Nun haben wir's schwarz auf weiß (schlimmer noch:
auf SPON): Alles, aber auch wirklich Alles, was wir Deutschen machen, ist grundsätzlich abgrundtief schlecht. Selbst wenn wir was Gutes machen, wie unser Engagement in der aktuellen Flüchtlingskrise, ist das, laut Titel, nur ein "Imperialismus des Herzens" und also schon wieder gaaanz, gaaanz schlecht. Zitat: "Diesmal zwingen wir den anderen nicht in Knobelbechern unseren Willen auf, sondern in Birkenstock-Sandale und Batiktuch." Der deutsche "Chauvinismus [kommt] als Tugendstolz" zurück.
Jaaa, schlagt uns! Beleidigt uns! Wir waren / sind bööööse, bestraft uns! Peitscht uns! Gebt uns Tiernamen! Wir stehen drauf!!!
Nein, tun wir nicht! Jedenfalls vermute ich, ohne zwar eine valide Datenbasis zu haben, aber dennoch, dass die Mehrheit der Deutschen eher nicht auf kollektiven Masochismus steht. Was ist das eigentlich für eine billige, simplifizierende Fingerübung für fünftklassige Kommentatoren, jedes Verhalten deutscher Menschen immer wieder nur durch die schwarz-braune Folie zu betrachten? Das kann jeder Depp. Es langweilt. Und es ist gefährlich.
Wenn sowieso immer nur mit der ganz großen Keule zugeschlagen wird, dann ist kein Platz für Differenzierungen, und wenn nicht differenziert wird, dann ist alles gleich, und wenn alles gleich ist, dann ist alles egal, und wenn alles egal ist, dann wird's gefährlich.
Weißgott, unsere Plittikörr machen ansonsten reichlich Mist, und wir Deutschen sind dafür verantwortlich, weil wir sie in freien, gleichen, geheimen Wahlen gewählt und wiedergewählt haben. Das muss man uns vorwerfen. Aber der blödsinnige, marktschreierische Versuch, unser humanitäres Engagement in ewigbraune Schatten zu stellen, macht alsbald taub für die leise, die feinnervige, notwendige und berechtigte Kritik.
Ist es typisch doitsch, dass wir jede Idee, auch die der Selbstkritik, so lange überdrehen, bis sie in ihr Gegenteil umschlägt? Kann man humanitäre Hilfe für Menschen in echter Not übertreiben? Unterliegt Barmherzigkeit europapolitischem Kalkül und der Frage, was unsere Nachbarn von uns halten? Ja. Nein. Nein.
(Club der Flagellanten in London 1895
- via wiki commons)
Lustvolle Geißelung mag für manche ein Hobby sein,
als allgemeine Kulturtechnik möchte ich es nicht haben.