Samstag, 14. Januar 2023

Dolchstoß der Hirntoten

 

Gestern auf Mastodon einen Thread gefunden, in dem alle Polizist*innen, insbesondere jene, die Lützerath räumen müssen, als Faschisten bezeichnet wurden, das Ganze schließlich ergänzt durch den Vorschlag, statt der Braunkohle solle man eben jene Polizist*innen verbrennen, dazu bräuchte man aber richtige Molotow-Cocktails usw.  ...

Jaja, das ist natürlich nur die großmäulige, hirntote Eskalation einiger weniger Irrer, vielleicht sogar Agents provocateurs, schon klar. Der Schaden, der der Sache der Klimabewegten damit angetan wurde und wird, ist aber beträchtlich. Alle friedlichen Lützi-Aktionen sind damit korrumpiert, final in den Dreck gezogen. Mahatma Gandhi würde so einen menschlichen und intellektuellen Totalausfall zum Anlass nehmen, die Lützerath-Proteste auf der Stelle abzubrechen und Soli-Kundgebungen für die Polizist*innen zu starten. Jedenfalls der Gandhi der Attenborough-Verfilmung von 1982 mit Ben Kingsley. 

Für mich sind solche menschenverachtenden Idioten der Hauptgrund, keiner Partei - im weitesten Sinne - zugeordnet werden zu wollen. Man wird so angreifbar. Meine Angst bezieht sich dabei nicht auf den  politischen Gegner, sondern auf die potentiellen Idioten in den eigenen Reihen. Das bisschen Erfahrung, das ich in Sachen Politik in meinem bisherigen Leben sammeln durfte, lehrte mich, dass 80 bis 90 % der Energie dafür draufgeht, diese Idioten einzufangen. Danke, nein.

Ich sage auch schon lange nicht mehr öffentlich, dass ich mich zwar keiner Religion zugehörig fühle, wohl aber dem philosophischen Buddhismus bzw. Taoismus einiges abgewinnen könne. Als 2018 myanmarische Äbte buddhistischer Klöster zum Genozid gegen die Rohingya aufriefen, musste ich also nicht erklären, dass die grundsätzliche Idee gut ... bla bla bla, dass da aber ein paar irregeleitete Idioten bla bla bla ... auch die beste Philosophie nicht gefeit ... bla bla bla .... 

Vorbei sind die Zeiten, in denen man Wörter benutzen darf, um komplexe Gedanken zusammengefasst zu kommunizieren. Da will man Sprache effizienter nutzen, und dann stellt man fest, dass Leute mit den Begriffen gar nix anfangen können und/oder sie bewusst verhunzen. Das liegt manchmal an schlichtem Nicht-Wissen, wie bei "Stringtheorie" oder "Einheitliche Feldtheorie" oder "Kultur", manchmal sind die Begriffe aber auch so ausgelatscht, dass sie Alles und Nichts und auch das Gegenteil bedeuten können: "Das Gute", "Buddhismus", "Sicherheit" etc.

Was tun? 

Keine Ahnung, aber ein goyles Zitat, auch von Mastodon, von Anna Becker:

"Man kann nicht alles werden, was man sein will. Aber man kann jeden Morgen aufstehen und versuchen kein Arschloch zu sein. Und damit wäre viel erreicht."


"Also der Gandhi, der is' ja dem Kingsley wie aus'm Gesicht geschnitten!
Kein Wunder, dass die Inder ihn so gerne mochten."












Montag, 9. Januar 2023

Mein erbarmungswürdig mickriger Beitrag gegen den Krieg

 

Nein, nein, nein! Ich lese immer nur noch, dass "der Druck auf Berlin steigt", immer mehr und immer anspruchsvollere Waffen an die Ukraine zu liefern. Hiermit sage ich öffentlich, dass ich absolut entsetzt bin, dass anscheinend kein Mensch mehr darüber nachdenkt, dass Waffen noch nie ein Problem dauerhaft gelöst haben, sondern immer nur das Leid der Vielen erhöht haben, während wenige Mächtige orgastische Machträusche durchtanzten. 

Ich erhöhe hiermit "den Druck auf Berlin", den hirnverbrannten Totentanz dieses Stellvertreterkrieges nicht weiter zu unterstützen. Ich fordere die Plittikör*innen weltweit auf, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, sondern stattdessen Wege zu friedlichen Lösungen zu finden und ausnahmslos alle zu sanktionieren, die diese Wege rundheraus ablehnen.  

Ich rufe alle Wähler*innen auf, bei allen künftigen Wahlen keine Parteien zu wählen, die den Krieg in der Ukraine oder sonstwo auf die eine oder andere Weise unterstützen. Ganz konkret: Zwar bin ich traditionell links-grün-versifft, aber die Linken sind schon lange nicht mehr wählbar, und die Grüne Führungs-Camarilla ist inzwischen auch ganz besoffen von dem Machtrausch doitscha Waffen. C-Parteien und FDP gehen gar nicht, gingen noch nie, und über die verkappten und offenen Nazis der AfD und noch weiter rechts rauchen wir nicht zu reden, wenn wir zur FDGO halten. 

Ich bin selbst am allermeisten verwundert über das Ergebnis: Wenn nächsten Sonntag BTW wäre, würde ich die alte Tante SPD wählen. Da ist wenigstens ein Rest von Antikriegs-Vernunft.

Möge die Flamme nicht erlöschen.

Und falls jemand fragt, warum wir dem ukrainischen Regime nix mehr liefern, verweisen wir auf die Kriegsschauplätze im Yemen, in Taiwan, Syrien etc. etc. und wir verweisen darauf, dass wir Doitschen mit unserer Vergangenheit es uns einfach nicht länger erlauben können, Kriegshilfen allzu überdeutlich nach rassistischen Gesichtspunkten zu verteilen. Das müssten normale Menschen eigentlich verstehen und gut finden. 





Was der Knabe auf dem Bild und ich nicht verstehen, ist, warum niemand kapiert, bzw. warum Alle immer wieder vergessen, dass Krieg immer und unter allen Umständen eine riesengroße Scheiße ist. Für fast alle! 




Samstag, 7. Januar 2023

Muss schweigen.


Hm, im Fediverse (vulgo: Mastodon) erklärt ein Nutzer namens "Mighty Sisserou", Weißer zu sein sei eine Waffe, Weiße seien allesamt Suprematisten, am schlimmsten seien jene, die Verständnis für das durch Rassismus verursachte Leid ausdrückten, ach, und Antworten, die auch nur irgendein Wort enthielten, das auf -ism ende, wolle er schon mal gar nicht mehr hören/lesen und überhaupt sollten doch alle Weißen die Fresse halten und Alle, die nicht seiner Meinung seien auch und Alle, die zwar seiner Meinung seien, dies aber nicht offensiv und laut und aggressiv in die Welt hinausschrieen, sowieso.

Okee, hier hat offenbar jemand reichlich die Schnauze voll. Ich habe das nicht zu kommentieren, denn Mighty Sisserou hat ja recht: Ich bin Weißer, und als solcher kann ich das Leid der Poc nicht wirklich nachempfinden, und darum habe ich deren Verhalten nicht zu kommentieren und muss also schweigen. 

Ich bin auch Nicht-Jude und Deutscher, und als solcher kann ich das Leid der Juden nicht wirklich verstehen, und darum habe ich das Verhalten von Juden nicht zu kommentieren und muss also schweigen.

Ich bin auch Deutscher und als solcher kann ich das Leid der Polen, Russen, Sinti, Roma etc. nicht wirklich verstehen, und darum habe ich deren Verhalten nicht zu kommentieren und muss also schweigen.

Ich bin auch Hetero-cis-Mann und als solcher kann ich das Leid der Lesben, Schwulen, Bi, Trans, Inter, Queer, A und sonstigen sowie von Frauen nicht wirklich verstehen, und darum habe ich deren Verhalten nicht zu kommentieren und muss also schweigen. 

Ich bin auch Beamter und als solcher kann ich die Sorgen und Nöte von Selbständigen, Arbeiter*innen und Angestellten nicht wirklich verstehen, und darum habe ich deren Verhalten nicht zu kommentieren und muss also schweigen.

Ich bin auch alt, und darum kann ich die Sorgen und Nöte von jungen Menschen nicht wirklich verstehen, und darum habe ich deren Verhalten nicht zu kommentieren und muss also schweigen.

Mighty Sisserou hat recht: Es leidet sich viel angenehmer, wenn alle Anderen schweigend zuschauen müssen. 


(stark verändert via wiki commons)

Obwohl ich Poc ja nun definitiv nicht verstehen kann,
so kann ich ansatzweise nachvollziehen, wie erwärmend es sein muss,
von einem liebevollen, empathischen Menschen geknudelt zu werden.  








Dienstag, 3. Januar 2023

💩 => 😐???

 

Hm, nach den Silvester-Neujahr-Gewalt-Exzessen gegen Rettungs- und Sicherheitskräfte wird jetzt über Konsequenzen diskutiert. Böllerverbote werden erwogen - und wieder verworfen. Die Nachrichten-Portale interviewen  massenhaft Expert*innen, die aber mangels Wissen nur Meinung ausschwitzen.

Natürlich müssen Feuerwehr, Rettungskräfte und Polizei künftig viel besser vor den Idioten geschützt werden, und ganz sicher müssen die Sanktionen für derartige Angriffe so spürbar sein, dass sie auch beim stumpfesten Dummdödel eine empfindliche abschreckende Wirkung erzeugen.

Aber mittelfristig müssen wir auch Ursachenforschung betreiben. Ich schlage folgende Forschungsfragen vor:

  • Wie kommt die Scheiße in die Köpfe der Leute?
  • Wie kann der Angriff auf Rettungskräfte im Einsatz überhaupt als eine Handlungsoption betrachtet werden und warum funktioniert bei den Idioten der geistige Notaus-Schalter nicht, der Dir eigentlich auch im Zustand maximalen Zugedröhntseins sagt, dass Du jetzt gerade im Begriff bist, eine idiotische Tat zu begehen?
  • Was ist in der Erziehung, in der Sozialisation dieser Leute verpasst worden? Ja, ich bin absolut dafür, die Eltern der Täter zur Rechenschaft zu ziehen, denn ich kenne keine*n Lehrer*in, die*der der Aussage widerspricht, dass 99,9 % der Kinder liebenswerte, einfühlsame und lernwillige Menschen sind, dass aber im Laufe der Zeit etwas ganz grauenhaft schief gelaufen sein muss, weil am Ende, z.B. nach der Pubertät solche Arschlöcher entstanden sind. Was ist das für ein Prozess? Warum braucht man zur Erziehung von Hunden einen Fähigkeitsnachweis, für Kindererziehung aber nicht?
  • Mein persönlicher Verdacht richtet sich vor allem gegen die Medien: Wir werden mit Geschichten dichtgeballert, die uns lehren, dass hirnlose Gewalt in Verbindung mit einem gerüttelt Maß an Dummheit total sexy ist und dass Rücksichtnahme, Empathie und Selbstreflexion nur für Weicheier attraktiv sind. Können wir nicht mal wieder ein paar mehr Kulturtechniken kultivieren, die uns sagen, dass es nicht sexy ist, ein*e Psychopath*in zu sein?

Zum Schluss eine Bitte: Wenn die paar Festgenommenen sich demnächst mit übermässigem Alkohol-Konsum rausreden wollen, lasst uns bitte, bitte das Konzept der Eigenverantwortlichkeit unter allen Umständen fröhliche Urständ feiern. Wer so krank ist, dass er im besoffenen Kopp Feuerwehrkräfte während der Brandbekämpfung attackiert, hat einen Schaden, der über Alkohol-Abusus weit hinausgeht.


(Silvester 2023 - stark verändert via bdz)
 








Dienstag, 27. Dezember 2022

Enkel-Frage: Ukraine-Krieg

 

In den 1960-70ern bedeuteten "Enkel-Fragen", dass die Heranwachsenden ihre Eltern bzw. Großeltern nach deren Erleben, deren Verstrickung, deren Verantwortung und Widerstand in der Nazi-Zeit befragten. Oft waren das schmerzliche, frustrierende und desillusionierende Familien-Prozesse.¹

Ich habe eine Scheiß-Angst vor den Fragen, die meiner Kohorte unweigerlich gestellt werden, genauer: vor den lahmen, erbärmlichen Antworten, die wir zu geben gezwungen sein werden, sofern wir ehrliche (!) Auskunft geben wollen.

Daher beginne ich jetzt schon mal, einige Dinge zu erläutern.

Enkel-Frage:
Warum habt Ihr nichts gegen die Eskalation des Ukraine-Krieges unternommen?  

Antwort:
Schwierige Frage. Es war der (nicht-geographisch-)westlichen Propaganda gelungen, den Gedanken in die Köpfe der Leute zu pflanzen, Du seiest entweder bedingungslos, kritiklos, gedankenlos, grenzenlos, tabulos und bar jeden Zweifels FÜR die Ukraine und das westliche Bündnis oder Du seiest ein Putin-Versteher, ein Russenfreund, Landesverräter, Feigling etc. etc.

Enkel-Frage:
Und auf welcher Seite standest Du?

Antwort:
Falsche Frage. Ich stand auf gar keiner Seite. Ich hielt Putin tatsächlich für einen rückwärtsgewandten, demokratiefeindlichen, LGBTQ-intoleranten, autoritaristischen Drecksack. Die USA hielt ich für pathologisch egoman, imperialistisch, tendenziell demokratiezerstörend, hirntot kapitalistisch, menschenverachtend. Ich wohnte zufällig in einem Land, das mit erbärmlicher Servilität den USA in den Arsch kroch, deren Kultur in äffischer Weise bis zur Selbstaufgabe kopierte und eine jahrzehntelange Tradition und Übung darin hatte, trotz vielfacher Erniedrigungen stets vorauseilend gehorsam zu sein.
Wir haben damals oft gesagt, uns würde es besser gehen, wenn die USA uns annektierten. Als 51. Bundesstaat der USA könnten wir dann wenigstens den Präsidenten mitwählen, der autokratisch über uns gebietet. Äh ... wie war nochmal die Frage?

Enkel-Frage:
Egal. Warum habt Ihr, hast Du nichts gegen die Eskalation des Krieges unternommen?

Antwort:
Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie völlig vergiftet die Stimmung durch die beiderseits nicht ungeschickte und sehr intensive, alles durchdringende Propaganda war. Der kleinste Hinweis, es sei ja auch nicht alles Gold, was die US-ukrainischen Führer da verzapften, machte Dich zum "Putin-Versteher". Und damit warst Du raus, gebrandmarkt, vogelfrei.
Die Nazis und andere autoritäre Systeme haben  Kritiker*innen noch durch staatlich verordnete Maßnahmen mundtot gemacht. Diese Maßnahmen konnten im Westen mittlerweile dank social media in die Köpfe der einzelnen Menschen verlegt werden. Vermutlich übertreibe ich hier ein bisschen, aber der Effekt war auf jeden Fall derselbe: Schon der Versuch eines rationalen, d.h. kritischen Diskurses stempelte Dich zum Verräter, egal, auf welche Seite Du wohntest.    

Enkel-Frage:
Klingt furchtbar ...

Antwort:
Ihr müsst das natürlich nachprüfen, immerhin verteidige ich hier mein eigenes Verhalten, bin also selbst parteiisch.
Dabei werdet Ihr übrigens feststellen, dass unsere Lage wirklich kompliziert war. Irgendwann begannen die Rechten in Europa, für Putin zu argumentieren. Damit war natürlich jeder eigene Ansatz, für Verständnis für die Gegenseite zu werben, vollständig kompromittiert. Dann kam eine einflussreiche deutsche Kommunistin ebenfalls auf die Idee, Putin zu unterstützen, aus alter Gewohnheit wahrscheinlich, und extreme Rechte und Linke hatten erstaunlich wenig Berührungsängste.
Und dann stell' Dir vor, Du stehst mittendrin in diesem grellen, empörten Geschrei auf globaler und nationaler Ebene und sagst: "Öhm, könnten wir nicht mal einen Moment innehalten und überlegen, wie uns der ganze Kram vielleicht NICHT um die Ohren fliegt?" Keine Chance!

Enkel Frage:
...

Antwort:
Soll ich Euch noch erzählen, wie die doitschen Grünen, wie Polen, Israel, die Türkei, Ungarn und der Iran in der Zeit agiert haben?

Enkel-Frage:
Ochnöö, lass mal.




(verändert via wiki commons)
Ja, dieses historische Dokument aus den frühen 1940ern hinterlässt Fragen.
Nein, ich weiß es auch nicht, ich überlege noch.



¹ In meiner Familie waren wir allerdings schmerzfrei: Die lebten alle gut & gerne in der Nazi-Zeit. Bombennächte, Flucht und Vertreibung, ja, das war blöd, aber das haben ja nicht die Nazis gemacht, das waren die Anderen. Nein, ich brauchte keine Enkel-Fragen zu stellen. Ich kannte schon die wesentlichen Antworten.   

Sonntag, 25. Dezember 2022

Nur begrenzt weihnachtsfähig

 

Hu, tagesschau.de titelt die spannende Frage, ob angesichts der zahlreichen Krisen unsere Solidarität irgendwann aufgebraucht sei.

Allerdings wirft die Verfasserin da einiges durcheinander, nämlich Corona, das Ahrtal und die Ukraine.

Der Reihe nach:


Solidarität mit den betroffenen Menschen im Ahrtal?

Sie haben auf jeden Fall mein Mitgefühl. Aber wenn ich mir anschaue, welche Beträge zur Rettung von Banken und zur Subventionierung von Konzernen rausgehauen werden, dann ist meine direkte Spendenbereitschaft für das Ahrtal unter Null. Das hängt auch damit zusammen, dass die Spendenbeträge allzuoft von bierärschigen Kommunalplittikörinnen überreicht werden, die dann den presseöffentlichen Eindruck schinden wollen, sie hätten großzügig ihre Privatschatulle geöffnet. 

Weiterhin: Die Flut im Ahrtal wird, wie viele andere Extremwetterereignisse, absichtlich irreführend monokausal als Naturkatastrophe dargestellt. Es gibt zu viele Macht-Habende, die die Diskussion unterdrücken, wie wir endlich die anthropogenen Ursachen in den Griff bekommen.

Schließlich: Richtig angeschissen sind die Menschen, die aktuell, ja, jetzt, in diesem Moment, im Begriff sind, wegen der Erderwärmung und des ansteigenden Meeresspiegels ihre Heimat endgültig und unwiederbringlich zu verlieren und die genau wissen, dass sie in ihrer ewigen Armut kaum eine Mitschuld daran tragen, dass es aber unfassbar reiche Nationen gibt, die das Problem im Wesentlichen verursacht haben, sich jetzt aber einen Scheißdreck kümmern. 

Zusammengefasst: Wenn ich noch Kraft zur Solidarität habe, dann setze ich sie für die Menschen in Tuvalu ein, nicht für die im Ahrtal.


Solidarität mit Corona-Opfern? 

Ich persönlich? Vergiß es! Wir haben alle gleich gelitten und uns gleichermaßen Gedanken um richtige und falsche persönliche Strategien gemacht. Auf der Ebene des Individuums fällt mir nur ein Zitat von Grantscheam@troet.cafe aus dem Fediverse vom 05.12.2022 ein:

"Die Maske unterhalb der Nase zu tragen war und ist der exakteste Deppenindikator unserer Zeit: zu egoistisch für Anpassung, zu feige um konsequent dagegen zu sein und zu ungebildet, den Zweck zu verstehen.
Bonus: sie erkennen intellektuell nicht, wie vertrottelt sie damit aussehen."

Nein, keine persönliche Solidarität. Mitgefühl ja, wie bei jeder Krankheit, aber Solidarität im Sinne des tagesschau-Artikels nicht. 

Anders auf internationaler Ebene: Das krankhaft egoistische und unsolidarische Agieren der Nationen, z.B. bei der Erforschung und Beschaffung von Impfstoffen, insbesondere der reichen, d.h. der sogenannten nicht-geographisch-westlichen Länder, kotzt mich an! Aber sowas von! Ich schäme mich, dazuzugehören.


Solidarität mit der Ukraine?

Nein, das war mal, das ist jetzt aus und vorbei! Inzwischen müsste jedem Dummdödel klar sein, dass die Amis da nur einen Stellvertreterkrieg führen. Und die Führungs-Camarilla der Ukrainer betont zunehmend orgiastisch, wie toll das Kriegführen doch ist, wenn man nur die richtigen Waffen hat. Unsere Propaganda hat es soweit gebracht, dass jedes Fünkchen Kritik als Pro-Putin-Statement gebrandmarkt wird. Und auch ich verspüre hier das eilige Bedürfnis, mich von diesem Verdacht zu befreien. Vergesst es!

Verteilt zehn Prozent der Kohle, die für die Ukraine rausgeballert wird, an alle Kriegsopfer weltweit. Damit kämen wir einen Riesenschritt weiter.  


(Yemen 2021 -  verändert via amnesty int.)

schade, kleiner bimbo,
deine haut ist zu dunkel,
deine haare sind zu lockig,
deine stadt ist zu weit von uns entfernt,
um uns nicht egal zu sein.

zwar wirst du auch von einem diktatorischen regime
bombardiert und verfolgt, 
allerdings von einem, 
mit dem wir prächtige profite machen
und das uns öl und gas verkauft,
in zeiten der knappheit.

du verstehst:
dir zu helfen
kann unser interesse nicht sein.








Donnerstag, 22. Dezember 2022

Schweine-geil!


Schade, dass die Tagesschau-Nachricht so schnell zwischen dem täglichen Einerlei ins Vergessen sedimentiert, die Meldung, dass der Schweine-Bestand in Doitschland binnen eines Jahres um 10,2 Prozent gefallen sei, weil - und jetzt kommt das eigentlich Wichtigste - das Verhalten der Konsument*innen sich verändert hat.

Man kann diese Nachricht eigentlich gar nicht hoch genug hängen. Sie ist der Beweis dafür, dass wir, die "Normalverbraucher", viel mehr Macht haben, als wir und andere uns zugestehen wollen. 

Diese Nachricht ist auch die verbindliche Antwort auf die Pseudo-Frage "Wenn die da oben was beschließen - was soll ich schon dagegen tun können?" 

Oder auf die andere Pseudo-Frage: "In Anbetracht des riesigen globalen Fleischmarktes - spielt es da wirklich eine Rolle, ob ich jetzt eine Curry-Wurst esse oder nicht?" 

Die Antworten sind klar. Es hängt Alles von Deinem ganz persönlichen, ganz individuellen Verhalten ab. Du bist für Dein Verhalten und die Konsequenzen daraus verantwortlich, hinter nichts und niemandem kannst Du Dich verstecken. Alle Fakten liegen allgemeinverständlich und prüfbar auf dem Tisch. Das Spiel heißt "Eigenverantwortung" und der Ball liegt in Deiner Spielfeldhälfte. 

Wie sich das für eine*n mündigen Erwachsenen*n in einem Land mit einer FDGO gehört.

Zweikommavierdrei Millionen Schweine pro Jahr (!) sagen "Danke"! 


(stark verändert via wiki commons)

Und wer das Leiden in gut-doitscher Massentierhaltung nicht kapieren kann oder will, darf das gerne in Nitrat-Belastung unseres Grundwassers und CO₂- und Methan-Ausstoß, in Wasser- bzw. Energieverbrauch umrechnen und in Quadratmeter Regenwald, der nicht abgeholzt wird, um Soja als Schweinefutter anzubauen. 







Montag, 19. Dezember 2022

Capitalism-Wannabees

 

Im umsonsten Sonntags-Werbe-Blatt¹ informiert ein oldenburgisch-ostfriesischer Wasser-Versorger über geplante Preissteigerungen in Höhe von 20 % und begründet wie folgt:

  1. Man sei damit immer noch nicht der teuerste Anbieter.
  2. Man habe schon lange keine Preiserhöhungen mehr durchgezogen.
  3. Man brauche das Geld für Investitionen.
  4. Klimawandel und Energiewende "stünden (...) im Mittelpunkt"
  5. Pandemie und Ukrainekrieg seien "Preistreiber".

En detail:

1. und 2. sind genaugenommen überhaupt keine Argumente, und Nummer 3 ist eine Binse. Meinen nächsten Bankraub werde ich, falls jemand fragt, nach demselben Schema begründen: 1.) Es gibt Leute, die haben viel mehr geklaut, 2.) ich habe schon lange nicht mehr geklaut, und 3.) ich brauche das Geld. 

Mit Nummer 4 kann ich gar nichts anfangen, weil nicht mal im Ansatz erklärt wird, ob und wenn ja welchen Einfluss Klimawandel und Energiewende auf die Arbeit eines Wasserversorgers haben. 

Nummer 5 verstehe ich auch nicht, weil Corona, soweit ich weiß, keinen Einfluss auf den Netto-Wasserverbrauch hat. Und wir beziehen kein Trinkwasser aus der Ukraine und liefern da auch nichts hin, sind bei der Trinkwasserversorgung weder von Russland noch von irgendwelchen Wüsten-Diktaturen, nicht von China und nicht einmal von den Amis abhängig - so what?

Ansonsten könnten 4. und 5. aber auch gut für die Begründung eines Bankraubs herhalten: "Ich musste das Geld klauen, denn ich wollt' mir ein CO₂-neutrales Auto kaufen und Klopapier für den nächsten Lockdown, und die Inflation hat mein Erspartes aufgefressen...!"  Da sehe ich ethisch keine Probleme, wirklich nicht.

Spaß beiseite: Der Inhalt des Textes ist also wieder mal die übliche intellektuelle Beleidigung. Verärgert bin ich nur über mich selbst, da ich wieder mal angefangen habe, den Fehler bei MIR zu suchen. Ich habe tatsächlich kurz überlegt, nicht mal die Macher*innen dieses Drecksblattes würden so einen hanebüchenen Schwachsinn drucken, es müsse also an mir liegen, gewisse globale Zusammenhänge, die eine 20%ige Preissteigerung beim Trinkwasser begründeten, nicht hinreichend zu erfassen.   

Das ist die eine Lehre aus diesem Text.

Die andere ist: Besagter Wasserversorger ist einfach nur ein weiterer Teilnehmer am kapitalistischen Marktgeschehen, der sich gedacht hat "HARRHARR! Jetzt, da alle die Preise erhöhen, jetzt, da wir sowieso eine Inflation von über 10 Prozent haben, da gönnen wir uns auch mal einen kräftigen Schluck aus der Pulle, und wenn wir schon zuschlagen, dann gleich richtig, also doppelt oder nichts, 20 Prozent! Her mit der Kohle, Du kleines, wehrloses Konsumenten-Arschloch, ich bin der Monopolist, und Du kannst GAR NICHTS dagegen unternehmen, HARRHARR!"

Ok, für das "HARRHARR" verbürge ich mich nicht, aber lest mal das Statement der OOWV-Böberschten, da hört Ihr es deutlich im Subtext.

Die dritte Lehre aus dem Text ist: Indem der OOWV mit so viel bierärschiger Selbstsicherheit annimmt, etwas unglaublich Cleveres getan zu haben, stehen die kundigen Beobachter kopfschüttelnd daneben und denken sich: 

  • "Ihr wisst aber schon, dass Ihr wieder mal viel zu spät reagiert, oder?" 
  • Oder: "Euch ist klar, dass gerade ALLE Marktteilnehmer haargenau so reagieren wie Ihr und dass der Effekt für die Anbieter dadurch bis praktisch null reduziert wird, oder?"
  • Oder: "Wenn Ihr die Endverbraucher zwingt, mehr Geld für Trinkwasser auszugeben, dann haben die weniger Geld, um es für etwas anderes auszugeben. Das Gleiche gilt für Sprit, Gas, etc. Euer egoistischer Traum, Eure Profite zu erhöhen, ist global betrachtet ein dummes Nullsummen-Spiel, das aber letztendlich die Lebensgrundlage des Homo sapiens² zerstört."
  • Oder: "Ihr haltet Euch für so schlau und mächtig und seid in Wirklichkeit so dumme und gehetzte Mitläufer in einem Rattenrennen, das Ihr in Eurer Betriebsblindheit nicht mal ansatzweise durchschaut."  





  




¹ genauer: Nordwest Sonntagsblatt vom 17.12.2022, Seite 2

² Über diese Selbstbezeichnung ("der wissende, vernünftige Mensch") könnte ich mich ewig beölen!







Samstag, 17. Dezember 2022

Weltbild Numero 3

 

Rückblickend glaube ich in meiner ganz persönlichen Geistesentwicklung drei Weltbilder unterscheiden zu können:

Da war zunächst das Weltbild des Kindes, das natürlich ganz weitgehend von den Eltern geprägt war. Der Horizont des Kindes umfasste die engere Familie und die Sandkisten-Freundschaften, später dies und das aus der Grundschule und war also sehr beschränkt. Aber ich hatte durchaus das Gefühl, ein widerspruchsfreies und vollständiges Erklärungsmodell aller Aspekte meines Lebens zu haben. das war eine glückliche, unbeschwerte Zeit.

Nach der Kindheit kam das Jugendalter, und da mein geistiger und körperlicher Bewegungshorizont wuchs, stellte ich fest, dass ich mein kindliches Weltbild in fast allen Teilen revidieren und erweitern musste, und zwar nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder. Gleichzeitig musste ich tagtäglich auf der Basis des gerade gültigen Bildes Haltungen zeigen und alltagshandeln. 

Je volatiler mein Weltbild in jener Zeit aufgrund der ständig neu auf mich einprasselnden Sinneseindrücke wurde, desto mehr sehnte ich mich nach einem einfachen, abschließenden, zuverlässigen, alleserklärenden Weltbild, damit endlich Ruhe im Karton der Erkenntnis wäre. Dieser Wunsch führte dazu, dass mein Denken schluderig wurde. Um die Anstrengung zu vermeiden, alle naselang ein neu an der Realität ausgerichtetes und Realität kongruent erklärendes Weltbild basteln und erproben zu müssen, begann ich, logische Widersprüche zu verdrängen, wegzudeuteln oder sie mir egal sein zu lassen. 

Diese Phase meines geistiges Lebens ist in meiner nachgehenden Betrachtung die mit der höchsten Dichte tiefst-empfundener Peinlichkeiten. Eine Zeit lang war ich sogar Nazi, und ich war gut darin, weil meine Verwandtschaft reichlich Rollenmuster anbot. Und so peinlich mir das im Nachhinein ist, so weiß ich doch, wie sehr ich es damals als Schwerst-Pubertierender genossen habe, dass sich mir da ein einfaches, schlüssiges Weltbild anbot, das mir endlich die erhoffte geistige Ruhe und Sicherheit gab und mir den lästigen Zwang zum Selberdenken und Zweifeln nahm.

Schade, irgendwann geht die schönst-schlimmste Pubertät zu Ende, und Du merkst, dass es wieder etwas ausmacht, wenn Du unsauber denkst und miefige geistige Bequemlichkeit der eisekalten, anstrengenden, ständig fordernden Vernunft vorziehst. 

Seitdem, seit nunmehr etwa 40 Jahren, arbeite ich an Weltbild Numero 3. Wesentlicher Bestandteil davon ist das Wissen, dass diese Arbeit in diesem Leben nicht abzuschließen sein wird. Ich hab's mir abgeschminkt, eines Tages zu erwachen und zu sagen: "Ah ja, jetzt habe ich alles verstanden, jetzt habe ich die Welterkenntnis und kann alles erklären." 

Merke: Wer Ergebnisse will, wird religiös-politischer Fundamentalist und verharrt geistig zeitlebens in scheinbar verantwortungsfreier Pubertät, genießt dafür die stickig-schwitzig-müffelnde Bettwärme unveränderbarer, kollektiv oktroyierter Doktrin. 

Wer hingegen Erkenntnis, Wissen, Wahrheit will, steht draußen vor der Tür und erlebt ständigen Wandel, Unsicherheit, Anstrengung, Abenteuer, Versuch und Irrtum, Rückschläge und manchmal Erfolge. 

Weltbild Numero 3 strebt nicht nach glückselig-machendem Ergebnis, Weltbild Numero 3 ist ein permanenter, kräftezehrender Prozess. Glückseligkeit findet da nur, wer geil auf Wahrheit ist.  



(via wiki commons)






   


Donnerstag, 15. Dezember 2022

Rechthaben ist langweilig.

 

Wenn man einmal mit kritischem, also wissenschaftlichem Denken infiziert wurde, dann feiert man es sehr, wenn Aussagen, die man selbst gemacht hat, von der Realität widerlegt werden, wohingegen eine schlichte  Bestätigung ebendieser Aussagen als öde und langweilig wahrgenommen wird. Derzeit fühle ich mich eher öde gelangweilt - und ein bisschen angeekelt.

Am 28. April 2022 habe ich aus gegebenem Anlass der (nicht-geographisch-)westlichen und ukrainischen Kriegspropaganda den Tipp gegeben, man könne nach allen anderen abgrundtief dämlichen Vorwürfen die Russen noch des Kannibalismus' beschuldigen.  

Die Umsetzung dieses Ratschlages steht zwar noch aus, aber die Propaganda-Abteilung der ukrainischen Regierung war selbst auch kreativ und hat jetzt immerhin die Existenz von Kinder-Folterkammern ins Spiel gebracht. Auch nicht schlecht: Kinder, das geht immer, gerade jetzt vor Weihnachten. 

Die öffentlich-doitsche Presse konnotiert die Meldung zwar eher zurückhaltend ("[L.] legte zunächst keine Beweise für seine Behauptungen vor."), aber komplett ignorieren mochte man so einen hirnlosen Click-bait auch wieder nicht.  

Auf den Kannibalismus-Vorwurf müssen wir also noch ein wenig warten, aber die Sache geht ja schon mal in die richtige Richtung. Und da die ukrainischen Macht-Haber gerade gestern ihre unabhängigen Medien an die Kette gelegt haben, kann man künftig natürlich noch viel freier walten und gestalten. Wir dürfen also hoffen.

Spaß beiseite: Was für ein Bild haben die Ober-Ukrainer eigentlich von uns, von unserer Art zu denken, insbesondere von unserer Art KRITSCH zu denken? Für wie blöd halten die uns? Und was passiert, wenn die mit dieser Einstellung tatsächlich in die Nähe der Fleischtöpfe der Europäischen Union gelassen werden? 

Ich prophezeie mal wieder etwas: Die Ukraine wird irgendwie irgendwann den Krieg überlebt haben. Und dann werden ihre korrupten, autokratischen Eliten uns mit ihren Geschichten vom Leid und unsagbarem Heldenmut ihres Volkes viele Jahrzehnte lang in den Ohren und auf der Tasche liegen. Genau wie in Polen, Ungarn der Slowakei etc. werden die Regierungen danach gewählt werden, wer am besten auf die EU schimpfen und ihr gleichzeitig maximale Kohle aus dem Kreuz leiern kann. 

Die Reparationszahlungen für den Stellvertreter-Krieg, den die U.S. of A. vom Zaun gebrochen und permanent befeuert haben, werden NICHT die Amis übernehmen. Auch nicht die Russen. Sondern wir, die Europäer.

Und ich hoffe inständig, dass ich wenigstens diesmal von der Realität widerlegt werde. Aber ganz ehrlich: Es sieht nicht so aus.




(via wiki commons)
Alte Marketing-Weisheit von 1917:
Willst Du Geld sammeln, nimm Kinder.
Kinder gehen immer!