Montag, 15. Mai 2017

Unmögliche Bildbetrachtung


Nach dem heutigen Flug schlich ich mit der Kamera in der Hand um mein Flugzeug herum, um das eine Motiv, die eine Perspektive zu finden, um die überirdische Essenz seiner technischen Ästhetik einzufangen. Vergeblich.

Auch dürre Worte versagen: Was soll ich reden vom eleganten Schwung der Fläche, von ihrer unglaublichen und unzeichenbaren geometrischen und aerodynamischen Schränkung, von ihrer ausgesuchten diskreten Flexibilität, sich jedem Flugzustand anzupassen? Wie soll ich das klug Weggelassene der Konstruktion mit vielen Worten beschreiben, die schwere Weisheit der Reduktion auf das Wesentliche feiern? Wie widersprüchlich wäre das?

Neinneinnein. Diesem Flugzeug kann man sich nur mit stiller, staunender Andacht nähern. Man muss einfach davorstehen und es ehrfurchtsvoll betrachten. Die Gebenedeiten dürfen es vielleicht sogar einmal berühren ...


Air création - Pixel XC 
D-MSGO

Ok, wahrscheinlich werde ich mich für den schwulstigen Stil des Textes da oben demnächst schämen und vielleicht sogar entschuldigen. Aber gestern und heute hatte ich damit derart "überirdische" Flugerlebnisse, dass das Adrenalin (oder was auch immer) Spätfolgen hat.







Sonntag, 14. Mai 2017

Fragen am Morgen


Die "Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung", so meldet die drittschlechteste Zeitung der Welt, das Sonntagsblatt, in der aktuellen Ausgabe, hat festgestellt, dass Müllautos beim Manövrieren recht häufig Menschen totfahren und empfiehlt, man möge deshalb doch bitte wahlweise den zweiten Mann wieder einführen, den man in den letzten Jahren weggespart hat, oder vernünftige Assistenzsysteme einführen, die dem vereinsamten Müllwagenfahrer ein Bild davon vermitteln, was er beim Rangieren plattzufahren im Begriffe sei. Diese Assistenzsysteme gibt es ab 5.000 Euro, so ein Müllauto nicht unter 200.000.

Interessant, was dann geschah. Zitat:

"Hier habe die gesamtdeutsche Abfallbranche rebelliert, sodass es zu einer Branchenregelung gekommen sei (...) Höhere Auflagen bedeuten höhere Kosten und somit höhere Gebühren." Und deshalb werden die BürgerInnen künftig also ihre Mülltonnen zwecks Abfuhr zu Sammelstellen bringen müssen, die auch schon mal 200 m entfernt an übersichtlichen und ergo unfallärmeren Standorten eingerichtet würden.

Und wieder überfallen mich, wie eine hartnäckige Krätze, diese peinigenden Fragen:

Was ist eine "Branchenregelung"? Wer kungelt die mit wem aus? Wer entscheidet eigentlich, wer da was kungeln darf? Wo greift in dem Prozess demokratische Willensbildung? Oder kungeln einfach nur Vertreter profitorientierter Unternehmer mit mediokren Verwaltungshengsten aus den Kommunalverwaltungen? Was unterscheidet eine "Branchenregelung" von "Mafia-Methoden", abgesehen von der Option physischer Gewalt?

Wenn die Wiedereinführung des zweiten Mitarbeiters oder die (weitaus billigere) Einführung der Assistenzsysteme offenbar zwangsläufig zu einer Gebührenerhöhung führen muss, warum gab es dann keine Gebührensenkung, als die zweiten Mitarbeiter aus Profitgründen abgeschafft worden sind?

Wird es denn eine Senkung der Gebühren geben, wenn die Müllwagen künftig nur noch Sammelstellen anfahren müssen? Der Aufwand für das Unternehmen wird ja dramatisch verringert, wenn die Mülltonnen nicht mehr vor jedem Haus, sondern an Sammelstellen alle 400 Meter stehen.

Wenn die DGUV feststellt, dass die Einsparung der zweiten Mitarbeiter ursächlich für eine zunehmende Anzahl tödlicher Unfälle sei, wie viele Anklagen wegen fahrlässiger Tötung laufen dann aktuell?

Wenn eine Branche, wie hier die Müllkutscher, "aufschreit" oder "rebelliert" oder "die Märkte XXX fordern", dann beeilen sich die Plittikörr, ihnen, egal bei was, egal, wie bescheuert, widersinnig und unsolidarisch das Anliegen sein mag, schnellstmöglich mit sabbernder Servilität zu Willen zu sein. Wenn Menschen aufschreien, weil sie gefoltert werden oder ihre Kinder oder sie selbst verhungern, reagiert (ernsthaft) kein Schwein. Warum ist das eigentlich so?



(verändert via wiki commons)
Die Müllkrise in Neapel beweist: Wenn doitsche Unternehmen profitgierig mit doitschen Kommunalverwaltungen kungeln, dann ist das zwar auch gesetzeswidrig, unethisch und zum Schaden der Solidargemeinschaft, aber es ist effizient und diskret. Was die Mafia 2011 in Sachen Korruption bei kommunalen Entsorgungsunternehmen gemacht hat, war dagegen amateurhafter Stümperkram. Was für erbärmliche Anfänger, ts, ts, ts.






Freitag, 12. Mai 2017

Kulturgeschichte


Lese gerade mit großem Gewinn "1 Kilo Kultur". Zuweilen etwas zu detailliert, um noch im Rahmen des selbstgesetzten Anspruches zu bleiben, Allgemeinbildung zu akkumulieren. Dem leidlich allgemeingebildeten Leser wird's behagen, da man so einen Schinken ja nicht kauft und liest, um Altbekanntes wiederzukäuen. Ein ständiger, hauchfeiner Drall zur französischen Kultur sei Braunstein/Pépin nachgesehen, wären die VerfasserInnen Doitsche, wär's analog dassselbe, fiele dem Allemand aber wahrscheinlich nicht auf ...

Frustrierendes Fazit der geballten historischen Überschau: Menschen sind -> Arschlöcher und -> Idioten. Immer schon. Überall.

Sklaverei ist keine "weiße" Erfindung. Die afrikanischen Potentaten haben immer schon, längst auch vor der weißen Okkupation ihre eigenen Leute verraten, versklavt und verkauft. Die weißen Sklavenhändler mussten nicht selbst auf Jagd gehen. Sie konnten in großem Stil auf vorhandenen Märkten Einheimische von Einheimischen kaufen.

Der mittelamerikanische Montezuma II, der zusammen mit seinem Volk von Cortez und dessen Bande so gnadenlos niedergemacht wurde, hielt Menschenopfer für völlig legitim, v.a., wenn richtig fiese Folter damit einherging. Auch militärisch kein Kind von Traurigkeit, wenn schwächere Kulturen in Reichweite waren. Die romantisierende Darstellung, wonach der gute M. völlig schockiert vom teuflischen Treiben des bösen C. gewesen sein musste, ist offenbar nicht haltbar. Wäre M. in der Lage gewesen, die Sache objektiv zu betrachten, hätte er C.'s Verhalten aufgrund eigener Erfahrungen wohl für absolut konsequent schlüssig gehalten.

China, Japan, Persien, Indien, egal wo: Geschichte wiederholt sich mit mörderischer und sinnloser Regelmäßigkeit, von den Urgründen der ersten Aufzeichnung an: König/Dynastie wird massakriert. Neue/r König/Dynastie kommt. Neue/r König/Dynastie führt Krieg bis zur totalen Erschöpfung aller Ressourcen. König/Dynastie wird massakriert. Neue/r König/Dynastie kommt. Neue/r König/Dynastie führt Krieg bis zur totalen Erschöpfung aller Ressourcen. König/Dynastie wird massakriert.... ad infinitum. Und die Historiker finden es so völlig normal, dass nicht mal mehr nach Gründen für den Krieg gefragt oder gar kritisiert wird. Und Könige, die keine Kriege führen, scheinen kaum erwähnenswert.

Wir müssen ganz dringend die Geschichte neu schreiben. Für jeden Vorgang müssen von nun an verbindlich drei Fragen beantwortet werden:

  1. Wer waren die -> Arschlöcher? Wer waren die egoistischen alten Männer, die so gierig nach Macht und Geld waren, dass sie das Volk mutwillig so sehr aufpeitschten, dass es zu massenhaftem, organisiertem Mord & Totschlag bereit war?
  2. Wer waren die -> Idioten, die das mit sich haben machen lassen - und die sich - aus was für Gründen eigentlich? - auch noch größtenteils gut dabei fühlten?
  3. Warum haben die Anderen sich nicht gemeinschaftlich gewehrt, vielleicht nicht sofort, aber a la longue, vielleicht nicht offen, aber wenigstens verdeckt?

Oh ja, lasst uns Geschichte doch mal bitte konsequent unter Beantwortung dieser drei Fragen neu schreiben. Könnte sein, dass nicht nur Alexander "der Große" hinterher als Alexander "das Arschloch" dasteht. Könnte auch sein, dass wir dann endlich anfangen, was aus der Geschichte zu lernen. 




(via wiki commons)
Angeblich hat sich zum ersten Mal in Indien einer aus dem griechischen Heer getraut, Alexander den Großen direkt zu fragen, was, zum Geier, man hier eigentlich wolle. In Indien! Die Jungs sind in Nordgriechenland aufgebrochen! Hätte nicht schon mal jemand, sagen wir, nach Issos, also etwa an der türkisch-syrischen Grenze, gezielt nachfragen können? Mannmannmann, wie unfassbar dämlich ...









Donnerstag, 11. Mai 2017

Dürre


Beim Betrachten meines letzten Artikels fällt mir auf, dass ich anfange, mich zu wiederholen.

Was tun?

Ärger, Wut und das Gefühl der Hilflosigkeit ob der ewigen Arroganz der Mächtigen und der grenzenlosen Dummheit ihrer Mitläufer sind ungebrochen, aber die Ausdrucksmittel werden langsam knapp.




(stark verändert via taz.de)




 

Mittwoch, 10. Mai 2017

FURRRRZ!


Köstlich! Lustig! Amüsant ... bescheuert!

Zitat DLF: "Im Schulunterricht sollten nach Ansicht von Experten mehr digitale Lehrmittel eingesetzt werden. Grundschüler, die einmal pro Woche am Computer arbeiteten, hätten deutlich bessere Kompetenzen im Bereich Mathematik und Naturwissenschaften, erklärte der 'Aktionsrat Bildung' in einem Gutachten, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. 
(...) 
Mit Blick auf den demografischen Wandel in Deutschland plädierte der Aktionsrat zudem für eine bessere Ausbildung der Lehrer im Umgang mit Flüchtlingen."

Dazu ergänze ich, dass der "Aktionsrat Bildung" ledigleich eine formlose Gruppe ist, die von der formlosen "Vereinigung der bayrischen Wirtschaft e.V." beauftragt und gesponsert wird. Hochwertvokabeln wie "Experten" und "Gutachten" machen völlige Sinnfreiheit wett.

Gleichzeitig moniert der Deutsche Arbeitgeberverband, wieder mal und zufällig ebenfalls auf dem DLF-Portal, dass die Schulen im Allgemeinen und Gymnasien im Besonderen die Berufsorientierung stärker in den Vordergrund schieben sollen.  

Es bleiben wieder diese bohrenden Fragen:

  • Woher wissen die Jungs, dass monokausal die Computer ursächlich für die deutlich besseren Kompetenzen der SchülerInnen waren? 
  • Was genau meint man eigentlich, wenn man von digitalen Kompetenzen spricht?
  • Wer wird den ganzen Krempel finanzieren? 
  • Wie dummdreist muss man eigentlich sein, um sich mit so viel vorgetäuschter Kompetenz und Legitimation an die Medien zu wenden?
  • Warum filtern professionelle journalistische Institutionen diese Null-Informationen nicht rechtzeitig?
  • Was hat eigentlich Priorität: Integration? Inklusion? Soziale Kompetenzen? Erziehungsdefizite bei den SchülerInnen aufarbeiten? Berufsorientierung, also kapitalistische Verwertungsinteressen? Computerei? Oder, worüber niemand mehr spricht, der ursprüngliche, der verfassungsmäßige Auftrag von Schule, die Erziehung zu mündigen, kritischen StaatsbürgerInnen?

Und bezogen auf den letzten Punkt sage bitte niemand, alles sei gleichermaßen prioritär.

Wer alles wichtig findet, hat keinen Plan.


(verändert via wiki commons)
 Wieder mal nur reichlich heiße Luft ...





Montag, 8. Mai 2017

Eigentlich kein schlechtes Wochenende



Frankreich: Ich verstehe nicht, warum so viele Kommentatoren maulen. Zwei Drittel für Europa und für gute, neue, fortschrittliche, menschenwürdige Ideen. Ein Drittel hirntoter Protest. Das Ergebnis ist doch vergleichsweise in Ordnung. Ich mag - mit allen notwendigen Einschränkungen natürlich - Frankreich und die Franzosen.

Schleswig-Holstein: Das Ergebnis gefällt mir persönlich zwar nicht so sehr, aber wir sehen Demokratie bei der Arbeit.



 (verändert via wiki commons)





Freitag, 28. April 2017

Erfahrungswissen - gimme an "F" ...


Gesamtkonferenz. [*1] Nervenzerfetzende Langeweile. Intellektuelles Waterboarding: Du denkst, Du müsstest jeden Augenblick ersticken, zumindest einer gnädigen Ohnmacht anheimfallen, doch die perfide Kunst des Kerkermeisters dort vorne mit seiner Powerpoint-Präsentation lässt weder schnellen Tod noch todesnahe Agonie als Ausweg. Gäbe es ein Elixier des Lebens, eine flüssigkeit-gewordene vis vitalis, und wäre sie ein silberlachendes, diamantenglitzerndes und feenstaubhellklingelndes, honigsüßfarbenes, göttliches Ambrosia, so tropfte sie hier nur träge aber unerbittlich, unaufhaltsam und unwiderbringlich in einen großen Pfuhl voller schwarzem, stinkenden Schlick kollektiver Trübsinnigkeit ...

"Du kannst Erfahrungswissen nicht weitergeben!", stellt die mir in den Tischreihen gegenübersitzende Kollegin plötzlich nebensächlich flüsternd fest. Ah, da hatte wohl irgendein Referent - oder war's jemand aus dem Publikum? -  eine entsprechende Bemerkung fallen lassen. Ich blicke sie, aus dem Halbdämmer erwachend, fragend an. "Erfahrungswissen kann man nicht weitergeben.", bekräftigt sie. "Dann wär's nämlich kein Erfahrungswissen mehr." "Ahso ... ja, nee, hast Recht ...", antworte ich  lahm und sinke in meinen energiearmen Konferenzmodus zurück, eine Geistes- und Körperhaltung, die es analog den Galapagos-Schildkröten ermöglicht, über 200 Jahre alt zu werden.

Aber in mir arbeitet es. Was für ein Gedanke! Wie oft habe ich den Wunsch verspürt, wie viele untaugliche und durch und durch erfolglose Versuche habe ich schon unternommen, die sogenannten "jungen Leute" vor eben den Fehlern zu bewahren, derer ich schon so viele in meinem Leben gemacht habe und von denen ich denke, sie  müssten ja nicht allesamt von jeder Generation immer wieder auf's Neue zelebriert werden. Und was hat's gebracht? Genau so viel, wie, als ich jung war, das betuliche Geseiere der damaligen Alten gebracht hat, die mich, zumindest dem Prinzip nach, vor genau den Fehlern warnen wollten, die ich dann reihenweise erstmal selbst begehen musste, um aus ihnen zu lernen.

Man kann Erfahrungswissen nicht weitergeben. Nicht nur, weil es dann den Begriff sprachlogisch ad absurdum führte, sondern auch, weil einfach kein Schwein auf Dich hört.

Und vielleicht ist das auch nicht nur schlecht. Die "jungen Leute" müssen nämlich gar nicht vor "meinen" Fehlern gewarnt werden, sondern müssen mit den Fehlern ihrer eigenen Generation, ihrer eigenen Zeit auf die Fresse fallen, und das sind nun mal, zumindest teilweise, andere Fehler. [*2]

Eine etwas traurige Erkenntnis. Kann man denn gar nichts machen? Doch! Als erstes hören wir "Alten" mal mit dem Klugscheißen auf. Wenn ich mir anschaue, in was für einem Zustand wir die Welt an unsere NachfolgerInnen übergeben, dann wäre es der absolute Gipfel der Dumm-Dreistigkeit, wenn wir uns auch noch bemüßigt fühlten, aufgrund unserer großen Erfahrung  "gute Tipps" zu geben. Wir haben's einfach nur voll verkackt! Und wir haben bislang noch NICHTS draus gelernt, was man als brauchbare Information weitergeben könnte. Eine kleinlaute Entschuldigung wäre angebracht, vielleicht ergänzt durch die Bitte an die NachfolgerInnen, es doch irgendwie besser zu machen. Oder wenigstens anders. Denn jedes "anders" kann eigentlich nur besser sein, als das, was wir verzapft haben.

Und zweitens: Machen wir den "jungen Leuten" klar, dass Fehlermachen zum Geschäft, nein, zum Leben dazugehört. Machen wir sie stark, mit Fehlern und mit dem Scheitern zu leben. Hören wir auf damit, sie mit Erwartungen nach ständiger Top-Leistung dichtzuschmeißen und zu blockieren.

Ich bin zwar noch nicht ganz in dem Alter, in dem man abschließend bilanzieren sollte oder könnte, aber eines weiß ich: Wenn ich die gelungenen und die mißlungenen Dinge meines Lebens und Handelns gegenüberstelle, meine ethisch korrekten und meine ewig-beschämenden Verhaltensweisen abgleiche, meine brillianten Geistesblitze gegen meine hochnotpeinlichen Idiotien aufrechne, dann würde ich mal grob schätzen, dass ich, wenn ich in meiner Restlaufzeit keinen allzugroßen Mist mehr baue, vielleicht (!) auf eine "schwarze Null" komme.

Das ist ok! Das ist kein schlechtes Ergebnis. Aber es ist ganz sicher auch keine Lizenz, andere Menschen zu bewerten oder zu glauben "Erfahrungswissen" an sie weitergeben zu müssen oder dürfen.

Lasst Euch, Ihr "jungen Leute", von uns Alten nicht unter Druck setzen. Arbeitet an einer glücklichen Zukunft, und das heißt: Macht frohgemut Eure eigenen Fehler.





 (via nasa.gov)

Apollo 13, beschädigtes Service-Modul. Der zugrundeliegende Fehler wurde analysiert, und man hat daraus neues technisches Wissen gewonnen. Neues technisches Wissen wurde weitergegeben, kein "Erfahrungswissen".








[*1] Natürlich rede ich hier nicht von der Schule, an der ich tätig bin, sondern von einer ... äh ... Schule ... äh ... ganz weit weg. Autor und Ich-Erzähler haben rein gar nix miteinander zu tun.

[*2] Die großen Weltreligionen leiden doch allesamt darunter, auf einem Regelsystem zu basieren, das auf den gemachten Fehlern (und Lehren) der Bronzezeit beruht. Natürlich wollten die biblischen Altvorderen nur "Erfahrungswissen" weitergeben und meinten es zweifellos gut mit den "jungen Leuten". Aber wenn man sich bewusst macht, wie oft im Alten Testament zum Völkermord aufgerufen wird, dann erscheint es ganz gut, dass "die Jugend von heute" "einfach nicht zuhört".







Donnerstag, 20. April 2017

Groovy kind of love


Die taz liefert einen selten dämlichen Kommentar zum Türken-Referendum. Bezugnehmend auf  eine (zumindest von mir) nicht im I-net findbaren Presseerklärung des Migrationsrates Berlin-Brandenburg (Wer ist das? Haben die Allgemeingültiges zu sagen?) wird beklagt, dass jetzt, da fast zwei Drittel der hier lebenden Türken sich für Erdogans Machtergreifung ausgesprochen haben, alle Welt wieder auf den armen Migranten rumhackt.

Und weiter: "'Die Rede von ‚Integration‘ tut ein weiteres Mal so, als ließe sich Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, die hier wohnen, arbeiten, leben, alt werden, und eines Tages hier sterben werden, das Bekenntnis zu einem Konsens abverlangen, der nie existiert hat.'“

Und noch weiter wird bedauert, dass Kritik "nicht nur von NPD, AfD, Pegida oder aus der 'Das­wird­man­ja­nochmalsagendürfen'-Ecke, sondern auch aus linken Kreisen..." käme.


Okay, taz, da Ihr es für tunlich haltet, alle Menschen, die Kritik am derzeitigen politischen Kurs der Türkei üben, in ein und dieselbe schmutzig-braune Ecke zu stellen, hier nochmal, und ich weiß, dass ich mich wiederhole und nehme es bewusst in Kauf, für Langsamversteher:

  1. Ich stehe ein für die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN, wie sie die Generalversammlung der UN am 10.12.1948 verabschiedet hat.
  2. Außerdem habe ich mehrfach Eide auf die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland geschworen und fühle mich der FDGO verpflichtet, und das ist keineswegs nur ein Lippenbekenntnis, um an die unerschöpflichen Pfründe eines beamteten Lehrers ranzukommen.
  3. Außerdem finde ich es einfach herrlich, geradezu berauschend, in einer Gesellschaft bunter Vielfalt, selbstbewussten, angstfreien Andersseindürfens zu leben. So, nur so, und nicht anders, will ich leben!

Klar soweit? 

Ok. Und jetzt visualisiert daneben doch einfach mal Erdogan, diesen machtgeilen alten Mann. 

Und jetzt ein Werturteil, das ich nicht quantifizieren, aber, wenn ich ehrlich bin, auch nicht ignorieren kann und das politisch nicht korrekt ist: Mich kotzt der verbreitete kleingeistige, spießige, rückwärtsgewandte, bildungs- und demokratiefeindliche, gewaltaffine Machismo vieler türkischer Männer an! 

Kann es wirklich sein, dass ich durch einen jahrzehntelang andauernden Riesen-Zufall nur wenige kluge, humorvolle, kritische und zur Selbstironie fähige Türk*Innen kennengelernt habe? Es gibt sie, und einige durfte ich kennenlernen, ich würde sagen, etwa ein Drittel, was für'n Zufall, genau die Quote, die Erdogan aktuell NICHT unterstützt hat ...

Ich bin kein Rassist und kein Integrationsgegner und erst recht kein Nazi, wenn ich sage, dass ich
kleingeistige, spießige, rückwärtsgewandte Machos zum kotzen finde, denn dieses Urteil ist rasse-, religions-, geschlechts-, alters- und nationenübergreifend.

Und ich stehe geistig NICHT mit den Braunbratzen in einer Ecke, denn ich sage nicht "Ausländer raus!", sondern ich sage "Ich will generell keine ->Arschlöcher und -> Idioten in meiner Umgebung!" Es gibt bessere Orte für Leute mit Blockwart-Mentalität oder dem krankhaft übersteigertem Bedürfnis, sich einer dominanten Vaterfigur devot unterwerfen zu dürfen. Die Türkei zum Beispiel. Aber auch Ungarn, Polen, Bayern, USA, Nord-Korea ...

"Was tun Sie", wurde Herr K. gefragt, "wenn Sie einen Menschen lieben?" "Ich mache einen Entwurf von ihm", sagte Herr K., "und sorge, daß er ihm ähnlich wird." "Wer? Der Entwurf?" "Nein", sagte Herr K., "der Mensch." B.Brecht

Deutschland ist derzeit - geistig, politisch und ethisch betrachet - auch in keinem guten Zustand, wirklich nicht. Aber wir können es im Brecht'schen Sinne lieben, indem wir versuchen, es dem Entwurf, s. Punkte 1 - 3, ähnlicher zu machen. Vielleicht sollten sich alle Menschen so ein Land suchen, das sie auf diese Weise lieben können, ein Land, das tendenziell schon in die Richtung des jeweiligen Ideals geht. Und wenn sie da dann leben und kräftig mithelfen, das jeweilige Land diesem ihrem jeweiligen Ideal immer weiter anzunähern, das könnte man dann "Staatsbürgerschaft" nennen.




 So nicht!















 

Montag, 17. April 2017

Hochwert-Probleme


Jestern im Jarten was zu reparieren jehabt. Von Regenschauer überrascht worden. Ergreife eilig meinen Werkzeugkoffer und meine gar nicht mal so kleine, sehr üppig ausgestattete Kleinteile- und Schrauben-Box. Letztere unverriegelt. Inhalt verteilt sich ballistisch auf - genauer: in - 8 bis 10 Quadratmeter klatschnassen, matschigen, moosigen Rasens.

Banales Problem, eigentlich. Die Sachen mühsam aufsammeln, reinigen, trocknen, ja, das ist nervig, aber, herrje, andere bemalen Ostereier oder puzzlen. Dann kann ich bei dem Mistwetter auch Schrauben etc. sortieren, oder? 

Machte mir bewusst, dass das Kleinteile-Magazin eines Hobby-Bastlers nach über 30 Jahren beständigen Sammelns, Benutzens, Austauschens den Status eines schützenswerten Kulturgutes haben sollte. Wenn die Bibliothek von Alexandria einfach nur von einem Wirbelsturm verwüstet und nicht, wie leider geschehen, abgebrannt wäre, dann hätten die Bibliothekare beim Aufräumen bestimmt denselben ambivalenten Spaß, wie ich gerade.

Endlich mal Gelegenheit, sich einen Überblick zu verschaffen, falsch oder doppelt sortierte Dinge strukturiert abzulegen und die sogenannten "gewachsenen Strukturen" zu roden. Wahre Kleinodien wiederzuentdecken. Angesammelten, sentimental mitgeschleppten Schrott zu entsorgen. Die kleinen Fächer vom Staub zu reinigen (Ich will es mal "Staub" nennen und nicht darüber nachdenken, was sich in über 30 Jahren in so einem kleinen Fächlein sonst noch alles anreichert).

Es gibt schlechtere Möglichkeiten, verregnete Ferien zu verbringen.



Himmel! Ich hatte bis dato Unterlegscheiben und Sprengringe gemeinsam in einem Fach gelagert. Wahnsinn! Der reine Wahnsinn!











Gedämpftes Hurra: Die Schwalben sind da!


Man hört ja immer wieder sehr viel Erstaunliches, geradezu Mystisches von besonderen sensorischen Fähigkeiten von Tieren: Kröten, Hunde und Esel, die Erdbeben vorhersehen, Vögel, die sich am Einfallswinkel des Erdmagnetfeldes navigatorisch orientieren, Bienen, die ultraviolettes Licht sehen, Schmetterlinge, die über Entfernungen von 1.500 km unter Wasser kommunizieren ... ach nee ... aber irgendwas machen Schmetterlinge auf 1.500 Kilometer ... oder Meter ... oder wasauchimmer.

Es gibt aber auch reichlich Beispiele für richtig blödes Verhalten von Tieren, und damit meine ich nicht die vollverblödeten Hunde-und-Katzen-Youtube-Videos, die mehr über den Geisteszustand der Menschen als über den der Tiere aussagen, sondern das anscheinend normale, naturbelassene Verhalten normaler, naturbelassener Wildtiere.

Konkretes Beispiel heute: Die Schwalben sind wieder da!

Ist das nicht blöd?!

Ich meine: Die kommen doch direkt aus Afrika. Und hier ist es ja nun wirklich richtig kalt und nass und mies. Ist es denn von einem kleinen Vogel, der jährlich zwei Mal eine Strecke von 8.000 km zielsicher navigiert, zu viel verlangt, sich unterwegs mal Gedanken über das Wetter zu machen? Dazu braucht man doch nicht mal mystische Vorhersagefähigkeiten. Ich merke doch, wenn ich mir in einem eisekalten Nordnordwest-Wind meinen kleinen Vogelhintern abfriere, oder? Warum machen die nicht einfach mal Pause, wo's noch erträglich ist?

Aber ich will mich nicht aufregen. Der Tag, an dem ich die ersten Schwalben des Jahres sichte, ist eigentlich ein Tag der Freude. Ich bin nur ein wenig besorgt, dass die kleinen, munteren Gesellen im weiterhin zu kalt angesagten Wetter nicht überleben können. Außerdem schwingt natürlich eine gehörige Portion Selbstmitleid mit.



 Hier besonders gut nicht zu sehen: Die ersten Schwalben 2017!