisse Einschränkungen für notwendig und dem Staate förderlich.

Das Wahlsystem könnte derlei berücksichtigen, wenn wir es stärker an den Wahl-o-maten, insbesondere deren inhaltlicher Gliederung, orientierten. Bürger*innen, die selbst wissen oder denen nachgewiesen wurde, dass sie von Klima, Physik etc. keine Ahnung haben, wird das entsprechende Menü einfach nicht angeboten. In der Richtung muss ich mal weiterdenken. Da ist noch viel Musik drin. 




(Ich hoffe, ich habe das Foto genug verfremdet, um keinen Copyright-Stress zu bekommen ...
Sicherheitshalber sage ich nochmal ganz deutlich, dass ich dieses Werk
hiermit in den Kanon allgemeinverbindlicher Lektüre aufnehme!)












 


Mittwoch, 24. Juni 2020

Idee zur Re-Demokratisierung dieses, unseres Landes


Die demokratische Willensbildung ist im Laufe der Jahre in einem Sumpf aus populistischen Lautsprechern und machtgeilen Egomanen gelandet, das Ganze, wenn man's im Ergebnis betrachtet, so konzernlobbyfreundlich strukturiert, dass die Reichen zwangsläufig immer reicher und mächtiger werden, die Armen hingegen nicht. 

Änderung ist dringend geboten. Hier nun mein wohlüberlegter Vorschlag:

X sei der Tag der Bundestagswahl. Der neue Bundestag besteht aus 250 Abgeordneten.

X - 24 Monate: 20.000 Erwachsene werden repräsentativ aber zufällig ausgewählt und gefragt, ob sie bereit wären, sich in den Bundestag 2.0 wählen zu lassen.
X - 23 Monate: Die Leute haben sich entschieden. Sie werden zu Info-Veranstaltungen eingeladen und müssen
X - 18 Monate: einen Staatsbürgerkundlichen Test bestehen, der als Minimum etwa den Wissensstand am Ende der Realschulausbildung abfragt.
X - 16 Monate: Aus den übriggebliebenen Kandidat*innen (K*K) werden in zufälliger Verteilung vier Teams à 250 K*K gebildet. Die Teams gehen unabhängig voneinander, jedes Team für sich und abgeschottet von der Außenwelt, in Klausur und erstellen ihr jeweiliges Regierungsprogramm, das schematisch gemäß den Themenbereichen von Wahl-o-maten strukturiert sein sollte.
X - 12 Monate: Die Wahlprogramme sind fertig und werden öffentlich kommuniziert. Eine Art Wahlkampf zwischen den vier Teams beginnt. Irgendwelche finanziellen, sachlichen oder sonstigen Zuwendungen sind verboten.
X: Wahltag. Das 250er Team mit den meisten Stimmen gewinnt. Es gilt die einfache Mehrheit, es gibt keine Koalitionen. Die Legislatur dauert 5 Jahre. Das Team besetzt in demokratischer Wahl die üblichen Ministerposten und übernimmt die Regierungsgeschäfte.
X + 5 Jahre: Die Legislatur ist abgelaufen, Wiederwahl bzw. erneute Kandidatur sind nicht möglich, denn das nächste Team steht bereits in den Startlöchern. Nun bewertet das Wahlvolk die Leistung des alten Teams, indem die Wahlversprechen / das Regierungsprogramm (s.o.) mit dem Erreichten abgeglichen wird. Alle Team-Mitglieder erhalten ein lebenslängliches Bedingungsloses Grundeinkommen, das pro Nase einheitlich zwischen 1.000 und 4.000 Euro monatlich festgelegt wird, und zwar vom Wahlvolk, das damit die Leistung bzw. Nicht-Leistung des Teams abschließend würdigt. Die Team-Mitglieder dürfen darüberhinaus keine Geschenke, Vergünstigungen, Arbeitsplätze, Posten, Pöstchen, Tantieme etc. etc. von wem auch immer annehmen. Freiwillige Einsätze für gute Zwecke sind möglich. Und natürlich wird auch im Nachgang für ihre persönliche Sicherheit gesorgt, falls besondere Probleme auftauchen.

Dieses Verfahren vermeidet Egoismen, Machtanhäufungen und Möglichkeiten zu Machtmissbrauch, Lobbyismus und Korruption, vor allem Abhängigkeiten im Bereich der ewigen "Aktion Abendsonne". Fraktionszwänge aus "gewachsenen Strukturen", Parteidisziplin und uneinlösbare Wahlversprechen sind ad acta. Die K*K haben bei der Festlegung des Wahlprogramms und bei dessen Umsetzung nur das mittelfristige (immerhin!) Wohl der Wähler*innen zu berücksichtigen, denn auch am Ende werden sie nochmals bewertet. Wer zu viel versprochen und nichts umgesetzt hat, wird hinterher abgestraft. Wer ein Wahlprogramm vorstellt, das Mist ist, wird gar nicht erst gewählt. Die Wähler*innen geben nicht nur ihre Stimme ab, sondern bewerten im Nachhinein, was die Macht-Habenden damit gemacht haben..

Es hat auch persönliche Nachteile, unter diesen Bedingungen Regierungsmacht zu übernehmen, es tut ein bisschen weh, gewählt zu werden. Kein Job für Egomanen. Eine gewisse Selbstlosigkeit gehört dazu. Materiell kann man nicht viel gewinnen, Respekt und Anerkennung hingegen sehr.

Ich find's großartig. Was an diesem Vorschlag so schrecklich naiv klingt, ist, dass er unterstellt, der bisherige Parteienklüngel würde einfach so von seiner Macht lassen.
















Montag, 22. Juni 2020

Notwendige Begriffsklärung


In Stuttgart Bürgerkriegs-Zustände, nur ohne Anlass und ohne Utopie, einfach so. In NRW 1331 Korona-Infektionen, aber kein Lockdown, der schon bei 50 Fällen eigentlich fällig gewesen wäre. Trump, Bolsonaro, Erdogan sind (wieder-)gewählte Staatslenker. Was, zum Henker, läuft falsch in dieser, unserer Welt?

Ganz einfach: Die Begriffe stimmen nicht mehr. Beispiele:

Fakten und Fake-News:
Wir würden, heißt es, mit Informationen so dichtgeschmissen werden, dass Wahrheit und Lüge nicht mehr unterscheidbar seien. Ich stimme dem zu. Das aber als Entschuldigung für Passivität, für bequeme persönliche Un-Verantwortlichkeit und für einen ethischen Persil-Schein zu nehmen, ist falsch. Gegen Fake-News kann man sich ganz leicht schützen: "Wer einmal lügt, dem glaubt nicht!". Fertig. Gab es nicht mal Zeiten, in denen ein Plittikörr erledigt war, wenn man ihn bei EINER Lüge erwischt hat? In Worten: "eins", in Zahlen "1". Dahin können wir ganz leicht zurückkehren. Wir dürfen nur keine Plittikörr wählen, die jemals öffentlich gelogen haben. So einfach!

Ich will nicht beschwören müssen, dass es sowas schon mal in Reinform gegeben hat und wann und wo. Aber genau dahin müssen wir: Bewusst taktischer Umgang mit der Wahrheit ist ein endgültiges K.O.-Kriterium. Das gilt für Plittikörr, Konzernbosse, vor allem aber auch für Presse-Organe, die den Journalismus, der nur dann Journalismus ist, wenn er fundiert kritisch ist, durch billigen Polit-Lautsprech ersetzt haben.

Deutsche und Nicht-Doitsche:
Auch da verstehe ich nicht, was daran nicht zu verstehen ist: Wer durch Wort und Tat beweist, dass sie*er auf der Basis unserer Freiheitlich-demokratischen Grundordnung handelt und für diese aktiv eintritt, ist Deutsche*r. Es ist vollkommen egal, auf welchem Planeten die Entität erstmals das Licht welcher Galaxie erblickt hat oder wie und wo sie, er, es, * bevorzugt herumstoffwechselt. Umgekehrt sind Faschos und andere Polit-Reli-Fundamentalisten niemals echte Deutsche.

Und auch Leute, denen es egal ist, in welchem System sie leben, die auch Unrecht billigen, wenn denn das Geschäft stimmt, gehören nicht zu den Deutschen. Damit meine ich sowohl den politisch indifferenten türkischen Gemüsehändler und heimlichen Erdogan-Sympathisanten in unserer Fußgänger-Zone als auch den pseudo-doitschen Konzern-Vorstand, und sei er noch so bio-doitsch, der des Steuervorteils wegen seine Zentrale in irgendeinen faschistoiden Failed-State oder nach Irland, Luxemburg oder sonstwohin verlagert.

Gut und Böse:
Bla ... blabla ... bla! Himmel nochmal, im Sandkisten-Alter wussten wir völlig sicher, was Gut und Böse ist. Wenn man sich vor tiefschürfender Auseinandersetzung mit ethischen Positionen scheut, dann kann man wenigstens zu dieser Denke zurückkehren. Klauen ist doof, Schwächere verhauen ist auch doof. Erzählt mir nicht, dass man das erst lernen musste. Das WUSSTE man! Ich frage mich oft, wie dieses Wissen bei manchen Menschen so dermaßen verloren gehen kann.

Und wenn Ihr's ein bisschen theorielastiger ertragt und braucht, dann denkt an die Goldne Regel, die in jeder menschlichen Gesellschaft gilt: "Behandle andere so, wie Du von Ihnen behandelt werden möchtest." Das ist ja intellektuell auch nicht so mörderisch kompliziert, oder? Wenn mir beim Thema "Gut & Böse" jemand erzählen will, so einfach sei das nicht, ist er meistens einer von den Bösen.

Weise und doof:
"Doof" kommt von "taub". Ich biege etymologisch mal ein bisschen rum und definiere: Leute, die auch durch unhintergehbare äußere Sinneseindrücke von einer vorgefassten Meinung nicht abzubringen sind, sind doof. Fertig.

Das Gegenteil von "doof" ist "weise". "Klug, schlau, pfiffig" haben so einen Hauch von Verlogenem, Taktischem. "Intelligenz" ist als Begriff fachwissenschaftlich so uneindeutig, dass es praktisch unbrauchbar ist. Weisheit sei definiert als die Eigenschaft, aus vielen Fehlern gelernt zu haben. Die Mengeneinheit von Weisheit ist die Vielzahl der Fehler, aus denen Verhaltensänderungen abgeleitet wurden. Du kannst nicht weise sein und gleichzeitig frauenfeindlich, homophob, rassistisch, egozentrisch, arrogant, populistisch und machtgeil.

Demokratie:
Das Volk sei der weise, gute, verantwortungsvolle, wohlinformierte und wohlmeinende Herrscher einer Nation. Demokratie funktioniert nicht, wenn es ein paar wenigen superreichen, krankhaft machtgeilen Egomanen gelingt, die restlichen 99 % des Volkes mit Kommerz einzulullen und bis zur Zombiehaftigkeit zu verblöden. Was unter diesen Bedingungen an den Wahlurnen geschieht, ist für mich ein Problem horriblen Ausmaßes, das mich fast verzweifeln lässt und (mit Heine) immer wieder um den Schlaf bringt. Statt zukunftsverantwortlicher Entscheidungen immer wieder und wieder das dumme, egoistische "Demokratie heißt: 'Wähl' Dich reich!'".

Doofe, böse Leute und alle, die aus Faulheit unmündig sind, Kant lässt grüßen, sollten nicht wählen dürfen. Wie man da weise filtert, darüber denke ich noch nach ...






(verändert via wiki commons)


















Sonntag, 14. Juni 2020

Von den Dächern gepfiffen



Soso, der NATO-Generalsekretär "warnt vor Chinas Aufstieg", die weltweite Machtbalance werde sich wandeln. Wieso warnt er nicht vor Trump? Wieviel schlimmer, wieviel unethischer und erniedrigender könnten Abhängigkeiten von* China bzw. Russland sein, als von God's own country in seinem derzeitigen Zustand?

Es ist ja wahrhaftig keine besondere Prophetie nötig, kein vertieftes global-strategisches, diplomatisches oder politisches Verständnis: Die US of A, Russland und China werden sich künftig um die Vorrangstellung auf diesem Planeten kloppen, und alle anderen Staaten können sich entweder speichelleckerisch und devot dem einen oder anderen Honcho auf Gedeih und Verderb ausliefern und absolut unterordnen oder sie schaffen es doch noch, miteinander ein solidarisches Bündnis zu schmieden, um wenigstens Bruchstücke ihrer kulturellen und politischen Selbständigkeit zu retten..

Die EU schafft den vernunftgebotenen Solidarisierungs-Akt allerdings nicht, weil die je regierenden Junten** zwecks egomanischen Machterhalts der Lokal-Herrschenden jeder auch noch so offensichtlichen Verführung zur Entsolidarisierung Europas blind-willig nachkommen.

Diese Dinge sind so banal und deutlich sichtbar ... das macht's irgenwie noch schlimmer.










(...)

Poor people gonna rise up
And get their share
Poor people gonna rise up
And take what's theirs.

Don't you know you better run, run, run,
Run, run, run, run, run, run, run, run,
Run
Oh I said you better run, run, run, run,
Run, run, run, run, run, run, run, run

Just finally the tables are starting to turn
Talkin' bout a revolution
Just finally the tables are starting to turn
Talkin' bout a revolution, oh no
Talkin' bout a revolution.

(...)




* Polit-Sprech: Streiche "Abhängigkeiten von", setze: "Bündnisse mit"

** Das ist der Plural von "Junta", ich hab's nachgeschaut.






Samstag, 6. Juni 2020

Striem off Konschissniss


Das Wetter ... puh! Dabei ist ja seit 'ner knappen Woche meteorologischer Sommer. Und, achduscheiße, ab 20. Juni werden die Tage schon wieder kürzer. Dann geht's auf Weihnachten zu. Trübe Aussichten.

Stimmt es eigentlich wirklich, dass die meisten Kinder inzwischen glauben, der DHL-Mann bringe die Weihnachts-Geschenke? Das muss ja sehr verwirrend sein, wenn der DHL-Mann Sachen von Amazon bringt, die eigentlich der Weihnachtsmann bringen sollte, von dem niemand genau weiß, in welcher Beziehung er zu Coca-Cola und / oder zum Christkind steht, das ja Jesus ist, ans Kreuz genagelt wurde und nie Geschenke gebracht hat, weil das Aufgabe der drei heiligen Könige ist, die in diesem Jahr aber wegen Corona-Rassismus elend im Mittelmeer ertrinken oder in einem südeuropäischen bzw. vorderasiatischen Auffanglager enden werden. Also keine Geschenke dies Jahr, schade.

Ich glaube, ich habe mir eine leicht fiebrige Sommergrippe eingefangen, die mir gerade sonderbare Assoziationen eintrichtert. Corona kann's eigentlich nicht sein, da liefe die Nase nicht so, oder? Außerdem macht Corona nicht blöd, glaube ich. Immerhin habe ich nebenbei Wäsche aufgehängt, da ist die Zeit nicht völlig vertan ...





(verändert via wiki commons)


Ok, treiben wir die Verwirrung weiter. Aus dem vorderasiatischen Mann, der die Wechsler aus dem Tempel warf und deshalb von einem militaristischen Besatzer-Regime auf Geheiß der ortsansässigen Kapitalisten-Spießer-Kollaborateure bestialisch hingerichtet wurde, ist ein blondes, nordeuropäisches Mädchen mit Flügeln geworden, das unsere Kinder mit Konsum-Müll dichtschmeißt. Lessons learned, würde ich mal sagen. Und wenn Amazon demnächst flächendeckend per Drohne ausliefert, wird das kitschige Bild noch stimmiger ...










Mittwoch, 3. Juni 2020

Einfach so, mal wieder.


Jestern wieda untaweechs jewesen ...

Interessant: Das ist mein Ablaufpunkt zum heimischen Platz, wenn ich aus nördlichen Richtungen zurückkomme und nur noch lässig, das heißt: erfahrungsbasiert, das heißt: eigentlich gar nicht navigiere. Dass dieser Punkt eines von weltweit nur zwei (!) Druckluft-Dampfspeicherkraftwerken ist, habe ich gerade eben nur durch Zufall herausgefunden.




Und es gibt so manches, was man bei der low&slow-Gondelei entdeckt, aber beim besten Willen nicht zuordnen kann, z.B. dieses abgezäunte, unbeschilderte Gelände in the middle of nowhere:


War die Betonplatte mal ein Fundament für etwas, das drauf stand? Oder ist sie ein Deckel, für etwas, das drunter begraben bleiben soll? Warum ist das so hermetisch abgeriegelt? Sachdienliche Hinweise wären äußerst willkommen.

Egal, irgendwann muss man das Cockpit aufräumen und zur Landung klarmachen. Chipstüten, leere Bierflaschen, Aschenbecher ... nein, das war ein Scherz! Nur der rechte Handschuh und der Fotoapparat liegen meist zwischen meinen Beinen.



Und nach der Landung wird der stolze Vogel im goldenen Licht der Abendsonne abgerödelt.









Samstag, 30. Mai 2020

Samsara is the place ...


Viel zynisches Amüsement ziehe ich aus meiner ständigen Selbstbeobachtung. Obwohl so etwas nicht möglich sein sollte, überrasche ich mich immer wieder, indem ich unvermutete, teils unschöne, meist völlig lächerliche Verhaltensweisen an mir entdecke. Als Irgendwie-übender-Buddhist (oder was auch immer) glaube ich natürlich an einen unveränderbaren, innersten Kern meines Wesens, und dieser Kern steht alltäglich ziemlich oft neben mir und lacht sich halbtot, wenn er meinen Samsara-Teil in action betrachtet ...

Neulich in meinem Lieblings-Buchladen: Ich entdecke, dass es mir sehr gefällt, namentlich begrüßt zu werden, wenn ich den Laden betrete. Natürlich erfreut mich die Freundlichkeit, die in der Stimme der Mitarbeiterin mitschwingt. Aber darüberhinaus wird eine Saite in mir zum Klingen gebracht wird, die auf die Mentalität eines eingebildeten Bildungs-Spießers verweist. Was für eine Bankrott-Erklärung! Was für eine arme Wurst, die aus so einem Mikro-Privileg Saft für sein offenbar nicht gerade selbst-stabiles Ego saugen muss...





(verändert via wiki commons)



Samsara was the state I lived in
The city walls forestalled a break-in
The brochure told folks they were safe here
A destination with no check-in
The women there were tantalising
Shame shaped their minds through advertising
The clothes we chose for lies to live in
We had no guide but television
Samsara was the state that I lived in
A destination with no check-in. Samsara
Samsara was the state I lived in
Just like L.A. with no religion
Some teacher told me I was gifted
Her number wasn't even listed
I wasn't sure if she existed
Samsara was the state that I lived in
A destination with no check-in. Samsara
Now far from home this body's shaking
With fantasies I fed to blind me
The open door is now behind me
One day I woke and it was missing

Rupert Hine: Samsara








Sonntag, 17. Mai 2020

Unsicher


Immer wieder fällt mir auf, wie wenig ich, der ich als Spross einer völlig nicht-akademischen Familie mich einst akademischem Leben und Denken mit Vorsicht und Respekt von Außen zu nähern hatte, auch heute noch davon verstehe.

Gerade las ich eine Biographie:

" ... XY , geboren 1971 in Reykjavík, studierte an der Universität von Island Philosophie, Filmregie an der New York Film Academy und Französisch und Kunst in Frankreich. Nach mehreren Kurzfilmen arbeitet er vornehmlich als Grafikdesigner und bildender Künstler mit zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen, zudem betreibt er den Tunglið Forlag (Mond Verlag).

2013 veröffentlichte er mit »Bréf frá Bútan« (Briefe aus Buthan) einen ersten eigenen Roman sowie anschließend eine Sammlung mit Kurzgeschichten, 2015 folgte der erste Gedichtband » ..."
[*1]

Es ist, ich schwör's, ohne raffinierte Hintergedanken und wirklich nur rein informativ gefragt: Wie geht sowas?

Gut, XY wird eine schulische Laufbahn mit einer Hochschulzugangsberechtigung abgeschlossen haben, das ist schon mal was. Dass er sich für Philosophie interessiert, ehrt ihn, und ich bin sicher, dass ein Philosophie-Studium in Island etwas ganz Besonderes ist. Aber: Hat er da einen Abschluss gemacht? Davon steht da nichts, aber vielleicht gibt es ja mir unbekannterweise eine nicht-codifizierte akademische Sozialnorm, die besagt "Über so etwas Profanes wie einen Magister, ein Diplom, einen Bachelor etc. spricht man nicht, das hat man. Ist doch selbstverständlich!"

Oder lautet die nicht-codifizierte Norm vielleicht: "Liebe Güte, nur Spießer machen Abschlüsse! Willst Du mit einem so sakrosankten Thema wie [Studienfach einsetzen] etwa GELD verdienen!? Pfui über Dich! Wir studieren um der Sache willen, Du Spießer-Mittelstandskrampen-Beamtenkind-Loser!"

Das ist jetzt kein Witz, und ich kokettiere damit auch nicht. Ich weiß es wirklich nicht! Ich weiß nur, dass ich ein Lehramts-Studium gewählt habe, weil das ein Kompromiss war zwischen dem, was mich interessierte und dem Wunsch / der Notwendigkeit, mich damit irgendwie zu ernähren. Am Ende meiner Ausbildung [*2] war ich ziemlich pleite und sehr darauf angewiesen, Geld zu verdienen. 

XY scheint am Ende seines Philosophie-Studiums nicht pleite gewesen zu sein. Ich meine: New York Film Academy? Muss man da nicht Studiengebühren bezahlen? Muss man dazu nicht nach New York fliegen? Dort eine Unterkunft finanzieren? Egal. Was wir nicht erfahren, ist, ob XY da einen Abschluss gemacht hat, oder ob er das Film-Studium irgendwann auch geschmissen hat. 

Jedenfalls studiert er danach Französisch und Kunst in Frankreich. Klingt gut. Dann macht er Kurzfilme ...

Man verstehe mich nicht falsch: Ich bin weder neidisch noch bewerte ich XY. Ich bin einfach nur verunsichert: Die Vielzahl und die Verschiedenartigkeit der, sagen wir mal, Studien-Ansätze von XY scheinen für den Verlag ein positives Werbe-Argument zu sein. In meiner piefigen Provinz-Pauker-Lebenswelt würde man sagen, XY habe drei Studiengänge geschmissen, sich danach eine zeitlang durchgeschlagen, bevor er im Alter von 42 Jahren mit Literatur-Veröffentlichungen begann. Würde XY sich mit diesem Lebenslauf in einem normalen Unternehmen bewerben, wären seine Chancen, zu einem Vorstellungsgespräch geladen zu werden, eher gering.

Nun bin ich überhaupt nicht der Auffassung, ein Leben müsse nach dem Diktat kapitalistischer Verwertungsinteressen organisiert sein. Ich find's schön, dass XY offenbar Kohle ohne Ende im Rücken hat, sich so ein Leben leisten zu können ...

Hm, an dieser Stelle verspüre ich vielleicht doch ein bisschen Neid: Der Mann war / ist so unglaublich reich, dass er es sich leisten kann, sich aus allen Zusammenhängen herauszuziehen, die Marx der "Reproduktion der Arbeitskraft" zurechnet. 

Der Reichtum von Multimilliardären beeindruckt mich nicht. Der Reichtum von Leuten wie XY beeindruckt mich.






(verändert via wiki commons)

Hauptsache glücklich!

  








[*1] Quellenangabe lohnt nicht, weil der Text auf vielen Verlags-Seiten gecopy-pasted wurde. Was das Original ist, ist nicht feststellbar. 

[*2] Auch so'n Spießer-Begriff! Ein Studium ist doch nicht mit einer Tischler-Lehre zu vergleichen. Man studiert, um sich selbst zu verwirklichen ... oder so ...




Samstag, 9. Mai 2020

Mixtur


Gestern versehentlich in eine Doku zum Tag der Befreiung vor 75 Jahren reingezappt. Eine Zeitzeugin berichtet über den Hungerwinter 1945/46 und endet ihren Bericht mit der Bemerkung, die Jugend von heute hätte unter diesen Bedingungen nicht bestehen können.

Ich wusste nicht, dass so etwas Dümmlich-Arrogantes heute immer noch öffentlich gesagt wird, außer in ironisierenden Zusammenhängen. Stellen wir also klar: Die Jugend von 45/46 ist mit ihren Aufgaben und in die Bedingungen hinein gewachsen, und dazu ist Jugend seit jeher grundsätzlich ziemlich gut im Stande, auch die von 2020. Welche Bedingungen das jeweils sind, haben die Jugendlichen (noch) nicht zu verantworten, die Schuldigen sollten anderswo gesucht und gefunden werden. 


(Bundesarchiv via wiki commons)



War sonst noch was?

Ach ja: Lustflug auf meiner Lieblingsrennstrecke. Wenn da irgendwas Besonderes zu sehen ist, zieht's den Low-and-slow-Flieger an, wie ein Kuhfladen die Mistfliegen.

(gestern, die Weser zwischen Elsfleth und Brake)

Geplant war eigentlich eine ganz andere Strecke, aber ich hatte keine Lust, in die Dunstschicht und auf die niedrigstehende Sonne zuzufliegen. Da sieht man nicht so viel von der Landschaft.




Ein gutes Gefühl, einen Plan über'n Haufen zu schmeißen, um das zu tun, was man will.