Freitag, 1. Mai 2020

Gezeitenwechsel


Corona ist immer noch die Krise in Zeitlupe und deshalb ein unwiderstehliches Studienobjekt menschlichen Verhaltens.

Deutlich ist die erste Phase vorbei, in der wir ALLE Schiss hatten und in der wir in großer Solidarität und Einigkeit zueinander das Miteinander fanden. In dieser Phase riefen ja sogar die Macht-Habenden zu Solidarität und Vernunft auf, was wir als äußerst angenehme Ausnahmesituation empfanden, da der Kapitalismus diese Eigenschaften auf der untersten Stufe der Profitkette, dem Konsumenten, gewöhnlich nicht goutiert.

Wir sind jetzt in Phase zwei, das machen unsere Plittikörr, allen voran Laschet, ganz deutlich:

  1. Die Parole, dass die Gesundheit der Menschen vor den Profitinteressen der Wirtschaft zu rangieren habe, gilt nicht mehr.
  2. Indem Laschet - wie übrigens Trump auch - die Wut der Menschen auf das "social distancing" medienwirksam anheizt, instrumentalisiert er sie, treibt er die Solidarität der Gesunden und Kranken, der Gefährdeten und Weniger-Gefährdeten auseinander.
  3. Die Forschenden, die sich mit der Pandemie wissenschaftlich befassen, werden der Reihe nach persönlich diskreditiert. Was einst wichtige Leitlinie der Corona-Politik war, logische, schlüssige vernunftbasierte Ergebnisse naturwissenschaftlicher Erkenntnismethode, wird mit populistischen Anwürfen ("Die ändern ja ihre Meinung!") in den Dreck gezogen.  
  4. Das ausschließlich profitorientierte Wollen der Lobbyverbände beeinflusst politische Entscheidungen wieder mehr, als der medizinische Sachverstand. 


Die Konzerne und ihre Marionetten in den politischen Ämtern ätzen verstärkt gegen die Epidemiologen, sie mögen doch mal kundtun, wie lange die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie noch aufrechterhalten werden sollen. Fragen wir doch einfach mal umgekehrt die Konzerne, wievielen Menschen zusätzlich (!) wegen Covid 19 allmählich die Lungen voll Flüssigkeit laufen sollen, wieviele Menschen also elend ersticken sollen, und zwar über Tage hinweg, damit der größte Horror des Kapitals, die Abwesenheit von Profit (Marx) nicht eintritt.

Ich habe so gar keine Lust, mitansehen zu müssen, wie "Alles wie früher, nur ein bisschen schlechter" (Schweijk) wird.






(verändert via I-net)

Das ist auch so eine Sache: Die Medien betrügen uns mit so hübsch aufbereiteten Modellen. Macht Euch bitte mal klar, was eine Covid-19-Infektion bedeuten kann: Deine Lungen füllen sich sehr langsam mit Flüssigkeit. Das Atmen fällt Dir zunehmend schwerer, Dein gesamter Körper japst nach Sauerstoff, den aber irgendwann nicht mal die Beatmungsgeräte mehr in hinreichender Menge zur Verfügung stellen können. Wenn Du Glück hast, medizinisch gut versorgt zu werden, wirst Du mit Tranquilizern ruhiggestellt, damit Panik und Schmerzen Dich nicht wahnsinnig machen. Am Ende, nach Tagen oder Wochen, bist Du nur noch ruhiggestellt, stirbst nach langen Tagen des Leidens, indem Du bewusstlos rüberdämmerst.

Klingt brutal, aber das ist es, worüber wir reden. Das ist das Leid, über das Plittikörr aktuell entscheiden, wieviel wir des Kommerzes wegen davon vermehrt akzeptieren sollen.





Samstag, 25. April 2020

Ernüchtert! (Imperativ, 2. Pers. Pl.)


Befremdlich ist's, wer derzeit mal wieder in völliger Unkenntnis der Sachverhalte über Schule und schulische Dinge zu simpeln sich nicht entblödet.

Um es kurz zu machen:

"Lehren bedeutet nicht, ein Fass zu füllen, sondern eine Flamme zu entzünden."
Angeblich von Heraklit und demnach 2.500 Jahre alt, aber es gibt auch jüngere Zuschreibungen.


Wenn corona-aktuell über digitalen Unterricht, über Samstags-Unterricht, Ferien-Verkürzungen etc. öffentlich diskutiert wird, dann geschieht das immer auf der Basis des Fass-Füll-Gedankens. Sinngemäß: "Sieh an, hier fehlen ein paar Wochen Unterricht, den Stoff trichtern wir ersatzweise hier, hier und hier ein, dann sollen die Kinder noch dieses und jenes Youtube-Video anschauen und diese und jene Aufgabe lösen - fertig."

Wissen als quantifizierbare, portionierbare Ware, als Stoff, den man handeln und bepreisen kann. So denkt man gern im Kapitalismus.

Der Auftrag von Schule ist aber "Bildung" zu vermitteln, und das bedeutet: Der "Unterrichtsstoff" ist nur schnödes Vehikel, um die Schüler*innen zu selbständig denkenden, kritischen, solidarischen  Geistern zu erziehen, so steht's im Gesetz. Evolution unterrichtet man nicht, damit die Kinder wissen, wer von wem abstammt, sondern damit sie nachvollziehen, wie Denken, in diesem Fall: ein sehr kluger, kritischer, naturwissenschaftlicher Gedanke, unser Bild von der Welt umgehauen hat, dass Weltbilder umhaubar sind und dass es immer mal wieder nötig ist, sie umzuhauen. Meine verstorbene Frau hat Programmierung und Datenbank-Trallala unterrichtet und immer wieder betont, dass es dabei eigentlich nicht um Computer und Datenverarbeitung, sondern letztlich nur um Yoga ginge.

Lehrer*innen, jedenfalls die Guten unter ihnen, sind keine Stoff-Abfüller, sondern Denkend-Macher.

Und eines ist ganz klar: Jede Stunde, die wir nicht im klugen, mitunter witzigen, stets menschlichen direkten Gespräch mit unsern Lerngruppen verbringen, ist ein für alle Mal verloren und nicht ersetzbar!

Das ist kein Plädoyer für einen unverantwortbaren, überstürzten Wiedereinstieg ins Pre-corona-Leben. Es ist nur ein Plädoyer wider den Ungeist, so zu tun, als sei ein technischer Ersatz für die menschliche Klassenraum-Kommunikation denkbar. Ich habe größte Bedenken, dass da bei viel zu vielen Technik-Nerds und den Krisen-Gewinnlern der Konzerne so ein Furz im Kopp bleiben könnte, die Digital-Nummer habe ja während der Corona-Zeit so gut geklappt, warum also damit aufhören?

Was im Moment und in den nächsten Monaten in Schulen abgeht, ist gewiss das Beste, was unter diesen Umständen möglich ist. Aber verglichen mit richtigem Unterricht, mit der Vermittlung von Bildung, ist es Moppelkotze, bestenfalls Ersatzbefriedigung!




(Plakat 1910 via wiki commons)


















Donnerstag, 23. April 2020

Augen auf bei der Berufswahl!


"Der hat jetzt fünf Wochen Urlaub gehabt, der hätt' ja auch mal die Hecke schneiden können  ...!"

Das Letzte habe ich soeben nicht mehr ganz genau verstanden, aber das Erste kam mit einer herrlichen, höllischen, abgrundtiefen Böswilligkeit von jenseits der angenehm hohen und angenehm dichten Hecke zu meinen Nachbarn. Ich mag das, wenn die Leute so einen hilflosen Hass empfinden und den unüberhörbar rauskotzen wollen und müssen, wenn sie aber andererseits leise genug rumkotzen, weil sie zu feige sind, sich gegebenenfalls drauf festnageln zu lassen.

Aber sie haben natürlich Recht: Ist ja schon schlimm, dass man im Strandkorb sitzen und digitale Aufgaben erstellen oder korrigieren kann. That ain't working, ARBEIT beginnt da, wo man einen Spaten in der Hand hat oder einen Tank mit krebserregendem Roundup in die Rabatten entleert. Oder morgens um halb sechs los muss. ARBEIT muss körperlich sein. Und unangenehm. Und wehtun.

Im Strandkorb im Garten sitzen und mit einem Stift in der Hand was lesen, ist auf keinen Fall ARBEIT!

Auch ein Buch lesen ist keinesfalls ARBEIT. Buch lesen ist per se irgendwas angeschwult Elitäres und bestenfalls dem Freizeitbereich zuzuordnen und nichts, was ein anständiger Mensch zu einer Tageszeit macht, in der man auch ARBEITEN kann ...

Ich liebe unüberbrückbare Vorurteile. Sie machen das Leben so einfach, die Dinge so transparent. Und wenn Du die Welt nur in sehr wenige, sehr große und sehr robuste Schubladen einsortierst, dann musst Du am Ende auch gar nicht mehr so viel denken.

Richtig ist: Was berufliche Konsequenzen der Corona-Krise betrifft, sind wir Lehrer*innen im ÖD bisher ziemlich gut weggekommen. Die meisten von uns hätten dennoch liebend gerne ihren alten, gewohnten Rhythmus wieder. Wir haben uns den status quo weder ausgesucht noch ihn begrüßt.

Eine französische Lehrerin hat neulich in einem Interview treffend festgestellt: Man bezahlt Feuerwehrleute auch nicht nur dann, wenn es brennt. Die vielen tausend Lehrer*innen in Deutschland haben die Aufgabe, Millionen junger Menschen zu unterrichten. Für unser Land hat der Souverän, das Volk aus mündigen Staatsbürger*innen, das so beschlossen. Wir brauchen besonders viel Bildung, weil wir so verdammt wenig Rohstoffe haben. Dass uns Lehrer*innen derzeit teilweise die Hände gebunden sind, ist doof. Wir alle finden das doof.

Klar soweit?



(stark verändert via I-net)















Freitag, 17. April 2020

Nicht Alles schlecht!


Mit zunehmendem Lebensalter dräuen vielleicht irgendwann mancherlei Gebrechen, aber man unterschätze nicht die Vorteile! Wie geil ist's zum Beispiel, dass ich mir und anderen nichts mehr beweisen muss.  

So auch heute: Die Flugwettervorhersagen waren vielleicht ein bisschen zu liebreizend, meine Interpretation der Daten gewiss zu sehr vom Wunsch geprägt, den Allerwertesten in die Luft zu bekommen. Kurz: Es lief mal wieder grob unschön, was in einem 120kg-Drachen-Trike bedeutet, dass Du Dich schon nach kurzer Zeit fühlst wie ein Preisboxer in der 12. Runde. 

Wie geil, dann einfach abzubrechen und sehr cool nach 26 Minuten wieder zu landen, statt auf Krampf heldische Durchhalteübungen zu zelebrieren, die anschließend sowieso niemanden interessieren. 





(Heute, westl. Hude, 190 m)

Grüne, gelbe, braune Felder. 
Baumreihen. 
Straßen und Wege. 
Bauernhof, Massentierhaltung. 

Low & slow bietet Dir die Welt in einer geradezu naiven Anmutung von Ordnung, Übersicht und Gegliedert-Sein dar.  





(dto.)



Donnerstag, 16. April 2020

Spreu


Es ist keine leichte, dafür aber eine sehr lohnenswerte Übung zum Corona-Zeitvertreib: Man beobachte mal, wer in diesen Zeiten, da die Kacke echt am Dampfen ist, nichts zu sagen hat. Besonders schlaglichtartig war das nach gestriger Sitzung des sogenannten "Corona-Kabinetts" zu registrieren, wo ja wirklich relevante und nicht ganz einfache Entscheidungen zwischen Ökonomie und Epidemiologie abzuwägen waren.

Die AfD ist schon seit langer Zeit komplett aus dem Rennen. Da kam und kommt ewig nur dummes Zeug, und mehr haben die auch nicht. Das AfD-Erfolgsrezept, das Erfolgsrezept aller Populisten, den jeweils hirntotesten Braunbratzen nach dem Maul zu reden, versagt, wenn ernsthafte und vor allem neue Probleme auftauchen, die einer klug abgewogenen Lösung bedürfen.
Für die FDP wollte wenigstens Sunny-boy Lindner im "heute"-Interview Akzente setzen, aber es wurde peinlich klar erkennbar, dass er keine hatte. Warum wurde er dann interviewt? Warum das Interview dann gesendet? Um ebendies publik zu machen?
Die Linke äußert Bedenken, aber keine weiterführenden Vorschläge. Ein Zeichen von Klugheit, dann auch einfach mal die Klappe zu halten. Wenigstens lenkte Ramelow den Blick auf die Armen.

Den Großpreis verdienten Fremdschämens räumt allerdings Frau Karliczek ab, unsere Bildungministerin. Sie trötet seit Wochen mit bundesbildungsministerieller Macht banale Botschaften zu Inhalten, die ihr qua Ressort überhaupt nicht zustehen, sie wird von niemandem gehört, ihr Hinausgeblähtes wird weder kommentiert noch kritisiert, nicht mal von ihren Parteigenoss*innen. Was für ein glorioses Desinteresse dieser Frau allseits entgegenschlägt! Und mit welcher Dickfälligkeit sie das nicht mal zu bemerken scheint.

Ist die Dame intrinsisch stumpf? Möglich. Unser politisches System selegiert Stumpfheit in menschlichen Dingen positiv.

Oder merkt sie es, leidet aber schweigend? Wenig wahrscheinlich. Wenn dem so wäre, würde sie ja so nicht weitermachen. Sie könnte ja zur Abwechslung mal was Schlaues sagen. Oder schweigen.

Umgeben sich unsere Plittikör vielleicht mit einer Mischpoke aus speichelleckerischen Hofschranzen, die sie von der Außenwelt abschirmen und sie immer weiter bestärken? Ah!? Das klingt allzu plausibel.

Komödie ist, wenn ein völlig überzogener Selbstanspruch mit der Realität kollidiert. Was Frau Karliczek liefert, reicht aber nicht mal für eine Komödie, dazu ist es zu klein, zu dumm und zu niedrig. Aus Mitleid und um sie vor sich selbst zu schützen, muss man die Frau, die nichts mehr peilt, schnellst von diesem Amt entfernen. Und das Amt, das nur für parteitaktische Regional- und Geschlechterquoten geschaffen wurde und in unserem föderalen Bildungssystem gar keinen Sinn hat, gleich mit.




(stark verändert via wiki commons)














Freitag, 10. April 2020

Phänomenologische Feststellung


Es gibt alljährlich vier Beweise dafür, dass der Frühling eifrig den Sommer vorbereitet:

  1. Schmetterling-Imagos flattern umher. Die ersten habe ich am 31.03. gesehen.
  2. Schwalben sind zurück. Die erste habe ich heute gesehen.
  3. Die seltsamen 50-cent-Ferngläser für die Touries sind an der Küste installiert.
  4. Eduard Mörike (1804 - 1875) redet mit mir.    



(heute in N-siel)


Er ist's 
Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
— Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab' ich vernommen!

Eduard Mörike, 1828

Donnerstag, 9. April 2020

Schützenswerte Wort-Denkmäler


Da wird gerade wieder ein Wort zu Tode geritten, dessen ursprüngliche Bedeutung unbedingt unter Schutz gestellt werden muss: Solidarität.

Wikipedia beschreibt es ganz treffend: " ...Haltung der Verbundenheit mit – und Unterstützung von – Ideen, Aktivitäten und Zielen anderer. [Solidarität] drückt ferner den Zusammenhalt zwischen gleichgesinnten oder gleichgestellten Individuen und Gruppen und den Einsatz für gemeinsame Werte aus ..."

Zur Zeit wird gerade mal wieder die Solidarität innerhalb der EU beschworen, insbesondere von den Ländern, die von der Pandemie so richtig übel erwischt worden sind. Aber da wird der Denkfehler ganz deutlich. Diese Länder wollen keine Solidarität, sondern Geld. Sie wollen, dass man ihnen hilft, und das ist auch nachvollziehbar, und ich bin auch dafür.

Solidarität wollen sie aber nicht, da sie, außer, wenn sie was zu ihrem eigenen Vorteil einfordern, keine Haltung der Verbundenheit zu Europa, keine Unterstützung gemeinsamer Ideen, Aktivitäten und Ziele zeigen. Diese utilitaristische Haltung, salopp: Abzocker-Mentalität, ist weltweit zwar sehr en vogue, und wir Doitschen machen's genau so, aber das ist das genaue Gegenteil von Solidarität.

Solidarität ist eine Grundhaltung. Man kann sie nicht punktuell haben und fallbezogen ein- oder ausschalten. Man vergleiche "solidarisch" und "nett". Ein Mensch, der nur im Einzelfall "nett" ist, ist eigentlich überhaupt nicht nett, sondern höchstwahrscheinlich sehr gefährlich ("Mama, der fremde Mann auf dem Spielplatz war heute richtig nett zu mir...!")

Also sagen wir's nochmal richtig: Italien braucht Kohle ohne Ende. Punkt. In der geographischen Nachbarschaft gibt es das sehr reiche Doitschland, das sich seit Jahrzehnten an der EU dumm und dusselig verdient. Punkt. Her mit dem Geld!

Es gibt keine europäische Idee, weder in Italien noch in Deutschland.

Das Gleiche gilt für unsere Kolonien im Osten, die Vizegrad-Gruppe: Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn haben mit der europäischen Idee, mit unserer Kultur, unseren Zielen noch viel weniger zu tun als Great Britain, aber wir pampern sie, um nicht mehr selber Frontstaat der NATO im Osten sein zu müssen. Dafür zahlen wir irrwitzige Agrarsubventionen und tolerieren schafsköpfig die zunehmende Abschaffung der demokratischen Grundordnungen in diesen Ländern. Das ist kalte, zynische Berechnung, aber keinesfalls Solidarität.

Wenn wir europäische Solidarität wollen, dann müssen wir die Nationalstaaterei abschaffen. Das setzte allerdings eine weitgehende Entmachtung der herrschenden plittischen Klasse voraus.

Uups, vom Thema abgeglitten.

Tl, dr: Solidarität ist ein grundlegendes Gefühl von Verbundenheit. Alles andere lässt sich mit Geld bezahlen und ist daher wertlos.







(verändert via wiki commons)

















Dienstag, 7. April 2020

Unsere Seele ist ein Mosaik unserer Entscheidungen.


Na großartig! Ganz großartig, da rette ich einen süßen, kleinen Marienkäfer, der es irgendwie fertiggebracht hat, innen an der Fensterscheibe meines Ankleidezimmers herumzukrabbeln, und dann offenbart sich mir bei näherer Betrachtung ein Individuum der Species Harmonia axyridis, vulgo "Asiatischer Marienkäfer", einer invasiven Art, die sich anheischig macht, unsere heimischen Marienis zu vertreiben.



Frage: Was tun? Soll ich der fremden, wiewohl invasiven Kreatur Gnade willfahren lassen? Oder den Usurpator meucheln, bevor er unsere heimischen Marienkäfer umvolkt?

Es sind diese ewigen, alltäglichen Gewissensfragen, die mich fertig machen.





Samstag, 4. April 2020

Schöne neue Lernwelt


Soso, der Polit-Sprech bereitet gerade die Spatzen darauf vor, künftig von den Dächern zu pfeifen, was aufmerksamen Beobachter*innen ohnehin ahnbar ist: Am 20.04. wird NICHT planetenweit der Corona-Virus besiegt und also der Alltag wieder ausgerufen werden.

Mit Amüsement nehmen wir zur Kenntnis, was die doitschen Medien für diesen Fall als Pädagogik-Ersatzbefriedigung hypen: Besinnungslose Digitalisierung. Die entsprechenden Nachrichten-Schnipsel, selten länger als 60 Sekunden, folgen schon seit Wochen etwa folgender Dramaturgie:

  1. Engagierter Junglehrer (ja, immer nur Männer!) sitzt im Home-Office in einer Video-Konferenz mit seiner ganzen Klasse, 
  2. die seltsamerweise nur aus 8 bis 12 Schüler*innen zu bestehen scheint. 
  3. Die Übertragung zu den einzelnen Kiddos ruckelt ein bisschen, aber alle sind freudig erregt. 
  4. Besagter Junglehrer hat den Schüler*innen digitale Aufgaben zukommen lassen, 
  5. die diese zu Hause mit Smartphone, Laptop oder wasauchimmer lösen und zurückschicken. 
  6. Zwischenschnitt: Der Lehrer äußert sich im Skype-Interview orgasmisch über die Wahnsinns-Lernerfolge, die er erzielt.
  7. Der Lehrer tippt umfangreiche individuelle Feedbacks, grundsätzlich des Inhaltes, dass die/der Schüler*in ausgezeichnete, wundervolle Fleißarbeit geleistet habe. 
  8. Der freudig-erregte böberschte Dienstherr oder irgendein*e beliebige*r Plittikörr*in, ist im Interview des Lobes voll und schwört heilige Eide, man werde mit Hochdruck daran arbeiten, derartige Lösungen zu pushen, bla bla bla ...

Ich fühle mich so alt und ganz schrecklich "old-school", aber wenn ich diese strahlend-optimistischen Gigs sehe, befallen mich Fragen, lästig und juckend und ekelhaft, wie ekle Räude. Ich hasse mich selbst dafür, aber der Zweifel nässt aus mir heraus.


  • Wieso hat der nur so wenig Schüler*innen? 
  • Wie groß muss ein Monitor sein, damit alle, Lehrer und Schüler, eine übliche Klassenstärke von, sagen wir, 28 Schüler*innen sinnvoll fenstern können? 
  • Laut Landesamt für Statistik hatte das Land Niedersachsen im Schuljahr 2017/18 839.681 Schüler*innen. Selbst wenn die nicht alle gleichzeitig video-unterrichtet werden: Reichen unsere Übertragungskapazitäten? Gibt es in anderen Bundesländern eigentlich auch Schüler*innen? Du liebe Güte, ja, insgesamt 8,33 Millionen in 2019! Viel Erfolg mit den Video-Konferenzen!
  • Was, wenn die Eltern keine Flat-Rate haben? 
  • Was, wenn im Elternhaus überhaupt keine Infrastruktur für sowas vorhanden ist? Ein wenig technisches Know-how? Rattenschnelles Internet? Desktop-Rechner für jedes Kind und ungestörte Arbeitsecken zum Beispiel?
  • Wer beurteilt den Arbeitsaufwand individueller schriftlicher Feedbacks, und wir sprechen, bitteschön, von pädagogisch wertvollen Feedbacks? Aus meiner Erfahrung: Gute Arbeiten sind schnell zurückgemeldet: "Super!", "Gut gemacht", "Weiter so!" etc. etc. Bei problematischen Ergebnissen reicht aber leider nicht "Schwachsinn!", "Idiot!", "Nochmal!". Erklär' mal einem doofen, pardon: fachlich herausgeforderten, Schüler, der eine Aufgabe von vorn bis hinten verkackt und sichtlich keinen Bock darauf hat, was er falsch gemacht hat. Schriftlich. Kleinschrittig. Von Grund auf. Ach, übrigens: Du hast in einer Klasse nicht nur einen doofen Schüler, sondern, sagen wir, fünf. Und Du hast vier, fünf Lerngruppen. Viel Spaß!


Ich will ja nicht nur rummaulen. Konstruktiv: Lasst uns Trainingshefte zum Selberlernen anschaffen. Ich meine Bücher. Aus Papier. Die gibt es bereits massenhaft. Für jedes Fach und jede Jahrgangsstufe. Selbst das schlechteste Trainingsheft ist besser als eine Technologie, die technisch und ablauforganisatorisch nicht reif ist. Und dann lasst uns auf einfachen, erprobten,  datenschutzkonformen Plattformen kommunizieren, z.B. Foren und Chats, um gemeinsam, im Klassenverband, über die Aufgaben sprechen. 

Das Gemeinsame ist das wichtigste am Unterricht!

(verändert via wiki commons)

Apropos "Bücher" und "aus Papier": Wenn darüber nachgedacht wird, demnächst wieder Läden zu öffnen, dann bitteschön an erster Stelle die Buchläden! Es gibt derzeit tausende von Ratschlägen, wie man ausgangsbeschränkte Zeiten überstehen kann. Lest Bücher, verdammt nochmal! Bücher sind Lebensmittel.









 

Freitag, 3. April 2020

Berechtigte Selbstzweifel


Liebes Tagebuch!

Heute kam ich mir wieder so schrecklich dumm vor. Die Experten und Plittikörr sagen, Alles wird gut, und Jonny Hopkins sagt, es sieht ziemlich kacke aus. Was verstehe ich nicht?










Nachklapp, etwa einen Tag später:



Ich weiß zwar immer noch nicht genau, was Spahn damit sagen will, wenn er sagt "Die Richtung stimmt!" (s.o.), aber es gibt mir ein gutes Gefühl, wenn einer so stramme Parolen raushaut.