Sonntag, 5. Juli 2020

Sine qua non: Plöger 06/2020


Lese gerade den aktuellen Plöger: "Zieht Euch warm an, es wird heiß!", Untertitel: "Klimawandel verstehen und aus der Krise für die Welt von morgen lernen"

Hier keine Rezension, aber mich beeindruckt, wie Plöger auf dem schmalen Grat zwischen notwendiger Darstellung  komplexer physikalischer Sachverhalte einerseits und leseappetitlicher Verstehbarkeit andererseits tänzelt, ohne je zur einen oder anderen Seite abzustürzen.

Nur im Kapitel "Kritischen Äußerungen begegnen und daraus lernen" musste ich immer wieder ein paar Absätze überspringen, weil Plöger da auf seine ruhige, verbindliche Art die ihm immer wieder begegnenden Pseudo-Argumente der Leugner menschengemachten Klimawandels aufschreibt und sehr sachlich Stück für Stück abschichtet. Den hier protokollierten, altbekannten Populisten-Schwachsinn in so konzentrierter Form inhalieren zu müssen, schmerzt, macht Kopfweh und deprimiert.

Andererseits ist es natürlich großartig, weil kräfteschonend: Wenn das nächste Mal eine entsprechende Diskussion in populistischen Dumpf-Sumpf abgleitet, sage ich schlicht: "Das wird mir hier zu doof. Lesen Sie bitte Plöger, 2020, S. 171 ff!" Dabei muss ich natürlich in Kauf nehmen, eventuell als arrogante, elitäre Drecksau wahrgenommen zu werden, aber das ist ein fairer Preis dafür, diese hirnzerschmetternden und meistens ohnehin fruchtlosen Diskussionen nicht mehr führen zu müssen.

An dieser Stelle schleicht sich ein Hauch von Skepsis gegenüber Plögers Ansatz ein. Seine Auffassung, man müsse nur hinreichend aufklären, dann würden die Menschen die Wahrheit erkennen und einsichtig handeln, finde ich sehr ... nett ... will sagen: optimistisch ... Vielleicht bin ich zu alt, zu griesgrämig, zu zynisch, aber mein Menschenbild geht eher so: "Ein viel zu großer Anteil unserer Spezies hasst Verhaltensänderungen und ist bereit, gewaltige Energien, irrsinniges Leiden (eigenes und fremdes) und beliebige Mengen ritualisierter Unvernunft zu investieren, um an überkommenen Verhaltensmustern festhalten zu können."

Plögers menschenfreundliche Auffassung, Klimawandelleugnern gebräche es nur an der entsprechenden physikalischen oder sonstigen Information, würde ich so gerne teilen - doch leider ...!

Und da ich ja sowieso gerade über Strategien zur Re-Demokratisierung dieses, unseres Landes nachdenke, leite ich daraus ab: Demokratische Entscheidungen zu Fragen des Klimawandels dürfen demnächst nur von jenen Wahlberechtigten mit-getroffen werden, die befriedigende grundlegende physikalische Kenntnisse, sagen wir, 10. Realschulklasse nachweisen können. Es muss nicht Jede*r von Allem Ahnung haben. Aber bevor Leute, die mangels eigenen Wissens wehrlose Opfer populistischer Dreiwort-Satz-Rhetorik geworden sind, an demokratischen Entscheidungen beteiligt werden, halte ich gewisse Einschränkungen für notwendig und dem Staate förderlich.

Das Wahlsystem könnte derlei berücksichtigen, wenn wir es stärker an den Wahl-o-maten, insbesondere deren inhaltlicher Gliederung, orientierten. Bürger*innen, die selbst wissen oder denen nachgewiesen wurde, dass sie von Klima, Physik etc. keine Ahnung haben, wird das entsprechende Menü einfach nicht angeboten. In der Richtung muss ich mal weiterdenken. Da ist noch viel Musik drin. 




(Ich hoffe, ich habe das Foto genug verfremdet, um keinen Copyright-Stress zu bekommen ...
Sicherheitshalber sage ich nochmal ganz deutlich, dass ich dieses Werk
hiermit in den Kanon allgemeinverbindlicher Lektüre aufnehme!)












 


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