Montag, 28. Dezember 2015

Knobelspiel


Finden Sie die Denkfehler in folgenden Aussagen:

  • ÄrztInnen verdienen Geld damit, mich zu heilen, wenn ich krank bin.
  • Druckerhersteller verdienen Geld damit, Drucker und Zubehör zu verkaufen.
  • Feuerwehrleute verdienen Geld damit, Brände zu löschen.
  • ...

Naaa? Beim letzten Satz hat's gefunkt, nicht wahr? Feuerwehrleute, auch die der Berufsfeuerwehren, verdienen ihr Geld nämlich NICHT damit, möglichst viele Brände zu löschen. Wäre das Einkommen der Feuerwehrleute nämlich von der Anzahl der Brände abhängig, könnte es passieren, dass sie in Jahren ohne Brandkatastrophen pleite gehen, den Laden dicht machen und dass beim nächsten Brand niemand mehr da ist, der was von professioneller Brandbekämpfung versteht. Zynischerer Gedanke: Wenn mein Gehalt von der Anzahl der Brände in meiner Region abhinge ... und dieser ohnehin ungenutzte, alte, einsame Schuppen ... auf dem einsamen Feld ... in einer mondlosen Nacht ... und ich brauchte das Geld ... um meinem armen, alten Mütterlein  ... wenigstens zu Weihnachten  ... ein frugales Süpplein ...

Kurz: Es ist logisch, gut und richtig, dass zwar die Brandbekämpfung Aufgabe der Feuerwehrleute ist [*1], dass sie aber gleichwohl nicht dafür bezahlt werden. Feuerwehrleute werden, die ganze Zeit, ob's brennt oder nicht, dafür bezahlt, dass sie DA sind. Machen wir uns das bewusst: Wir zahlen permanent, jede Sekunde, dafür! Und niemand beklagt sich, weil alles Andere auch ziemlich bekloppt wäre.

Da das so einsichtig ist, verstehe ich nicht, warum das im Gesundheitswesen nicht funktioniert. Wer kam eigentlich auf die bekloppte Idee, ÄrztInnen nur noch für das Gesundmachen von "Fallzahlen" zu bezahlen? Und wer verleidet's den ÄrztInnen, dass auch sie ihren Mütterleins zum Christfest mal was Schönes gönnen wollen? Warum können wir nicht Krankheitsbekämpfung nach dem selben Prinzip finanzieren, wie die Brandbekämpfung? [*2] Nur, weil die Pharmakonzerne so eine Mörderlobby haben und Feuerwehrausstatter nicht? [*3]

Und warum sollte das Prinzip nur bei Hochwert-Aufgaben wie Brand- und Krankheitsbekämpfung funktionieren, warum nicht auch ganz prosaisch bei PC-Druckern? Es ist schlicht ein hirnrissiger Ansatz, Konzerne dafür zu bezahlen, dass sie möglichst viele Drucker und Toner verkaufen, und es ist nur logisch - denken wir an das arme Mütterlein - wenn die IngenieurInnen angesichts einer derartigen Aufgabenstellung immer mehr Murks einbauen, damit ich am Tage ([Ablauf der Garantie] + 1) auch tatsächlich genötigt bin, nachzukaufen.

Es ist einfach eine falsche Anreizsituation. Seit über 30 Jahren mache ich mit Computern rum, und seitdem leide ich mehr oder weniger unverändert an %§$#~^$@-Druckerproblemen. (Erzählt mir doch nix von technischem Fortschritt!) Ich will gar nicht alle drei Jahre neue Drucker kaufen müssen! Ich werde, zu meinem ewigwährenden Unmut, allerdings dazu gezwungen. Viel lieber wäre ich dazu  bereit, dauerhaft eine geringe Summe X zu zahlen, wenn dafür jemand dafür sorgte, dass ich jederzeit problemlos drucken kann. Auch am Wochenende, auch nachts. Druckertyp ist mir latte, solange es Laser s/w ist. Und wenn ich Jahr um Jahr druckte und zahlte, und niemand müsste sich kümmern, nun, dann wäre mir das recht, und dem Dienstleister müsste es doch auch recht sein, oder?

Welche Auswirkungen hätte das auf die Hersteller? Wir hätten plötzlich einen Bedarf an super-robusten Druckern, so pflegeaufwändig und komplex wie eine Keule. Ich nenne das "russische Technik" und meine das als höchstmögliches Kompliment. Es wäre das genaue Gegenteil des gegenwärtigen Zustandes.

Man könnte es auch "nachhaltig" nennen.


Tl,dr: Wir leben in einer Welt fehlgeleiteter Anreizsysteme. Das erzeugt gravierende Probleme. Eine disziplinierte, rationale Bedarfsanalyse ist notwendig.


(Sylvain Pedneault via wiki commons)
Wäre die Feuerwehr privatisiert und eine Aktiengesellschaft, würde dieses Bild die Herzen erfreuen, denn hier wird gerade richtig Umsatz gemacht. Da dem aber nicht so ist, brennt hier nur ein schönes Gebäude ab, und engagierte Profis halten für viel zu wenig Geld ihren Arsch hin. Nicht lustig.





[*1] Jaja, ich weiß, dass das eine völlig naive, populistische, dümmliche Verkürzung des tatsächlich sehr viel umfangreicheren Aufgabengebietes der Feuerwehr ist. Das ändert aber nichts am Prinzip.

[*2] Es soll einen chinesischen (?) Herrscher gegeben haben, der das noch konsequenter durchgezogen hat: Seine Ärzte wurden nur solange bezahlt, wie er gesund war. Auch ein interessantes Konzept. Leider fehlt mir da jede Quellenangabe.

[*3] Hier tun sich gedankliche Abgründe auf. Man stelle sich umgekehrt vor, das Feuerwehrwesen funktionierte wie unser Gesundheitswesen: "Ich bin privatversichert. Ich wünsche, dass mein Haus zuerst gelöscht wird. Und zwar - nach ausführlicher persönlicher Beratung - nur vom Oberbrandmeister persönlich. Mit dem möbelverträglichen Pflege-Lösch-Schaum, der Kassen-Brandopfern nicht zusteht ... Ich weiß, dass das mehr kostet, aber das bin ich mir wert. Gerade wenn's brennt, sollte man auf die kleinen Annehmlichkeiten achten."

 










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