Montag, 12. Oktober 2015

Verdammtes Windows 10!


Ich weiß auch nicht, warum ich heute morgen spontan die ewige Microsoft-Bettelei bestätigt habe, Windows 10 installieren zu wollen und zu sollen. Wahrscheinlich war ich noch nicht ganz wach.

Viel schlimmer: Die Sache ging so glatt, dass es schon wieder eine Unverschämtheit ist. Betriebssystem-Updates haben hakelig, widerspenstig, unangenehm zu sein und nie gekannte, von den Konzernen aber voll beabsichtigte, für den Nutzer teure Inkompatibilitäten zu erzeugen, die einen so richtig, aber so richtig richtig wütend werden lassen.

Und heute? Nichts dergleichen! Hallo???!!! Ich arbeite seit über zwanzig Jahren mit Winzigweich-Produkten, eine Gewohnheits-Hassliebe verbindet mich mit MS-DOS und Windows. Da kann ich doch nicht plötzlich sagen "Boah, geil, ey!" oder so.

Ich bin völlig verdattert. Wahrscheinlich werde ich, sobald ich Zeit habe, auf die gezielte Suche nach Schlechtigkeiten gehen.


(via wiki commons)

"Was ist der Unterschied zwischen einem Qualitätsmanager und einem Zahnarzt?" 
"Der QM bohrt so lange, bis er das Schlechte findet. Haha!" Kleiner Scherz aus einem früheren Leben.



 

Samstag, 10. Oktober 2015

Knabenmorgenmythentraum


Jrade wieda jutes Buch jelesen: "Die Deutschen und ihre Mythen" von Münkler. Tadellose Sache, das.

Der Rhein, der Luther, der Alte Fritz, das Wirtschaftswunder und alle die anderen Sachen, die man sich geschichtsklitternd immer wieder neu zurechtgebogen hat, um das Image "der Deutschen" so zu befeuern, wie es den jeweiligen Meinungsmächtigen gerade nützlich erschien.

Beim Lesen der letzten Kapitel des Buches, in denen es immer mehr Richtung deutscher Gegenwart geht, stellte ich mir zuweilen vor, wie schön es wäre, wenn wir aktuell Beteiligte und Zeugen bei der Entstehung eines ganz neuen, noch nie dagewesenen, wunderschönen Mythos' sein würden: Dem Mythos, dass Deutschland, eines der reichsten Länder des Planeten, plötzlich aufhörte, international als unbarmherziges, rücksichtslos egoistisches, opportunistisches, gieriges und ausbeuterisches Arschloch zu agieren und ganz einfach anfinge, normal zu sein. Wobei "normal" bedeutet, Menschen in Not zu helfen. Ohne lange zu fragen. Ohne zunächst akribisch über persönliche oder nationale Vorteile zu räsonnieren.

Aber, ach, nach allzukurzer Euphorie sind wir anscheinend dabei, uns wieder einmal für den falschen, den unschönen, den unhumanitären, den bequemsten, kurzsichtigsten, unintelligentesten und egoistischsten Weg, den Weg des dümmstmöglichen bayrischen Stammtisches zu entscheiden.

Was für eine verpasste Chance! Man stelle sich nur einmal vor, was in den Geschichtsbüchern der Welt in 100 Jahren stehen könnte:

2015: Als erste Nation der Menschheitsgeschichte beweist Deutschland, dass "Wohlstand" etwas anderes sein muss, als bedingungslose, besinnungslose Anhäufung materieller Dinge.
 
Im Übrigen unterstütze ich vollumfänglich die Auffassung, dass wir gar nicht die Wahl haben, unsere Grenzen dicht zu machen. Denkt nicht immer nur daran, was passieren könnte, wenn noch mehr Flüchtlinge kommen. Denkt auch mal daran, was für ein Leben wir führen müssen, wenn wir versuchen sollten, uns vom Leid abzuschotten.



(verändert via wiki commons)
Klar, lasst uns wieder Grenzzäune bauen! 
Und wenn Ihr fertig seid, erläutert mir bitte, wer drinnen sitzt und wer draußen.



Mittwoch, 7. Oktober 2015

Die Flüchtlinge bedrohen unsere Werte! Hier der Beweis:


Erster angenommener Fall: Den SchülerInnen einer beliebigen Kooperativen Gesamtschule im nordwestdeutschen Raum ist es aus versicherungstechnischen Gründen wegen der damit verbundenen Risiken untersagt, während der Pausenzeiten das Schulgelände zu verlassen, um sich z. B. beim Kiosk gegenüber einen vormittäglichen, fetten Döner zu kaufen.

Zweiter angenommener Fall: Halim, knapp 17 Jahre alt, hat sich nach dem Tod seines Vaters bei einem Granatenangriff auf Aleppo, Halims Heimatstadt, auf die Flucht begeben, ist von Schleusern gelotst und betrogen worden und trotz aller Widerstände, Hunger, Durst, Rechtsunsicherheit, Gefahr für Leib und Leben, in Gewaltmärschen und nächtlichen, illegalen Grenzübertritten via Türkei, Griechenland, Balkan, Österreich nach Deutschland gekommen, um hier mit guter Erfolgsaussicht einen Asylantrag zu stellen.

Dritter angenommener Fall: Halim nimmt integrationshalber nun auch am Unterricht in o.g. Kooperativer Gesamtschule teil.

Aufgabe: Erläutern Sie Halim das Konzept "versicherungstechnischer Gründe" und dass er - nach einer Flucht von ca. 4.000 km - nicht auf die andere Straßenseite darf, weil das zu gefährlich ist.


Auswertung: Es ist schon wahr, was die Kritiker sagen: Die Flüchtlinge bringen hier alles durcheinander.





(via google maps)
Da stellt sich tatsächlich die Frage: Warum fahren die eigentlich nicht mit dem Auto? In 38 Stunden wär' der Drops gelutscht! Nur zwei Baustellen auf der Strecke, und der Sprit ist billig wie nie, so what!?)







Samstag, 26. September 2015

No more Dramas!



Neulich im Provinzblatt das Zitat von Antonin Artaud gelesen:

"Wo Einfachheit und Ordnung herrschen, kann es anscheinend weder Theater noch Drama geben."

Muss sagen, war begeistert! Stellte bei weiterer Recherche aber fest, dass Artaud das bedauernd meinte:  Er wollte Theater, es entspringt seiner Meinung nach "einer werdenden Anarchie, nach philosophischen Auseinandersetzungen, welche die spannende Seite jener ursprünglichen Vereinigungen sind." Keine Ahnung, was für "Vereinigungen" er meint. Habe das Zitat ja selbst aus dem Kontext gerissen. Und in der Diss, in der ich es gefunden habe, ist man auch nicht schlauer ... Und es ist auch völlig wurscht!

Mir geht es nämlich um das von mir missverstandene, das vom Provinzblatt verkürzt wiedergegebene und das von allen aus dem Kontext gerissene Zitat:

"Wo Einfachheit und Ordnung herrschen, kann es anscheinend weder Theater noch Drama geben."

Das ist doch brilliant! Ich übersetze: Wannimmer Menschen ihr Leben schlicht und frei von Begierde gestalten und einander auf der Basis von Gewaltfreiheit, Würde und Toleranz begegnen, sind Alle glücklich und zufrieden. No more Dramas!

Diese Erkenntnis ist uralt und allseits bekannt, eigentlich banal. Schauspiele, Dramen also, Theater und Film, basieren aber laut Artaud grundsätzlich darauf, uns Figuren vorzuführen, die permanent vorsätzlich gegen diese einfache Erkenntnis verstoßen. Würden die Figuren in "Romeo und Julia" ein klein wenig nachdenken und ein klein wenig miteinander reden, würde der Plot auf der Stelle zusammenbrechen. Die Settings sind so gekünstelt, so theoretisch, dass ich mich wundere, warum wir als Zuschauer stundenlang dabei zuschauen, wie auf der Bühne oder der Leinwand das allzu-offensichtliche Richtige nicht getan wird. Wo ist da der Witz?

Es gibt nur einige wenige Schauspiele, die brilliant sind, weil man bei denen denkt "Au Backe, das ist aber mal ein echt fieses Problem, wie kommt man da denn mal mit Einfachheit, mit Denken und Miteinander-Reden raus?". Der "Faust" zum Beispiel. "Apocalypse Now". Oder viele Sachen von Brecht. 

Und dann gibt es ja zum Glück noch Situationen, in denen Denken und Reden nicht möglich sind oder nix helfen würden, z. B. "Star Wars" (aber nur Episode IV bis VI), "Wilhelm Tell", "Avatar". Da muss dann eben auch mal ein bisschen (eigentlich:  jede Menge!) Gewalt angewendet werden, und Schauspiele dieses Genres tragen zuweilen den Hautgoût des Trivialen. Die Leistung der AutorInnen dieses Genres ist aber daran zu messen, wie plausibel sie nachweisen, dass Einfachheit, Denken und Miteinander-Reden in ihrem Handlungsverlauf definitv nicht zielführend wären. 

Selbst Koryphäen wie Tolkien haben diesbezüglich durchaus Defizite: Im "Herrn der Ringe" ist Sauron ein ultimativer Drecksack, die (Kriegs-) Geschichte stimmig, denn hobbitmäßige Einfachheit und Ordnungsliebe, Denken und Miteinander-Reden gehen da gaaar nicht. Liest man dann aber das Kleingedruckte im "Silmarillion", stößt man auf einen Vater-Sohn-Konflikt, der sich gewaschen hat, und Sauron steht plötzlich als arme Wurst da, Illuvatar, der höchste Gott, der es doch hätte besser wissen müssen, als unkommunikativer Blödmann und Teil des Problems, nicht der Lösung. Die ganze Chose ist also wieder nur darauf zurückzuführen, dass zwei Leute, naja: Götter, nicht nachgedacht und vernünftig miteinander geredet haben, als sie es hätten tun können. Wenn man das aber im Hinterkopf hat, dann macht das ganze Gemetzel im Ringkrieg nicht mehr sooo viel Spaß. 

Man muss Tolkien, dem größten Mythenschöpfer seit Abraham, aber Gerechtigkeit widerfahren lassen: Es ist, wenn man's genau bedenkt, sauschwer, eine Handlung zu entwerfen, in der NICHT Einfachheit, Toleranz, Gewaltfreiheit, Denken und Miteinander-Reden die Konflikte implodieren ließe. Die Idioten in Nord-Korea, im Kreml und der US-Junta lassen sich als Topoi auch nur begrenzt literarisch wiederverwerten. Irgendwann hat's Jede/r kapiert (bis auf besagte Idioten), und dann wird's fad.



(verändert via wiki commons)
Ihr könnt sagen, was Ihr wollt: Darth hatte es als Drama-Maker einfach drauf! 
Jedenfalls solange, bis LucasArts aus Geldgier die Geschichte seiner Pubertät (Episode I-III) verfilmen musste. Wie konnte man nur ein so schönes Drama nachträglich so hirnverbrannt in die Grütze schieben? Der tobsüchtigste Höllenfürst ist erledigt, wenn ich Bilder seiner Kindheit ("Hier beim Wickeln, da mit Dreirad ... und bei der Einschulung, ... ") gesehen habe.







Freitag, 25. September 2015

L'esprit de l'escalier


"Wissen Sie, das Problem ist nicht, dass Sie einen durch und durch miesen Charakter haben und dass Sie Menschen, die von Ihrer Arbeit abhängig sind, mit dümmlich-arroganter Herablassung behandeln. Das Problem ist, dass Sie in einer Institution arbeiten, die es zulässt, dass Leute wie Sie sich derartiges Verhalten dauerhaft erlauben können."

Überschrift: Was ich einer bestimmten Mitarbeiterin der ZPA des Krankenhauses Wittmund gerne gesagt hätte.

Aber Obacht: Da war auch noch eine andere Mitarbeiterin, die, obwohl wirklich unter Hochdruck, freundlich, effizient und kompetent agieren konnte. Wie problematisch die Arbeitsbedingungen der MitarbeiterInnen in Krankenhäusern oftmals sind, ist allgemein bekannt. Und wenn da noch jemand ein freundliches Lächeln erübrigen kann, dann ist dieses Lächeln so wertvoll wie ein Licht im Dunkeln.

Wie es scheint, tritt der Charakter von Menschen besonders deutlich zutage,  wenn
a.) die Bedingungen schwierig werden,
b.) die Menschen unversehens und unverdient zu Macht über andere kommen
c.) sie sehr arm oder sehr reich sind.

Ist vielleicht der Sozialismus daran gescheitert, dass er auf Aufeinanderangewiesensein basierte und dass ein paar Leute von der Sorte mit dem miesen Charakter zu lange an den falschen Positionen im Mittelbau der großen Institution saßen und dass die anderen, die Netten, es irgendwann einfach satt hatten, sich von Hackfleischfressen wie z.B. obengenannter ZPA-Mitarbeiterin schurigeln zu lassen?

Und wird der Kapitalismus vielleicht daran scheitern, dass ein paar Super-Egoisten, die schon längst jenseits aller Ethik Reichtümer angehäuft haben und dennoch vor Gier sabbernd immer hemmungsloser immer mehr wollen, die grundsätzliche Idee ungehindert pervertieren können?

Es ist blöd, dass es mir viel zu oft erst viel zu spät gelingt, derlei Gedanken in Worte zu fassen. Nach zehn wütend-empörten Minuten hatte ich das Krankenhaus längst verlassen. Und Umdrehen, nur um verzögerte Empörung rauszulassen, ist ja auch irgendwie gaga.


(Hessel S.: Empört Euch! - via wiki commons)






Dienstag, 22. September 2015

Zweifelsfragen


Manchmal selbstzweifle ich, ob meine Artikel auf diesem Blog nicht zu kritisch, zu spitzfindig sind. Deshalb bitte ich die werte Leserschaft mal eben um Mithilfe:

  • Bilde ich mir das nur ein, oder wird der bandenmäßig ausgeführte Straftatbestand des Betruges in besonders schwerem Fall im aktuellen Fall des VW-Konzerns seitens unserer Medien eher wie ein ziemlich üppiges Kavaliersdelikt behandelt?
  • Kann es sein, dass dieses Delikt, das, wenn es von Otto Normalschwerverbrecher ausgeführt wäre, uns wegen der geoffenbarten innewohnenden kriminellen Energie schockierte, uns im aktuellen Fall VW nur so weit betrifft, als der Wert der Konzernaktien betroffen ist? 
  • Vergessen wir vielleicht über die tränenrührende Diskussion, ob der hauptverantwortliche Winterkorn nun mit reichlich Tantieme seinen Stuhl räumen muss, dass 11 Millionen Menschen dazu verleitet worden sind, jeweils mehrere zigtausend Euros bzw. Dollars in ein High-Tech-Betrugs-Produkt zu investieren und dass drängende Umweltbelange den Betrügern hauchkalt am Arsch vorbeigegangen sind?
  • Ist es denkbar, dass Otto Normalschwerverbrecher, wenn er bei so einer Nummer erwischt wird, NICHT davonkommt, indem er sich entschuldigt, eine Transparenzoffensive ankündigt, vielleicht  8,9 % eines Jahresumsatzes als "Strafe" zahlt, ansonsten aber um "Vertrauen für [seinen] weiteren Weg" bittet? 

Ich will nicht in einer Welt leben, in der ein Verbrechen nur groß und dreist genug sein muss, um für Schwerverbrecher praktisch straffrei zu bleiben.



(via wiki commons - Zeit zur Besinnung)

Strafgesetzbuch (StGB)
§ 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 
1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat, 
2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
(...) 





Samstag, 19. September 2015

Pars pro toto


Ein Nachbar hat ein Haus. Das Haus hat einen Schornstein. Da olfaktorische Zitate und Beweismittel  als digitale Technologie zum Glück nicht zur Verfügung stehen, bitte ich einfach darum, mir zu glauben, dass dem Schornstein nicht nur aromatischer Rauch trockener Eichen- und Buchenscheite, sondern meistens die Emissionen verbrannter Luftmatratzen, heizungslackimprägnierter Holzmöbel und niedertemperaturkremierter nasser Vögel entsteigen. Bei bestimmten Wetterlagen ist die gesamte Nachbarschaft (Achtung: Wortspiel) stinke-sauer, bei stetem Wind nur die jeweils leeseitige.

Der in der Sache befragte Experte zur "Erreichung der Ziele der Bundesregierung im Bereich Klimaschutz", vulgo "Schornsteinfeger", zuckte bedauernd die Schultern, die Riesensauerei sei offensichtlich, ein justitiabler Nachweis aber technisch schwierig und ergo teuer und ergo politisch nicht wirklich erwünscht und leider, leider sei der Herr des Hauses ein verstockter, dümmlich-ewiggestriger alter Mann, der auf Ansprache das Vorhandenseins eines Problems aggressiv leugne.

Dieser Blog soll unter keinen Umständen dazu dienen, meinen privaten Kleinkram zu verhackstücken. Das wäre irrelevant und langweilig. Spannend hingegen, wie herrlich wir hier ein Miniatur-Modell des großen, ganzen, globalen Dummheits-Dramas studieren können.

Dramatis personae: 

- Der alte, dumme, egoistische Stinkstiefel
Eine gutsituierte Mittelstandsschranze. Stur und selbstbewusst, seine Meinung stimmt, denn er weiß Alles, was man wissen muss, und was er nicht weiß, muss man auch nicht wissen. Was er sagt, stimmt immer, denn wenn es nicht stimmen würde, würde er es nicht sagen. Die reine, kristallklare, ewige Wahrheit erfährt er also, indem er sich selbst zuhört. Er ist der Mittelpunkt des Universums, denn nur ER ist ER, alle Anderen sind nur ... die Anderen eben, so what? Das ist die ewige Logik des Egoismus'.

- Der unengagierte, hilflose Technokrat
Jaja, ich will fair sein: Ein Schornsteinfeger lebt von den Aufträgen seiner Kunden. Er wird NICHT dafür bezahlt, die Welt zu verbessern und den Dreckschweinen in den Arsch zu treten.

- Die wütende, hilflose Mehrheit, die unter der Dumpfheit einer Minorität leidet
selbsterklärend

Wichtigstes Requisit:

Der Schornstein
Wenn man länger drüber nachdenkt, ist der Schornstein der spannendste Aspekt unserer Modell-Geschichte. Ein Objekt, das den verhältnismäßig kleinen, kurzfristigen Vorteil eines Einzelnen (hier: muckelig warm in einem kleinen Haus) von den verhältnismäßig großflächigen Nachteilen für die Gesellschaft (hier: Gestank, Kontamination, Gesundheitsrisiken für die gesamte Nachbarschaft ringsumher) abscheidet. Der Schornstein stellt das Missverhältnis erst her, macht es überhaupt erst möglich. Müsste der alte Blödmann seinen Dreck selbst wegschnüffeln, wäre da aber ratzfatz eine hochreine, hochenergieeffiziente Heizung installiert. 

Was lernen wir aus der Geschichte? Lasst uns - im Kleinen, v.a. aber im Großen - nach metaphorischen Schornsteinen suchen! Wo finden wir Strukturen, die es rücksichtslosen egoistischen Arschlöchern erlauben, sich ständig kleine Vorteile auf unverhältnismäßig große Kosten der Allgemeinheit zu verschaffen?

Nur mal als erste Anregung: TTIP, "Bankenrettung", Fundamentalismus, globaler Rohstoffmarkt, Energiesektor, Investmentbanking, IWF, CSU, Turbo-Kapitalismus, Kohlekraftwerke, FC Bayern ...

Im Falle meiner kleinen persönlichen Betroffenheit werde ich wohl auf eine biologische Lösung warten müssen. Im Großen können wir uns das nicht leisten, denn da bedeutet "biologische Lösung", dass es uns als Spezies von der Platte putzt.


Pottsau at work




 

Dienstag, 15. September 2015

Dörrr unerrrschötterrrliche Wille, sich scheiße zu finden.


Nun haben wir's schwarz auf weiß (schlimmer noch: auf SPON): Alles, aber auch wirklich Alles, was wir Deutschen machen, ist grundsätzlich abgrundtief schlecht. Selbst wenn wir was Gutes machen, wie unser Engagement in der aktuellen Flüchtlingskrise, ist das, laut Titel, nur ein "Imperialismus des Herzens" und also schon wieder gaaanz, gaaanz schlecht. Zitat: "Diesmal zwingen wir den anderen nicht in Knobelbechern unseren Willen auf, sondern in Birkenstock-Sandale und Batiktuch." Der deutsche "Chauvinismus [kommt] als Tugendstolz" zurück.

Jaaa, schlagt uns! Beleidigt uns! Wir waren / sind bööööse, bestraft uns! Peitscht uns! Gebt uns Tiernamen! Wir stehen drauf!!!

Nein, tun wir nicht! Jedenfalls vermute ich, ohne zwar eine valide Datenbasis zu haben, aber dennoch, dass die Mehrheit der Deutschen eher nicht auf kollektiven Masochismus steht. Was ist das eigentlich für eine billige, simplifizierende Fingerübung für fünftklassige Kommentatoren, jedes Verhalten deutscher Menschen immer wieder nur durch die schwarz-braune Folie zu betrachten? Das kann jeder Depp. Es langweilt. Und es ist gefährlich.

Wenn sowieso immer nur mit der ganz großen Keule zugeschlagen wird, dann ist kein Platz für Differenzierungen, und wenn nicht differenziert wird, dann ist alles gleich, und wenn alles gleich ist, dann ist alles egal, und wenn alles egal ist, dann wird's gefährlich.

Weißgott, unsere Plittikörr machen ansonsten reichlich Mist, und wir Deutschen sind dafür verantwortlich, weil wir sie in freien, gleichen, geheimen Wahlen gewählt und wiedergewählt haben. Das muss man uns vorwerfen. Aber der blödsinnige, marktschreierische Versuch, unser humanitäres Engagement in ewigbraune Schatten zu stellen, macht alsbald taub für die leise, die feinnervige, notwendige und berechtigte Kritik.

Ist es typisch doitsch, dass wir jede Idee, auch die der Selbstkritik, so lange überdrehen, bis sie in ihr Gegenteil umschlägt? Kann man humanitäre Hilfe für Menschen in echter Not übertreiben? Unterliegt Barmherzigkeit europapolitischem Kalkül und der Frage, was unsere Nachbarn von uns halten? Ja. Nein. Nein.

(Club der Flagellanten in London 1895 
- via wiki commons)
Lustvolle Geißelung mag für manche ein Hobby sein,
als allgemeine Kulturtechnik möchte ich es nicht haben.








Donnerstag, 10. September 2015

Für dumm verkauft


Mir tun die Türken leid. Nach Käseblatt-Meldung verbietet Erdogan nun Buddha-Statuen in Yoga-Schulen, damit da nicht missioniert werden könne. Was für eine grottenpeinliche Aussage über die Menschen in der Türkei:

  1. Türken sind in ihrem Glauben nicht gefestigt. Man braucht ihnen nur eine Buddha-Statue zu zeigen, und sie wechseln spontan zum Buddhismus. Dass nicht die Buddha-Figuren, sondern, wenn überhaupt, die freiheitliche, friedliche Yoga-Lehre und -Praxis eine intellektuelle Gefahr für den autoritären und dogmatischen Islam bzw. Erdogans Diktatur darstellen, kann sich der un-intelligible Ober-Türke wahrscheinlich nicht vorstellen.
  2. Türken sind Götzendiener. Die Statue ist das Problem, nicht damit verbundene Glaubensfragen.
  3. Türken sind doof, unfähig zur Eigenverantwortung und leicht beeinflussbar. Wenn er, der Über-Vater, nicht das Denken übernähme, würden sie alle ständig gegen die Wand laufen, immer wieder.
Die beiden ersten Punkte verweisen klar auf die Praktiken des IS, materielle Dinge zu vernichten, um Ideen zu unterdrücken. Als hätte das Eine mit dem Anderen zu tun. Der dritte Punkt findet eine Analogie in Putins Einschätzung, "sein Volk", die Russen, seien für "richtige Demokratie" noch nicht reif. Was für ein Schlag ins Gesicht!

Ich würde mich schämen, ein Türke zu sein, solange einer wie Erdogan an der Macht ist. Ich würde mich noch mehr schämen, ein Türke zu sein, wenn einer wie Erdogan bei der nächsten freien Wahl die Mehrheit der Stimmen bekäme. Diese fortgesetzte Schmach haben sie einfach nicht verdient - es sei denn, sie fügten sie sich selbst zu. Dann will ich nichts gesagt haben.


(Struwelpeter, 1845 - via wiki commons)
Es gab mal Zeiten, da fanden wir Deutsche es auch erregend, 
uns von Autoritäten unterdrücken zu lassen. 
Aber irgendwie sind wir einigermaßen drüber weggekommen.


Der Niklas wurde bös und wild,
Du siehst es hier auf diesem Bild!
Er packte gleich die Buben fest,
Beim Arm, beim Kopf, bei Rock und West’,
Den Wilhelm und den Ludewig,
Den Kaspar auch, der wehrte sich.
Er tunkt sie in die Tinte tief,
Wie auch der Kaspar: Feuer! rief.
Bis übern Kopf ins Tintenfaß
Tunkt sie der große Nikolas.







Dienstag, 8. September 2015

Es lebe Multi-!!!-Kulti!



YO! YO! und YO!

Das islamische Kopftuch, von manchen Kritikern als Zeichen der Unterdrückung der Frau betrachtet, ist nun als 'politisch korrekt' geadelt worden. Ein gestriger Runderlass des niedersächsischen Kultusministeriums erklärt nun - aufgrund eines BVerfG-Urteils - dass dieses furzkonservative Kleidungsstück nicht zwingend im Gegensatz zu den hohen, aufgeklärten und fortschrittlichen ethischen Zielen meines Lieblings-Gesetzesparagraphen im Niedersächsischen Schulgesetz, dem §2, steht und also auch von Lehrpersonen getragen werden müssen darf.

Ich bin entzückt! Wenn ein Kleidungsstück, das selbst von glaubensfesten Muslimen religionstheoretisch nur sehr, sehr löcherig zu verargumentieren ist, allerhöchst-richterlich-und-ministeriellen Segen erhält, dann ist für mich als Taoist, also dem Anhänger einer durch und durch demokratischen, 110%ig undogmatischen und freiheitlichen Philosophie, soeben ein riesengroßes Portal zu einer völlig neuen Dimension diensttextiler Möglichkeiten aufgegangen.

Multi-Kulti darf ja nicht zu einer Prozedur pervertiert werden, mit der immer nur die engstirnigsten Spießer der prohibitivsten Dogmen ihre Forderungen durchprügeln. Ab jetzt wird gegengekleidet. Mal sehen, wieviel Toleranz die Betonköpfe unter den Abrahamiten wirklich wünschen und ertragen.




(via wiki commons)
Gut, die Frisur ist natürlich kacke, aber der Rest?! Klassischer Style pur! Und sehr exklusiv.