Freitag, 14. Februar 2025

Seiltänzer


Wer sich mit Militärgeschichte (einem wichtigen Teilaspekt der Sozialgeschichte) oder mit Technikgeschichte (als einem weiteren wichtigen Teil der Sozialgeschichte) beschäftigt, begegnet ihm eher früher als später: Dem ubiquitären Nazi. 

Dem, der sich daran berauscht, wie überlegen doch derr doittschä Soldatt an sich war, wie genial fortschrittlich und zerstörerisch seine Waffen und dass wir aus zwei Weltkriegen jeweils fast eigentlich als Sieger ..., wenn da nicht ..., also verdient hätten wir's auf jeden Fall, aber ... usw. usw. 

Oder dem, der der eigenen Kleinpimmeligkeit den Fetisch dicker, erigierter Kanonenrohre auf breithüftigen Fahrgestellen entgegensetzen muss, um mit herbeifantasierter Feuerkraft zu substituieren, was dem frühpubertären Orgasmus an Impact und Satisfaction abgeht.

Der ubiquitäre Nazi hat es geschafft, das Themenfeld "Militär- und Militärtechnikgeschichte" zu einem so toxischen Terrain zu machen, dass eine tiefergehende Befassung damit überhaupt keinen Spaß mehr macht. Die Folge davon ist, dass ich seit den Diskussionen über den NATO-Doppelbeschluss (immerhin 1979) zu Recht das Gefühl hatte, argumentativ gegenüber Militaristen, Politikys und Rüstungskonzernen permanent abzuschmieren. Danke, blöde Nazi-Arschlöcher!

Umso wertvoller sind die Beiträge, die der wissenschaftliche Direktor des Deutsche(n) Panzermuseum(s) in Munster in schöner Regelmäßigkeit auf YT abliefert. Für die meisten Menschen ist der Grat zwischen nazi-artiger Waffenverehrung einerseits und falschverstanden-pazifistischer, ignoranter Desavouierung des Themas andererseits ein schmaler. Die Leute vom Panzermuseum zeigen, dass das nicht so sein muss.

Ich empfehle die Rezeption seiner Videos über die Panzerei dringend, und zwar NICHT, um sich die ganzen technischen und historischen Details reinzuziehen, sondern um den ganz sachlichen, lockeren, eingängigen und dennoch wissenschaftlichen Stil zu studieren. Die Videos thematisieren und analysieren die durchaus faszinierende Technik (e.g. des Merkava), liefern aber bspw. auch eine Serie über das Sterben im Panzer. Das Ganze mit einem Habitus einer ausschließlich an der Sache orientierten Neutralität. 

Ich will hier keine Werbung für Waffen im Allgemeinen und das Panzermuseum mit seinem Direktor im Besonderen machen. Mir geht es darum, wie ich mir die Auseinandersetzung mit Themen wünsche, die im gegenwärtigen Diskurs praktisch tabuisiert sind.

Also: Raths gucken. Es kommt nicht so sehr auf das Was an, sondern viel mehr auf das Wie.


 

(Simulakrum aus verschiedenen wiki-commons-Elementen)





Sonntag, 9. Februar 2025

Das Hohelied auf den Nadelentroster


Ich mag Nadelentroster.¹ Zwar sind sie laut und nicht ganz ungefährlich, aber sie kloppen ordentlich das marode Material weg und lassen nur das blanke Metall stehen. Nadelentroster sind dabei auch Diagnose-Werkzeuge, denn bei ihrem Einsatz stellt man (häufig mit großem Entsetzen) fest, wie stabil bzw. verrottet eine Konstruktion unterhalb gnädiger Tünche wirklich ist. 

Nehmen wir Trump. Alle Europäys bibbern gerade dem Moment entgegen, da er sein machtgieriges Auge auf unseren Kontinent richtet. Dabei kann uns doch gar nichts passieren. Wenn alle europäischen Nationen gemeinsam und solidarisch gegen den Wahnsinnigen und seine Lakaien aufträten, dann würde er ganz schnell auf eine parkende Faust laufen, und, die Erfahrung hat's gezeigt, zurückweichen.

Trump wird uns allerdings unangenehm deutlich machen, was von der europäischen Gemeinschaft und Solidarität real ist und was nur gnädige Tünche, unter der Europa - von Macht- und Geldgier zerfressen - morsch, marode und dysfunktional ist. Sehr wahrscheinlich, dass sich einzelne Staaten, wenn sie denn einen kleinen, egoistischen Vorteil erhoffen, so sehr an den Psychopathen aus den U.S. of A. ranschmeißen, dass es eine globale Peinlichkeit wird.

Wir können nur hoffen, dass von der europäischen Idee genug blankes Metall stehenbleibt. Und wenn nicht, dann war die Idee ohnehin nur eine Lüge. Seid also beruhigt: Trump kann nichts kaputtmachen, was nicht längst marode ist.

Das Gleiche gilt für die AfD oder wie auch immer die Nazis sich nennen mögen. Es wäre doch völlig albern, anzunehmen, sie könnten die Demokratie oder die Brandmauer kaputtmachen, wenn diese stark und blank und stabil stünde. Wir sollten der AfD dankbar sein, dass sie uns unerbittlich deutlich macht, wie demokratisch die Doitschen wirklich ticken und wie unkorrumpierbar die angeblich christlichen Parteien (wieder mal) durch faschistische Macht- und Heilsversprechen.

Nein, an Trump und den Populisten ist prinzipiell nichts auszusetzen. Sie spielen, auch wenn's wehtut, eine wichtige Rolle. Angst müssen wir nur davor haben, dass unsere Ideen von europäischer und globaler Solidarität, Empathie und Demokratie in den letzten Jahrzehnten längst innerlich gestorben und vermodert sind. Nur dann werden die Arschlöcher dieser Welt Erfolg haben.


(stark verändert via I-net)


Sei nicht sauer auf den Nadelentroster,
wenn Dein Auto nach dem Entrosten
ein wirtschaftlicher Totalschaden ist,
denn dann war's vorher auch schon Schrott.




¹ "Ein pneumatischer (oder elektrischer) Antrieb lässt die Nadeln einzeln nach vorn schießen. Das Aufschlagen der Nadeln auf der zu bearbeitenden Oberfläche lässt Rost oder Zunder abplatzen. Am effektivsten arbeitet man in einem 90°-Winkel zur bearbeitenden Oberfläche." (Wikipedia, Nadelentroster, 09.02.2025)







Freitag, 7. Februar 2025

Nachdenken über Kanalarbeiten

 
Natürlich denke ich immer wieder darüber nach, warum mir die Publikationsform "Weblog" am meisten zusagt. Und immer wieder komme ich bei der Untersuchung der Alternativen zu den gleichen Ergebnissen:

Buch: Pro Jahr werden allein Deutschland über 60.000 Titel neu veröffentlicht, pro Tag also etwa 165. Hinter jedem neuen Titel steckt für die Autorys ein elend langer, demütigender Weg durch die Verlage und Lektorate. What is it good for?

Zeitschriften: Welche Zeitschrift sollte Interesse an meinem durchmischten Kram haben? Außerdem bin ich zu trotzig, zu starrsinnig und zu arrogant, mich mit Lektorys auseinanderzusetzen, die mir eventuell vorschreiben wollen, was und wie ich zu schreiben hätte. 

Totholz ist nicht mein Ding, also zum Digitalen:

Website: Ich könnte meine Sachen auch auf einer Website veröffentlichen, aber ich bin zu doof und zu ungeduldig, um das anständig zu programmieren bzw. zu gestalten. Meine zögerlichen Versuche endeten irgendwie alle in einem lese-unappetitlichen Durcheinander, das letztlich doch wieder nur ein Weblog war - allerdings ein grottenschlechter.

Micro-blogging: Tatsächlich nutze ich Mastodon mit großem Gewinn, bin dankbar für Anregungen und Austausch. Aber: Die Begrenzung der Zeichenzahl pro Text stört mich oft, wenngleich das Training, Texte immer weiter einzudampfen, nicht schlecht ist. Außerdem stört mich, dass die Texte unfassbar schnell aus der Sichtweite sedimentieren und dass es von Tageszeit und Zeitzone abhängt, ob Texte und Publikum zusammenfinden oder nicht. 

Momentan nutze ich Mastodon gelegentlich, um Kurzfassungen meiner Weblog-Artikel inklusive Links zu veröffentlichen und ggfs. Diskussionen darüber zu führen. Das ist eine gute Kombination.

Mit Instagramm und Tiktok kann ich nix anfangen. Ich bin ein Text-Typ und kein Video-Typ. Vielleicht bin ich einfach zu alt, vielleicht ist es die Gewohnheit, und Video-Bearbeitung ist so ein fizzeliger Kleinkram. Wer sich in der Ölmalerei am besten ausdrücken kann, sollte nicht zur Arbeit mit der Spraydose gezwungen werden. Begnadete Geigerys müssen nicht im selben Maße an der Posaune reüssieren müssen.

Wie ich's dreh' und wende: Der Weblog ist mein Metier, mein Kanal zwischen Welt und Ich.




(Cloaca maxima, Köln, stark verändert via wiki commons)






Samstag, 1. Februar 2025

Fassungslosigkeit

 
Ein Weblog darf ja auch mal sowas wie ein Tagebuch sein und trotzdem überindividuell relevant.

Seit Mittwoch hatte ich ein paar Artikel schreiben wollen, auch angefangen, aber alles wieder verworfen, weil Fritze von-Papen-Merz mal eben allzu deutlich gemacht hat, wie wichtig Demokratie im Vergleich zu seiner subklinischen Egomanie ist. Und weil Fritze nur ein armes, schwer deformiertes Individuum und also unwichtig ist, präzisiere ich, dass mein Entsetzen nicht wirklich ihm gilt, sondern seiner mitlaufenden, schleimigen Entourage und den Menschen, die ihn trotz und alledem demnächst wählen werden und den gesellschaftlichen Strukturen, die die Selbstabschaffung der Demokratie so verflucht einfach machen.

Und wenngleich die Parallelen zu 1932 so offensichtlich sind, dass es uns den Atem raubt, dürfen wir nicht den Blick für die historischen Unterschiede zwischen NSDAP-Nazis einst und AfD-Nazis heute verlieren: Hitler und seine Nazi-Baggage hatten zwar auch Unterstützung durch dumm-arrogante konservative Poilitiker, die Konzerne und die Medien, aber es gab damals in den allmächtigen USA keine größenwahnsinnigen Narzissten, die mit guten Aussichten auf Erfolg die Weltherrschaft anstrebten und die die deutschen Nazis aggressiv und offen unterstützten.

Russland und China waren damals keine aufstrebenden Konkurrenten der US, heute sind sie es und pampern ebenfalls die AfD, die ihrerseits gerne bereit ist, dafür ihr "Vater-"land zu verraten und zu verschachern.

Ähnlichkeiten zwischen 1932 und heute finden sich dann wieder im nachbarlichen Umfeld: Auch Hitler wusste sich in guter schlechter Gesellschaft autokratischer bzw. faschistischer Regime. Mehr oder weniger lupenreine Demokratien waren damals in Europa nur Frankreich, England, Benelux und die skandinavischen Länder. Der Rest dümpelte politisch irgendwo da, wo heute Belarus, Ungarn, die Türkei etc. stehen.

Da war und ist eigentlich niemand, der die deutsche Demokratie um ihrer selbst willen vermissen würde. Unsere Nachbarn haben nur Schiss, dass, wenn Doitschland wieder Nazi-Land wird, wir auch wieder einen Weltkrieg vom Zaun brechen werden, und diese Befürchtung ist ja auch höchst plausibel.

Boi-oh, wo läuft dieser Text hin?

Zu der Frage, wie es eigentlich kommt, dass anscheinend die ganze Welt wieder durchdreht. Alle machen auf "dicke Hose", Gewalt und die Drohung damit werden allseits wieder als Lösung, zumindest als akzeptable politische Instrumente betrachtet, wogegen demokratische Willensbildung, Toleranz und Empathie immer stärker verächtlich gemacht werden.

Die Extrapolation ergibt drei mögliche Szenarien:

  • Ein weltweites stabiles faschistisches System setzt sich durch.
  • Kulmination des kapitalistischen Systems, dann globaler Bürgerkrieg, Anarchie, Mad Max.
  • Atomares Armageddon, Auslöschung aller höherer terrestrischer Lebensformen, endlich Ruhe.

Ich möchte nochmal betonen, dass "Extrapolation" bedeutet, künftige Entwicklungen anhand bisher beobachteter (!) Entwicklungstrends abzuschätzen.

Meine Definition von "Mensch-Sein" schließt die Fähigkeit zu vernunftbasierter Veränderung ein.

Mal sehen, ob wir das hinkriegen.


(stark verändert via wiki commons / midjourney)








Mittwoch, 29. Januar 2025

Das Eigentliche


Mit meinem 1,8-jährigen Enkel Mittagsschlaf gemacht. Wenn Du den tiefen Frieden, die Ruhe und Entspannung, das wohlbehütete Eingemummeltsein so aus der Nähe siehst, dann weißt Du, was wirklich wichtig ™ ist. 

Oder andersrum: Das Kategoriensystem für "Wichtig - Unwichtig" ist plötzlich neu kalibriert. 

Fühlt sich gut an.




(via wiki commons,  J. Bäcker. 2005)

Bildunterschrift: "Rückblick minus Vorblick ergibt den Höhenunterschied".
In den Text kannste ja auch wieder total viel reinpacken ...










Freitag, 24. Januar 2025

Hat er nun oder hat er nicht?

 

Hat er Herzchen verteilt?
Hat er den "Römischen Gruß" gemacht?
Hat er den "Deutschen Gruß" gemacht?
Hat er nur eine unglückliche Geste gemacht?

Es ist vollkommen egal.

Es ist egal, ob wir die Herzchen-Geschichte glauben oder ob wir an die unglückliche Geste eines selbsternannten Autisten glauben - die Nazis weltweit erkennen den "Deutschen Gruß", wenn sie ihn sehen. Und sie erkennen den mächtigen, unanständig Superreichen, das Idol, den Führer, der  göttergleich und unerreichbar über den Dingen, den Gesetzen und der Moral steht..

Und je mehr wir, die richtigen Menschen, versuchen, die Zweifel an der Geste für den Angeklagten sprechen zu lassen, um den Vielleicht-ja-doch-Autisten bloß nicht zu unrecht zu beschuldigen, desto mehr werden uns die Nazis weltweit verachten. Weil wir so schwach sind, weil wir nicht erbarmungslos und vernichtend zuschlagen, wo immer unser Feind eine Schwäche zeigt. 

Augenzwinkernd, schlimmer noch: verächtlich lachend, werden sie uns bestärken, wir sollen nur ja immer hübsch tolerant und gerecht bleiben ... Ich fürchte nur, unser Wunsch nach Empathie, Toleranz und Gerechtigkeit wird der Hebel, mit dem die Nazis uns besiegen können.

Was tun? Musk hat in reichlich anderen Zusammenhängen bewiesen, dass er ein Nazi ist. Es ist ethisch gerechtfertigt, die angeblich zweideutige Geste in diesen eindeutigen Zusammenhang einzuordnen. Wehret den Anfängen.



(stark verändert via wiki commons)










Mittwoch, 22. Januar 2025

Gute Vahl: Volt!

 

Wohlan! Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich nun Mitglied einer politischen Partei. Für einen, der stets so viel Wert auf seine geistige Selbständigkeit und allgemeine Eigenverantwortlichkeit gelegt hat, sich für einen Anarchisten hielt, nie in der Herde mitlaufen wollte, weil man da immer einen Arsch vor sich hat, ist das ein ganz, ganz seltsames Gefühl. Aber. 

Die Zeit ist vorbei.
Das banale Böse 
ist sich seiner wieder bewusst geworden
und die vielen kleinen Haufen Scheiße
agglutinieren zu einem weltweiten Gebirge, 
dessen Schlammlawinen
uns ersticken werden. 

Der Rufer in der Wüste,
der kluge Exzentriker,
hat da keinen Ort mehr,
gibt sich der Lächerlichkeit preis
und geht nutzlos unter
in der braunen Masse.


Tja, und so weiter. Eine Mitgliedschaft in der Partei Willy Brandts wäre denkbar gewesen, aber die SPD geht seit 30 Jahren natürlich auf gar keinen Fall. Die Grünen von einst wären noch besser, aber die kriegsgeile Umfaller-Camarilla von heute, die alle damaligen Ideale verraten hat, nää, bäh! Die Linken haben sich selbst zerlegt, es tut mir so weh, die paar wenigen noch vorhandenen guten Leute trübsinnig in den Ruinen ihrer Partei stochern zu sehen, in vergeblicher  Hoffnung, vielleicht doch noch dieses oder jenes Kleinod retten zu können. CDU oder CSU, Merz oder Söder, Pest und Cholera? Bei der FDP habe ich mich, als ich deren erstes Wahlplakat sah, gefragt, wie ein Mensch, der gerade eben eines dreisten Lügen-Komplotts überführt worden ist, sich überhaupt schon wieder in die Öffentlichkeit trauen kann. Wie schmerzbefreit sind die denn? Über AfD und BSW rede ich nicht. 

War sonst noch was?

Ja: Volt.

Ich bin jetzt Mitglied bei Volt. Die Partei sollte man sich merken, denn demnäxx werden jede Menge Trolls of any colour and any kind anfangen, darauf rumzuhacken. Marrrk mai Vörrtz!

  • Die SPD wird auf Volt rumhacken, weil unsere Sozialpolitik radikaler sozial ist, als es ihre je war..
  • Die Grünen werden auf Volt rumhacken, weil unsere Lösungen nicht durch macht-opportune Kompromisse verwässert sind und sie - weil europäisch gedacht - wesentlich mehr Impact haben.
  • Die Linken werden auf Volt rumhacken, weil wir eine junge, neue Partei sind, während sie seit Karl Marx und dem heroischen Widerstand in der Zeit der Illegalität eigentlich nur noch künstlich am Leben erhalten werden.
  • Alle anderen bundesdeutschen Parteien werden auf Volt rumhacken, weil wir einfach so unendlich viele Lichtjahre besser, ehrlicher, schlauer, ethischer, jünger, besser aussehend, cooler, sexier sind, als diese alten, spießigen, piefigen, rückwärtsgewandten, konzern-hörigen, profitgeilen, egomanischen Alt-Herren-Clubs.

  • Die Amis werden auf Volt rumhacken, weil ein geeintes Europa das Allerletzte ist, was die Amis wollen und jemals wollten. Das hat man schon bei der Einführung des Euro bemerkt. Wirtschaftlich ganz unerwünscht, ein einiges Europa!  
  • Die Russen werden auf Volt rumhacken, weil ein geeintes Europa das Allerletzte ist, was die Russen wollen und jemals wollten. Stellt Euch vor, es gäbe ein geeintes, regenbogenbuntes, demokratisches, prosperierendes Europa. Da müsste Putin seinen Leuten schon recht überzeugend erklären, warum sowas bei uns geht und bei denen nicht.
  • Die Chinesen werden auf Volt rumhacken, weil ein geeintes Europa das Allerletzte ist, was die Chinesen wollen. Die hätten den Hafen von Piräus niemals gekriegt, wenn wir nicht so unsolidarisch und egoistisch miteinander umgingen. 


Wenn alle Seiten auf uns rumhacken,
dann müssen wir doch irgendwas
verdammt richtig machen, oder?


















Sonntag, 19. Januar 2025

1.000ster Artikel auf diesem Blog!

 


(verändert via wiki commons - 2011)


Dieser Blog startete im Januar 2011 mit einem Artikel zu obigem Cartoon. Im Mai 2013 wurde ich zum Witwer, nachdem Rita nach langer, schwerer Krankheit gestorben war, und die Texte aus dieser Zeit waren teilweise entsprechend schwermütig und düster, und mitunter lagen lange Schreibpausen dazwischen. Januar 2015 habe ich alle bis dato erstellten Texte ins Nirvana geschossen, und auf der Tabula rasa unter altbekannter Adresse neu angesetzt.  

Und jetzt, ziemlich genau 10 Jahre später, ist dies der 1.000 Artikel.¹ Yippie ya yeah.

Irgendwelche Anmerkungen dazu?

Ja.

Erstens:

Bei sentimentaler Rückschau stelle ich fest, dass sich an meinen ursprünglichen Motiven rein gar nüscht geändert hat. In erster Linie schreibe ich, um meine Gedanken durch die Logik-Mühlen der Grammatik zu zwingen, denn ich bin nach wie vor überzeugt, dass Gedanken, die in Sprache umzusetzen mir nicht gelingen will, wahrscheinlich keine so ganz werthaltigen Gedanken sind. Was man dem fertigen Blog nicht ansieht, ist die Vielzahl der Artikel, die ich - nach zum Teil stundenlanger Arbeit - gelöscht, weil einfach nicht "auf die Kette" bekommen habe, weil die dahinterstehenden Ideen offenbar nicht durchzuhalten waren.

Und was man auch nicht sieht, ist, dass einige Ideen im Laufe ihrer Verschriftlichung erheblich modifiziert werden mussten, weil sie in ihrer ursprünglichen Form einfach nicht schlüssig waren. ²  

Zweitens:

Auch das Publikum spielt eine Rolle. Es ist eine vortreffliche Übung, Gedanken nicht nur zu versprachlichen, sondern sie darüberhinaus so zu versprachlichen, dass sie pointiert, leseappetitlich und sinnvoll strukturiert präsentiert werden können. Wer klar denkt, kann sich auch klar ausdrücken.

Außerdem verpflichtet Schreiben für eine Öffentlichkeit zu gesellschaftlicher Relevanz der Themen. Jedy Mensch hat natürlicherweise auch egozentrische Gedanken. Eine gute Übung ist's, unterscheiden zu lernen, was nur mich persönlich interessiert und was über-individuell. Bei meinen Fliege-Texten berühre ich manchmal die Grenze zwischen dem einen und dem anderen.

Drittens:

Zwar spielt die An- bzw. Abwesenheit von Publikum beim Textekloppen eine Rolle, aber ich habe mich weitgehend erfolgreich davon frei machen können, für Clicks zu schreiben. Anfangs habe ich kalkuliert, weniger als durchschnittlich sechs (6!) Lesys pro Tag sollten die Grenze sein, unterhalb der ich von einem "Publikum" nicht ernsthaft sprechen könnte. 

Da bin ich (*diskret hüstel*) jetzt drüber. Die Zahlen sind so, dass sie im Vergleich zu professionellen, d.h. kommerziellen Blogs absolut lächerlich und wahrscheinlich unterhalb der Wahrnehmungsgrenze sind. Aber für einen so langtextlastigen Blog wie diesen, dessen Inhalte sich ausschließlich an Gusto und Tagesform des Schreibenden orientieren, finde ich's absolut ok.

Google hat mich zwischendurch angebettelt, ich solle mehr search-engine-optimizen, und ich habe mir tatsächlich ein entsprechendes Buch aus der Bücherei besorgt, aber was da vorgeschlagen wurde, hat mich inhaltlich, ästhetisch und praktisch nicht überzeugt, drum hab' ich's gelassen.

Was mich hochgradig amüsiert, sind die Peaks in den Nutzyzahlen, die entstehen, wenn Wörter wie "Sex" oder "Penis" o.ä. in meinen Texten auftauchen. Jaaa, das ist ein bisschen Click-baiting, ich find's einfach nur lustig, damit zu spielen. Interessant auch, wie Jahreszeiten, Urlaubszeiten, Feiertage etc. die Zahlen beeinflussen, teilweise ganz anders als man annimmt. Insgesamt sind die Statistik-Funktionen von blogspot in der nicht-kommerziellen Version aber zu rau, um valide Ergebnisse zu bekommen. Ist ok, so.

Viertens: 

Bei der Rückschau überrascht mich zuweilen die eigene unbewusste inhaltliche Schwerpunktsetzung. Es ist nicht so, dass ich mir vornehme, eine Artikelreihe zu einem Themenfeld zu schreiben. Die Themenfindung geschieht spontan von Tag zu Tag, oft auch gar nicht, wenn ich einfach nicht ästhetisch attackiert bin. 

In den letzten Monaten bin ich offenbar sehr besorgt über Kriege, Populisten, die Arroganz der Reichen und die Dummheit der Armen. Aber es gibt - wie gesagt - keinen entsprechenden Masterplan.

Fünftens:

Zum Schluss traue ich mich, was Gutes über meine eigene Arbeit zu sagen, tut mir leid: Bei keinem der 1.000 Artikel habe ich heute das Gefühl, inhaltlich etwas zurücknehmen zu müssen. In der Form gab es zwischenzeitlich ein paar Experimente, die ich nicht weiterverfolgt habe, weil ich sie dann doch nicht mehr so dolle fand. Aber inhaltlich - nö, da bin ich nach wie vor mit allem einverstanden. Und das sagen zu können, find' ich ziemlich geil!









¹ Die runden Zahlen erleichtern die Dreisatzrechnung ungemein; "Wenn er 1.000 Artikel in 10 Jahren geschrieben hat, wieviele Artikel hat er dann durchschnittlich in 1 Jahr geschrieben? Was musst Du jetzt rechnen?" Und für Fortgeschrittene: "Wenn er 100 Artikel pro Jahr (365 Tage) rausgehauen hat, wie viele Tage lagen durchschnittlich zwischen zwei Artikeln?" 

² Vgl. Kleist: Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden.






Samstag, 18. Januar 2025

Die kommen immer wieder ... (HRK)

 
Ich schwöre mal wieder heilige Eide: Ich beabsichtige nicht, rezente Politikys mit billigen Hitler-Vergleichen zu diskreditieren, aber ...



FDP 2025



NSDAP 1932



... vielleicht könnten die Politikys und die Marketing-Fuzzys das Ihrige dazu tun, diese Vergleiche nicht so erschreckend nahe zu legen, bitte? Schwarzer Hintergrund, Beleuchtung von links-oben, frontaler Blick, sparsamste Mimik, Schwarz-weiß-Druck, Reduktion auf das Gesicht, minimaler, zentrierter Text unterhalb der Larve.

Entweder sind Graphikys Vollidioten (Das wäre schlimm!) oder die Verantwortlichen fanden das Hitler-Plakat einfach nur hübsch (Das wäre noch schlimmer!!) oder die Verantwortlichen ahnen, das faschistische Formensprache das heutige Publikum wieder ganz enorm triggert (Das wäre am allerschlimmsten!!!)

So kann man doch nicht tun!





Ich habe Hitler geseh'n
Er schrie Shalom und spielte Holocaust im Libanon
Ich habe Stalin geseh'n
Er hasst Gewalt und leitet eine Nervenheilanstalt.

Die kommen immer wieder
Die sind alle noch da
Die kommen alle immer schlimmer wieder
Die sind ganz ganz nah.

Ich habe Jesus geseh'n
Mit Brandgesicht als Napalmsäugling ohne Augenlicht
Ich habe Marx geseh'n
Er mag den Papst und der mag ihn, er gibt ihm Heroin.

Die kommen immer wieder
Die sind alle noch da
Die kommen alle immer schlimmer wieder
Die sind ganz ganz nah.

(...)


Mich hab ich nicht geseh'n
Mag sein, dass ich bei so viel Prominenz nicht nötig bin
Nicht mein Gesicht geseh'n
Es schwimmen viel zu viele nass geerbte Tränen drin.

Dich hab ich nicht geseh'n
Euch hab ich nicht geseh'n, ja sagt mal, worauf wartet ihr?
Uns hab ich nicht geseh'n
Uns hab ich nicht geseh'n, ja sagt mal, worauf warten wir?








Donnerstag, 16. Januar 2025

Sex, Drogen und pychedelische Musik - geschadet hat's uns nicht!


Grade mit großem Vergnügen ein Stück Liedgutes wiederentdeckt, das mit Fug zum kulturellen Menschheitserbe gezählt wird oder werden sollte, Traffics "Hole in my shoe" von 1967.

Am meisten beömmelt habe ich mich über die mehr als 2.000 Kommentare darunter, die ich auch nur überschlägig gelesen habe, die aber mehrheitlich von selbst-gefühlten Hippies, Alt-Hippies und Möchtegern-Hippies stammen und unisono sagen, dass sei doch noch richtig geile, handgemachte Kunst, jedes Stück ein wertvolles Kleinod mit je eigener spannender, erzählenswerter Geschichte, ganz im Gegensatz zu der heutigen seelenlosen, KI-generierten, kurzatmigen, langweiligen Konfektionsware.

Dass die alten Säckys¹ sich bei der Reminiszenz eine Träne aus dem Knopfloch drücken, wollen wir ihnen zugestehen, ich war fünf Jahre alt, als das Lied herauskam, buche es aber auch als Teil meiner jugendlichen Sozialisation.

Und bei dem Stichwort ist mir etwas Interessantes aufgefallen: In meiner Jugend ™ ² wurde den Medien natürlich auch ein gaaanz schlechter Einfluss auf unsere Denke unterstellt. Wir, die damalige Jugend, würden verdorben durch die allzu üppige Darstellung (und Bejahung) von Drogen, Sex, freier und universeller Liebe, Spiritualität, durch psychedelische und Rockmusik, durch Lehre von Freiheit, Toleranz etc.etc.

Diesen Einfluss hatten die Medien tatsächlich, allerdings fanden wir ihn nicht schlecht.

Und heute? Was lernen die Kiddos heute? Rechte Rüpeleien sind absolut salonfähig. Hass, Hetze und Gewalt irgendwie tolerabel. Zu lügen und zu taktieren ist wichtig und richtig und nichts schambehaftetes. Profit, Machtgier, maximaler Egoismus sind die einzig wesentliche Maßstäbe für Dein Wohlergehen. Deine Stellung in der Welt wird ausschließlich durch Besitz und Macht definiert. Empathie ist Dummheit, Frieden ist Krieg, Wahrheit ist Lüge ³.

Wenn ich das so vergleiche ... Puuh. Dann freue ich mich demütig über die Gnade der frühen Geburt.



(verändert via wiki commons)
Grace Slick von Jefferson Airplane,
Woodstock 1969,
The white rabbit ... wie gerne wäre ich dabeigewesen!




¹ Ja, ich gendere auch "alte Säcke". Sollte der Begriff sich wirklich nur auf die Hoden beziehen? Ich bezweifle das. 

² AchduScheiße! Sätze, die so anfangen, können nur in "Opa-erzählt-vom-Krieg" enden.

³ Ja, natürlich habe ich da bei Orwell geklaut. Muss ich denn ALLES selber machen?!