Samstag, 10. Mai 2025

Das Erhabene und das Erbärmliche

 

Nein, ich bin kein Putin-Versteher, ja, ich finde Angriffskriege verdammungswürdig, und, ja,  machtgeile, machtkorrumpierte, sadistische Arschlöcher müssen bestraft werden, auch öffentlich, und zwar nicht aus Rache, sondern, um eventuelle Nachahmer abzuschrecken.

Aber was die EU-Außenminister*innen jetzt fordern bzw. unterstützen, ein Sondertribunal, das, Zitat, "Verantwortliche aus dem Kreml und dem russischen Militär zur Rechenschaft ziehen" soll, ist in der aktuellen Situation ein unverantwortlicher, hanebüchener, lebensgefährdender, kriegsverlängernder und ausschließlich taktisch motivierter Schwachsinn.

Gerade jetzt, da wir den 80. Jahrestag der Befreiung feiern, ist die naheliegendste Assoziation bei einem "Sondertribunal" die zu den "Nürnberger Prozessen" gegen die Verantwortlichen aus der Nazi-Führung und dem deutschen Militär. Voraussetzung war damals natürlich die bedingungslose Kapitulation Deutschlands nach einer vernichtenden militärischen Niederlage.

Sind die EU-Außenminister*innen einfach nur unempathische subklinische Psychopath*innen, dass sie diese Assoziation nicht sehen, oder wollen sie mit dieser Geste ganz absichtsvoll zeigen, dass sie die bedingungslose Kapitulation Russlands und dessen vernichtende militärische Niederlage anstreben? Wie immer die Antwort auf diese Frage ausfällt, ist sie sehr, sehr besorgniserregend. Das russische Volk, das stolz von sich sagen kann, den sehr überwiegenden Teil bei der Niederringung des Nazi-Regimes¹ geleistet zu haben, wird - ganz unabhängig von seiner Einstellung zu Putin - so etwas nicht hinnehmen.

Dass die russische Propaganda diese aktuelle Steilvorlage ausnutzt, war nicht anders zu erwarten. Ganz furchtbar, aber erwartbar, ist auch, dass die putinfreundliche und europafeindliche Fraktion in der EU diesen unausgegorenen Mist benutzt, um sich als kühle Rationalisten zu zelebrieren und die Gräben innerhalb der EU-Camarilla zu vertiefen.

Und dass die restliche Staatengemeinschaft dieses Planeten diese rein symbolische Geste als Zeichen der Orientierungslosigkeit und Hilflosigkeit der naiven, "wohlmeinenden" selenskiyji-treuen Führungskräfte der westlichen EU interpretieren, ist ihnen nicht zu verdenken. Ebensowenig die Frage, warum die West-Europäys eigentlich einen prinzipiellen Unterschied zwischen der Ukraine und Palästina sehen.

Apropos Naher Osten: Am Beispiel des amtierenden israelischen Regierungschefs B. Netanjahu sehen, wohin es führt, einen Machthaber in die Zwickmühle zu bringen, es werde sofort ein Strafprozess gegen ihn eingeleitet, sobald Frieden eintritt. B.N. hat nicht nur kein Motiv, Frieden für Israel und seine Nachbarn zu stiften, sondern muss im Gegenteil sorgfältig darauf achten, den Konflikt permanent weiter zu eskalieren. Es wäre nicht klug, Putin noch weiter in dieselbe Zwickmühle zu treiben. 

Schließlich könnte man noch kritisieren, dass durch diese Geste der Krieg neu befeuert wird. Aber das ist eher unwahrscheinlich. Alle Welt weiß, dass das Trump-Regime mit dem Putin-Regime längst das Ergebnis festgelegt hat. Die Ukrainys sind materiell und personell am Ende, die West-Europäys können und / oder wollen auch nicht mehr so recht reinbuttern, die Ost-Europäys wechseln längst mehr oder weniger offen ins gegnerische Lager.

Zusammengefasst: Wenn das scheinbar Erhabene sich als das Lächerliche entpuppt, entsteht Komik. Das Statement der Außenministerys könnte als Komik gelesen werden, aber die Idiotys kapieren ja nicht mal, was sie da tun. Und damit ist es nicht lustig, sondern gefährlich dumm!


(verändert via wiki commons)

SS-Truppen die im März 1943 Charkow (vorübergehend) zurückeroberten.
Bildunterschrift auf mdr war: "Der letzte deutsche Sieg".
Diese herb-männliche Haltung törnt mich echt an. 





¹ Ganz zu schweigen von den exorbitanten Verlusten an Menschenleben.







Donnerstag, 8. Mai 2025

Beste Empfehlung zum Achtzigsten

 

Tja, natürlich hatte ich auch vor, was zum 80. Jahrestag des Kriegsendes zu schreiben. Aber dann fand ich dieses Video zum Thema vom Wissenschaftlichen Direktor des Doitschen Panzermuseums. Und ich dachte, verglichen damit kann ich auch einfach mal die Klappe halten.




Ich erreiche zwar keine 100%ige Übereinstimmung, aber 99 % sind ja auch nicht schlecht.





Dienstag, 6. Mai 2025

Lieber nicht: Ursachen suchen.

Hm, auf tagesschau.de findet sich ein Text über Messer-Gewalt und Gesetzesvorhaben dagegen, bebildert mit einem Foto, das ich hier stark verändert wiedergebe¹:



Die Numerierung habe ich ergänzt.

Numero 1 ist ein Wannabe-Messer für den spätpubertären Angeber. Die Klinge ist in der Abbildung nicht sichtbar, aber wir dürfen davon ausgehen, dass man damit üble Verletzungen verursachen kann. Was damit nicht funktioniert, ist jeder alltagspraktische Einsatz. Ein Messer, dessen Design ausschließlich darauf abzielt, Menschen zu verletzen, gehört verboten.

Numero 2 ist ebenfalls ein Wannabe-Messer für den spätpubertären Angeber. Das Design der brünierten Klinge lehnt sich an das wirklich großartige und legendäre KA-BAR, das einstige US Navy and Marine Corps Utility Knife, an. Ich besitze seit 50 Jahren ein ursprüngliches KA-BAR und halte es, Achtung: bewusst eingesetzter Superlativ, für das beste Fahrten- und Gebrauchsmesser der Welt ever. ² Aber was haben die Macher denn hier daraus gemacht?! Wie kann man den praktischen Ledergriff durch so eine rambo-mäßige Pseudo-Improvisation ersetzen? Das Leder des originalen Griffs dient dazu, den Grip zu erhalten, auch, wenn das Messer klitschenass ist - was beim Marine-Corps nun mal auftragsbedingt häufiger vorkommt.

Und was sollen diese dümmlichen Zinken im Klingenrücken? Soll das eine Säge andeuten? Mit nur vier Zähnen? Oder dient es vielmehr dazu, eine Messerwunde, die ich meinem Gegner im Nahkampf beigebracht habe, zu verschlimmern, indem ich die Wundränder aufreiße und damit die spätere eventuelle Heilung verunmögliche und Infektionen Vorschub leiste? Damit diese Zinken wirksam werden, muss ich das Messer aber schon mehr als geschätzte 12 cm in den Gegner hineingebohrt haben. Was für ein Arschloch muss ich sein, wenn ich dem Gegner nach so einem Einstich auch noch das Gewebe zerfetzen will?

Und was ist unten an der Klinge? Ein in die Blindschärfe integrierter Flaschenöffner? Klar, nach getaner Meuchelmörderei brauche ich als Erstes ein Bier. Was für ein Quatsch. All' dieser Zierrat führt nur dazu die Klinge zu schwächen - und Männer mit viel zu kleinen Penissen zum Kauf zu animieren.

Das ganze Konstrukt ist zum Fremdschämen peinlich, aber in psychopathischer Hand auch wirklich gefährlich. Gehört verboten.

Numero 3 ist ein "Cuttermesser", was für ein hirnerweichender Pleonasmus! Aber dafür kann man das Ding doch nicht verbieten. Man muss es nicht auf Volksfeste mitnehmen, aber wenn ich auf, Zitat, "Wochenmärkte, Orte wie Bahnhöfe aber auch [in] Busse und Bahnen" gehe, will ich nicht strafrechtlich belangt werden, wenn ich ein Bastelmesser, das ich vielleicht gerade vorher gekauft habe, bei mir trage.

Numero 4 würde ich als kleines Küchenmesser bezeichnen. Ansonsten s. "Bastelmesser"

Numero 5 ist schwer erkennbar. Ein Kopuliermesser oder Okuliermesser zur Obstbaumveredelung? Kann man nur hoffen, dass man niemals per Bus oder Bahn zur Kleingartenparzelle fährt, um Obstbäume zu kopulieren.

Numero 6: Das gute, alte Opinal-Messer. Ein kleines, klassisches Taschenmesser mit erstklassiger Klingenschärfe. Wenn Du damit jemanden erstechen möchtest, solltet Ihr vorab einen Termin vereinbaren, denn bis Du dieses Messer entriegelt, ausgeklappt und wieder verriegelt hast, vergeht reichlich Zeit. 

Numero 7: Da stecke ich fachlich nicht so drin, aber ist das nicht ein Fischmesser? Mit dem man gefangene Fische aufschneiden, ausnehmen und entschuppen kann? Gehört das nicht zur Grundausstattung von Anglerys? 

Genug der Beispiele.

Der Irrtum bei alledem beziehungsweise der Selbstbetrug der Verantwortlichen beziehungsweise die bewusste Veralberung der mündigen Bürgerys:

Messerattacken passieren nicht, weil es Messer gibt.

Messerattacken passieren, weil Leute hemmungslos gewaltbereit sind und offenbar über kein wirksames Korrektiv in ihrem Kopf verfügen. Wenn Messer gesetzlich sanktioniert werden, nehmen die Psychopathys eben Kubotans, wie von der AfD empfohlen, oder Haarnadeln³ oder halbzerschmetterte Getränkeflaschen. Statt Messer zu verbieten, sollten wir untersuchen, wie es zu dieser Ent-Hemmung gekommen ist. 

Spoiler: Am Ende werden wir herausfinden, dass unsere Kultur, beginnend von der Spitze, jedes Konzept von Anstand verloren hat. Ein Satz wie "Das tut man nicht!" ist nicht zwingend Spießer-Kacke. Den "common sense" über das, was man tun darf und das, was man nicht tun darf, haben jene aufgekündigt, die perverse Quantitäten persönlicher Macht anhäufen wollen, nämlich fundamentalistische politische und religiöse Führer und jene, die perverse Quantitäten von Profit anhäufen wollen, nämlich die kapitalistischen Führer, Konzernbosse, Shareholder ⁴.

Die Grausamkeiten der Soldateska des Dreißigjährigen Krieges sind nur ein Spiegel der Grausamkeiten einer allmachts-besessenen Kirche und der absolutistischen Herrscher.

So geht Ursachensuche! Aber daran hat kein Machthabender Interesse, logisch.


(via wiki commons)

Also ... wir müssen verbieten:
Degen, Messer, Musketen, Pferde, komische Hüte und Bullerbüxen.
Dann ist das Problem gelöst.






¹ auch wg. Urheberrecht und so ...

² Dass ich in der aktuellen politischen Situation so eine Aussage über ein US-ami Produkt mache, bedeutet viel. Ich hoffe, das ist Euch klar. Aber wenn Du mal in einer Fewo Kaminholz zu Anzündholz verarbeiten musst, wirst Du Dir eins wünschen!

³ Und mir sollte man meine geliebten Caran-d'Ache-849-Kugelschreiber verbieten, wenn man sicher gehen will.

⁴ Den geneigten Leserys fällt auf, dass ich in diesem Zusammenhang nicht gendere. Erstens sind mir keine fundamentalistischen nicht-männlichen religiösen Führerys eingefallen. Zweitens, ich wiederhole mich, ist das Prädikat "alter, weißer Mann" völlig unabhängig von Alter, Hautfarbe und Geschlecht. Doppel-X-Chromosomen-Trägerinnen sind oft in der Rolle "alter, weißer Mann" zu finden.






Sonntag, 4. Mai 2025

Alte Säcke, Hoffnung der Welt.


 Als ich ↓ dieses Bild ↓ sah,

(stark verändert via I-net)

wusste ich, dass wir hier die intellektuelle und moralische Crème de la Crème der Menschheit in all ihrer Unfehlbarkeit und ethisch-moralischen Unhinterfragbarkeit versammelt haben: Alte, weiße Männer™️, die Hoffnung auf unsere globale Zukunft.

↓ Hier ↓ nochmal in etwas anderem Kontext:

(stark verändert via I-net)

Oder ↓ hier ↓:

(stark verändert via I-net)

Oder ↓ hier ↓:

(stark verändert via I-net)


Liebe Nicht-Männer, ich bestehe auf folgender Feststellung: Wiewohl die Prädikate "männlich", "alt" und "weiß"¹ auch auf mich zutreffen, wehre ich mich massiv gegen den Verdacht, ich würde bei obengezeigter Form von Männlichkeit NICHT das grelle Kotzen kriegen. Wenn dieser Kotzdrang Feminismus definiert, dann bin ich Feminist. Ansonsten würde ich mir natürlich nicht anmaßen, im feministischen Diskurs eine Rolle spielen zu dürfen oder zu müssen. Dennoch entsende ich solidarische Grüße und Mitgefühl.






¹ Nach Sir Peter Ustinov müsste die Farbangabe korrekt "rosa" lauten. Oder in meinem Fall je nach Jahreszeit "käsig-rosa-helles Umbra". An anderer Stelle habe ich bereits darauf hingewiesen, dass "Alte weiße Männer" weder mit dem Alter noch der Hautfarbe noch dem Geschlecht zu tun haben.










Donnerstag, 1. Mai 2025

Flug in den Mai

 

Wer, wie z.B. die Segelflieger, auf Thermik steht, hat in den frühjahrstypischen Temperaturgradienten der Luft ihren¹ Spaß. Und wer 2 Tonnen Blech oder mehr hochmotorisiert durch die Luft wuchtet, kann Thermik weitgehend ignorieren. 

Ballonfahrerys und 120-kg-Fliegerys sind dagegen thermik-sensibel. Entsprechendes Augenmerk bei der Flugplanung: Vor dem Sonnenuntergang wird die Thermik immer schwächer. Das ist gut. Aber nach Sonnenuntergang, genauer: nach Ende der "bürgerlichen Dämmerung" darf ich nicht mehr fliegen. Das ist schlecht. Kompromisse müssen gesucht und gefunden werden.

So sah mein Notizzettel von gestern aus:

Die Daten vom Doitschen Wetterdienst, von Greenwich-Zeit auf Lokalzeit (lcl) für Sunset, Ende der "bürgerlichen Dämmerung" (BDE) und prognostiziertem Thermikende habe ich zu einer geplanten Startzeit von 19:30 lcl verrührt. Das ergäbe eine Flugzeit von 80 min, und dafür lohnt sich der Aufwand. Die Differenz bis zur BDE nutze ich nicht gern, weil ich gerne Reserven habe und keine Lust, meinen Brummer in Dunkelheit abzurödeln.


↑ Und, bäämm, habe ich meinen "Gartenstuhl am Himmel" in seidig-weicher Luft. 



↑ Für Nicht-Fliegerys: In so einer Luft musst Du nichts machen! Außer sitzen und gucken. Meine Routenplanung besteht meistens darin, outbound² gegen den Wind zu fliegen, so dass ich auf dem Rückweg Rückenwind habe, falls da überhaupt was Nennenswertes weht. Jaja, so eine Routenplanung hat eine gewisse Zufallskomponente. Das ist gut so. Und geht so nur bei low-'n-slow²-Fliegerei.


↑ Unter Bilder dieser Art schreibe ich meistens sowas wie "Boah, diese Farben! Das Licht! Die unendliche Weite!" Mir fällt hier auch nichts Anderes ein. (Außer, dass ich mal das Gewürge von Tape und Tampen von der Strebe [rechts] entfernen sollte, so oft, wie das auf den Fotos zu sehen ist ...)



↑ Bei Flügen kurz vor Sonnenuntergang sind die Schatten extrem lang. Kein Graphik-Programm kann die Konturen besser herausarbeiten.





¹ generisches Femininum. Was bin ich doch für ein up-to-dater alter Sack!

² Mir ist kein entsprechendes doitsches Wort bekannt. Ich versuche zwar, aus Grund, Amerikanismen zu meiden, bin aber nicht dogmatisch.









Mittwoch, 30. April 2025

Undenkbar: Abschaffung der Sklaverei



Frage: "Wer würde wie reagieren, wenn Sklaverei bei uns heute noch legal wäre und jemand würde für ihre Abschaffung plädieren?"


  • Industrie: "Untergang des Wirtschaftsstandortes Doitschland!"
  • Arbeitgeberverbände: "Untergang des Wirtschaftsstandortes Doitschland!"
  • FDP: (aus dem Off) "Untergang des Wirtschaftsstandortes Doitschland! Wir brauchen mehr Sklaverei, nicht weniger!"
  • CxU: "Untergang des Wirtschaftsstandortes Doitschland! Sklavenarbeit ist das, was uns zu dem gemacht hat, was wir sind, in Doitschland, in Europa und in der Welt. Das darf man nicht durch neumodische Ideen leichtfertig auf's Spiel setzen."
  • AfD: "Sklavenarbeit für Ausländer und Woke und (Anders-)Denkende ... und Linke ... und freiheitlich-demokratische System-Huren ... und so weiter!"
  • SPD: "Wir unterstützen die Idee, aber es ist natürlich völlig unrealistisch, und deshalb unterstützen wir die Idee doch nicht.
  • Grüne: "Wir sind ja sowas von gegen die Sklaverei, aber sowas von! Aber die Wirtschaft braucht nun mal Sklaven, und Demokratie bedeutet Kompromissfähigkeit, und deshalb muss die Sklaverei erhalten bleiben und wir machen genauso weiter wie bisher."
  • Die Linke: "Ja, abschaffen."
  • Gewerkschaften: "Auf keinen Fall, denn es könnte zu Lohneinbußen und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bei den aktuell sozialversicherungspflichtig Beschäftigten führen."
  • ÖRR: "Es mehren sich die Stimmen gegen die Sklaverei in Doitschland, aber fragen wir den Wirtschafts-Experten der 'Welt' und des 'Manager-Magazins': 'Können wir uns die Abschaffung der Sklaverei wirklich erlauben oder drohen dann nicht Armut, Preissteigerungen, Wahnsinn, Blindheit und Impotenz?"

Jaja, einige der Reaktionen sind ein wenig überspitzt, aber keine ist völlig aus der Luft gegriffen. Leider nicht lustig ist, dass wir uns eingestehen müssen, wie dünn die Menschenrechts-Tünche bei unseren Herrschenden und ganz überwiegenden Teilen der Bevölkerung ist.

Kein schöner Gedanke.


(verändert via wiki commons)

Auch kein Witz: Ein Argument gegen die Abschaffung der Sklaverei im 19. Jhdt. war, dass die Herren ja auch Investitionen hatten und haben. Die fälligen Entschädigungssummen für die Besitzer, nicht etwa für die Sklav*innen, waren so hoch, dass sie eine Abschaffung lange verzögerten.








Dienstag, 29. April 2025

Perspektivisch falscher Ansatz


Ich nehme mit Interesse zur Kenntnis: Europa, speziell Doitschland, wird, so die Befürchtung, demnächst mit Kokain überschwemmt, da der Markt in den U.S. of Nord-Mexiko gesättigt sei. 

Mein geistiges Auge richtet sich auf einen beliebigen mittel-südamerikanischen Staat, wo ein ober-böser Narco-Ober-Boss an einem Swimming-Pool, umgeben von lasziv-willigen Blondinen, whiskeyglasschwenkend an einer Havanna nuckelnd die Anweisung gibt "Hm, hm, hm, jetzt überschwemmen wir mal .... mmmh ... Europa!".

Aber die Perspektive ist falsch. Das ganze Bild ist völlig dumm und unvernünftig. Kein Narco-Bösewicht wäre so bescheuert, irgendeinen Ort mit Koks zu überschwemmen, wenn es dort keine entsprechende Nachfrage gibt. Und "Nachfrage" bedeutet: Da sind Menschen, die das Produkt gegen Geld abnehmen. 

Künftige Sicherheitswarnungen sollten zutreffender etwa so formuliert werden:

"In Europa gibt es eine monströse Zahl von Leuten, die viel zu viel Geld, bornierte Langeweile und hinreichend kriminelle Energie, ein gehöriges Suchtproblem und überhaupt keine Skrupel haben, so dass für Kokain in monströsen Mengen ein lukrativer Markt entsteht bzw. entstanden ist."

Dieser Perspektivwechsel ist wichtig, damit man endlich mal anfangen kann, das Problem an seiner Wurzel zu bearbeiten. Das Problem beginnt nicht bei den Dschungellaboren oder den Drogenbossen in den Narco-Staaten. Das Problem beginnt in den reichen Ländern, wo so viel freies Geld für so viel Kackscheiß bereitsteht.



(stark verändert via wiki commons)

Die Südamerikanys arbeiten an ihrem Teil des Problems.
Vielleicht sollten wir mal anfangen, unseren Teil zu erledigen,
immerhin liegen die Ursachen bei uns.







Freitag, 25. April 2025

Unzutreffendes Guglhupf-Gleichnis

 

Neulich: Ein verregneter Nachmittag, ein gutes Buch und der kleine Billig-Guglhupf aus dem Supermarkt. Ich wollte nur ein, zwei, höchstens drei Stücke essen, so gemütlich beim Lesen. Die Vernunft gebot mir Selbstbeschränkung, mir, der ich nur mit einigen mathematischen Tricks so gerade eben noch auf der normalgewichtigen Seite des BMI entlangsegele, ständig hart an der Grenze zum Übergewicht.

Das absehbare Ergebnis möchte ich hier nicht weiter ausführen, es hat was mit hyperbolischem Diskontieren zu tun. Den Wortlaut meiner späteren inneren Selbstzerfleischung behalte ich auch für mich, obwohl einige interessante Neologismen dabei waren.

Die Anekdote wäre meine Privat-Sache und hier nicht erwähnenswert, gäbe es nicht die Übertragbarkeit auf Homo sapiens als solchen. Wir wissen, dass das großer Mist ist, was wir mit unserem Verhalten der Umwelt antun, insbesondere im Hinblick auf das Klima. Wir wissen, dass wir uns damit selbst schaden und dass die spätere Reparatur desto schmerzhafter wird, je länger wir den  notwendigen radikalen Kurswechsel hinauszögern.

Wir wissen das und belügen uns von einem Tag zum nächsten, um nichts ändern zu müssen. 

Vielleicht sollten wir einfach damit aufhören. Wenn wir aufhörten, uns zu bemühen, ginge morgen die Welt nicht unter. Vielleicht ginge die Welt auch übermorgen nicht unter. Und wer weiß schon, was danach kommt, ob wir dann überhaupt noch leben usw. Seien wir statt dessen ehrlich. Geben wir zu, dass unsere Willenskraft nicht ausreicht, umzusetzen, was die Vernunft uns rät. Die Evolution bescherte uns den Intellekt, die Sachverhalte zu verstehen, aber sie bescherte uns leider nicht die Fähigkeit, unser Verhalten danach auszurichten. Schade eigentlich. 

Das einzige Problem sehe ich in den sogenannten Enkel-Fragen. Unsere Enkel, die haben natürlich garantiert die Arschkarte und werden zurecht furchtbar wütend auf uns sein: "How dare you...!"

Naja, und dann muss man ihnen eben erklären, dass wir zwar einerseits alles gewusst haben und dass uns auf drei Stellen nach dem Komma der Schaden bewusst war, den wir für uns, für sie und den ganzen Rest anrichteten, dass wir andererseits aber ... ja ... äh ... trotzdem weitergemacht haben.

Ogottogott, das Letzte klingt so lahm. So dumm. So unfassbar verantwortungslos.

Und an dieser Stelle bricht auch mein Gleichnis zusammen: Wenn ich geschmacksverstärkten Guglhupf fresse, bis ich platze, dann ist das meine eigenverantwortliche Entscheidung. Diese Entscheidung ist extrem ungesund und dumm und sie zeugt von einer ganz miserablen Charakterschwäche. Aber: Ich bin auch der Einzige, der darunter leiden wird. 

Unsere kollektives Versagen hingegen killt unsere Nachkommen. Mich wundert, dass kein evolutionär stabilisiertes Verhalten uns davon abhält.

Wir werden es nicht schaffen. Punkt.



 








Montag, 21. April 2025

Alt-Sein - eine ganz neue Erfahrung! Teil 8: Entlastet die Rentenkassen, sterbt früher! (Echt jetzt.)


Der sogenannte "Generationenvertrag" ist aufgrund des demographischen Wandels und der grundlegenden Veränderung dessen, was wir "Erwerbsarbeit" nennen, nicht länger durchzuhalten. Schon seit gefühlten Ewigkeiten werden folgende Lösungen diskutiert:

  1. Die alten Leute müssen länger arbeiten, damit zwischen Ruhestand und Tod nicht so große Zeiträume liegen.
  2. Die Höhe der Altersbezüge muss drastisch reduziert werden. Stattdessen sollte man beizeiten Aktien kaufen und von den Profiten leben.
  3. Die jungen Leute müssen mehr in die Renten- und Pflegekassen einzahlen.
  4. Das Geld muss aus anderen Kassen kommen.

ad 1.) Gute Idee. Seltsam, dass manche Leute sich dagegen wehren, bis 70+ zu arbeiten, wie z.B. Dachdecker, Gerüstbauer usw.. Faules Pack!

ad 2.) 60 % der Wahlberechtigten sind 60+. In unserer "Wähl-Dich-reich"-Demokratie wäre eine entsprechende Einschränkung also schwer durchsetzbar. Außerdem haben Ruheständlerys wenigstens Zeit, Geld auszugeben. Der Einzelhandel müsste um Profite fürchten, und das ist völlig ausgeschlossen. Das mit den Aktien hat in den USA so gut geklappt, dass viele 70+-Menschen nach Börsencrashs in Niedriglohn-Bereichen wieder arbeiten müssen, weil ihre "Altersabsicherung" futsch ist. So kann man das Problem auch lösen.

ad 3.) Wäre ich jung, hätte ich jetzt schon keinen Bock mehr. Vor allem bei der Aussicht, dass in ein paar Jahrzehnten die ganze Nummer sowieso geplatzt sein wird. Wäre ich jung, würde ich mich fühlen, als wäre ich Opfer eines Schneeball-Systems, an dem teilzunehmen ich gesetzlich genötigt wurde.

ad 4.) Ja, das wäre die plausibelste Lösung, aber nun haben wir eine Billion Euro in Rüstung und Infrastruktur gesteckt, da ist für die Geronten keine Kohle mehr übrig. Man muss Prioritäten setzen.

Ich schlage eine fünfte Lösung vor: Lasst uns früher sterben.

Klingt makaber, klingt nach Sarkasmus, ist aber überhaupt nicht so gemeint. Seien wir doch mal ehrlich: 

  • Die Kosten für Pflege und Krankheit steigen im Alter ganz deutlich. 
  • Ich kenne viele sehr alte, zunehmend gebrechliche Menschen, die längst keinen Lebensmut mehr haben, keine positiven Erwartungen an den Tag, den nächsten Tag, den übernächsten Tag ...
  • Meine persönliche Angst ist, im Alter eines Tages wegen körperlicher Schwäche und / oder Demenz so hilflos zu sein, dass ich zu einem selbstbestimmten Ende nicht mehr in der Lage bin und gezwungen, in Verzweiflung und Leid vor mich hin vegetieren zu müssen und meiner kompletten Umwelt nur noch eine Belastung bin.
  • Vermutlich gibt es auch eine ganz kreatürliche Selbsttötungshemmung, aber wenn es einy beschissen genug geht, kommt man drüber weg, insbesondere, wenn eine professionelle begleitende Sterbehilfe assistiert.
  • Wir tabuisieren das Sterben, wir belügen uns mit "technologieoffenen" Hoffnungen, sind abgefüllt mit Jugendlichkeits- und Fitness-Idealen und den Dogmen bronzezeitlicher Fundamentalisten, die uns die Eigenverantwortung für unser ganz individuelles Sterben streitig machen.
  • Du darfst nicht sagen, dass Du genug gelebt hast, dass Du des Lebens satt¹ bist. Wir müssen (wieder?) lernen zu sagen: "Jou, war prima bis hierher, viel erreicht. Ab jetzt kann eigentlich nur noch Kackscheiß kommen. Warum sollte ich mir das antun?" Aus irgendeinem Grunde ist es bei uns ja verpönt, sich auch mal mit einem erreichten Status zufrieden zu geben. Hängt vielleicht mit dem Kapitalismus zusammen: Wenn Du nicht ständig hemmungslos gierig auf immer mehr bist, bist Du irgendwie falsch. Egal, ob Geld oder Leben.

All' diesen Quatsch abschaffen. Die Denke ändern und ein System installieren, das uns hilft, den individuell richtigen Zeitpunkt für sich selbst zu bestimmten und es dann angenehmstmöglich durchzuziehen. Dabei muss absolut sichergestellt sein, dass es keinen, auch keinen unterschwelligen, ungesagten Druck von außen gibt.

Nicht nur würden dadurch die Renten-, Pflege- und Krankenkassen entlastet, vermutlich bekäme jeder einzelne Tag unseres Lebens ein ganz neue, wunderbare Qualität. Wenn Du nämlich jeden Morgen mit mürrischer Miene aufstehst und alles nur ganz furchtbar findest, dann fragst Du Dich zwangsläufig, ob Du vielleicht nur ein blöder Muffelkopp bist und was ändern solltest oder ob nix zu ändern ist und Du Dich allmählich um die Abkürzung des Weges kümmern solltest.

Vielleicht gibt es dann weniger Hackfressen und mehr fröhliche Leute um uns herum, alte und junge.



(leicht verändert via wiki commons)

Falls es noch eines Beweises bedurfte,
dass man über das Sterben
auch anders denken kann,
als es uns anerzogen wurde.






¹ Ja, das Wort stammt aus dem AT, Genesis irgendwo. Mir doch egal.








Mittwoch, 16. April 2025

Nackte Existenz

 

Stell' Dir einen warmen, sonnigen Sommertag vor. Zu irgendeinem "offiziellen Anlass" musst Du entsprechend "aufgebrezelt" erscheinen. Dann ist der Anlass vorbei, und Du kannst peu à peu abrödeln: Jackett aus, Stilettos gegen flache Schuhe tauschen, Krawatte weg etc. Was für eine Erleichterung!

Und dann stell' Dir vor, Du kommst an diesem Tag nach Hause und kannst endlich die restlichen Business-Klamotten gegen T-Shirt und Freizeithose tauschen. Was für eine Erleichterung!

Und dann stell' Dir vor, Du beschließt, noch kurz in den nahegelegenen Badesee zu springen, in  Badehose / Bikini. Was für eine Erleichterung!

Und dann stell' Dir vor, Du hast eines Tages einfach keine Lust mehr, ständig das nasskalte, sandige Perlon-Zeug auf den empfindlichsten Stellen Deiner Körperoberfläche zu tragen und ziehst sie aus. 

Klar soweit?

Der verbreitete Irrtum, Nackt-Sein verstoße bei uns gegen irgendwelche Gesetze, ist, wie gesagt, ein Irrtum. Das ist vielfältig nachlesbar, z.B. hier. Unanständig ist es auch nicht, wie sogar der sehr konservative Karol Woijtila, aka Papst Johannes II, unfehlbar versicherte.¹ Und die Auffassung, Nackt-Sein sei irgendwas Sensationelles, ist ausschließlich ein gesellschaftliches Konstrukt und anerzogen. Ganz hervorragend wird dies untersucht, belegt und dekonstruiert von Oliver König, 1991. Vielleicht reicht ja auch als Beweis, dass zahlreiche Kulturen tagaus, tagein öffentliche Nacktheit leben und das völlig un-sensationell finden. Eine angeborene Nackt-Scham gibt es bei Homo sapiens nicht, nur eine anerzogene.

Genug der Vorrede: 

Es beginnt wieder die Jahreszeit, in der ich immer öfter auf Klamotten verzichte, außer im dezidiert öffentlichen Raum (z.B. beim Einkauf, in Innenstädten). Das ist nicht sensationell, sondern ganz enorm bequem, angenehm und unglaublich praktisch. Und es hat nichts, absolut nichts mit Sexualität² zu tun, nichts mit Exhibitionismus und nichts mit Narzismus.

Auch unterliege ich nicht der irrigen Annahme, mein vollentblößter 63jähriger Körper mit einem BMI von 24,80 könne willige Sexualpartner*innen anlocken. In meinem Alter ist man in dieser Hinsicht entweder sehr realistisch oder ein kompletter Idiot oder man macht sich zu einem solchen.

Wenn ich sage, das Nackt-Sein an sich sei un-sensationell, dann stimmt das nur im engeren Sinne. Spannend, also in einem gewissen Sinne sensationell, finde ich den Mut und die Klarsicht, gegen Normen zu verstoßen, die mir im Zuge meiner spießbürgerlichen Sozialisation eingetrichtert worden sind, deren Blödsinnigkeit ich aber durch eigene Verstandesleistung festgestellt habe.

Der Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, Kant lässt grüßen, ist ein sensationelles Erlebnis. Je öfter man das macht, desto besser fühlt man sich dabei.

Ansonsten: Nackt-Sein fällt mir überhaupt nicht mehr auf, weder bei mir noch bei anderen. Wenn ich aber im Hochsommer tage- und nächtelang mich der Kleidung entwöhnt habe, fällt mir mein späteres Bekleidet-Sein auf. Nervig. Sehr nervig.


Diesen Text habe ich für die Leute geschrieben, die mich hier in Haus und Garten nackt rumwuseln sehen und sich vielleicht fragen, was es damit auf sich hat. 



Dieses Schild, eigener Entwurf nach internationalem Vorbild, hängt neben meiner Haustür
und gilt natürlich nicht nur für mich, sondern, sofern gewünscht, auch für meine Gäste
 Eigentlich versuche ich gerade, auf Anglizismen zu verzichten, 
aber ich habe keine entsprechende Phrase im Deutschen gefunden. 





¹ Exhibitionistische Handlungen, d.h. sich zur Schau zu stellen, um sich daran aufzugeilen, sind eklig und nach StGB §183 strafwürdig, haben aber überhaupt nichts mit Nacktheit zu tun. 

² Diese Aussage ist ein bisschen gelogen. Wenn ein warmer Wind Deine Haut streichelt ... Oder ein milder Sommerregen ... Ist das Wohlgefühl dann schon sexuell? Oder erotisch? Oder einfach nur angenehm?