Samstag, 1. Februar 2025

Fassungslosigkeit

 
Ein Weblog darf ja auch mal sowas wie ein Tagebuch sein und trotzdem überindividuell relevant.

Seit Mittwoch hatte ich ein paar Artikel schreiben wollen, auch angefangen, aber alles wieder verworfen, weil Fritze von-Papen-Merz mal eben allzu deutlich gemacht hat, wie wichtig Demokratie im Vergleich zu seiner subklinischen Egomanie ist. Und weil Fritze nur ein armes, schwer deformiertes Individuum und also unwichtig ist, präzisiere ich, dass mein Entsetzen nicht wirklich ihm gilt, sondern seiner mitlaufenden, schleimigen Entourage und den Menschen, die ihn trotz und alledem demnächst wählen werden und den gesellschaftlichen Strukturen, die die Selbstabschaffung der Demokratie so verflucht einfach machen.

Und wenngleich die Parallelen zu 1932 so offensichtlich sind, dass es uns den Atem raubt, dürfen wir nicht den Blick für die historischen Unterschiede zwischen NSDAP-Nazis einst und AfD-Nazis heute verlieren: Hitler und seine Nazi-Baggage hatten zwar auch Unterstützung durch dumm-arrogante konservative Poilitiker, die Konzerne und die Medien, aber es gab damals in den allmächtigen USA keine größenwahnsinnigen Narzissten, die mit guten Aussichten auf Erfolg die Weltherrschaft anstrebten und die die deutschen Nazis aggressiv und offen unterstützten.

Russland und China waren damals keine aufstrebenden Konkurrenten der US, heute sind sie es und pampern ebenfalls die AfD, die ihrerseits gerne bereit ist, dafür ihr "Vater-"land zu verraten und zu verschachern.

Ähnlichkeiten zwischen 1932 und heute finden sich dann wieder im nachbarlichen Umfeld: Auch Hitler wusste sich in guter schlechter Gesellschaft autokratischer bzw. faschistischer Regime. Mehr oder weniger lupenreine Demokratien waren damals in Europa nur Frankreich, England, Benelux und die skandinavischen Länder. Der Rest dümpelte politisch irgendwo da, wo heute Belarus, Ungarn, die Türkei etc. stehen.

Da war und ist eigentlich niemand, der die deutsche Demokratie um ihrer selbst willen vermissen würde. Unsere Nachbarn haben nur Schiss, dass, wenn Doitschland wieder Nazi-Land wird, wir auch wieder einen Weltkrieg vom Zaun brechen werden, und diese Befürchtung ist ja auch höchst plausibel.

Boi-oh, wo läuft dieser Text hin?

Zu der Frage, wie es eigentlich kommt, dass anscheinend die ganze Welt wieder durchdreht. Alle machen auf "dicke Hose", Gewalt und die Drohung damit werden allseits wieder als Lösung, zumindest als akzeptable politische Instrumente betrachtet, wogegen demokratische Willensbildung, Toleranz und Empathie immer stärker verächtlich gemacht werden.

Die Extrapolation ergibt drei mögliche Szenarien:

  • Ein weltweites stabiles faschistisches System setzt sich durch.
  • Kulmination des kapitalistischen Systems, dann globaler Bürgerkrieg, Anarchie, Mad Max.
  • Atomares Armageddon, Auslöschung aller höherer terrestrischer Lebensformen, endlich Ruhe.

Ich möchte nochmal betonen, dass "Extrapolation" bedeutet, künftige Entwicklungen anhand bisher beobachteter (!) Entwicklungstrends abzuschätzen.

Meine Definition von "Mensch-Sein" schließt die Fähigkeit zu vernunftbasierter Veränderung ein.

Mal sehen, ob wir das hinkriegen.


(stark verändert via wiki commons / midjourney)








3 Kommentare:

  1. Bitte sei so lieb und nutze, wenn Du eigentlich "Anomie" meinst, nicht den Begriff "Anachie". Es hat sich leider so eingeschliffen, aber diese Nutzung ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich jemals für "An-archie" im Sinne von "Freiheit von Herrschaft" eingesetzt haben. Mühsam, Landauer, Goldman & Co z.B.

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    1. Ich bin sicher, dass Du in dem Punkt recht hast, Anomie sei präziser. Und ganz sicher will ich niemanden verletzen. Aber Sprache lebt von und mit dem Bedeutungswandel. Landauer und Goldman sagen mir nicht so viel, aber Mühsam fühlte sich gewiss missverstanden, wenn wir ihm autoritären Sprachpurismus unterstellten. Der Kontext "... Anarchie, Mad Max" macht auch klar, dass ich hier im Wortfeld herumspiele. Mit "Anomie" hätte das nicht funktioniert.

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    2. Ja, hast auch Recht. Als bekennender (und anhand der Weltlage und der Tagespolitik leicht verzweifelter) Anarchopazifist bin ich halt über diese Bedeutungsverschiebung bei dem Begriff todunglücklich.....

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