Sonntag, 14. Mai 2017

Fragen am Morgen


Die "Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung", so meldet die drittschlechteste Zeitung der Welt, das Sonntagsblatt, in der aktuellen Ausgabe, hat festgestellt, dass Müllautos beim Manövrieren recht häufig Menschen totfahren und empfiehlt, man möge deshalb doch bitte wahlweise den zweiten Mann wieder einführen, den man in den letzten Jahren weggespart hat, oder vernünftige Assistenzsysteme einführen, die dem vereinsamten Müllwagenfahrer ein Bild davon vermitteln, was er beim Rangieren plattzufahren im Begriffe sei. Diese Assistenzsysteme gibt es ab 5.000 Euro, so ein Müllauto nicht unter 200.000.

Interessant, was dann geschah. Zitat:

"Hier habe die gesamtdeutsche Abfallbranche rebelliert, sodass es zu einer Branchenregelung gekommen sei (...) Höhere Auflagen bedeuten höhere Kosten und somit höhere Gebühren." Und deshalb werden die BürgerInnen künftig also ihre Mülltonnen zwecks Abfuhr zu Sammelstellen bringen müssen, die auch schon mal 200 m entfernt an übersichtlichen und ergo unfallärmeren Standorten eingerichtet würden.

Und wieder überfallen mich, wie eine hartnäckige Krätze, diese peinigenden Fragen:

Was ist eine "Branchenregelung"? Wer kungelt die mit wem aus? Wer entscheidet eigentlich, wer da was kungeln darf? Wo greift in dem Prozess demokratische Willensbildung? Oder kungeln einfach nur Vertreter profitorientierter Unternehmer mit mediokren Verwaltungshengsten aus den Kommunalverwaltungen? Was unterscheidet eine "Branchenregelung" von "Mafia-Methoden", abgesehen von der Option physischer Gewalt?

Wenn die Wiedereinführung des zweiten Mitarbeiters oder die (weitaus billigere) Einführung der Assistenzsysteme offenbar zwangsläufig zu einer Gebührenerhöhung führen muss, warum gab es dann keine Gebührensenkung, als die zweiten Mitarbeiter aus Profitgründen abgeschafft worden sind?

Wird es denn eine Senkung der Gebühren geben, wenn die Müllwagen künftig nur noch Sammelstellen anfahren müssen? Der Aufwand für das Unternehmen wird ja dramatisch verringert, wenn die Mülltonnen nicht mehr vor jedem Haus, sondern an Sammelstellen alle 400 Meter stehen.

Wenn die DGUV feststellt, dass die Einsparung der zweiten Mitarbeiter ursächlich für eine zunehmende Anzahl tödlicher Unfälle sei, wie viele Anklagen wegen fahrlässiger Tötung laufen dann aktuell?

Wenn eine Branche, wie hier die Müllkutscher, "aufschreit" oder "rebelliert" oder "die Märkte XXX fordern", dann beeilen sich die Plittikörr, ihnen, egal bei was, egal, wie bescheuert, widersinnig und unsolidarisch das Anliegen sein mag, schnellstmöglich mit sabbernder Servilität zu Willen zu sein. Wenn Menschen aufschreien, weil sie gefoltert werden oder ihre Kinder oder sie selbst verhungern, reagiert (ernsthaft) kein Schwein. Warum ist das eigentlich so?



(verändert via wiki commons)
Die Müllkrise in Neapel beweist: Wenn doitsche Unternehmen profitgierig mit doitschen Kommunalverwaltungen kungeln, dann ist das zwar auch gesetzeswidrig, unethisch und zum Schaden der Solidargemeinschaft, aber es ist effizient und diskret. Was die Mafia 2011 in Sachen Korruption bei kommunalen Entsorgungsunternehmen gemacht hat, war dagegen amateurhafter Stümperkram. Was für erbärmliche Anfänger, ts, ts, ts.