Befremdlich ist's, wer derzeit mal wieder in völliger Unkenntnis der Sachverhalte über Schule und schulische Dinge zu simpeln sich nicht entblödet.
Um es kurz zu machen:
"Lehren bedeutet nicht, ein Fass zu füllen, sondern eine Flamme zu entzünden."
Angeblich von Heraklit und demnach 2.500 Jahre alt, aber es gibt auch jüngere Zuschreibungen.
Wenn corona-aktuell über digitalen Unterricht, über Samstags-Unterricht, Ferien-Verkürzungen etc. öffentlich diskutiert wird, dann geschieht das immer auf der Basis des Fass-Füll-Gedankens. Sinngemäß: "Sieh an, hier fehlen ein paar Wochen Unterricht, den Stoff trichtern wir ersatzweise hier, hier und hier ein, dann sollen die Kinder noch dieses und jenes Youtube-Video anschauen und diese und jene Aufgabe lösen - fertig."
Wissen als quantifizierbare, portionierbare Ware, als Stoff, den man handeln und bepreisen kann. So denkt man gern im Kapitalismus.
Der Auftrag von Schule ist aber "Bildung" zu vermitteln, und das bedeutet: Der "Unterrichtsstoff" ist nur schnödes Vehikel, um die Schüler*innen zu selbständig denkenden, kritischen, solidarischen Geistern zu erziehen,
so steht's im Gesetz. Evolution unterrichtet man nicht, damit die Kinder wissen, wer von wem abstammt, sondern damit sie nachvollziehen, wie Denken, in diesem Fall: ein sehr kluger, kritischer, naturwissenschaftlicher Gedanke, unser Bild von der Welt umgehauen hat, dass Weltbilder umhaubar sind und dass es immer mal wieder nötig ist, sie umzuhauen. Meine verstorbene Frau hat Programmierung und Datenbank-Trallala unterrichtet und immer wieder betont, dass es dabei eigentlich nicht um Computer und Datenverarbeitung, sondern letztlich nur um Yoga ginge.
Lehrer*innen, jedenfalls die Guten unter ihnen, sind keine Stoff-Abfüller, sondern Denkend-Macher.
Und eines ist ganz klar: Jede Stunde, die wir nicht im klugen, mitunter witzigen, stets menschlichen direkten Gespräch mit unsern Lerngruppen verbringen, ist ein für alle Mal verloren und nicht ersetzbar!
Das ist kein Plädoyer für einen unverantwortbaren, überstürzten Wiedereinstieg ins Pre-corona-Leben. Es ist nur ein Plädoyer wider den Ungeist, so zu tun, als sei ein technischer Ersatz für die menschliche Klassenraum-Kommunikation denkbar. Ich habe größte Bedenken, dass da bei viel zu vielen Technik-Nerds und den Krisen-Gewinnlern der Konzerne so ein Furz im Kopp bleiben könnte, die Digital-Nummer habe ja während der Corona-Zeit so gut geklappt, warum also damit aufhören?
Was im Moment und in den nächsten Monaten in Schulen abgeht, ist gewiss das Beste, was unter diesen Umständen möglich ist. Aber verglichen mit richtigem Unterricht, mit der Vermittlung von Bildung, ist es Moppelkotze, bestenfalls Ersatzbefriedigung!
(Plakat 1910 via wiki commons)