Samstag, 1. Juni 2019
Ade, Du schöner Wald!
Wollte gerade nach zweiwöchiger Pause meine Lieblings-Jogging- bzw. Nordic-Walking-Strecke laufen. Stellte fest, dass die schönen, wohligen Sandwege zwischenzeitlich geschottert worden sind.
Damit ist die Strecke, ist der ganze Wald für mich erledigt, denn für Barfußläufer ist grober Schotter der denkbar abstoßendste Untergrund.
Es bleibt Frage, warum dieser Weg geschottert werden musste und also kein Sandweg bleiben konnte. Pflanzen und Tiere haben wahrscheinlich keine entsprechende Forderung erhoben, denn so eine Schotterpiste ist ökologisch so wertvoll wie ... mmh ... eine Schotterpiste. Erholungssuchende Spaziergänger*innen suchen im Wald auch eher Wald und nicht den Liebreiz geschredderter Grauwacke. Selbst das Kinderwagen-Argument zieht nicht, denn dazu ist der Belag viel zu holperig und widerständig.
Kürzen wir die Suche ab, weil die Lösung ja ohnehin Jedem/r dämmert: Da sollen Ernter drüberrollen. Punkt. Es geht um Profit, nichts Anderes. Das ist kein Wald, sondern eine Plantage. Natur und das ganze romantisierende Trallala ist hier völlig latte. Von nachhaltiger Forstwirtschaft haben die Verantwortlichen schon gehört, aber sie sind viel zu dumm, zu raffgierig und viel zu sehr auf den kurzfristigen Gewinn aus, um sich darauf einzulassen.
Was lernen wir wieder einmal? Ein Wirtschaftssystem, das auf dem Prinzip der Profitmaximierung beruht, führt zu falschen Entscheidungen. Milliarden alltäglicher, dümmlichen Einzel-Egoismen generieren keine Schwarm-Intelligenz, sondern agglomerieren zum Untergang einer für Homo sapiens lebenswerten Umwelt.
Ja, das ist so abgedroschen, so offensichtlich und banal, ich komme mir total albern vor, das immer wieder runterzubeten. Aber wenn das so banal ist, dann müsste es doch jeder Depp verstehen. Warum ändert sich dann nichts?
Donnerstag, 23. Mai 2019
Zu leicht befunden
Jetzt hat sie es auch gemacht: Die Vor`zende des Philologen-Verbandes, die ubiquitäre Lin-Klitzing, konnte sich schließlich auch nicht mehr entblöden, gesamtgesellschaftliche Missstände, denen die Macht-Habenden rat- und planlos gegenüberstehen, einfach mal auf die Institution Schule zu projizieren:
Keine Sau begreift die Relevanz des Grundgesetzes? Das muss an der Schule liegen! Und damit wir das Übel an der Wurzel packen, suchen wir die Brutstätten der Multiplikatoren auf, die Lehrerausbildungen. Ha, wenn wir den Junglehrer*innen erstmal die Flötentöne beigebracht haben, dann werden die das an die Schüler*innen weitergeben und dann ist das Problem - schwuppsi - gelöst.
So funktioniert Unterricht nämlich: Ein Plittikörr denkt sich irgendwas aus, egal was, dann sagt der das den Bildungsfuzzies, die sagen das den Schüler*innen, und dann weiß das heute Deutschland und morgen die ganze Welt. Das funktioniert auch gegen Nazis, Rassismus, Intoleranz, Inflation, Internet, Krätze, Klima und Kartoffelkäfer...
Merke: Wenn irgendwas schief läuft, kann es nur an unfähigen Lehrer*innen liegen. Also muss da mal kräftig nachgeschult werden. Wenn irgendwas gut läuft, liegt es natürlich an den Plittikörrn und die müssen folglich wiedergewählt werden. So einfach kann das Leben sein!
Ich bin auch Mitglied des Philologen-Verbandes - aber derzeit finde ich das wieder mal außerordentlich bedauerlich und beschämend. Ja, ich weiß, welche Frage sich daraus ergibt.
(Hammerstein-Equord - verändert via wiki commons)
Unbedingt lesenswert: Enzensberg: Hammerstein oder Der Eigensinn
Sonntag, 19. Mai 2019
Grün und blau
Into the great wide open
Under them skies of blue
Out in the great wide open
A rebel without a clue
Tom Petty
Als das mikroleichte Trike auf den Markt kam, meinten Einige, es sei dies ja nicht mehr als ein Gartenstuhl am Himmel. Und ich sage: "Ja, wunderschön, nicht wahr!?"
Under them skies of blue
Out in the great wide open
A rebel without a clue
Tom Petty
Gestern, irgendwo Wesermarsch, ca. 200 m, Blick NNO
Als das mikroleichte Trike auf den Markt kam, meinten Einige, es sei dies ja nicht mehr als ein Gartenstuhl am Himmel. Und ich sage: "Ja, wunderschön, nicht wahr!?"
Mittwoch, 15. Mai 2019
Lebensweisheit No. 27
Erleidest Du je so einen Anfall,
an das Gute im Menschen zu glauben,
an seine Fähigkeit zu Vernunft, Einsicht,
Mitgefühl und Solidarität,
dann setze Dich
an einem normalen Werktag
auf den halbgefüllten Großparkplatz
eines Baumarktes / Supermarktes o.ä.
und beobachte
ihre Strategien bei der Parkplatzsuche.
(stark verändert via wiki commons)
Sonntag, 12. Mai 2019
Re - Flexion
Zu viel Berufliches lenkt mich derzeit ab. Für darüber hinausgehende Themen mich so zu entzünden, dass Schreib-Wut entsteht, will mir momentan nicht gelingen. Positiver Effekt: Temporäre Schreibblockaden schaffen notwendige Distanz zur Reflexion.
Was mache ich hier eigentlich?
Mitunter befallen mich Minderwertigkeitskomplexe. Wenn ich, wie aktuell, Monographien wie Fukuyamas "Identität" und Sierens "Zukunft? China" oder die wohlrecherchierten Artikel der "Monde diplomatique" [1] lese und anschließend meinen Blog und mein kümmerliches Selbstgestricktes zur Welterklärung betrachte, bin ich zutiefst beschämt, da ich doch erkenne, dass Andere viel kompetenter, viel gehaltvoller und mit viel größerer Reichweite zu viel tiefschürfenderen Gedanken in der Lage sind.
Ich muss mich dann erstmal ganz bewusst zur Ordnung rufen: Blogs wie dieser stehen nicht im Wettbewerb mit professionellen Veröffentlichungen und deren Verfasser*innen.
Was ich verzweifelt und bislang vergeblich versuche, ist, die Dinge dieser Welt für mich persönlich irgendwie zu einem einheitlichen Bild zusammenzufügen. Und der selbstgesetzte Zwang zur Veröffentlichung dient als notwendiges Korrektiv und zur Selbst-Disziplinierung. "Nur ein blogbarer Gedanke ist ein guter Gedanke ..."
Ich bin in keinem Fachgebiet Experte genug, um mit professionellen Veröffentlichungen andere Menschen bereichern zu wollen oder zu können. Und das großkotzige Ansinnen, "Influencer" sein zu wollen, geht mir völlig ab. [2]
(stark verändert via wiki commons "Influencer")
[1] Krass, oder? Mit so einer Leseliste kann man natürlich erstklassige Image-Pflege betreiben. Aber es stimmt wirklich. Ich lese so einen Quatsch und finde ihn interessant. Soll ich lügen?
[2] Wie groß das Influence-Potential dieses Blogs ist, weiß ich nicht. Durch die Statistik-Funktionen dieser Blog-Software blicke ich entweder nicht richtig durch oder sie liefern tatsächlich inkohärente Zahlen. Im Schnitt scheinen aktuell pro Tag 30 unterschiedliche Leute den Blog zu lesen, pro Monat 1.500. Da ein Monat etwa 30 Tage hat und 30 mal 30 nicht 1.500 ergibt, ist die vorangegangene Aussage völliger Schwachsinn. Das meine ich mit "inkohärent".
Für einen werbefreien, unbeworbenen, unkommerziellen, völlig textlastigen Blog mit viel zu wenig Bildern, viel zu langen, hypotaktischen Sätzen und viel zu wenig Sex-Themen [3] ist der Wert völlig ok ...
[3] Upps! Hatte ich da gerade eine Idee für eine künftige inhaltliche Neuausrichtung?
Freitag, 3. Mai 2019
Kraft durch Dummheit
Ich habe durch die Bank nur nette Nachbarn, das meine ich ganz unironisch. Und damit ich nicht verlerne, das zu wertschätzen, ist's gut, dass es eine Ausnahme gibt. Der Typ Spießer, der gleichermaßen völlig unintelligent und dabei grenzenlos selbstbewusst ist und dessen Meinung natürlich per Zirkelschluss immer nur die reine Wahrheit sein kann, denn wäre sie's nicht, wär's ja nicht seine Meinung, und diese Meinung holt er sich rund um die Uhr von einer Mattscheibe, deren Flächeninhalt einer kleinen Studentenwohnung Genüge täte.
Besagter Nachbar begrüßt mich seit Jahren, wenn er mich mittags aus der Schule nach Hause kommen sieht, regelmäßig mit einem gebrüllten "Na! Schon wieder Feierabend??!!" Anfangs hatte ich stichwortartig zurückgebrüllt, dass Lehrers Arbeit mitnichten mit dem Unterricht ende etc. etc, als wäre mit klugem Argument seiner zementierten Blödmann-Meinung beizukommen. Später habe ich nur noch halbfreundlich abgewunken, was er wahrscheinlich als Unterwerfungsgeste und / oder Schuldanerkenntnis verbuchte. Dann fand ich Spaß daran, den Neid hinter seiner Frage zu befeuern: "Ja, für heute reicht's auch" oder "Ja, muss noch Rasen mähen ..."
Gestern, Donnerstag (!!!), gab's spontan eine weitere hübsche Eskalation:
Er: "Na! Schon wieder Feierabend??!!"
Ich: "Ja, aber echt blöd: Montag muss ich wieder hin!"
Ich würde mir eher die Zunge abbeißen, bevor ich der geistigen Napfschnecke erläutere, dass gerade das Abi läuft, dass ich nur "frei" habe, weil die Schüler*innen des Abi-Jahrgangs zu Hause sind und büffeln und dass ich auch noch in den nächsten Wochen neben dem sonstigen Unterricht rund um die Uhr, auch an Wochenenden und Feiertagen korrigieren und Gutachten schreiben werde, sofern ich nicht schlafe, stoffwechsle oder absolute Minima an sozialen Erwartenserwartungen befriedige. Das ist für Lehrer*innen immer die beschissenste Zeit des Jahres, aber Napfschneckes Gesichtsausdruck gestern, das entschädigt für ganz viel und gibt mir Kraft für die nächsten Tage.
(Die Gemeine Napfschnecke - verändert via wiki commons)
Sonntag, 28. April 2019
Wie man nett ist.
Einfache Wörter sind am schwersten zu erklären.
Leute, die ich "nett" finde, haben drei Eigenschaften:
Demut
Natürlich ist damit nicht der kirchliche Quatsch gemeint, sondern die Selbsterkenntnis, dass man selbst auch nur eine ganz normale, arme Wurst ist, nix besser und nix schlechter als alle anderen Menschen auch, dass man zuweilen unglaublich dämliche Fehler macht, sogar Menschen versehentlich verletzt, dann aber auch mal wieder richtig, richtig gute Szenen hat. Normal eben.
Neugier
"Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen / ein Werdender wird immer dankbar sein." sagt Altvater Goethe im Faust I. Wie nervtötend sind Leute, die meinen, alles Wichtige zu wissen, und alles, was sie nicht wissen, folglich für unwichtig erachten. Individuelle Universal-Genies gibt es zwar nicht mehr, aber ich mag Universal-Dilettanten, Leute, die in der Lage sind, in jedem Bereich spannende Fragen zu entdecken und sich draufzustürzen.
Mitgefühl
Das wichtigste, universalistischste Merkmal. Da hat mein Kumpel Dalai schon genug zu gesagt. Und bei uns Menschen ist es genetisch programmiert. Erschütternd ist eigentlich, dass es möglich ist, diese Programmierung zu übersteuern. Wenn das geschieht, und das geschieht anscheinend oft, fragen wir uns hinterher immer, wie die Scheiße in die Köpfe der Leute kam ...
So, das war's. Das ist die vollständige Beschreibung dessen, was ich meine, wenn ich jemanden "nett" finde.
Und jetzt kommt der Hammer: Ich habe mehrere Jahrzehnte gebraucht, um diese Defintion formulieren zu können! Kein Kreuzworträtsel, kein Sudoku kann kniffliger, komplexer und kryptisch-mystisch-rätselhafter sein, als der Versuch, so etwas Einfaches so einfach zu erklären.
(Stark verändert aus dem ersten Roger-Dean-Album. Wenn der gute Roger wüsste, wie sehr seine Bilder mich geprägt haben ...)
Samstag, 27. April 2019
Schreibtipp für verkappte Spießer
Sehr befremdlich: Ein Tagesschau-Kommentar setzt sich mit der Frage auseinander, woher das nordkoreanische Moppelchen seine Daimler-Staatskarrosse bezieht, trotz Handelsverbotes. Unter anderem formuliert der Presse-Praktikant:
"So bleibt Kims fahrender Untersatz "Made in Germany" ein Rätsel. Würde man die billigen Stammtisch-Klischees zu Rate ziehen, könnte man bei China sagen, die Limousinen wären gefälscht, in Polen wären sie geklaut - doch bei Nordkorea? Da fehlt das Stammtisch-Latein."
Interessante Umverpackung für das hinlänglich bekannte und nazi-spießerisch besetzte "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen...". Indem ich sage, dass es natürlich nur billige Stammtisch-Klischees seien, kann ich der bräunlichen Spießer-Suppe, die immer schon in der Bilge meines Schädels schwappte, doch noch öffentlich-medial Abfluss verschaffen, ohne für dieses Dumm-Gesäusel verdient was aufs Maul zu kriegen, metaphorisch gesprochen ...
Merksatz für die lustig-sein-wollende Journaille:
Wenn Du selbst denkst, dass Du Scheiße schreibst, dann tu's einfach nicht!
Andernfalls machst Du Deine geistige Fehlverdauung peu à peu salonfähig.
(stark verändert via wiki commons)
Donnerstag, 25. April 2019
Zur Rettung des Begriffs
Inakzeptable Begriffszerstörung: "Illiberale Demokratie". Wir sollten den Medien nicht gestatten, dieses wohlintendierte, grausame Verbrechen gegen die Sprachlogik weiter zu verbreiten.
Wenn ein Volk qua Verfassung funktionierende demokratische Prozesse hat und in freier, gleicher und geheimer Wahl mehrheitlich beschließt, die daraus resultierenden (Menschen-)Rechte nicht zu wollen und also die Verfassung entsprechend zu ändern, dann ist das, was hinterher übrigbleibt, keine Demokratie mehr.
Merke:
- Der verwesende Kadaver eines Elefanten ist kein Elefant mehr.
- Man kann weder "ein bisschen tot" noch "ein bisschen schwanger" noch "ein bisschen demokratisch" sein.
- Eine illiberale Demokratie ist keine Demokratie.
Persönliche Hypothese: Nach jedem Niedergang einer Demokratie stellt man hinterher oft fest, dass das Volk vorher auch schon nicht demokratisch war. Man hat wohl nur den armen, dummen, zur Eigenverantwortung unfähigen Menschen pseudo-demokratische Strukturen übergestülpt. Hitler wurde 1932 ganz legal mehrheitlich gewählt. Das Dritte Reich - auch nur eine illiberale Demokratie? Bayern? DDR? Und sind ist der erdogan-wählende anatolische Bauer und der trump-wählende white trash heute vielleicht nur "Brüder im Geiste" der armen, überforderten Weimar-Republikaner?
Und kennen Westdeutsche wirklich einen Unterschied zwischen "Demokratie" und "Wähl' Dich reich!"?
Demokratie, das sind Menschen, die uneigennützig und solidarisch für die Freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten. Du hast sie - oder Du hast sie nicht.
(Naive Malerei aus einem alten Schulbuch ...)
Montag, 22. April 2019
Schluss mit Ostern
Da die sinnstiftende Erzählung von Ostern mittlerweile völlig korrumpiert ist und immer mehr in Vergessenheit gerät, sollten wir dem Kind einen treffenderen Namen geben. Mein Vorschlag: Streiche "Ostern", setze "Gemeinschaftliche Müllverbrennung und Saufen", kurz: "Gemus".
(Gestern an der Weser)
Ernsthaft: Wenn man aus 150 m Höhe die Qualmerei in der norddeutschen Tiefebene anschaut, ist das heidnisch-österliche Brauchtum nur noch eine Riesen-Sauerei. Auf Fotos ist der atmosphärische Dreck allerdings schwer einzufangen.
Sehr schön war die anschließende Ballonjagd. Man beachte die Bildkomposition, die die Dichotomie von Erde und Himmel, Unten und Oben, Dunkelheit und Licht hervorhebt und gerade dadurch das Dazwischen-Sein, das ja unser Mensch-Sein letztlich ist, zum augenfälligen Thema macht.
Der Künstler hat ganz absichtsvoll einen Ballon knapp unter, einen weiteren knapp oberhalb der Horizontlinie angeordnet. Dadurch wird eine Bildachse konstruiert, die von vorne-unten-links nach hinten-oben-rechts über die Horizontlinie, die Grenze zu Vernunft und Erleuchtung verläuft, ein Motiv quasi-religiöser Erweckungs-Hoffnung, durchaus passend zum ursprünglichen christlichen Oster-Mythos.
Interessant auch, dass die Dunkelheit, das Alte, das Verwerfliche durch die Autobahn symbolisiert wird, die sich auf die Sonne zuschlängelt, von ihr quasi gefressen wird, während oberhalb des archaischen "Sol invictus" ein feiner Kondens das blendende Licht im Zentrum des Bildes überwunden hat und - auch hier wieder von unten-links nach oben-rechts - hoffnungsvoll weiterstrebt, das Samsara hinter sich lassend, dem Nirwana zustrebend.
Ja, an diesem Bild stimmt einfach alles. War natürlich aufwändig, auch kostenintensiv, die Komponenten so zu arrangieren. Sowas klappt auch nicht immer beim ersten Versuch.
Handsignierte hochwertige Repro auf Leinwand im Keilrahmen 94x70cm für 32.000€. Als Kapitalanlage empfohlen.
Frohe Ostern!
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