Freitag, 14. Februar 2025

Seiltänzer


Wer sich mit Militärgeschichte (einem wichtigen Teilaspekt der Sozialgeschichte) oder mit Technikgeschichte (als einem weiteren wichtigen Teil der Sozialgeschichte) beschäftigt, begegnet ihm eher früher als später: Dem ubiquitären Nazi. 

Dem, der sich daran berauscht, wie überlegen doch derr doittschä Soldatt an sich war, wie genial fortschrittlich und zerstörerisch seine Waffen und dass wir aus zwei Weltkriegen jeweils fast eigentlich als Sieger ..., wenn da nicht ..., also verdient hätten wir's auf jeden Fall, aber ... usw. usw. 

Oder dem, der der eigenen Kleinpimmeligkeit den Fetisch dicker, erigierter Kanonenrohre auf breithüftigen Fahrgestellen entgegensetzen muss, um mit herbeifantasierter Feuerkraft zu substituieren, was dem frühpubertären Orgasmus an Impact und Satisfaction abgeht.

Der ubiquitäre Nazi hat es geschafft, das Themenfeld "Militär- und Militärtechnikgeschichte" zu einem so toxischen Terrain zu machen, dass eine tiefergehende Befassung damit überhaupt keinen Spaß mehr macht. Die Folge davon ist, dass ich seit den Diskussionen über den NATO-Doppelbeschluss (immerhin 1979) zu Recht das Gefühl hatte, argumentativ gegenüber Militaristen, Politikys und Rüstungskonzernen permanent abzuschmieren. Danke, blöde Nazi-Arschlöcher!

Umso wertvoller sind die Beiträge, die der wissenschaftliche Direktor des Deutsche(n) Panzermuseum(s) in Munster in schöner Regelmäßigkeit auf YT abliefert. Für die meisten Menschen ist der Grat zwischen nazi-artiger Waffenverehrung einerseits und falschverstanden-pazifistischer, ignoranter Desavouierung des Themas andererseits ein schmaler. Die Leute vom Panzermuseum zeigen, dass das nicht so sein muss.

Ich empfehle die Rezeption seiner Videos über die Panzerei dringend, und zwar NICHT, um sich die ganzen technischen und historischen Details reinzuziehen, sondern um den ganz sachlichen, lockeren, eingängigen und dennoch wissenschaftlichen Stil zu studieren. Die Videos thematisieren und analysieren die durchaus faszinierende Technik (e.g. des Merkava), liefern aber bspw. auch eine Serie über das Sterben im Panzer. Das Ganze mit einem Habitus einer ausschließlich an der Sache orientierten Neutralität. 

Ich will hier keine Werbung für Waffen im Allgemeinen und das Panzermuseum mit seinem Direktor im Besonderen machen. Mir geht es darum, wie ich mir die Auseinandersetzung mit Themen wünsche, die im gegenwärtigen Diskurs praktisch tabuisiert sind.

Also: Raths gucken. Es kommt nicht so sehr auf das Was an, sondern viel mehr auf das Wie.


 

(Simulakrum aus verschiedenen wiki-commons-Elementen)





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