Montag, 22. April 2019

Schluss mit Ostern


Da die sinnstiftende Erzählung von Ostern mittlerweile völlig korrumpiert ist und immer mehr in Vergessenheit gerät, sollten wir dem Kind einen treffenderen Namen geben. Mein Vorschlag: Streiche "Ostern", setze "Gemeinschaftliche Müllverbrennung und Saufen", kurz: "Gemus".


 (Gestern an der Weser)

Ernsthaft: Wenn man aus 150 m Höhe die Qualmerei in der norddeutschen Tiefebene anschaut, ist das heidnisch-österliche Brauchtum nur noch eine Riesen-Sauerei. Auf Fotos ist der atmosphärische Dreck allerdings schwer einzufangen.

Sehr schön war die anschließende Ballonjagd. Man beachte die Bildkomposition, die die Dichotomie von Erde und Himmel, Unten und Oben, Dunkelheit und Licht hervorhebt und gerade dadurch das Dazwischen-Sein, das ja unser Mensch-Sein letztlich ist, zum augenfälligen Thema macht.



Der Künstler hat ganz absichtsvoll einen Ballon knapp unter, einen weiteren knapp oberhalb der Horizontlinie angeordnet. Dadurch wird eine Bildachse konstruiert, die von vorne-unten-links nach hinten-oben-rechts über die Horizontlinie, die Grenze zu Vernunft und Erleuchtung verläuft, ein Motiv quasi-religiöser Erweckungs-Hoffnung, durchaus passend zum ursprünglichen christlichen Oster-Mythos.

Interessant auch, dass die Dunkelheit, das Alte, das Verwerfliche durch die Autobahn symbolisiert wird, die sich auf die Sonne zuschlängelt, von ihr quasi gefressen wird, während oberhalb des archaischen "Sol invictus" ein feiner Kondens das blendende Licht im Zentrum des Bildes überwunden hat und - auch hier wieder von unten-links nach oben-rechts - hoffnungsvoll weiterstrebt, das Samsara hinter sich lassend, dem Nirwana zustrebend.

Ja, an diesem Bild stimmt einfach alles. War natürlich aufwändig, auch kostenintensiv, die Komponenten so zu arrangieren. Sowas klappt auch nicht immer beim ersten Versuch.

Handsignierte hochwertige Repro auf Leinwand im Keilrahmen 94x70cm für 32.000€. Als Kapitalanlage empfohlen.

Frohe Ostern!





Samstag, 20. April 2019

Sonneborn. Lesen. Jetzt.


Es ist immer wieder bitter: Da hält man sich für einen politisch interessierten, durchaus informierten und messerscharf kritischen Geist, da denkt man, man habe den Polit-Betrieb so weit durchschaut, dass man sich Urteile und sogar richtig bissigen Zynismus erlauben dürfe - und dann stellt man ein ums andere Mal fest, dass man immer noch Lichtjahre von der noch viel, viel dreckigeren, banaleren und ekelerregenden Wahrheit entfernt ist, dass man erbarmungswürdig naiv war, beschämend unwissend und vertrauensselig ...

Hier keine Einzelheiten. Die stehen in diesem Buch und sind gut belegt, d.h. nachprüfbar.




Dieses Buch MUSS vor der Europa-Wahl gelesen werden!


Oder man wählt einfach so "Die Partei". Ich jedenfalls werde es tun.

















Donnerstag, 18. April 2019

Artefakt


Neulich erhielt ich eine unglaubliche Rarität als Geschenk: Ein gesägtes und geöltes Stück Eichenholz, neun mal fünfzehn mal einskommaacht Zentimeter.



Bemerkenswert: Beim Zuschnitt des Brettes war ein darin steckendes Kleinkaliber-Projektil nebst Schusskanal halbiert worden!

Schauen wir uns das Ganze aus der Nähe an:



A: Das Projektil, Kaliber ca. 5,6 mm, offenbar überwiegend aus Blei. Nach Aussage eines fachkundigen Tischlers wäre die verwendete Holzsäge, wiewohl Profi-Gerät, nicht im Stande gewesen, härtere Metalllegierungen schadlos zu trennen.

B: Der Schusskanal. Dass der Sägeschnitt offenbar in allen Dimensionen den Kanal mittig trifft, ist von sehr, sehr geringer Wahrscheinlichkeit. Aber hier wird's Ereignis. Interessant ist, dass die Splitter, die in den Kanal hineinragen, "wie neu" aussehen. Wir sind hier im Xylem, im nicht mehr lebenden Teil des Baumes. Deshalb sind hier keine Wunden verwachsen, wurde hier kein Material abgebaut.

C: Einschlagstelle. Man erkennt hier eine Höhle im Holz, wo beim Einschlag des Projektils offenbar Material nach außen geschleudert wurde. Diese Stelle wuchs nicht wieder ganz zu, vernarbte aber. (Wir betrachten hier einen Teil, der damals zum lebenden Gewebe, zum sogenannten "Phloem" gehörte. Direkt unter dem "C" erkennt man, dass in vielen folgenden Jahren das Dickenwachstum des Stammes ungestört weiterlief. Wie viele Jahresringe schließlich über dem Einschuss lagerten, ist wegen des Zuschnitts nicht mehr feststellbar. Zwischen Einschlagstelle  und rechtem Rand des Brettes sind etwa sechs Jahresringe erkennbar. 

D: Die dunkle Verfärbung hier lässt auf eine Beschädigung und nachgehende, zeitweilige (Pilz?-) Infektion des Gewebes schließen. Der Begriff "Wundballistik" war mir bislang unbekannt, aber es ist deutlich erkennbar, wie die kinetische Energie sich entlang der Röhrenstrukturen des Xylems ausgebreitet hat, anfangs stärker, mit zunehmender Eindringtiefe immer weniger. Um solche Bilder zu bekommen, werden heutzutage höchstkomplexe Experimente durchgeführt.

E: Um das Projektil herum wirken die Strukturen des Holzes stark gestört, obwohl die kinetische Energie hier nicht mehr allzu groß gewesen sein dürfte. Kann es sein, dass hier eine Bleivergiftung eine Rolle spielt? Unklar.



Warum mich dieses Stück Holz so fasziniert? Keine Ahnung, nur Hypothesen:


  • Die Gegensätzlichkeit von großer kinetischer Energie, von Bewegung, Gewalt einerseits - und dass das ganze Bild andererseits über viele Jahre wie eingefroren, eingewachsen, bewegungslos konserviert war und ist?
  • Diese irrsinnige Aneinanderreihung von Zufällen, dem Zufall, dass ausgerechnet dieser Stamm zufällig ausgerechnet in dieser Schnittebene gesägt wurde und zufälllig jemand dabei war, der ein Auge für sowas hat und obendrein auch noch bereit war, mir das Ding zu überlassen?
  • Die forensische Forschung?

Egal.









Montag, 15. April 2019

Thesen zum Schulstreik



Offener Brief - to whom it may concern.


Liebe klimabewusste Schüler*innen,

die folgenden Thesen stammen von einem Eurer wohlwollenden Gegner [1], einem lebenszeitverbeamteten Lehrer, alt, bequem, Teil des Systems und von diesem ganz weitgehend korrumpiert und immer schon erbärmlich inkonsequent, wenn es darum ging, erworbene Vernunft und Erkenntnis in verändertes persönliches Verhalten umzusetzen. Macht damit, was Ihr wollt.


These 1: 
"Alle Veränderung trifft auf Widerstand. Ohne Widerstand keine Veränderung"
             Untergrundblättle.ch

Eure bisherige Widerstandsform, die Freitagdemos, werden von Plittikörrn und Presse diskutiert. Einige finden es gut, was Ihr macht, ein paar wenige monieren den Unterrichtsausfall.  Das bedeutet, Ihr seid derzeit noch vollkommen wirkungslos. Man belächelt Euch, tätschelt Euch das Haupthaar, demnächst kriegt Ihr noch Bonbons, aber voll öko, haha, und dann wird man Euch und Euer Anliegen wieder vergessen. Verändert habt Ihr bislang überhaupt nichts. Über Eure Forderungen hat niemand ernsthaft diskutiert, schon bemerkt?

Erst wenn die ersten Energiekonzerne richtig böse und aggressiv reagierten, hättet Ihr ein Indiz für Wirksamkeit.

These 2: 
Es muss eigentlich nicht besonders erwähnt werden: Widerstand, der NICHT völlig  gewaltfrei ist und bleibt, ist völlig inakzeptabel. Ich würde mich freuen, wenn Ihr bunte, überraschende, also: intelligente Widerstandsformen fändet. Die sind nämlich wirksam, im Gegensatz zu allem Anderen.

These 3:
Die Nummer mit den freitäglichen Schulstreiks hat sich abgenudelt. Das Argument der Schulpflicht ist dabei weniger wichtig als die Tatsache, dass Schule - believe it, or not - für Euch da ist, nicht umgekehrt. Lächerlich, zwanzig Prozent einer Dienstleistung zu bestreiken, die die Gesellschaft für Euch erbringt. [2] 

These 4:
Es wird der Anteil der Dullies unter Euch, die den Streik als vorgeschobenen Grund für Unterrichtsvermeidung missbrauchen, rasant zunehmen, so sehr, dass die Ernsthaftigkeit Eures gesamten Projektes gefährdet wird. Außerdem stellt sich die berechtigte Frage Eurer Aufmerksamkeitsspanne: Werdet Ihr nach den diesjährigen Sommerferien weitermachen? Oder werden viele von Euch einfach nicht mehr mit dem Arsch hochkommen, weil, "...ja, das war ja ganz nett, aber erreicht haben wir ja noch nix ...!" Wie wollt Ihr Eurer Sache Dauerhaftigkeit verleihen?

These 5:
Eigentlich keine These, sondern eine persönliche Ansage: Wenngleich hen kundigen Leser*in zwischen diesen Zeilen eine gewisse Sympathie des Verfassers für klimakämpfende Schüler*innen auffallen mag, so weise ich doch darauf hin, dass ich in der Sache Pauker bin und bleibe: Wer unentschuldigt fehlt, wird bestraft, und natürlich wird die nicht-erbrachte Leistung in der Mitarbeit mit Note "6" bewertet. Wer Unterrichtsstoff verpasst und nicht anderweitig aufholt, wird in der nächsten Klausur abschmieren, und das ist gut so. Was gibt es da zu diskutieren?

Ich bin nicht nett. Spätestens beim Thema Bewertung bin ich eine eisekalte Drecksau, denn die Alternative wären Sympathie-Noten, und das wäre in der Tat der Untergang des Abendlandes.

Außerdem würde ich den Kampf der streikenden Schüler*innen entwerten: "Ach, am Freitag haben wir Herrn S., da können wir ruhig auffe Demo, der tut nix..." Nix da! Wer sich entscheidet, steht dafür gerade. Punktum. Möge in 60 Jahren der den Enkeln kolportierte Narrativ  lauten: "Wir wussten, dass wir Ärger kriegen - mächtig Ärger! - wir haben's trotzdem gemacht! Das war's wert! Deshalb habt Ihr heute eine lebenswerte Umwelt ..."














[1] "... wohlwollender Gegner ..." Gibt es sowas? Ja. Wenn man inkonsequent ist. Ich weiß, mein Lebensstil bräuchte 3,8 Planeten, falls alle Menschen nachhaltig so leben wollten wie ich, aber ich ändere nicht grundsätzlich etwas. Wenn man sowas hinkriegt, kann man auch "wohlwollender Gegner" sein. 


[2] Dieser Gedanke ist in Europa etwas ungewohnt. In einigen Bundesstaaten der U.S. of A. fahren viele staatliche Schulen die Vier-Tage-Woche, um Kosten zu sparen. Wer da gute Bildung haben will, muss Privatschulen bezahlen können. 






Samstag, 13. April 2019

V e r h e r r l i c h u n g


Was für ein Wort, oder?!

"Ver-herrlich-ung" fiel mir neulich als Begriff auf, als ich zum gefühlt fünfzilliardsten Mal versehentlich in irgendeine Hitler-Bio oder "Geheimwaffen-des-III.-Reichs"-Doku reinzappte. "Verherrlichung" gibt es anscheinend nur in Zusammenhang mit Krieg, Gewalt, Faschismus und Religion, entweder wahlweise oder in beliebiger, auch multipler Kombination. Zum Beispiel: "Wir müssen die Ungläubigen töten, ihre Länder zerstören, zum ewigen Ruhme Allahs/Jesu/Jahwes [Unzutreffendes streichen]. Der größte Feldherr aller Zeiten hat das schon ganz richtig vorgemacht!"

Allerdings wird nur in Religionen die Verherrlichung auch metasprachlich realisiert und normativ eingefordert [1]. Eine Formulierung nach dem Schema "Preiset alle Hitler / Erdogan / Orban etc. etc." kommt nur in sehr diktatorischen Diktaturen vor, denkbar Nordkorea oder Saudi-Arabien - oder eben analog alltäglich in jedem Gottesdienst ("Preiset alle Gott etc. ..." s.o.).

Bei der Gewaltverherrlichung fallen uns natürlich noch die bösen, bösen Gangsta-Rapper, zahllose TV-Serien und ihre schwerst-mehrfach pubertierenden Bewunderer ein. Aber die Ersteren bedienen einfach nur eine perverse Geschäftsidee, und die Letzteren sind dumme Achtklässler. Weder über die einen noch über die anderen muss hier viel gesagt werden. [2]

Eine weitere Spielart der Verherrlichung ist die Selbstverherrlichung, aber da wird's schwammig: Wir kennen alle die individuelle Selbstbeweihräucherung [3] einzelner Kolleg*innen, aber die Reichweite dieses Verhaltens ist gering, die Wirkung nutzt sich rasant ab und schlägt alsbald ins Gegenteil um. Dagegen steht natürlich die professionelle Selbstverherrlichung der ohnehin Mächtigen, die ihre krankhafte Neigung auch noch fremdgesponsert finanzkräftig medial befeuern: Trump, Kim Jong Un, tendenziell eigentlich alle Plittikörr und viele Wirtschafts-Mächtige.

Eine Friedens-Verherrlichung habe ich nicht gefunden, nicht mal in Google. Auch keine Demokratie-Verherrlichung und keine Menschenrechts-Verherrlichung.

Was für eine niederschmetternde Bilanz!

Ich trete hiermit dafür ein, dass wir das Verherrlichen nicht weiterhin kampflos den Arschlöchern dieses Planeten überlassen. Ich fordere, dass wir auf der Stelle beginnen, die Demokratie, die FDGO, die Menschenrechte und Schutz einer menschenwürdigen Umwelt zu verherrlichen.

Begründung: Ich habe es so satt, dass scheinbar nur der Abschaum jeder Gesellschaft, die Nazis, egomanische Plittikörr, religiöse Fundamentalisten und Unternehmensberater, in der Lage sind, ihre Visionen den Menschen dieses Planeten nahezubringen! Warum müssen freidenkende, aufgeklärte, demokratische, humanistische, umweltbewusste Menschen immer erstmal streiten und alles zerreden? Natürlich soll und muss diskutiert werden, aber wir vergessen, den Leuten immer wieder klarzumachen, dass das, worauf wir hinauswollen, eine wundervolle Vision, die einzige, die wirklich lebenswert ist und dass wir uns da, trotz allem, völlig einig sind: Wir kämpfen für eine friedliche, freiheitliche, freie und gleichberechtigte Welt.

Es ist an der Zeit, dass wir mal wieder für unser Projekt werben, denn das ist es wert, statt uns, was ja viel einfacher ist, in internen Grabenkämpfen aufzureiben. Es ist an der Zeit, dass nur noch aufrechte Menschenrechts-Kämpfer als "cool" gelten und dass jene, die das nicht teilen, eben nicht "cool" oder angesagt sind, sondern einfach nur blöde Arschlöcher, die man zu keiner Party einlädt, von denen man sich nicht einladen lässt, mit denen man keine Geschäfte macht, erst recht keine Waffengeschäfte usw. usw.

Was ist negativ daran, ein "Gutmensch" zu sein? Ich find's herrlich! Lasst es uns offensiver sein.





(stark verändert via wiki commons)
Ich bin "Gutmensch" und stolz darauf. 
Wenn ich mir die Leute anschaue, die es nicht sind, wird mir kotzelend.







[1] "Verherrlichung Gottes bedeutet, Gott Ehre zu erweisen. Von der Selbstverherrlichung Gottes kann die Rede sein, wenn Gott seine Stärke in der Geschichte erweist." Lexikon Bibelwissenschaft

[2] An anderer Stelle habe ich schonmal erwähnt, warum "Gangstaz" ihre Wumme immer so cool quer halten, wenn sie, mutig, mutig, unbewaffnete Opfer bedrohen: Wenn man mit einer Waffe nicht umgehen kann, haut der Rückstoß den Lauf nach oben. Bei quergehaltener Waffe habe ich so eine bessere Chance, auf Höhe der Mündung irgendwas anderes zu treffen. Kein Witz. Unter Profis ist die quergehaltene Pistole etwa so stigmatisierend wie Stützräder an einem Fahrrad. Gewaltverherrlichend ist es jedenfalls nicht wirklich, aber Achtklässler LIEBEN sowas...

[3] Auch hier wieder eine enge Verknüpfung von Verherrlichung und Ritus.




Mittwoch, 10. April 2019

Sammel-Post


Vielleicht ein bisschen inspiriert von Illies "1913 Was ich unbedingt...", das mich derzeit nach Form und Inhalt auf's Äußerste fasziniert.

Zunächst Positives aus der Wirtschaft: Firma Ford Brau, Oldenburg, ist die Anti-These zu meiner zunehmenden Unlust, kaufender-weise Betriebe zu unterstützen, von denen ich mich insgesamt  immer stärker vergackeiert fühle. Nicht so bei Brau. Da gibt es freundliche, aber nicht servile Mitarbeiter*innen, die gleichermaßen erfrischend sachlich, kommunikativ und kompetent wirken. Und die prognostizierte Werkstattzeit von maximal 45 min war nach 37 min gewuppt. Und der Preis war ein winze-bisschen höher als bei einer Werkstatt, die ich weiter nördlich auf dem Lande kenne, und ich ich finde das völlig in Ordnung, und wenn Ford Brau so weitermacht, dann habe ich auch überhaupt kein Problem damit, wenn die sich solcherart 'ne goldene Nase verdienen, im Gegenteil.

Themenwechsel

Doitsche haben für alle Ewigkeit in Demut und Scham die Klappe zu halten, wenn es um Werturteile gegenüber Israel und jüdischem Leben geht. Das habe ich vollkommen internalisiert, und das steht außer Zweifel. Aber jenseits aller Bewertung brennt in mir immer stärker die Frage, wie ein Volk mit einer solchen Geschichte in einer freien, geheimen und gleichen Wahl einen solchen Führer wiederwählen kann. Wie tickt man*frau, wenn frau*man so wählt?

Themenwechsel

Über Erdogan aus Prinzip nichts Positives zu sagen, wäre ja auch ein Indiz geistiger Begrenztheit. Möge sein Ansatz, die Entscheidung über Waffenkäufe als je nationales Freiheitsrecht zu betrachten, doch bitte Schule machen. Es war ok, Waffen immer nur bei den Amis oder zumindest im Westen zu kaufen, solange man damit parallel auch immer eine Respektbekundung kommunizieren wollte. Mittlerweile dämmert auch dem letzten Deppen, hat Trump hundertfach unzweifelhaft klar gemacht: USA, China und Russland sind als machthungrige Gefährder für den Rest der Welt ethisch, wirtschaftlich und militärstrategisch ununterscheidbar geworden. Wir, und seltsamerweise denke ich da an das Doppelpack Frankreich-Deutschland,  müssen zügig ganz neue Bündnisstrukturen schaffen, wenn wir nicht als tiefstgefallene, allerverächtlichste Lakaien des kranken Mannes im Weißen Haus enden wollen.





(stark verändert via wiki commons)







 

Montag, 8. April 2019

Einfach mal die Klappe halten ...


Soso, Kulturstaatsministerin Grütters fordert verbindliche KZ-Besuche für angehende Lehrer*innen, weil "hasserfüllte Parolen immer ungenierter öffentlich kundgetan würden – auch von Seiten einiger Besucherinnen und Besucher in NS-Gedenkstätten."

Spontan war ich ein bisschen sauer, aber das hielt nicht lange an. Schnell überwog dann Mitleid. Wie traurig, ist es doch, dass die arme Monika niemanden hat, der oder die ihr ganz vertraulich sagt: "Du, Monika, das war jetzt nicht so ganz schlau, was Du da rausgehauen hast. Das war, wenn man genau hinsieht, eine unglaublich schwere Beleidigung aller Lehrer*innen. Du tust so, als wären die Lehrer*innen für den Fascho-Populismus verantwortlich, Du kleines Dummerchen."

Und dann würde Grütters (M.G.) wahrscheinlich sagen: "Was? Wieso? Verstehe ich nicht. Ich habe doch nur gesagt, was mir gerade so einfiel..."

Und dann müsste die vertraute Person (V.P.) sagen: "Ja, liebe Monika, das ist's ja gerade! Du bist leider strunzdoof und solltest besser nicht so einfach etwas sagen. Am besten wär's, Du sagtest überhaupt nix. Denn von nix hast Du am meisten richtig Ahnung."

M.G.: "Das stimmt doch gar nicht! Immerhin bin ich Bildungs-Tussi. Immer schon gewesen. Aber hallo! Schau mal in meinen Lebenslauf."

V.P.: "Ja, aber was glaubst Du denn, warum man Dich als reine Quoten-Tussi zur Bildungs-Tussi gemacht hat? Das ist der Bereich, in dem Plittikör wie Du am wenigsten unmittelbar sichtbaren Schaden anrichten und sich trotzdem 'nen goldenen Arsch verdienen können. Schau Dir doch die Karliczek an."

M.G. (kleinlaut): "Achso. Ja, stimmt. Aber irgendwie muss ich doch auch mal öffentlich auftreten und wichtig rummimen."

V.P.: "Warum? Musstest Du Dich jemals in einem Wahlkampf bewähren? Bist Du jemals demokratisch für irgendwas gewählt worden?"

M.G.: "Äh ... nein."

V.P.: "Siehste. Du bist eine Quoten-Tussi. Deine Parteikarriere verdankst Du Deiner Gerissenheit in innerparteilicher Taktik. Du bist doof, skrupellos und leicht manipulierbar. DAS ist Dein Kapital. Versuch' am besten NIE wieder irgendwas Inhaltliches, ok?!"

M.G.: "Is' gut ..."



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Sonntag, 7. April 2019

Folge-Gedanken zu Mene Tekel (s.u.)


Die ganze Zeit rumoren in mir die üblichen Selbstvorwürfe, was für ein besserwisserischer, arroganter Sack ich doch sei, die Soldaten, die im Ersten Weltkrieg so gelitten haben (und die natürlich nur als Stellvertreter für viele andere [keineswegs alle] Soldat*innen stehen) als Vollidioten zu bezeichnen, deren Leid mich ankotze.

Ja, liebes schlechtes Gewissen, mir ist natürlich völlig klar, dass ich, wäre ich in derselben Situation, haargenau so agieren und reagieren würde, wie die armen Würstchen damals. Darüber erübrigt sich jede Diskussion: Ich bin nix besser oder schlechter als die.

Worauf ich hinauswill: Wenn wir schon trauern und bedauern, dann sollten wir es auch richtig machen. Es ist traurig und bedauerlich, dass so viele Millionen Menschen aus so idiotischen Gründen einander umgebracht bzw. das Leben zur Hölle gemacht haben. Trauerarbeit bedeutet auch, zu fragen, warum diese Menschen sich so dauerhaft für diese Idiotie hergegeben haben, statt sich zu solidarisieren und zu rebellieren.

Kriege verhindert man nicht, indem man darauf baut, Plittikörr würden ihr Verhalten ändern. Das tun sie seit Jahrtausenden nicht, denn Politik ist das Spiel mit und um Macht. Netanjahu tanzt es doch aktuell mit der angedrohten Annexion der besetzten Gebiete vor: Um seine eigene persönliche Macht zu erhalten, zündelt der Macht-Habende auch gerne mal mit dem Kriegsleiden von Millionen.

Kriege verhindert man, indem man die Machtlosen stark macht und Macht-Habenden eng begrenzt und kontrolliert. Les tyrans ne sont fort que de votre faiblesse. Über die Faiblesse sollte man trauern. Und dann was dagegen tun.


















Samstag, 6. April 2019

Mene tekel


Lese gerade Jürgs M.: Der kleine Frieden im Großen Krieg, München, 2003. Lieblos zusammengeklatscht, allzu menschelnd, schlecht redigiert, Bertelsmann eben. Aber viel primäres Material zu den kuriosen Ereignissen, als in der Hölle des Grabenkrieges in Flandern um Weihnachten 1914 die Soldaten beider Seiten das Kämpfen unterbrachen, sich im Niemandsland trafen, teilweise kleine Geschenke austauschten und Fußball spielten. Es gibt sogar einen extrem kitschigen Kinofilm dazu.

In der Summe wurden und werden diese Ereignisse oft als ein "Wunder" bezeichnet und in der Tat sorgten die Kommandoebenen aller kriegführenden Mächte dafür, dass diese peinliche Sache nicht publik würde und sich in den folgenden drei Kriegsweihnachten auch nicht wiederholte. 

Ich finde es nicht des Wunderns wert, dass die Leute in weihnachtlicher Sentimentalität einfach mal ein paar Stunden lang nicht aufeinander schießen wollten. Auch nicht, dass sie neugierig waren, die Jungs kennenzulernen, denen man monatelang unter sehr ähnlichen Lebens- und Sterbensbedingungen gegenüberlag. 

Was meine Vorstellungskraft übersteigt, ist nicht der Anfang dieser Episode, sondern ihr Ende, der Moment, in dem man dann irgendwann sagt: "So, jetzt gehen wir alle wieder zurück in unsere frostigen, matsch- und leichengefüllten Gräben und bringen uns weitere drei, vier Jahre lang um."

Wie kriegt man sowas hin? Wie können - angeblich - vernunftbegabte Lebewesen sowas machen? Zumal es einen ganz simplen Alternativvorschlag gab: "Erschießt Eure Offiziere und geht nach Hause!" Hätten das alle Soldaten konsequent und solidarisch durchgezogen, und diese Absprache hätte man Weihnachten '14 ja mal eben treffen können, wäre der Krieg auf der Stelle vorbei gewesen, mit nur einem Promille der Opfer, die er realiter gekostet hat.

Warum haben die Soldaten das nicht gemacht? Selbst dem dümmsten, hinterwäldlerischsten Muschkoten muss diese Logik einleuchten. War der Leidensdruck nicht groß genug? Wenn ich mir die Berichte aus jener Zeit anschaue, kann ich mir das eigentlich nicht vorstellen. Waren die Leute vielleicht im tiefsten Innern geil auf das Leiden? Sehr unwahrscheinlich, dass sich da wirklich 6 Millionen Masochisten gegenüberlagen. Die Historiographie gibt dergleichen auch nicht her.

Waren die Leute vielleicht überzeugte Militaristen, Deutsche, Briten, Franzosen, bejahten sie also, kurz gesagt, den Krieg und das, was sie da eigentlich machten? Wenn das so wäre, dann sollen sie sich, verdammt nochmal, nicht so viel beklagen, dann passt das weinerliche Gewinsel der Feldpostbriefe und Tagebuchaufzeichnungen nicht. Dann hatte Ernst Jünger, dessen Kriegsbegeisterung man aus heutiger Sicht psychopathologisch analysieren muss, in seinen "Stahlgewittern" also nur verschriftlicht, was die Jungs beiderseits der Front dachten?

Oder ist es die die uralte Geschichte, die bereits 1576 von einem 19jährigen erkannt wurde: "Die Tyrannen sind stark, weil wir schwach sind."? Ist die Macht der Herrschenden wirklich so groß, dass sie das Leiden so vieler Millionen Menschen über so lange Zeit als pseudo-stabilen Zustand etablieren können?

Wenig Anlass zur Hoffnung.



Vollidioten aller Länder vereinigen sich.
Sie hatten die Wahl. In diesem Moment hatten sie die Wahl.
Und sie haben sich entschieden, weiterzumachen.
Ich will also keine Klagen mehr hören. 
"Euer Elend kotzt mich an!"












Mittwoch, 3. April 2019

Zack! Sommer!


Heute Vormittag habe ich definitiv die erste Schwalbe des Jahres gesehen! Damit ist, wie wir alle wissen, der Sommer zwar noch nicht gemacht, aber ein ganz deutliches Signal gesetzt.

Ob diese Schwalbe jetzt ein besonders cleverer oder ein besonders dämlicher Vertreter der Gattung Hirundo war, kann ich nicht sagen. Das aktuelle Wetter und die 3-Tage-Prognose sind ja nicht so prickelnd. Wenn die Tiere wirklich über so hypersensible Wahrnehmungsorgane verfügen, dass sie meteorologische Entwicklung antizipieren können, dann hätte ich als Schwalbe lieber noch ein paar Tage im Südlichen Oberrheingraben herumgedölmert. Aber wahrscheinlich gibt es überall gesellschaftliche Streber.


(stark verändert via wiki commons)
Ja, nein, das Bild habe ich nicht selbst geknipst. Aber genau so sah es aus!