„Eine der größten Errungenschaften der totalitären Eliten der zwanziger und dreißiger Jahre war es, jede Tatsachenbehauptung in eine Frage nach dem Motiv zu verwandeln.“
Hannah Arendt, Die Urspünge des Totalitarismus
Lese gerade C.-H. Hermanns "Deutsche Militärgeschichte". Deprimierend, wie nach dem Hochgefühl und den wirklich progressiven Entwicklungen im preußischen (deutschen?) Heer um 1813 die Restauration schlagartig alle freiheitlichen Hoffnungen zunichte macht. Noch deprimierender, wie nach 1848 die vergleichsweise wenigen Machthabenden mit Hilfe Ihrer devoten Speichellecker die zarten Ansätze demokratischer Reformen plattmachen konnten. Am deprimierendsten, wie ein paar krankhaft egomanische, machtgeile Menschen das Rad schließlich so weit zurückdrehen konnten, dass ein erster und in der Folge ein zweiter Weltkrieg führbar wurden.
Wo war der Widerstand? Ein paar im inneren und äußeren Exil, nunja. Aber die betroffene Masse? Weggeduckt. Man kommt ja irgendwie durch. Wenn man nicht zu aufmüpfig ... Eigentlich geht's ja ...
An dieser Stelle hatte ich mich vor ein paar Tagen selbst auf's Korn genommen und bissige Selbstbeobachtungen zu meinem eigenen Umgang mit dem burn-out und den Depressionen, die mich gerade plattmachen, vom Stapel gelassen.
Ich kann nicht ausschließen, dass ich damit andere Betroffene verletzt habe. Das war nicht meine Absicht und tut mir leid. Es ist meine Schuld, denn Kommunikation ist das, was ankommt.¹
¹ frei nach Watzlawick
Jaja, ich stelle in Rechnung, dass der ukrainische Botschafter in Deutschland ob der Lage in seinem Lande unter Druck steht. Aber allmählich bin ich des Kotz-Tones leid, den der Mann sich hier dauerhaft gönnt. Mit graut vor der Aussicht, in ein paar Jahren, wenn die Ukraine-Sache Geschichte sein wird, ein weiteres ehemaliges Warschauer-Pakt-Land in der EU zu haben, das nichts weiter tut und kann, als auf Deutschland rumzuhacken, wohl wissend, dass wir aufgrund unserer Geschichte gegen jeden noch so dümmlichen und an den Haaren herbeigezogenen Vorwurf hilf- und wehrlos sind und also zahlen, zahlen, zahlen werden.
Halt einfach mal die Fresse, Melnyk, alleine die Amis haben Euch seit April 54 Milliarden Dollar gesponsert, das entspricht 80 Prozent des gesamten russischen Militär-Budgets (vgl. LMD von heute). Dazu kommen die Donationen der Europäer. Was denn noch? Oder genießt Du nur die Dir durch den Krieg zugewachsene Macht, uns einfach mal so ans Bein pinkeln zu dürfen? Übt Ihr schon mal für die künftige Koalition mit den anderen pseudo-demokratischen Ätz- und Quengel-Autokratien Polen, Tschechien, Ungarn, Türkei?
Lech Walesa hat neulich den Vorschlag gemacht, Frankreich und Deutschland sollten die EU neu gründen, ohne den Fehler zu wiederholen, die rechts-demagogischen östlichen Zweit-Welt-Staaten ins Boot zu holen. Spontan hielt ich die Idee für völlig bescheuert. Mittlerweile ... seufz.
Wiegolds Bundeswehr-Blog ist nach wie vor höchst kompetent und ergo lesenswert. Für einige seiner Kommentatoren¹ mag das auch gelten, bei manchen müssen wir allerdings durch die psychopathologische Brille lesen, wie z.B. in diesem Kommentar vom 04.06.2022: :
"Russland wird die alleinige Kriegsschuld anerkennen müssen und Reparationen nach internationalen Standards leisten. Hierbei hat Russland die Wahl sich gegen Aufhebung von Sanktionen zurückzuziehen oder rausgeschmissen zu werden und einen Diktatfrieden des Westens zu akzeptieren. Anders ist die regelbasierte Ordnung nicht mehr zu retten."
Ui, da hat aber einer 'ne schwere Kindheit gehabt. Wer sowas fordert oder wer - wie Selenskij - sagt, man werde nur aus einer Position der Stärke über Frieden verhandeln, der sollte offen und ehrlich dazu stehen, Krieg, egal welchen, einfach geil zu finden, in einem ganz sexualisierten Sinne von "geil".
Wie kann man im Jahre 2022 mit dem Schlagwort "Diktatfrieden" so brechreizerregend naiv umgehen?
Findet die Leute, die immer mehr Geld und Macht gewinnen, je länger der Krieg dauert, und findet jene, die an Einfluss verlören, wenn der Krieg endete.
Das Handeln durch Nicht-Handeln ist das Konzept, das uns immer wieder freidrehen lässt, denn erstens widerspricht es so vollkommen unserer You-can-get-it-if-you-really-want-Sozialisation, zweitens haben wir alle schon x-mal die Erfahrung gemacht, dass unser Leben gut läuft, wenn wir Wu wei beachten und dass es beschissen läuft, wenn wir es nicht tun und drittens sind wir völlig außerstande, auch nur sprachliche Annäherungen oder einigermaßen einleuchtende Metaphern zu finden, obwohl wir seit zweieinhalbtausend Jahren versuchen, Wu wei zu definieren.
Um mir selbst zu erklären, wie Wu wei funktioniert, benutze ich u.a. folgende Alltagsdefintionen:
Zufällig wieder auf dieses herrliche alte Branduardi-Video gestoßen ... Äh, kann ein Video alt sein, wenn es aktuell auf Youtube streambar ist? Oder sind I-net-Inhalte, anders als z.B. Bücher, stets neu? Bücher als Informationsträger altern zweifellos, Bits und Bytes hingegen sind immer gegenwärtig, immer heutig, immer sekündlich ...
Egal. Was ich eigentlich sagen wollte: Wie der junge Branduardi hier auftritt, das hatte und hat für mich den Hauch eines fernen, fernen Ideals, das ich niemals erreichen werde. Sehr schlank, gutaussehend, bemerkenswerte Kondition, Vollblut-Künstler, ganz seiner Kunst verschrieben, leicht, spielerisch, fröhlich, mit Tiefgang, träumerisch, verträumt, fast ein wenig zerbrechlich (dann aber doch nicht), gelebte Ästhetik, bringt Leute zum Lachen und Tanzen ...
Dagegen ich: Unbeweglich, gefühlt ein bisschen zu dick, ein bisschen unsicher und auf der Suche. Voller Fehler, voller Spießer-Macken und Sozialisations-Defekte, ein bisschen zu ernst, zu nachdenklich, zu unflexibel vielleicht. Verglichen mit dem damaligen A.B. ist mein Sternbild irgendwo zwischen Preisboxer und Bergepanzer.
Nun, mit 60, am Ende des dritten Viertels, könnte ich in der Sache resignieren, denken "Du warst nie wie er, und die Chancen dazu werden nicht eben größer. Gestehe Dir ein, es endgültig verkackt zu haben."
Seltsamerweise kommen diese Gedanken nicht. Mit retrospektiver Distanz betrachte ich interessiert den Menschen, mich, der dieses Branduardi-Bild so schön fand und findet. Ich bin zufrieden mit dem Weg, den ich hatte und noch habe. Mein Weg fand und findet in einer ganz anderen Ecke des Universums statt. Verdächtig wär's, wenn ich je die selben Wegpunkte wie A.B. erreicht hätte.
Alles gut. Und immer noch eine großartige Show - in einer Zeit, in der Musikstücke noch über acht Minuten dauern durften.
Gestern endlich wieder unterwegs. Mit dem Wind auf der Nase von Oldenburg/Hatten nach Kührstedt/Bederkesa und nach kurzer Pause im Kreise sehr freundlicher Menschen wieder zurück.
Da unten ist nix Graubraunes mehr. Nur noch pralles Grün.
Irgendwo nördlich des Teufelsmoores. Man sieht deutlich die Lage des einst mäandrierenden Flusses. Klar erkennbar, wieviel wertvolle Flussmeter es gekostet hat, den Landwirten eine noch effizientere, profitablere Bodenbearbeitung zu ermöglichen. Lasst uns mal gemeinsam raten, wer die Kosten trägt und wer die Profite einstreicht.
Beim Lesen der Online-Portale und der verschiedenen Generalstabs-Briefings, ukrainisch, russisch, us-amerikanisch: