Montag, 10. Oktober 2016

Klare Sache



Habe zwischenzeitlich überlegt, ob meine ewige Nörgelei an den Inhalten des bundes- und weltpolitischen Teils des "Harlingers" (eigentlich sprechen wir hier von einem Machwerk der NWZ Oldenburg) nicht hier und da ungerecht ist. Bin nun wieder beruhigt.

Zitat aus einem Kommentar der heutigen Ausgabe: "[Die Terroraktivitäten in Chemnitz etc. sind] ... nur Folgen der kopflosen, unverantwortlichen Asylpolitik, die unlösbar mit dem Namen der Kanzlerin Merkel verbunden ist. Wer die Tore bis zum Anschlag öffnet, wer auf die Raison d'Être des Staates - den Schutz der Staatsgrenzen - so leichtfertig verzichtet wie sie, der muss sich nicht wundern, wenn Plattenbauten zu Bombenwerkstätten, Regionalbahnen und Musikfestivals zu Schlachthäusern werden."

Sehr schön. Bislang waren die Verantwortlichen für diesen Teil der einzig hier verfügbaren Tageszeitung nur als devote Speichellecker der FDP negativ aufgefallen. Das war zum Fremdschämen peinlich und nervte. Jetzt werden offen dümmliche, populistische rechtsradikale Positionen vertreten, und das zu akzeptieren ist vollkommen ausgeschlossen. Wer Derartiges verbreitet, darf sich nicht wundern, wenn hilfesuchende Flüchtende, Bürgermeister und Polizisten Ziel und Opfer hinterhältiger neonazistischer Angriffe werden, wenn Asylbewerber-Unterkünfte brennen und überhaupt SA-Methoden wieder als Mittel politischer Auseinandersetzung salonfähig werden. 

Wer uns einreden will, der Bestehensgrund unseres Staates sei, uns gegen das Leid von Menschen in Not einzumauern, hat den Boden unserer Verfassung verlassen, denn dort heißt es eindeutig:

"(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt."

Das ist der erste und wichtigste Paragraph unseres Grundgesetzes, das zu achten und zu schützen ich mich wiederholt eidlich verpflichtet habe. Ein Abonnement einer zunehmend verfassungsfeindlich auftretenden Hetzschrift aufrechtzuerhalten widerspräche diesem Eid.



(verändert via deutschlandfunk.de)
Preisfrage: Wie kommt die Scheiße in die Köpfe dieser Leute?
Antwort: In vielen kleinen Häppchen.

Ich hätte lieber 10.000 ungeprüfte Syrer in meiner Nachbarschaft, als ein zertifiziertes deutsches Riesenarschloch.



editiert: 10.10.2016; 12:25: Eine völlig berechtigte Kritik seitens der lokalen Redaktion des "Harlinger" hat mich zur Überarbeitung dieses Textes veranlasst. Die Mitarbeiter des "Harlingers" hier in Wittmund wehren sich zurecht gegen den Eindruck, der Inhalt des kritisierten Kommentars sei ihnen zuzuordnen. 

Ich bedanke mich für den Hinweis und bitte die Ungenauigkeit / den Fehler in meiner ursprünglichen Darstellung zu entschuldigen.








Sonntag, 9. Oktober 2016

Vox populi - ich muss kotzen.


Jestern jelesen, irjendein Schleimer aus der republikanerfreundlichen Journaille verteidigt Trumps sexistische Ausfälle mit dem Hinweis, derartige Sprüche kennten wir doch alle.

Jaa-a, da ist was dran. Dummes Gelabere von Hirntoten dringt unvermeidlich auch zu normalen Menschen vor. Aber ein normal funktionierender Geist erkennt in diesem Sachverhalt kein Argument, keine Entschuldigung gar.

Was wir aber erkennen, ist, warum die Trumps, die Berlusconis, die Seehofers, die Pegidas, die LePens, die Erdogans und Orbans dieser Welt gerade so viel Zulauf haben: Sie sagen den Leuten, dass es o.k. ist, ein hirntotes Arschloch zu sein. Es ist, sagen sie, nicht nur nicht schlimm, ein dummer, ewiggestriger Spießer, eine vollverblödete Loser-Mittelstandskrampe zu sein, sondern es ist, im Gegenteil ein Zeichen von Stärke und Geradlinigkeit, sich weder durch Fakten noch Zweifel oder überhaupt irgendwelche Denkergebnisse von dem abbringen zu lassen, was das Reptilienhirn einem immer schon in die Birne gefurzt hat und immer noch furzt.

Und wenn das Reptilienhirn dem Spießer-Zombie einbläst, wie geil das doch sein müsse, den für sie unerreichbaren Frauen in den Schritt greifen zu dürfen, dann folgt der Hirntoten-Dreisatz: 1.) Trump darf das. 2.) Ich bin für Trump. 3.) Dann darf ich das auch.

Der Appell ans Reptilienhirn funktioniert bei Doofen und Losern immer! Mit Sexismus, mit Fundamentalismus, mit Rassismus, mit Antisemitismus. Das wussten die Nazis, das wissen die Islamisten, die Ober-Bayern, -Türken, -Polen, -Ungarn und die -Republikaner.

Internet macht's möglich: Der White Trash ist seiner selbst bewusst geworden und schreit nach Befriedigung, nach Blut und Anerkennung. Und die Demokratie scheint wehrlos.


(verändert via wiki commons)
The Universal Arschloch: Frauke-Horst Tayyip Erdotrumphofer-Petryorban
Austauschbare Hackfressen. Ich kann sie nicht mehr ansehen.









Freitag, 7. Oktober 2016

Freiheit


Seit Tagen geistern mir zwei Zitate im Koppe rum. Ich schreib' sie einfach mal auf, damit ich Ruhe hab'.


"Freiheit ist für mich, wenn Burkini-Frauen und nackte Frauen gemeinsam am Strand sind und zusammen Volleyball spielen - und niemand findet was dabei."

Hagen Rether

"Freiheit ist ein Gut, das durch Gebrauch wächst, durch Nichtgebrauch dahinschwindet."
 
Carl Friedrich von Weizsäcker


 (via wiki commons)
Der Geist der Freiheit, Place de la Bastille, Paris. 
Wie merk - würdig, die Überwachungskamera davor.





Dienstag, 4. Oktober 2016

Hogwarts-Didaktik


Nachklapp zum vorangegangenen Artikel:

Habe neulich beiläufig meine AchtklässlerInnen gefragt, ob unsere Schulen mehr wie Hogwarts [*1] sein sollten. Spontane Begeisterung. Habe weitergefragt, ob das auch gelte, wenn es keine Zauberei gäbe und man berücksichtige, dass die Ausbildung in Hogwarts nicht eben viel Rücksicht auf die körperliche Unversehrtheit der Schülerinnen und Schüler nähme und dass die LehrerInnen sehr streng, sehr fachegoistisch, teilweise ziemlich durchgeknallt, teilweise brutal strafend und keineswegs fair oder gar "nett" seien. Kurze Besinnung, dann: Ja, trotzdem. Da sei wenigstens "was los".

Hatten keine Zeit, das zu vertiefen, aber ich versuche zu verstehen.

Ivan Ilich sagt: "Das meiste Lernen findet nicht durch Unterricht statt, sondern durch ungehinderte Teilnahme in relevanter Umgebung." Die Ausbildung in Hogwarts ist schon für Elfjährige vom ersten Tag an relevant und zwar in dreifacher Hinsicht:

  • Erstens ist bei jedem Unterrichtsinhalt eigentlich selbsterklärend, warum die SchülerInnen dieses Wissen benötigen und falls einer es nicht kapiert, sind ausnahmslos alle LehrerInnen in der Lage, spontan drastische und konkrete Beispiele aus der Lebens- bzw. Sterbewirklichkeit zu liefern.
  • Zweitens ist bei jedem Unterrichtsinhalt eine ethische Bewertung klar und quasi als Imprematur permanent mitgedacht. Mad Eye Moody, Fachlehrer für die "Verteidigung gegen die dunklen Künste", unterrichtet nicht blöde "Hau-drauf-Techniken", sondern "unverzeihliche Flüche".
  • Drittens existiert der Lehrplan nicht losgelöst von der Alltagspraxis, sondern, im Gegenteil, spielt die Alltagspraxis ganz konkret in die Unterrichtspraxis hinein. Zauberei-Minister Fudge fragt den Schulleiter um Rat bei einem verzwickten Problem, der konsultiert entsprechende FachlehrerInnen, die wiederum unter Mithilfe der SchülerInnen fachbezogene Lösungen erarbeiten. [*2]

Vergleichen wir das mal mit einem Schulsystem [*3],

  • in dem Medienkonzerne qua Lobbyarbeit bei notorisch inkompetenten KultusministerInnen geschafft haben, die Lufthoheit über Strukturen und Inhalte zu gewinnen und für sich profitabel zu machen, 
  • in dem nahezu ausschließlich kapitalistische Verwertungsinteressen Erfolgskriterien sind,
  • in dem ein Lehrer während eines Klassentagesausfluges nicht mal sagen darf "Ja, ok, lass uns 'ne Runde Fußball spielen!", weil er ja kein Sportlehrer ist und ergo eine Anweisung gegeben haben würde, deren Risikobewertung ihm fachlich nicht zustünde und der, falls einer/m SchülerIn dabei eine Verletzung widerführe, versicherungstechnisch ganz, ganz schlecht dastünde. 
  • in dem Helikopter-Eltern ...

Ach was soll's! Die Liste wäre ewig lang, aber der Tenor ist klar, oder?

Und nun, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Eltern, liebe Kultus-EntscheiderInnen, lasst uns nach Hogwarts reisen, auf zum Gleis 9 3/4!

  • Projektunterricht, Projektunterricht, Projektunterricht.
  • Aufhänger grundsätzlich aktuelle und kritische Themen: Klimawandel, Wasserkriege, Flüchtende etc. etc.  ... Die Welt ist groß und bunt und spannend.
  • Auflösung der Fachstrukturen. Aufgabe der FachlehrerInnen ist nicht mehr die kleingeistige, sklavisch-selbstverdummende Befolgung des Kompetenzgeschwurbels der sich selbst legitimierenden und eigentlich überflüssigen Staatssekretäre im KM, sondern das jahrgangsangemessene Kleinarbeiten der "großen Themen". Dazu sind kritisches Verantwortungsbewusstsein, pädagogische Kompetenz und die Fähigkeit zur Teamarbeit Voraussetzung.
  • LehrerInnen als ModeratorInnen und OrganisatorInnen eigenverantwortlichen Lernens der SchülerInnen ....

Bla, bla, bla, Opa erzählt vom Krieg ... Das sind uralte Forderungen, erwiesenermaßen erfolgreiche Konzepte, das gab's alles schon.

Und dann kam Du-weißt-schon-wer und machte alles kaputt. Kein Happy-End. Nur noch endlose Traurigkeit und Langeweile, Ödnis, Resignation und Verzweiflung ... und irgendwer frisst die Seelen unserer Kinder.




(verändert via fantasy-foren.de)






[*1] Nicht zu wissen, dass Hogwarts die Zaubererschule in Harry Potter ist, ist eine Bildungslücke. Eine große. Ein Tiefseegraben von Bildungslücke. Zur Strafe sofort den ersten Band lesen. Kennt man den, kennt man alle, genauer: Die folgenden werden kontinuierlich schlechter.

[*2] Ja, das ist jetzt etwas idealisiert, sogar für Hogwarts-Verhältnisse. Tatsächlich: Fudge greint, Dumbledore plant, Harry rockt, alle anderen sind mehr oder weniger Staffage.

[*3] Wir reden hier natürlich nicht vom niedersächsischen Schulsystem, sondern ... mmmh ... von einem ganz, ganz doofen Schulsystem in einem Land far far away.




Sonntag, 2. Oktober 2016

Die Botschaft der Erwachsenenwelt an die Jugend



Von den Anfängen bis ins späte 19. Jahrhundert: 
Du bist wichtig. Wenn Du nicht auf dem Feld mitarbeitest, verhungert Deine Familie.

Ab Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend:
Du bist wichtig. Wir sind umringt von Feinden. Dein Landesherr braucht Dich als Soldat.

1933 - 1945:
Du bist wichtig und Teil der Herrenrasse. Volk, Reich und Führer brauchen Dich zur Welteroberung und für's Kindermachen.

1945 - 1980er:
Du bist wichtig. Wiederaufbau, Wirtschaftswunder, Kalter Krieg und der ganze Rest.

Ab 1980er zunehmend:
Du bist unwichtig. Es sei denn, Du kauftest unsere Produkte. Du bist nur etwas wert, wenn Du konsumierst und das öffentlich zur Schau stellst. Alles Andere ist scheißegal. DU bist scheißegal.


Schlimm, oder? Da ist keine Botschaft so richtig sympathisch; die erste ist ethisch o.k., aber für die Betroffenen waren das beschissene Lebensbedingungen, da gibt es nichts zu romantisieren. Die heutigen Lebensbedingungen sind zwar tausendmal besser, aber wenn heutige Jugendliche durchdrehen, weil sie von so viel Ersatzbefriedigung und Ersatz-Sinn-des-Lebens die Schnauze voll haben, dann sollte uns das nicht wundern. Und wie beschissen fühlen sich die Jugendlichen, die in diesem Rattenrennen nicht mithalten können?


(verändert via wiki commons)
Was Jugendliche am meisten wollen: "Teilnahme in relevanter Umgebung" (I. Illich)
Warum kapieren das nur politische und religiöse Fundamentalisten?









Samstag, 1. Oktober 2016

Für eine deutsche Leitkultur


Ein Bürgermeister wird niedergeknüppelt und plötzlich kommen Leute auf die Idee, eine Demokratie müsse wehrhaft sein.
  • Ich bin dafür. 
  • Ich bin auch dafür, dass es eine deutsche Leitkultur gibt, definiert als ein Übereinkommen darüber, was die Leute, die hier leben, als gesellschaftliches Ideal im Koppe tragen. Diese Leitkultur enthält keinen Funken des unerträglich dummen und arroganten Schwachsinns der ewigen Spießer-Bratzen, egal, welche Farbe, Religion, sexueller Orientierung oder welchen Herkunftslandes. Die deutsche Leitkultur bedeutet: Angstfreies-Andersein-Dürfen, Eigenverantwortung, Mitgefühl, Solidarität und Die-Starken-helfen-den-Schwachen.
  • Ich bin auch dafür, dass wir mal wieder ganz deutlich sagen, dass wir Europas westliche (!) Demokratien, zumindest die Menschen darin, trotz aller, ach, so berechtigten Kritik, insgesamt und eigentlich für einen Haufen echt sympathischer Knallköppe halten und dass es ansonsten nur viel, viel schlechtere Formen nationalen und internationalen Zusammenlebens gibt.
  • Ich bin dafür, dass Leute, die z.B. sagen "Erdogan ist mein Präsident!" ihre deutsche Staatsbürgerschaft aufgeben und dahin gehen, wo dieser Präsident Macht hat.
  • Ich bin dafür, dass Leute, die sagen "Gottes / Allahs / Jahwes Gesetz bzw. die Prozessvorgaben des Mitsubishi-Konzerns [*1] stehen über deutschem Recht." ihre deutsche Staatsbürgerschaft aufgeben und auch irgendwo hin gehen, wo diese Aussage zutrifft.
  • Ich bin dafür, dass Leute, die ihren Firmensitz ins steuergünstige Ausland verlegen oder auf andere krumme Touren versuchen, sich auf Kosten der Gemeinschaft unfair und besinnungslos zu bereichern, ihre deutsche Staatsbürgerschaft aufgeben und in ebendieses Ausland oder sonstwohin gehen.
  • Ich bin dafür, dass Leute, die ein System von Freiheit, Gleichheit und Demokratie mit freien, gleichen und geheimen Wahlen ablehnen und durch irgendeinen rechten oder linken oder religiösen Fascho-Scheiß ersetzen wollen, ihre deutsche Staatsbürgerschaft aufgeben und gemeinsam zum Südpol gehen.


Jaja, nun könnte man einwenden, dass, wenn wir alle Arschlöcher zum Südpol (oder sonstwohin) schickten, es hier ziemlich viel weniger Menschen gäbe. Äh ... Ja ... !? Ist das jetzt ein Argument für oder gegen meine Thesen? Man stelle sich vor: Nur noch die, sagen wir, halbe Bevölkerungsdichte und nur noch die friedlichen, normalen Knallköppe wie Du und ich? Klingt doch großartig!



(verändert via wiki commons)
Der Südpol den Arschlöchern!







[*1] Kein Witz. Das ist mir wirklich passiert. Bei einer Unklarheit zu Reparaturbedingungen. Ich: "Was Sie da machen, widerspricht den rechtlichen Vorgaben." Mitsubishi-Mitarbeiterin: "Die rechtlichen Vorgaben interessieren mich nicht. Es steht in den Betriebsanweisungen von Mitsubishi. Ich kann's Ihnen zeigen!" Wow! Konzerne sind exterritorial. Das wusste ich nicht. Aber es klingt logisch. Fairerweise muss ich ergänzen, dass der Geschäftsführer des Autohauses kurz darauf das deutsche Rechtssystem in seinem Laden wieder in Kraft gesetzt hat.











Mittwoch, 28. September 2016

Und sie halten sich wahrscheinlich noch für clever ...



Toll! Mittlerweile hat auch der hinterletzte Werbefuzzi treffsicher erkannt, dass normaldenkende und -empfindende Menschen Werbung, als solche erkannt, aus dem Briefkasten direkt ins Altpapier befördern. Und auch der allerhinterletzte Werbefuzzi reitet nun schon seit vielen Jahren die "Hier-liegt-Geld-für-Dich! Fass!"-Taktik zu Tode.

So nun auch der Spiegel, dessen Abo ich vor Jahren gekündigt hatte, weil die Texte einfach immer schlechter und schlechter wurden.



Ja, Spiegel, ist gut, nun wissen Alle: Du, der Du einst das ethische Rückgrat dieser Republik warst, greifst heute ohne Scham und Hemmung in die denkbar dümmlichsten, unbegrenzt unintelligentesten Schubladen des Neppen, Schleppen, Bauernfangens und sendest mir eine Pseudo-Scheckkarte (oder Was-auch-immer), die mich mit einem seltsam krummen Guthaben-Betrag, nicht zu viel, aber auch nichts, was man gerne liegenließe, wenn's einem tatsächlich gehörte, locken soll, irgendeinen Scheiß, ach ja, ein Spiegel-Abo, zu kaufen.

Und mich überfallen wieder diese zwickenden Fragen:

  1. Was ist eigentlich ein "exklusives Guthaben" im Unterschied zu einem  "nicht-exklusiven Guthaben? "Exklusiv" heißt "ausschließend". Wenn ein Guthaben, das angeblich mir gehört ("IHR exklusives Guthaben"), nicht den Zugriff durch Andere ausschlösse, wär's nicht meins und ergo auch kein Guthaben. Ok, da hatte also irgendein subalterner Medienfuzzi-Praktikant den Auftrag, die persönliche Ansprache ("Ihr"), das Wort "exklusiv" und das Wort "Guthaben" möglichst eng zusammenzustökeln. Denken oder Logik gehörten ausdrücklich nicht zum Auftrag.
  2. Wievele Scheckkarten gibt es, bei denen das aktuelle Guthaben aufgedruckt ist? 
  3. Wie können die Werbefuzzis eigentlich dauerhaft annehmen, dass die Pseudofreude über die Pseudo-Scheckkarte länger anhält, als die Frustration und Enttäuschung, wenn wieder mal klar wird, dass das Ganze ein abgenudelter Fake ist und man in Wirklichkeit erheblich draufzahlen muss, also eigentlich belogen und betrogen worden ist? Wie kann irgendwer annehmen, dass KundInnen bereit sind, mit so dummen und so offensichtlichen Betrügern überhaupt Geschäfte zu machen?
  4. Wie können die Werbefuzzis annehmen, ich sei nicht sauer darüber, dass sie mich offensichtlich für gleichermaßen geldgierig und andererseits strunzdoof halten - und mir das mit Zusendung dieses Mülls ganz offen ins Gesicht sagen?

Meine Fresse, früher gab's zwischendurch auch mal richtig kluge, witzige, überzeugende Werbung. Was die Branche derzeit liefert, ist nur noch zum multiplen Fremdschämen.




(via wiki commons)
Seht mal, DAS ist intelligent!











Montag, 26. September 2016

"Neidsteuer"


Der Kommentator für die Bundespolitik ätzt im unvermeidlichen Provinz-Käseblatt gegen die Sozis in Berlin, die gerade einen Vorschlag erarbeiten, die mickrigsten und mittleren Einkommen steuerlich ein wenig zu ent- und die Superreichen um ein Nichtigstel mehr zu belasten. Der Kommentar trägt tatsächlich als Titel den Begriff "Neidsteuer", obwohl der Text darauf gar keinen Bezug nimmt.

Mich befremdet das. Wir leben in einer Zeit, in der Jedem und Jeder klar ist, dass die Schere zwischen den paar Pervers-Superreichen und den restlichen 99 Prozent immer schneller immer weiter auseinanderläuft, in einer Zeit, in der selbst konservativste Finanzer sagen, dass die Droge vom ewigen Wachstum in die Katastrophe führt, sie aber leider keinen Plan B haben, aber dringend danach suchen.

Und in so einer Zeit holt der Kommentator des "Harlinger" diese völlig antiquierte und ausgelutschte "Neiddebatte" aus dem Sarg. Wie geht das?

Ist er

A.) geistig in den Fünfzigern des letzten Jahrhunderts stehen geblieben und hat er seitdem keinen neuen Gedanken mehr aufgenommen, geschweige denn, selbst gedacht?
B.) ein inkompetenter Idiot? Oder ist er
C.) ein korruptes Arschloch, das sich bei den Reichen einschleimen will, hoffend, dass dafür ein Brosamen von deren Tisch ihm hingeworfen würde?

Alles unplausibel.

Zu A.) Wer die Entwicklung der letzten 60 Jahre verpennt hat, wird ja wohl kaum Gelegenheit bekommen, diese Altlasten im Jahre 2016 in einer Zeitung zu verklappen, die auch nur einen Hauch von Qualitätsanspruch hat.
Zu B.) Also, bitte! Als würde der "Harlinger" Artikel von inkompetenten Iditoten drucken ...
Zu C.) Nein, nein, nein, ich weigere mich, den Gedanken zu akzeptieren, es würde wieder Großkapitalisten geben, die nur mit dem Finger schnippen müssen, damit die Horde sabbernder, devoter Journalisten ihnen willfährt. Wir geben hier doch kein Karl-Marx-Reenactment, und wir sind auch nicht im alten Rom.

Wirklich, für mich ist diese Sache völlig verwirrend. Das wäre ja fast so, als würde eine namhafte CDU-Plittkörrin plötzlich alte Nazi-Floskeln in die Flüchtlingsdebatte werfen. Völlig bescheuert. Völlig abstrus. Völlig undenkbar.


(Feuersturm Hamburg 1943 - via wiki commons)
Es spielen mal wieder dumme Wichtigtuer mit dem Feuer, Leute, die zu doof sind, die zu wenig Phantasie haben, Konsequenzen ihres Tuns zu denken.





Sonntag, 25. September 2016

Simples Unverständnis


Die Medien liefern nun ständig schöne, hochaufgelöste Nahaufnahmen schwerverletzter Kinder, die man aus irgendwelchen frischzerbombten nahöstlichen Ruinen rettet. Dazu Erläuterungen, die zusammengefasst lauten: "Die Anderen waren's!". Es waren immer die Anderen, egal, von welcher Seite die Verletzte-Kinder-und-heulende-Mütter-und-ernst-blickende-Väter-Propaganda gerade lanciert wird.

Und jeder Bericht macht unterschwellig klar, dass der Zeitpunkt, es den Anderen mal so richtig heimzuzahlen, längst überfällig ist, aber sowas von.

Ginge es nicht um das millionenfache Leid von Menschen, ginge mir der ganze Seich inzwischen kalt am Herzen vorbei. Das Ganze ist so durchschaubar, so banal und wegen zu vieler Wiederholungen so laaaangweilig.

Aber es geht um Menschen, und deshalb verzweifle ich an einer ganz simplen Frage: Wie können Juden, Syrer, Libanesen, Jesiden, Palästinenser, Sudanesen, Yemeniten etc. etc., also Leute, die in jüngster Zeit selbst so viel Leid durch Rassismus, Faschismus, Fundamentalismus, durch Krieg, Vertreibung, Folter erfahren haben, NICHT mitfühlend, barmherzig, aufgeklärt, humanistisch, tolerant, friedliebend, demokratisch sein?

Und kommt jetzt nicht mit dem blöden Spruch "Die Anderen verhalten sich wie Arschlöcher, deshalb müssen wir das auch tun." Arschloch ist Arschloch. Immer.


Wenn Du Deine Feinde für böse hältst, 
bist Du selbst ein Feind.
Lao-Tse


 (via wiki commons)
Oft wird behauptet, die Friedenstaube sei ein Symbol für ein naives Weltbild.
Nun, die Denk-Alternativen führen ausnahmslos zu bestialischen Ergebnissen.
Uns bleibt eigentlich nur die Taube, wenn wir menschlich bleiben wollen. 














Donnerstag, 22. September 2016

Bedrohlich



Hm. Ein SPON-Artikel beklagt, dass ein Disney-Animation-Film nun erneut den Bestand seltener Tropenfischarten bedroht, da der Protagonist ein Paletten-Doktorfisch sei und die weltweite Nachfrage nach diesen Tieren als Haus-, genauer: Aquariumstiere nun dramatisch ansteige. Vergleichbares sei auch mit Clownfischen nach dem Film "Findet Nemo" geschehen.

Der genaue Appell dieses Artikels erschließt sich mir nicht, aber eins ist klar: So gerne ich auch auf Konzerne schimpfe, so sehr ich auch einen wohlbegründeten Widerstand gegen die hirnlose US-Amerikanisierung der Kultur pflege, so deutlich muss auch gesagt werden: Dem Disney-Konzern ist in diesem Zusammenhang kein Vorwurf zu machen. Es ist nicht plausibel anzunehmen, dass die Disney-Leute ein perverses Interesse an der Ausrottung knuddeliger Fischlis haben, es ist wahrscheinlich nicht mal so, dass die am Hype um die realen Clown- und Paletten-Doktorfische etwas verdienen.

Nein, dieser Schwachsinn ist der ganz individuelle Konsum-Schwachsinn des globalen wohlhabenden Bürgertums.

Eine Macht, die mir mehr Angst einjagt, als der adipöse Irre aus Pjöngjang.




(verändert via wiki commons)