Dieser Blog startete im Januar 2011 mit einem Artikel zu obigem Cartoon. Im Mai 2013 wurde ich zum Witwer, nachdem Rita nach langer, schwerer Krankheit gestorben war, und die Texte aus dieser Zeit waren teilweise entsprechend schwermütig und düster, und mitunter lagen lange Schreibpausen dazwischen. Januar 2015 habe ich alle bis dato erstellten Texte ins Nirvana geschossen, und auf der Tabula rasa unter altbekannter Adresse neu angesetzt.
Und jetzt, ziemlich genau 10 Jahre später, ist dies der 1.000 Artikel.¹ Yippie ya yeah.
Irgendwelche Anmerkungen dazu?
Ja.
Bei sentimentaler Rückschau stelle ich fest, dass sich an meinen ursprünglichen Motiven rein gar nüscht geändert hat. In erster Linie schreibe ich, um meine Gedanken durch die Logik-Mühlen der Grammatik zu zwingen, denn ich bin nach wie vor überzeugt, dass Gedanken, die in Sprache umzusetzen mir nicht gelingen will, wahrscheinlich keine so ganz werthaltigen Gedanken sind. Was man dem fertigen Blog nicht ansieht, ist die Vielzahl der Artikel, die ich - nach zum Teil stundenlanger Arbeit - gelöscht, weil einfach nicht "auf die Kette" bekommen habe, weil die dahinterstehenden Ideen offenbar nicht durchzuhalten waren.
Und was man auch nicht sieht, ist, dass einige Ideen im Laufe ihrer Verschriftlichung erheblich modifiziert werden mussten, weil sie in ihrer ursprünglichen Form einfach nicht schlüssig waren. ²
Zweitens:
Auch das Publikum spielt eine Rolle. Es ist eine vortreffliche Übung, Gedanken nicht nur zu versprachlichen, sondern sie darüberhinaus so zu versprachlichen, dass sie pointiert, leseappetitlich und sinnvoll strukturiert präsentiert werden können. Wer klar denkt, kann sich auch klar ausdrücken.
Außerdem verpflichtet Schreiben für eine Öffentlichkeit zu gesellschaftlicher Relevanz der Themen. Jedy Mensch hat natürlicherweise auch egozentrische Gedanken. Eine gute Übung ist's, unterscheiden zu lernen, was nur mich persönlich interessiert und was über-individuell. Bei meinen Fliege-Texten berühre ich manchmal die Grenze zwischen dem einen und dem anderen.
Drittens:
Zwar spielt die An- bzw. Abwesenheit von Publikum beim Textekloppen eine Rolle, aber ich habe mich weitgehend erfolgreich davon frei machen können, für Clicks zu schreiben. Anfangs habe ich kalkuliert, weniger als durchschnittlich sechs (6!) Lesys pro Tag sollten die Grenze sein, unterhalb der ich von einem "Publikum" nicht ernsthaft sprechen könnte.
Da bin ich (*diskret hüstel*) jetzt drüber. Die Zahlen sind so, dass sie im Vergleich zu professionellen, d.h. kommerziellen Blogs absolut lächerlich und wahrscheinlich unterhalb der Wahrnehmungsgrenze sind. Aber für einen so langtextlastigen Blog wie diesen, dessen Inhalte sich ausschließlich an Gusto und Tagesform des Schreibenden orientieren, finde ich's absolut ok.
Google hat mich zwischendurch angebettelt, ich solle mehr search-engine-optimizen, und ich habe mir tatsächlich ein entsprechendes Buch aus der Bücherei besorgt, aber was da vorgeschlagen wurde, hat mich inhaltlich, ästhetisch und praktisch nicht überzeugt, drum hab' ich's gelassen.
Was mich hochgradig amüsiert, sind die Peaks in den Nutzyzahlen, die entstehen, wenn Wörter wie "Sex" oder "Penis" o.ä. in meinen Texten auftauchen. Jaaa, das ist ein bisschen Click-baiting, ich find's einfach nur lustig, damit zu spielen. Interessant auch, wie Jahreszeiten, Urlaubszeiten, Feiertage etc. die Zahlen beeinflussen, teilweise ganz anders als man annimmt. Insgesamt sind die Statistik-Funktionen von blogspot in der nicht-kommerziellen Version aber zu rau, um valide Ergebnisse zu bekommen. Ist ok, so.
Viertens:
Bei der Rückschau überrascht mich zuweilen die eigene unbewusste inhaltliche Schwerpunktsetzung. Es ist nicht so, dass ich mir vornehme, eine Artikelreihe zu einem Themenfeld zu schreiben. Die Themenfindung geschieht spontan von Tag zu Tag, oft auch gar nicht, wenn ich einfach nicht ästhetisch attackiert bin.
In den letzten Monaten bin ich offenbar sehr besorgt über Kriege, Populisten, die Arroganz der Reichen und die Dummheit der Armen. Aber es gibt - wie gesagt - keinen entsprechenden Masterplan.
Fünftens:
Zum Schluss traue ich mich, was Gutes über meine eigene Arbeit zu sagen, tut mir leid: Bei keinem der 1.000 Artikel habe ich heute das Gefühl, inhaltlich etwas zurücknehmen zu müssen. In der Form gab es zwischenzeitlich ein paar Experimente, die ich nicht weiterverfolgt habe, weil ich sie dann doch nicht mehr so dolle fand. Aber inhaltlich - nö, da bin ich nach wie vor mit allem einverstanden. Und das sagen zu können, find' ich ziemlich geil!
¹ Die runden Zahlen erleichtern die Dreisatzrechnung ungemein; "Wenn er 1.000 Artikel in 10 Jahren geschrieben hat, wieviele Artikel hat er dann durchschnittlich in 1 Jahr geschrieben? Was musst Du jetzt rechnen?" Und für Fortgeschrittene: "Wenn er 100 Artikel pro Jahr (365 Tage) rausgehauen hat, wie viele Tage lagen durchschnittlich zwischen zwei Artikeln?"
² Vgl. Kleist: Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Vielen Dank für Ihren / Deinen Kommentar