Donnerstag, 4. April 2024

Schöne alte Wörter: "Unansehnlich"

 

Meine Großmutter mütterlicherseits, Jahrgang 1908, führte "unansehnlich" noch im aktiven Wortschatz, und sie benutzte es zur Bezeichnung von Dingen, die wegen ihrer deutlichen Gebrauchsspuren öffentlich nicht mehr vorzeigbar waren, aber andererseits längst nicht reif zur Entsorgung waren.   

Obst und Gemüse erhielten beispielsweise oft dieses Attribut, und das bedeutete, Omi würde sie niemals Gästen anbieten, für den Eigenverzehr waren die Produkte aber noch lange brauchbar, die braunen Stellen zu entfernen, war ja kein Problem.

Ich mag "unansehnlich", weil es gewissermaßen das Anti-Wort zu moderner Konsum-Werbung ist. "Unansehnlich" sagt: Du benutzt eine Sache, egal, wie sie aussieht, solange sie noch irgendeinen Nutzen hat. Konsum-Werbung sagt: Du schmeißt Sachen sofort weg, wenn sie auch nur die kleinste Macke haben oder wenn sie nicht mehr das Allerneueste vom Neuesten sind.


(verändert via wiki commons)

Omi ist seit 30 Jahren tot.
Containern hätte sie sich ohne Not nicht getraut,
aber "gerettetes Essen" hätte sie großartig gefunden!





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