Prolog: Aus einer spontanen Laune heraus habe ich gerade das Thema dieses Textes bei ChatGPT mit der Befehlszeile "Essay über zu kleine Penisse 600 Wörter" eingegeben. Das Ergebnis der KI ist formal und inhaltlich korrekt, vielleicht ein bisschen fad, aber immerhin auch mit Ansätzen schlüssiger Strukturierung. Nur dass das Fazit eingeleitet wird mit "Es ist wichtig, sich auf das große Ganze zu konzentrieren...", hat mich stutzig gemacht, denn das wirkt angesichts des Themas etwas ... frag-Bindestrich-würdig.
Ich stelle fest: Die Fähigkeit zu Zweideutigem, insbesondere bei Themen, die in früheren Zeitaltern als Obszönitäten betrachtet wurden, ist ein Alleinstellungsmerkmal der menschlichen Intelligenz gegenüber der künstlichen. Wir sollten uns das merken für die Zeiten, da die Maschinen die Weltherrschaft übernehmen und die letzten menschlichen Widerstandszellen eine abhörsichere Kommunikationsform benötigen.
-------- Ende des Prologes --------
Es ist schon ein bisschen her, da habe ich in Artikeln und hitzigen Diskussionsbeiträgen in sozialen Medien immer mal wieder beiläufig angemerkt, es sei auffällig, wie unerwartet intensiv manche Menschen auf Gerätschaften mit großen, erigierten Kanonen abführen. Es ging dabei um die Panzer für die Ukraine, aber auch mal um Schlachtschiffe des Ersten Weltkriegs. Und ich habe den Verdacht nahegelegt, dass insbesondere Männer, die einen zu kleinen Penis zu haben glauben, hierin Über-Kompensation suchen und finden.
Die Idee stammt ursprünglich natürlich nicht von mir. Dass Schwerter Phallussymbole seien, wird kaum noch bestritten, und dass SUVs und anders überschwere Pkw einen Minderwertigkeitskomplex ihrer Besitzer übertünchen sollen, ist ein uralter Gedanke, dem Greta T. aus S. gerade wieder fröhlich-intelligente Aktualität verpasst hat.
Womit ich nicht gerechnet habe, war der Vorwurf, ich betriebe Body-Shaming, würde mich also abwertend über die körperlichen Merkmale anderer mokieren.
Dazu erkläre ich:
Erstens: Für mich ist der Topos eine spielerische, provokante rhetorische Figur, dazu gedacht, bestimmte männliche Verhaltensmuster offensiv in Frage zu stellen, die etwa dem Konzept der "toxischen Männlichkeit" zuzuordnen sind. In unserer nicht-geographisch-westlichen Kultur, noch viel stärker in anderen Kulturen, gibt es einen Machismo, den ich als Mann unerträglich finde, peinlich finde und für den ich mich vielleicht um so mehr fremdschäme, da ich zweifellos in meiner Sozialisation selbst reichlich von diesem Mist internalisiert habe, wovon ich mich immer noch, wenngleich nur noch punktuell, sehr bewusst emanzipieren muss.
Zweitens: Ein Aspekt dieses Machismo ist, körperliche und materielle Merkmale zur einzig gültigen Messlatte für die Bewertung eines Menschen zu erheben. Die dicksten Muskeln, die üppigste Goldkette, der PS-stärkste Bolide, der hirnlosest zur Schau getragene Reichtum und die verächtlichste Frauen- und LSBTQIA+-feindlichkeit. In so einem Ambiente mit dem Hinweis auf einen zu kleinen Penis zu provozieren, ist so wirksam, da es allem anderen die Grundlage entzieht.
Drittens: Die Penisse anderer Sapiens-Männchen interessieren mich in Wirklichkeit nicht, da ich annehmen muss, cis-hetero zu sein und da ich nicht das Gefühl habe oder hatte, unter dem Aspekt der Schwanzlänge mit anderen Männchen in Konkurrenz um paarungswillige Weibchen zu stehen. Die Paarungskämpfe, die ich verloren habe, waren Kopfsachen, nicht Schwanz-Sachen.¹
Wenn ich also ernsthaft beabsichtigte (Konjunktiv!), jemanden zu "shamen", also zu beleidigen, dann würde ich das niemals über den Body machen, sondern immer über den Intellekt.
Wie nennt man eigentlich Frauen, die
dummstmöglichen toxischen Machismo so richtig erregend finden?
¹ Ich überlege gerade, ob dieser Satz nicht total banal ist. Ist es männlichen Vertretern meiner Leserschaft schon mal passiert, dass als Trennungsgrund "Ich gehe zu Alex, der hat 'nen größeren Schwanz!" angegeben wurde? Oder dass mann zumindest berechtigten Anlass zu derartiger Vermutung hatte?