Samstag, 12. Dezember 2015

Bezahl-Patriotismus



Jestern im Provinzialblatt jelesen, deutsche Reeder schlagen Alarm: Deutsche Handelsflotte schrumpft weiter, immer mehr Schiffe werden an ausländische Firmen verscheuert, die sie trotz großer internationaler Konkurrenz im Wachstumsmarkt Handelsschifffahrt erfolgreich weiter betreiben. Es sei, so der deutsche Reederverband, "im nationalen Interesse", den maritimen Standort Deutschland zu halten ... blablabla ... staatliche Unterstützung.

Ich verstehe das mal wieder nicht:

Wenn deutsche Reeder deutsche Schiffe im globalen Rahmen nicht konkurrenzfähig betreiben können, andere Reeder aber durchaus, warum sollte man die deutschen dann weiter staatlich unterstützen? Wahrscheinlich, weil die deutschen Reeder argumentieren, es sei total unfair, mit den Billiglöhnen anderer Nationen konkurrieren zu müssen.

Verstehe ich wieder nicht:

Heißt das, wir sollen den Phillipinos (oder wem auch immer), die weltwirtschaftlich einstweilen nicht viel anderes zu bieten haben, als ihre gutausgebildeten Billiglöhner, diese mickrige und ohnehin erbarmungswürdige Erwerbsquelle auch noch dichtmachen? Von was, bitteschön, sollen die dann jemals deutsche Investitionsgüter, wie z.B. Maschinen bezahlen?  Oder ist es vielleicht sogar gewünscht, wenn diese armen aber aufstiegswilligen Länder dafür unbezahlbare Kredite aufnehmen müssen? Vorzugsweise bei deutschen Banken? Die daran risikolos richtig schwer verdienen? Und diese Länder wirtschaftlich und politisch in dauerhafter, unerträglicher und unabwendbarer Abhängigkeit halten?

Von wegen "maritimer Standort Deutschland". Drauf geschissen! Lasst den anderen doch auch mal Luft zum Atmen. Lasst uns - global - doch mal zu einem wirklichen Fairtrade kommen. Es gibt Länder, die Schiffahrt billiger und besser können als wir? Prima, geben wir ihnen Aufträge! Dafür können wir Maschinenbau besser. Verkaufen wir ihnen die besten Maschinen der Welt! Das wäre eine kristallklare Win-win-Situation und entspräche vollkommen der erz-kapitalistisch-neoliberalen Forderung nach dem "freien Spiel der Marktkräfte".

Aber, seltsam, diesen Ruf hörte man aus der Reederei-Branche nur, als bis vor ein paar Jahren  Investitionen in Schiffe ein erstklassiges Abschreibungs- (sprich: Steuerhinterziehungs-) Modell für ein paar super-reiche Global Players waren. Plötzlich wird aber wieder in schönster Sozialisten-Manier nach staatlicher Hilfe, nach Lenkung und Patriotismus gerufen.

Eure Verlogenheit kotzt mich an.



(via wiki commons) 
"Vorrrwähtz und nich' vagäss-sen ... die So-ho-lidah-riteeet ...!" 

Die schlimmst-denkbare Perversion von Solidarität ist, wenn man nur aus macht- und geldgeilem Kalkül nach ihr ruft.





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