Freitag, 10. Mai 2024

Meine Glaubenssätze

 

Die folgenden Aussagen sind Glaubenssätze und keine wissenschaftlichen Aussagen, da sie nur schwerlich experimentell prüfbar (sprich: falsifizierbar) sind. 

Erstens: In der Sekunde Deines Todes, wenn Du definitiv nichts mehr tun, nichts mehr ändern und nichts mehr erklären oder entschuldigen kannst, in dieser letzten Sekunde wirst Du einen vollständig klaren Blick auf Dein Leben haben. Alles Gute, das Du getan hast, aber auch das mutwillige Böse wird Dir bewusst. Vor allem wirst Du in diesem Moment begreifen, wo Du irrtümlich und zu Deinem und anderer Menschen Leid an Dingen fälschlich festgehalten hast und wo Du riesen-fette Chancen durch Zögerlichkeit vergeigt hast. Doof, dass Du zu diesem Zeitpunkt nichts mehr retten kannst.

Tipp: Richte Dein Leben auf diese Sekunde aus und bemühe Dich stets, dass sie nicht allzu kackig wird.

Zweitens: Wir wissen weder, wo wir vor unserer Geburt waren noch, wo wir nach unserem Tod sein werden. Aber die Annahme, dass unser jeweiliges Ich-Bewusstsein nur für die Dauer unserer körperlichen Existenz besteht, ist wenig plausibel. Ich habe noch keine richtige Antwort auf die Frage bekommen, warum ausgerechnet ich mich als dieses mein Ich empfinde. Es ist eine Frage, die Kinder schon stellen, und die Antworten der Erwachsenen sind bestenfalls unzureichend, meist aber eher dumm und betrügerisch.

Drittens: Es gibt Heilige Orte. Der Löwenzahn in der zugemüllten, verwaisten Lücke zwischen zwei Großstadtbauten ist der Sitz einer kleinen Gottheit. Das Hyphengeflecht eines großen, unberührten Waldgebietes beherbergt einen gewaltigen Geist. Wir haben nur verlernt, diese Entitäten und ihre Verbindungen wahrzunehmen. Deshalb sieht unser Planet so beschissen aus, wie er gerade aussieht.

Viertens: Wenn Du eine Sache nur mit exorbitantem Energieaufwand, mit Anstrengung, Disziplin und Selbstüberwindung und Kampf gegen Deinen "inneren Schweinehund" durchführen kannst, ist, was Du tust, höchstwahrscheinlich falsch. Dinge, die Du als richtig und wichtig erkannt hast, erledigen sich von selbst. "Was keinen Widerstand hat, dringt ein, wo kein Zwischenraum ist." (Lao-Tse)

Drei Tipps: Wasser-Metapher. Tue das Anstrengungslose. Das Nichts-Tun tun. (auch irgendwo im Tao-te-king)



(Still aus "Full Metal Jacket"; stark verändert via wiki commons)

Die dümmste und ineffizienteste Art, mit sich selbst und anderen umzugehen. 
Von Idioten für Idioten.




Dienstag, 7. Mai 2024

Wider die Comfort-Zone! (Warum eigentlich?)

 


Jaaa, es sieht so aus, als hätte ich gestern nur wieder meinen Gartenstuhl am Himmel erklommen, um low & slow die Landschaft zu genießen.

Aber in echter Wirklichkeit bin ich gestern mit dem festen und sportlich ehrenvollen Vorsatz gestartet, die Grenzen meiner Comfort-Zone in puncto Wind und Thermik zu überschreiten und damit zu erweitern. 

Was ich dabei (erneut) gelernt habe:

  1. Du kannst mit einem 120-kg-Leichten-Luftsportgerät in böigem Wind und starker Thermik  fliegen. Du kannst (Achtung: Analogie!) auch mit einem Hollandrad 'n MTB-Trail fahren. Es geht, aber man fragt sich irgendwann "Was soll das, was machste hier eigentlich, wem willste was beweisen?".
  2. Da ich einst auch der Segelfliegerei frönte, wollte ich auch mal wieder probieren. mit meinem Brummer Thermik zu nutzen. Immer noch witzlos bei einer Gleitzahl von 1 : 6 oder so. Bestenfalls eine Spielerei, um sich beim Streckenflug zu entertainen und vielleicht (!) ein klitze-bisschen Sprit zu sparen. ¹
  3. Einzig positiver Effekt: Lande-Training. Wenn Du geübt bist, bei kackigen Bedingungen gute Landungen hinzulegen, dann ist das ein Wert an sich. 



(Verändert via wiki commons)

Fliegen lernen heißt landen lernen.
(Hier wurde niemand körperlich verletzt.)




¹ Apropos Sprit und Umwelt-Drecksau bzw. Flugscham: Mein Flugzeug verbraucht 4 l / h. Man vergleiche Motorräder. Oder Boote. Jaja, das ist whataboutism und wäre trotzdem vermeidbar. Es ist anstrengend, immer nur gut zu sein. Ich gönne mir meine lässliche Sünde und büße an anderer Stelle.








Mittwoch, 1. Mai 2024

Statt Katzenbilder: Wieder nur Fliegebilder.

 

Gestern endlich wieder den Allerwertesten in die Luft gekriegt. 



Von Oldenburg rechts der Weser nach Norden ... 

Wer genau hinschaut, versteht, was "Low-&slow-Fliegerei" bedeutet.

... Harriersand und Brake backbord querab ...




 ... anschließend quer rüber zum Jadebusen (hier mit diffuser Beleuchtung durch Saharastaub) ...



... und dann in seidiger Abendluft hands-off kreuz und quer über die Wesermarsch zurück.





The sky above, the earth below,
Fire within me, let it gloooooowww ...!
Amy Mc Donald


Sonntag, 28. April 2024

Wahlalter und Verantwortung

 

Demnäxx Europa-Wahl. Diskussion: Wahlalter auf 16 Jahre hinabgesetzt. Bin da selbst ganz gespalten und war ganz schockiert, dass vor ein paar Monaten ausgerechnet irgendeine konservative Sackwurst meine Bedenken öffentlich aussprach: Wie kann eine Person, die laut Gesetz unfähig ist, für sich selbst volle Verantwortung zu übernehmen, die also weder uneingeschränkt strafmündig noch geschäftsfähig ist, Stimmrecht bei einer so wichtigen Sache wie der demokratischen Willensbildung eines Volkes haben?

Dummerweise liegt da der Verdacht sehr nahe, dass die Parteien, die für eine Absenkung des Wahlalters eintreten, dies nicht aus demokratiefreundlichen Motiven tun, sondern schlicht, weil sie sich mehr Wählerstimmen und letztlich also eigenen Machterhalt erhoffen. So weit, so schlecht.

Gleichwohl kenne ich eine ganze Reihe 16-jähriger, die intellektuell absolut fit für eine Teilnahme an ernsthaften politischen Wahlen sind und deren politischer Einfluss und deren Ideen wichtig sind - und ich kenne eine ganze Reihe von sogenannten "Erwachsenen", die ihr Leben lang eigentlich nie Stimmrecht hätten haben dürfen, weil sie viel zu faul, zu bierärschig, zu unbeweglich und zu unvernünftig sind, zu kapieren, worum es da jeweils überhaupt ging und geht. Diese Einschätzung hat nichts mit eigenen Partei-Präferenzen zu tun. Gute Demokraten sind ohnehin Wechselwähler, und solange niemand Faschos of any colour and any kind¹  wählt, sind  divergierende Meinungen essentiell für die demokratische Willensbildung.

Bleibt die schwierige Frage: Wer soll wählen dürfen? Wie und wo wollen wir eine notwendige und angemessene und gerechte Grenze ziehen?

Mein Vorschlag: Wir ziehen überhaupt keine Grenze, sondern überlassen die Entscheidung jedey Menschy selbst! Sagen wir, es gibt drei Kategorien von Eigenverantwortlichkeit:

Kategorie "Unbequem und anstrengend":
Die Menschey, die sich selbst freiwillig dieser Kategorie zuordnen, sind vollständig rechts- und geschäftsfähig und uneingeschränkt für sich selbst verantwortlich, alle Führer- und Pilotenscheine sowie Kapitänspatente möglich, uneingeschränkt wahlberechtigt, uneingeschränkt strafmündig. Letzteres muss man betonen: Wer Mist baut, kriegt welche in den Nacken, d.h. wird nach den Regeln des Gesetzes bestraft.
Vorteile: Keine. Naja, Du lebst eigenverantwortlich.

Kategorie "Easy-peasy"
Die Rechts- und Geschäftsfähigkeit unterliegt der Betreuung durch eine dazu bestimmte Person oder Institution. Eine Art Jugendstrafrecht, eine milde, rücksichtsvolle Variante des richtigen Rechts wird - unabhängig vom Alter - angewendet. Ein (!) Giro-Konto ohne Überziehungskredit ist möglich. Die Betreuy kann ggfs. Geschäfte widerrufen und ist weisungsbefugt. Kein Wahlrecht. Führerscheine für "Leicht-Autos" (Max.-Gewicht < 200 kg, Max.-Geschwindigkeit bis 60 km/h  ²) können erworben werden.
Vorteile: Alle komplizierten Entscheidungen, wie Wohnung, Konsum, speziell Drogenkonsum, Arbeitssuche, Politik usw. werden Dir abgenommen, teilweise auch der komplizierte Verwaltungskram. ÖPNV ist frei. Und wenn Du Mist baust, wird das Strafmaß entsprechend Deiner intellektuellen Fähigkeiten reduziert. Ansonsten kannst Du machen, was Du willst.

Kategorie "Mikromanagement"
Du lebst in einer behüteten Umgebung, man umsorgt Dich, Dein Tagesablauf ist detailliert geregelt, alle Entscheidungen werden für Dich getroffen.
Vorteile: Du musst nie wieder denken, und niemand erwartet etwas von Dir.

Wann entscheiden Menschys sich für eine der Kategorien?
Die abrahamitischen Religionen halten die Kiddos im Schnitt für religionsmündig, wenn das zwölfte bis 14te Lebensjahr erreicht ist ³. Vielleicht sollten wir jedey Menschy am 14. Geburtstag fragen, welcher der drei Kategorien hen ab dem 16. Lebensjahr zuneigt, mit 16 legt hen sich dann erstmal für drei Jahre fest, und vielleicht sollten wir diesen Drei-Jahres-Rhythmus dann fortschreiben. Man kann sich also nach Gusto anderen Kategorien zuordnen.

Ergänzende Erläuterung:
Das bisherige Jugendstrafrecht wird für Menschys ab 16 außer Kraft gesetzt, auch die Regeln zum Jugendschutz etc.. Die Neuregelung betrifft natürlich nicht jene Menschen, die aufgrund einer Behinderung geistig eingeschränkt sind. Da bleibt Alles, wie es ist. 

Begründung:
Ich kenne sehr viele Menschen, die von der mit der großen Freiheit einhergehenden Verantwortung für sich selbst kreuzunglücklich sind und mit der alltagspraktischen Umsetzung scheitern. Während meiner Bundeswehr-Zeit Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts habe ich Menschen kennengelernt, die tatsächlich zivil-unfähig waren, unter den Bedingungen des geregelten Kasernenlebens aber glücklich und problemlos lebten.

Wenn man leidlich seriösen Knast-Dokus trauen darf, finden sich auch dort Menschen, die von der Vielfalt der Handlungsoptionen "draußen" total überfordert waren und sind und die das enge Regelgerüst einer JVA im Großen und Ganzen bejahen.

Leicht zu übersehen: Ich kenne viele Lehrery, deren Biographie kurzgefasst "Schule-Uni-Schule" lautet und die es irritiert, mit außerschulischen Lebensformen und Regelsystemen zu kollidieren. Einige Biographien bleiben aus demselben Grunde im wissenschaftlichen Mittelbau, dem sozialen Uterus von Hochschulen und Universitäten hängen.

Noch'n Beispiel: Das Klosterleben. Du verzichtest auf Alles, ordnest Dich freiwillig einer strengen Hierarchie unter, dafür werden alle Verwaltungsdinge und Glaubensfragen für Dich geregelt und Du kannst in Ruhe, ohne Zweifel, ohne Raisonnement ... naja, den ganzen Rest machen. 


Was ich sagen will: Es ist eine Illusion zu glauben, dass alle Menschen mit den unendlichen Weiten freiheitlich-demokratischer Handlungs- und Entscheidungsoptionen unendlich glücklich werden. Und wir haben es überhaupt nicht zu bewerten, wenn jemand sich dafür entscheidet, etwas mehr Führung und Betreuung zu wollen. 

Allerdings darf so jemand natürlich auch nicht wählen. Das wäre ja auch wieder unlogisch und würde nur die Feinde einer freiheitlichen Verfassung stärken.

Tl, dr: Nur wer selbständig und eigenverantwortlich denken und handeln kann und will und fest auf dem Boden der FDGO steht, darf auch wählen. 



(via wiki commons)

A. Mucha: Gismonda 1904


Wir brauchen den Input der jungen Leute.





¹ Damit meine ich Faschos im weiteren Wortsinne: Alle Leute, die über eine apodiktische, d.h.  unhinterfragbare Wahrheit verfügen, die sie wichtiger nehmen als die Realität selbst, wichtiger auch als Menschenleben, die sie gerne massenhaft für die Idee und ihren je eigenen Machtrausch  zu opfern bereit sind.

² Ok, lass uns sagen, die Maximalgeschwindigkeit beträgt 40 km/h. Und dann tolerieren wir, wenn die Jungs ihre Kisten "tunen", so dass sie 60 km/h rennen. Sowas erzeugt Zufriedenheit.

³ Bar Mizwa: 12 / 13 Jahre;
Erst-Kommunion: Bei „Erreichen des Vernunftgebrauchs“ (Vollendung des siebten Lebensjahres), BRUAHAHA, real:  12 - 16 Jahre
Konfirmation: 14 / 15 Jahre


edit 30.04.2024



Samstag, 27. April 2024

Notwendiges, ekliges Video

 

In der Tat ein verstörendes Video, das der schweizerische "Infosperber" hier weitergibt: Ein Zusammenschnitt privater, d.h. unzensierter Smartphone-Videos ukrainischer Soldaten. Davor und mittendrin immer wieder (sehr berechtigte!) Warnungen vor ungefilterten, brutalen, blutigen Szenen militärischer Gewalt.

Muss ich mir, müssen wir uns sowas Ekliges wirklich anschauen?

Ja. Selbstverständlich. Als mündige Staatsbürger*innen müssen wir doch wissen, wovon wir reden, wenn wir die Mantras unserer Rüstungskonzerne und unseres Hegemons, den U.S. of A. nachbeten. Unser Grundgesetz bestimmt nämlich uns, das Wahlvolk, zum obersten Souverän in diesem unserem Staate und das auferlegt uns die Pflicht, uns umfassend zu informieren. Die Meinungen und Statements unserer kriegsgeilen Politiker*innen reichen da bei weitem nicht aus.

Interessant übrigens auch, wie die ukrainischen Soldat*innen einerseits ihre eigene Angst, ihren Schmerz und ihre anderen Traumata an der Front, im Schützengraben, im Minenfeld, bei Drohnenangriffen dokumentieren und andererseits auch ihre Freude und ihren sportlich-technischen Ehrgeiz beim eigenen Einsatz von Drohnen und bei der sehr individuellen Tötung russischer Soldaten etc. deutlich ausleben. Sich an den  technischen Finessen der eigenen Seite zu begeistern, ohne zu bedenken, dass der Gegner im Regelfall über Vergleichbares verfügt, scheint eine uralte Kulturtechnik zu sein. Darüber hatte ich aber an anderer Stelle schon mal raisonniert.  Kurz: "Krieg bleibt immer gleich."¹




(WK I, verändert via wiki commons)






¹ Bethesda, Fallout 4, Intro

 




Mittwoch, 24. April 2024

Konsumlaune für Konsum - Junkies

 

Ich mag den Begriff "Konsumlaune". Und ich schaue interessiert zu, wie sehr unsere wahren Macht-Haber, die Konzerne, sich bemühen, uns bei guter Konsumlaune zu halten und wie besorgt sie reagieren, wenn dy Endverbrauchy, dies Sensibelchen, gerade mal nicht so launig konsumieren mag.

Eine Laune, ob gut, ob schlecht, das ist spontanes, unberechenbares, kognitions-befreites Fühlen und Handeln. Wir dürfen außerordentlich gespannt sein, wie unsere Enkel reagieren werden, wenn sie uns eines Tages fragen "Warum habt Ihr uns die Welt in so einem grotten-erbärmlichen Zustand hinterlassen? Wie konntet Ihr nur!?" und wir antworten müssen: "Hach, das liegt daran, dass wir seinerzeit in so einer Super-Konsumlaune waren! Wir hatten voll den Spaß, wisst Ihr?!"

Wenn die jungen Leute, deren Zukunft wir längst verbumsfidelt haben, uns dann die Fresse polieren wollen, können wir uns vielleicht noch mit dem Hinweis verteidigen, dass die Unternehmen der freidrehenden Marktwirtschaft uns genau so am Wickel hatten, wie Dealer den schwerst-abhängigen Drogen-Junkie: Um den Konsum-Kick zu kriegen, musst Du ständig die Dosis erhöhen. Du setzt Dein Leben, all' Deine Aktivität, dafür ein, den Stoff beschaffen zu können. Nichts Anderes zählt, alles außerhalb von Konsum und Beschaffung gehört nicht mehr in Deine Welt. 

Zur Definition von Sucht gehört auch, dass die Betroffenen genau wissen, dass ihr Verhalten sie zugrunde richten wird, dass diese vernunftgemäße Einsicht aber keine Verhaltensänderung zur Folge hat.


(verändert via wiki commons)

Vielleicht können wir uns mit dem Christiane-F-Syndrom rausreden.
Aber Christiane hat nur sich selbst kaputtgemacht,
nicht die Zukunft aller nachfolgenden Generationen.
Wahrscheinlich werden wir mit der Mitleids-Tour nicht durchkommen.










Sonntag, 21. April 2024

Schwalben-Philosophie

 

Gestern Abend sah ich definitiv die erste Schwalbe, die sich hier in den Norden getraut hat. Einerseits erfreuliches phänomenologisches Indiz für den herannahenden Sommer, andererseits ein deutlicher Beweis dafür, dass Schwalben eben nicht ein besonderes, unfassbares Gespür für kommendes Wetter haben, sondern einfach nur quasi hard-coded einem Programm folgen. Blöd, blöd, blöd.

Vielleicht war das Tier auch nur ein besonderer gesellschaftlicher Streber, der grenzwertig früh anreist, um sich einen erheblichen Vorteil bei der Suche nach dem aller-aller-allerbesten Nistplatz zu sichern. Nun gut, im Falle der Schwalben könnte ich das akzeptieren, denn die riskieren für diesen vorauseilenden Egoismus immerhin ihr Leben, und das macht die Sache fair. 

Uns fällt jetzt natürlich die mögliche Analogie zu dem Konstrukt menschlicher Gesellschaft ein. Und wie es wäre, wenn die Erz-Egomanen, die menschlichen Streber, die beim kapitalistischen Ausbeutungs-Race-to-the-bottom übertreiben, im Falle ihres Scheiterns auch mal mehr Sanktion erlitten, als nur ein halb-anerkennendes, halb-kritisches "Na, so ein Teufelskerl, da hat er's aber mal übertrieben, mutig, mutig!" ...

Nicht, dass ich jemandem was wirklich Schlechtes wünsche. Aber eben auch nicht völlige Risiko-Losigkeit bei maximaler Egomanie.





Montag, 15. April 2024

Zum Schreien banal

 

Ich habe unfassbar wenig Lust, Texte über irgendwelche Themen zu schreiben, solange ich zusehen muss, mit wie leichter Hand Kriege vom Zaun gebrochen und eskaliert werden.

Nah- und Mittelost: Niemand scheint zu bemerken und zu kritisieren, dass es dort keine Konflikte gibt, außer jenen, die von ein paar alten, weißen Männern immer wieder neu befeuert werden. Diese Männer haben keine anderen Ziele, als das krankhafte Festklammern an ihrer persönlichen autoritären, stets gefährdeten Macht. 

Wenn tausende von Menschenleben dafür geopfert werden müssen, dann sei's drum. Fundamentalistische religiöse und wirtschaftspolitische Argumente lenken allerseits davon ab, dass der Antrieb jeweils nur die individuelle Egomanie ganz weniger Akteure ist.

Und das Ganze funktioniert nur, weil es allüberall Heerscharen von Nicht-Denker*innen, Vollidiot*innen, Erfüllungsgehilf*innen, willigen Vollstrecker*innen und servilen Schleimer*innen gibt, die sich völlig ethikbefreit prostituieren, um vielleicht ein winziges Fünkchen von der gewaltigen Macht des Herrschenden zu erhalten.

Dabei leiden die Normalys am meisten unter den Kriegen, die Mehrheit unschuldig. Ich glaube übrigens auch nicht, dass Leute wie Netanjahu, Al Khamenei und Biden (und, an anderer Stelle Putin, Erdogan, Orban, Kim Jong Un und wie sie alle heißen) so richtig glücklich werden, ich glaube vielmehr, dass das auch nur verirrte, getriebene Seelen sind.

Nee, den einzigen, wirklichen, ungetrübten Profit machen immer nur die Rüstungskonzerne dieses Planeten. Und die haben drum überhaupt kein Interesse daran, dass sich die Dinge grundlegend ändern.

Zurück zum ersten Satz dieses Textes: Ich habe hier wieder mal NICHTS gesagt, was nicht allgemein bekannt ist. Eigentlich ist dieser Text banal und überflüssig. Eigentlich frage mich nur erneut: Wo bleibt der kollektive Aufschrei? Warum lassen wir uns das gefallen?







Montag, 8. April 2024

Gesunde Frage: Welche Ziele hatte ich vor fünf Jahren?

 

Ich nehme an, auch heute noch gehört zu jedem normal schlechten Bewerbungsgespräch die Standardfrage: "Welche Ziele wollen Sie in fünf Jahren erreicht haben?" oder eine ihrer Variationen. Und wahrscheinlich wird auch heute noch von Bewerber*innen irgendeine taktische Antwort nach dem Schema "In fünf Jahren will ich auf Ihrem Platz sitzen." erwartet, und das Öde an diesem ewiggleichen Ritus ist die ewig fortgeschriebene Reziprozität der Erwartungen: Die Interviewer*in erwartet von der*dem Bewerber*in, dass er*sie erwartet, dass sie*er erwartet, dass er*sie erwartet, dass sie*er erwartet etc. etc. dass diese Sequenz auftaucht.

Und das zweite Öde ist, dass alle Beteiligten wissen, dass es hier für die sich bewerbende Person darum geht, sich als hemmungslos karrieregeiles Arschloch zu zelebrieren, denn wir leben in einem kapitalistischen System und das bedeutet, dass persönlicher Profit und egomanische Machtgeilheit die einzig akzeptierten Motive zur Selbstausbeutung zugunsten des Konzerns sind. Dies Prinzip frenetisch zu bejahen, soll diese Frage im Bewerbungsgespräch Gelegenheit geben.

Genug davon.

Mir ist neulich der invertierte Gedanke gekommen. Statt vorwärts in die Zukunft springen wir doch lieber mal zurück in die Vergangenheit. Wo stand ich vor fünf oder zehn Jahren? Welche Ziele hätte ich damals für in fünf Jahren formuliert, sowohl beruflich als auch privat? Welche Probleme haben mich damals besonders beschäftigt? Was davon habe ich mittlerweile erreicht bzw. überwunden? Hat sich - ganz allgemein - meine Lebenssituation verbessert oder verschlechtert?

Ich werde Euch, geneigte Lesende, nicht mit meiner persönlichen Bilanz molestieren, aber ich konnte feststellen, dass ich jede Menge Anlass zur Zufriedenheit habe - viel mehr, als mir bisher bisher bewusst war. Meinem Ich vor fünf Jahren ging es auch nicht wirklich schlecht, sieht man von punktuellen Ereignissen ab, aber im Vergleich dazu habe ich mich aus vielen Problemen und Quisquilien herausgearbeitet, und nach allem Für und einer Menge Wider, komme ich insgesamt zu einem ganz guten Ergebnis. 

Die "Was-willst-Du-in-Zukunft-erreichen"-Frage setzt uns unter Druck, zwingt uns zu hochenergetischen Bekenntnissen, auf die man uns festnageln kann und wird. Die "Was-hast-Du-in-letzter-Zeit-erreicht"-Frage gibt uns  hingegen vielfach Anlass zur Entspannung, zum Runterkommen und zur Ruhe.

Meine Empfehlung!


(via wiki commons)

Ziele im August 1950:
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zum CO₂-freien Atom-Auto!





Donnerstag, 4. April 2024

Schöne alte Wörter: "Unansehnlich"

 

Meine Großmutter mütterlicherseits, Jahrgang 1908, führte "unansehnlich" noch im aktiven Wortschatz, und sie benutzte es zur Bezeichnung von Dingen, die wegen ihrer deutlichen Gebrauchsspuren öffentlich nicht mehr vorzeigbar waren, aber andererseits längst nicht reif zur Entsorgung waren.   

Obst und Gemüse erhielten beispielsweise oft dieses Attribut, und das bedeutete, Omi würde sie niemals Gästen anbieten, für den Eigenverzehr waren die Produkte aber noch lange brauchbar, die braunen Stellen zu entfernen, war ja kein Problem.

Ich mag "unansehnlich", weil es gewissermaßen das Anti-Wort zu moderner Konsum-Werbung ist. "Unansehnlich" sagt: Du benutzt eine Sache, egal, wie sie aussieht, solange sie noch irgendeinen Nutzen hat. Konsum-Werbung sagt: Du schmeißt Sachen sofort weg, wenn sie auch nur die kleinste Macke haben oder wenn sie nicht mehr das Allerneueste vom Neuesten sind.


(verändert via wiki commons)

Omi ist seit 30 Jahren tot.
Containern hätte sie sich ohne Not nicht getraut,
aber "gerettetes Essen" hätte sie großartig gefunden!