Montag, 8. April 2019

Einfach mal die Klappe halten ...


Soso, Kulturstaatsministerin Grütters fordert verbindliche KZ-Besuche für angehende Lehrer*innen, weil "hasserfüllte Parolen immer ungenierter öffentlich kundgetan würden – auch von Seiten einiger Besucherinnen und Besucher in NS-Gedenkstätten."

Spontan war ich ein bisschen sauer, aber das hielt nicht lange an. Schnell überwog dann Mitleid. Wie traurig, ist es doch, dass die arme Monika niemanden hat, der oder die ihr ganz vertraulich sagt: "Du, Monika, das war jetzt nicht so ganz schlau, was Du da rausgehauen hast. Das war, wenn man genau hinsieht, eine unglaublich schwere Beleidigung aller Lehrer*innen. Du tust so, als wären die Lehrer*innen für den Fascho-Populismus verantwortlich, Du kleines Dummerchen."

Und dann würde Grütters (M.G.) wahrscheinlich sagen: "Was? Wieso? Verstehe ich nicht. Ich habe doch nur gesagt, was mir gerade so einfiel..."

Und dann müsste die vertraute Person (V.P.) sagen: "Ja, liebe Monika, das ist's ja gerade! Du bist leider strunzdoof und solltest besser nicht so einfach etwas sagen. Am besten wär's, Du sagtest überhaupt nix. Denn von nix hast Du am meisten richtig Ahnung."

M.G.: "Das stimmt doch gar nicht! Immerhin bin ich Bildungs-Tussi. Immer schon gewesen. Aber hallo! Schau mal in meinen Lebenslauf."

V.P.: "Ja, aber was glaubst Du denn, warum man Dich als reine Quoten-Tussi zur Bildungs-Tussi gemacht hat? Das ist der Bereich, in dem Plittikör wie Du am wenigsten unmittelbar sichtbaren Schaden anrichten und sich trotzdem 'nen goldenen Arsch verdienen können. Schau Dir doch die Karliczek an."

M.G. (kleinlaut): "Achso. Ja, stimmt. Aber irgendwie muss ich doch auch mal öffentlich auftreten und wichtig rummimen."

V.P.: "Warum? Musstest Du Dich jemals in einem Wahlkampf bewähren? Bist Du jemals demokratisch für irgendwas gewählt worden?"

M.G.: "Äh ... nein."

V.P.: "Siehste. Du bist eine Quoten-Tussi. Deine Parteikarriere verdankst Du Deiner Gerissenheit in innerparteilicher Taktik. Du bist doof, skrupellos und leicht manipulierbar. DAS ist Dein Kapital. Versuch' am besten NIE wieder irgendwas Inhaltliches, ok?!"

M.G.: "Is' gut ..."



(stark verändert via wiki commons)















Sonntag, 7. April 2019

Folge-Gedanken zu Mene Tekel (s.u.)


Die ganze Zeit rumoren in mir die üblichen Selbstvorwürfe, was für ein besserwisserischer, arroganter Sack ich doch sei, die Soldaten, die im Ersten Weltkrieg so gelitten haben (und die natürlich nur als Stellvertreter für viele andere [keineswegs alle] Soldat*innen stehen) als Vollidioten zu bezeichnen, deren Leid mich ankotze.

Ja, liebes schlechtes Gewissen, mir ist natürlich völlig klar, dass ich, wäre ich in derselben Situation, haargenau so agieren und reagieren würde, wie die armen Würstchen damals. Darüber erübrigt sich jede Diskussion: Ich bin nix besser oder schlechter als die.

Worauf ich hinauswill: Wenn wir schon trauern und bedauern, dann sollten wir es auch richtig machen. Es ist traurig und bedauerlich, dass so viele Millionen Menschen aus so idiotischen Gründen einander umgebracht bzw. das Leben zur Hölle gemacht haben. Trauerarbeit bedeutet auch, zu fragen, warum diese Menschen sich so dauerhaft für diese Idiotie hergegeben haben, statt sich zu solidarisieren und zu rebellieren.

Kriege verhindert man nicht, indem man darauf baut, Plittikörr würden ihr Verhalten ändern. Das tun sie seit Jahrtausenden nicht, denn Politik ist das Spiel mit und um Macht. Netanjahu tanzt es doch aktuell mit der angedrohten Annexion der besetzten Gebiete vor: Um seine eigene persönliche Macht zu erhalten, zündelt der Macht-Habende auch gerne mal mit dem Kriegsleiden von Millionen.

Kriege verhindert man, indem man die Machtlosen stark macht und Macht-Habenden eng begrenzt und kontrolliert. Les tyrans ne sont fort que de votre faiblesse. Über die Faiblesse sollte man trauern. Und dann was dagegen tun.


















Samstag, 6. April 2019

Mene tekel


Lese gerade Jürgs M.: Der kleine Frieden im Großen Krieg, München, 2003. Lieblos zusammengeklatscht, allzu menschelnd, schlecht redigiert, Bertelsmann eben. Aber viel primäres Material zu den kuriosen Ereignissen, als in der Hölle des Grabenkrieges in Flandern um Weihnachten 1914 die Soldaten beider Seiten das Kämpfen unterbrachen, sich im Niemandsland trafen, teilweise kleine Geschenke austauschten und Fußball spielten. Es gibt sogar einen extrem kitschigen Kinofilm dazu.

In der Summe wurden und werden diese Ereignisse oft als ein "Wunder" bezeichnet und in der Tat sorgten die Kommandoebenen aller kriegführenden Mächte dafür, dass diese peinliche Sache nicht publik würde und sich in den folgenden drei Kriegsweihnachten auch nicht wiederholte. 

Ich finde es nicht des Wunderns wert, dass die Leute in weihnachtlicher Sentimentalität einfach mal ein paar Stunden lang nicht aufeinander schießen wollten. Auch nicht, dass sie neugierig waren, die Jungs kennenzulernen, denen man monatelang unter sehr ähnlichen Lebens- und Sterbensbedingungen gegenüberlag. 

Was meine Vorstellungskraft übersteigt, ist nicht der Anfang dieser Episode, sondern ihr Ende, der Moment, in dem man dann irgendwann sagt: "So, jetzt gehen wir alle wieder zurück in unsere frostigen, matsch- und leichengefüllten Gräben und bringen uns weitere drei, vier Jahre lang um."

Wie kriegt man sowas hin? Wie können - angeblich - vernunftbegabte Lebewesen sowas machen? Zumal es einen ganz simplen Alternativvorschlag gab: "Erschießt Eure Offiziere und geht nach Hause!" Hätten das alle Soldaten konsequent und solidarisch durchgezogen, und diese Absprache hätte man Weihnachten '14 ja mal eben treffen können, wäre der Krieg auf der Stelle vorbei gewesen, mit nur einem Promille der Opfer, die er realiter gekostet hat.

Warum haben die Soldaten das nicht gemacht? Selbst dem dümmsten, hinterwäldlerischsten Muschkoten muss diese Logik einleuchten. War der Leidensdruck nicht groß genug? Wenn ich mir die Berichte aus jener Zeit anschaue, kann ich mir das eigentlich nicht vorstellen. Waren die Leute vielleicht im tiefsten Innern geil auf das Leiden? Sehr unwahrscheinlich, dass sich da wirklich 6 Millionen Masochisten gegenüberlagen. Die Historiographie gibt dergleichen auch nicht her.

Waren die Leute vielleicht überzeugte Militaristen, Deutsche, Briten, Franzosen, bejahten sie also, kurz gesagt, den Krieg und das, was sie da eigentlich machten? Wenn das so wäre, dann sollen sie sich, verdammt nochmal, nicht so viel beklagen, dann passt das weinerliche Gewinsel der Feldpostbriefe und Tagebuchaufzeichnungen nicht. Dann hatte Ernst Jünger, dessen Kriegsbegeisterung man aus heutiger Sicht psychopathologisch analysieren muss, in seinen "Stahlgewittern" also nur verschriftlicht, was die Jungs beiderseits der Front dachten?

Oder ist es die die uralte Geschichte, die bereits 1576 von einem 19jährigen erkannt wurde: "Die Tyrannen sind stark, weil wir schwach sind."? Ist die Macht der Herrschenden wirklich so groß, dass sie das Leiden so vieler Millionen Menschen über so lange Zeit als pseudo-stabilen Zustand etablieren können?

Wenig Anlass zur Hoffnung.



Vollidioten aller Länder vereinigen sich.
Sie hatten die Wahl. In diesem Moment hatten sie die Wahl.
Und sie haben sich entschieden, weiterzumachen.
Ich will also keine Klagen mehr hören. 
"Euer Elend kotzt mich an!"












Mittwoch, 3. April 2019

Zack! Sommer!


Heute Vormittag habe ich definitiv die erste Schwalbe des Jahres gesehen! Damit ist, wie wir alle wissen, der Sommer zwar noch nicht gemacht, aber ein ganz deutliches Signal gesetzt.

Ob diese Schwalbe jetzt ein besonders cleverer oder ein besonders dämlicher Vertreter der Gattung Hirundo war, kann ich nicht sagen. Das aktuelle Wetter und die 3-Tage-Prognose sind ja nicht so prickelnd. Wenn die Tiere wirklich über so hypersensible Wahrnehmungsorgane verfügen, dass sie meteorologische Entwicklung antizipieren können, dann hätte ich als Schwalbe lieber noch ein paar Tage im Südlichen Oberrheingraben herumgedölmert. Aber wahrscheinlich gibt es überall gesellschaftliche Streber.


(stark verändert via wiki commons)
Ja, nein, das Bild habe ich nicht selbst geknipst. Aber genau so sah es aus!







Dienstag, 2. April 2019

Kampf der Kulturen


Hörte inzwischen mehrfach die Klage, es würden vermehrt die Verkaufsstände von Hofläden ausgeraubt, jene, bei denen man auf Treu und Glauben einen Sack Kartoffeln entnehmen und dafür eine Summe Geldes deponieren kann, und zwar würde nicht das mittlerweile leidlich gesicherte Geld, sondern die wohlfeile Ackerfrucht entwendet.

Las sodann gottweißwo, es wären vor allem Kleingruppen ost- und südost-europäischer sowie vorderasiatischer Ethnien für diese Diebstähle verantwortlich.

Ließ mir dann von einem hier wohlassimilierten Angehörigen dieser unter Generalverdacht stehenden Völkerschaften erklären, ja, das klinge plausibel, denn es sei dort ein Zeichen von Schwäche, genauer: von unfassbarer Blödheit, wenn man auf seine Sachen nicht aufpassen könne, und diese Blödheit auszunutzen gelte keineswegs als unehrenhaft bei diesen Leuten, die auf persönliche Ehre, Integrität und ihren Erhalt allergrößten Wert legten.

Kann den Aspekt der Eigenverantwortung nachvollziehen, der darin zum Ausdruck kommt: Wenn Du Deinen Kartoffelsack unbeaufsichtigt herumliegen lässt, ist er irgendwann weg. Allerdings fehlt hier die Grenzbedingung. Gilt denn auch: Wenn Du nicht im Stande bist, mit potenter Wumme in der Faust Deinen Kartoffelsack gegen eine Horde schwerbewaffneter, räuberischer Barbaren zu verteidigen, bist Du ein Schwächling, der nichts Besseres verdient, als seines Kartoffelsackes verlustig zu gehen? Wo soll die Grenze dieser tendenziell gewaltaffinen Ethik sein?

Außerdem kann ich aus meiner aus, ach, so vielen Quellen zusammengestökelten Gebrauchs-Ethik nicht raus. Schriebe ich endlich irgendwann mal auf, welche Verhaltensweisen ich als Ausweis "guten" Verhaltens betrachte, würden da auf jeden Fall Sätze auftauchen, wie "Klauen ist völlig ausgeschlossen!" oder "Wenn Du's haben willst, musst Du's Dir verdienen!" oder "Häng' Dich doch nicht so am Materiellen auf, Blödmann!"

Kurz: Für mich ist es ein Beweis wahrer Ehrenhaftigkeit, wenn man in einer Situation straflos klauen, betrügen, behumpsen und beschuppsen könnte, aber nicht mal im Traum daran denkt, es zu tun. Das ist für mich ein Ideal, das ich selbst unbedingt befolge, und ich möchte nur Menschen um mich haben, die genau so denken.

Und nein, damit habe ich NICHT das ganz große Ausländer-raus-Fass aufgemacht! Beklaut und betrogen werden wir in der Summe am stärksten von Bio-Doitschen, von Bio-West-Hemisphärlern, von Bio-Erstweltlern, von Konzern-Raffkes, von Plittikörrn. Dagegen ist die hiesige unbedarfte Klein- und Gelegenheitskriminalität der vielen doitschen und ein paar anderer Ganoven ein Witz, ein erbarmungswürdiger. *

Der "Kampf der Kulturen" geht eben nicht Doitscher gegen Rumänen oder Albaner oder sonstwas, und erst recht nicht Doitscher gegen Migranten. Auch nicht zwischen "Erstwelt" und "Drittwelt". Das ist eine Auffassung, die man uns einreden will, um vom tatsächlichen Gegner abzulenken. Die Hauptkampflinie verläuft zwischen den Anhängern einer Normalo-Ethik (d.h. meine Ethik, s.o.) und den globalen Raffgier-Egomanen.

Und der Kampf geht, bis einer heult.





(stark verändert, Quelle unbekannt)



* Und ich verkaufe keine Kartoffeln. Und meine Hütte verfügt über exquisite Einbruchssicherung. Und ich würde nicht tatenlos zusehen, wie man mir den Laden ausräumt. **

** Natürlich bin ich gegen Gewalt. Aber ich bin auch dagegen, alles "mit der Brechstange" regeln zu wollen. Und trotzdem habe ich eine ... ach nee, zwei.



 





Sonntag, 31. März 2019

Hab' keine Lust!







Ärgerlich: Dass der Bayer-Konzern eine bei mir recht wirksame Creme neuerdings in eine feste, starre Plastik-Tube verpackt, die konstruktiv darauf ausgelegt ist, möglichst große Restmengen des nicht eben billigen Produktes zurückzuhalten.

Ärgerlich nicht nur, dass man das an sich nützliche Produkt nun leider boykottieren muss.

Noch viel ärgerlicher der Gedanke, dass die Marketing-Fuzzies, die sich das ausgedacht haben, sich selbst für unglaublich ausgebufft und uns für ausgesprochen blöd halten.

Und am aller-ärgerlichsten der Gedanke, dass sie damit anscheinend recht haben.

Beweis: Würde es sich betriebswirtschaftlich nicht lohnen, ein so mieses, kundenfeindliches Marketing zu betreiben, würden die Knallköppe es vermutlich nicht tun.

Umkehrschluss: Der Schwachsinn, der uns aus Werbung, Warenangebot und Produktgestaltung entgegenquillt, ist der Schwachsinn, auf den eine mathematisierbare Mehrheit abfährt. Das ist zwar völlig unbegreiflich, aber das sind Teile der Quantenphysik auch.

Persönliche Schlussfolgerung I: Fast alles Idioten, außer ich!

Persönliche Schlussfolgerung II: Ich verstehe alle tendenziellen Eremiten, die sich vom Treiben dieser Mehrheiten möglichst zurückziehen.

Persönliche Schlussfolgerung III: Minimalistisches Leben fällt mir immer leichter. Es macht keinen Spaß mehr, Sachen zu kaufen. Das ist kein Konsumverzicht, sondern Konsum-Lustlosigkeit, die aus dem zunehmenden Gefühl permanenten Betrogen-Werdens resultiert.
















Donnerstag, 28. März 2019

Angels at my Gate


Was ist der Unterschied zwischen Huawei und Google?

Naja, auf der einen Seite haben wir einen riesengroßen, übermächtigen Internetkonzern, der mehr oder weniger halboffiziell von der Großmacht, deren Rechtsprechung er unterliegt und die uns Europäern keineswegs freundlich gesonnen ist, gezwungen wird, die Daten, die wir dort hinterlassen, persönliche Daten, Firmengeheimnisse, Konstruktions- und Strategiepapiere, auszuspionieren und an die Dienste der betreffenden Großmacht weiterzugeben, wo diese Daten dann zu unserem Nachteil genutzt werden.

Und auf der anderen Seite ... äh ... oh.*

Ich meine, wer auch immer Lizenzen zum Aufbau des 5G-Netzes bekommt, man sollte extremst misstrauisch sein und bleiben. Huawei ist höchstens ebenso gefährlich wie alle anderen.






Mata Hari (1905)
oder:
Als Spionage noch verrucht und verboten war.
oder:
"Früher war mehr Lametta!"





* Diese Konstruktion habe ich von Terry Pratchett geklaut, der solcherart höchstgenial Scheibenwelt-Magie und irdische Naturwissenschaft verglichen hat.









Dienstag, 26. März 2019

Fast nix gemerkt




(stark verändert via ndr.de)

Erst habe ich drüberweggelesen. Die organisierte Kriminalität von Auto- und Finanzkonzernen bleibt eigentlich im selben Aufmerksamkeits-Überdruss-Filter hängen, wie Trump, Brexit und die weltweite Populisten-Fascho-Kacke.

Dann habe ich - warum, weiß ich nicht - doch nochmal sinnentnehmend gelesen und festgestellt:

  • Es geht nicht darum, dass VW im großen Stil, d.h. weltweit und mehrmillionenfach bewusst, d.h. mit gezielter technischer Manipulation Kunden betrogen hat. Das ist keine Frage, sondern Tatsache. 
  • Es geht auch nicht darum, dass das kollektive ethische Versagen der Führungstruppe den im Titel erwähnten "Rückschlag für Volkswagen" darstellt.  
  • Es geht auch nicht darum, dass die betrogenen Auto-Käufer irgendwie entschädigt und verantwortliche Groß- und Schwerstkriminelle bestraft werden sollen.
  • Es geht auch nicht darum, dass der Konzern sein Fehlverhalten bis über den allerletzten Moment hinaus verschwiegen hat und bis heute keine Verantwortlichen benennt, wie auch Mafiosi oder die Mitglieder krimineller arabischer Clans niemals einen der Ihren den Gesetzeshütern ans Messer liefern. 


Vielmehr geht es darum, dass "mögliche kursrelevante Information der Märkte" möglicherweise von unterhalb des Vorstandes herausgesickert seien, dass infolgedessen der Aktienkurs weggebrochen sei, bevor (!) die Anleger ihre absehbar im Wert geminderten Anteile abstoßen konnten und dass sie solcherart Kursverluste in Höhe von fünf- bis neunmilliarden Euro zu verkraften hätten, die sie nun, bitteschön, ersetzt haben möchten.

Wohlgemerkt: Die Anleger haben kein Problem damit, dass der Konzern, "ihr" Konzern, bandenmäßigen Betrug in besonders schwerem Fall (§263 StGB) begeht. Sie hätten auch kein Problem mit dem vorübergehenden Einbruch der Aktienwerte gehabt, wenn, ja wenn, die Konzernspitze doch wenigstens die Freundlichkeit gehabt hätte, sie vor allen Anderen und exklusiv zu informieren. Dann hätte man nämlich auf der Basis dieses Insider-Wissens die Aktien vor dem zwangsläufigen Niedergang an irgendwelche uninformierten, nützlichen Idioten verscheuert, die dann den Verlust zu tragen hätten. Das wäre völlig o.k. gewesen.

Was ich nicht verstehe und gerne wissen möchte: Finde nur ich die dahinterstehende Ethik brechreizerregend (keine Metapher[!])? Warum wird darüber in einem Ton berichtet, als sei so ein Verhalten normal? Warum empört sich niemand?




(verändert via wikicommons)
Nee, das ist jetzt nur ein altes Foto eines Prozesses gegen die normale Mafia. 
Wann die VW-Manager angeklagt werden, weiß ich noch nicht. 












Samstag, 16. März 2019

Klare Kante


Als Gérard Depardieu noch ein richtig guter Schauspieler war und nicht nur hauptberuflicher Infantil-Egomane, gelang ihm in dem Film "Mammuth" eine großartige Szene, in der er als frühverrenteter und etwas langsamdenkender Schlachthofmitarbeiter nach vielen Jahren einen ehemaligen Arbeitgeber fragt, warum dieser damals keine Sozialversicherungsabgaben für ihn entrichtet habe, und der Arbeitgeber antwortet mit einem langen und sehr logischen Vortrag, der in den Worten kulminiert: "Du bist blöd. Das ist der Grund. Wir haben Dich da nicht angemeldet, weil Du blöd bist."

Für einen Moment herrscht Zweifel, ob Mammuth darauf gewalttätig reagiert, aber er stutzt nur, nickt und sagt hilflos "Ah ja!", als wäre er gerade nicht betrogen und beleidigt worden, sondern als hätte er soeben an einem sehr klugen und nachvollziehbaren Gedanken teilhaben dürfen.

Gestern hatte ich ein Telefonat mit einem Repräsentanten der DSL-Bank, von dem ich eigentlich wissen wollte, an welche Adresse ich die erste Mahnung des gerichtlichen Mahnverfahrens schicken solle, da die DSL-Bank seit Oktober letzten Jahres nicht mit der Änderung der Grundbucheintragung meines seitdem abbezahlten Hauses (Hurray!) in die Hufe kommt. Die Antwort dieses Repräsentanten war ebenfalls ein langer, logischer Vortrag, zwar nicht des Inhaltes, ich sei blöd, jedenfalls nicht direkt, aber dennoch so, dass ich ob der brutalen Offenheit nur zwischen gewalttätigem Protest und hilfloser Pseudo-Einsicht wählen konnte:

Meine Klage sei ihm keineswegs neu oder ungewöhnlich, sagte der Herr Repräsentant, aber ich müsse verstehen: Wenn eine Finanzierung erledigt sei, weil der Kredit abbezahlt, dann verdiene die DSL-Bank daran kein Geld mehr. Folglich säßen in der Abteilung, die die nachgehenden Prozesse bearbeite, wie z.B. die allfälligen Grundbuchänderungen, eigentlich nur inkompetente, unmotiverte, unintelligente und in anderen Abteilungen unbrauchbare Mitarbeiter, die einfach nichts geregelt kriegten und außerdem spiele so eine Grundbuchänderung außer für mein persönliches Wohlgefühl keine Rolle, und wenn ich irgendwann mein Haus verkaufen wollte, sollten die Notare sich darum kümmern und die Sache nochmals massiv bei der DSL-Bank einfordern.

Ich habe genickt (obwohl das am Telefonat immer etwas dämlich ist), ich habe hilflos "Ah ja!" gesagt, und ich habe sogar meine Frage vergessen, wegen der ich eigentlich angerufen hatte. 

Man verstehe mich nicht falsch: Ich will mich nicht über die DSL-Bank beschweren *. Ich finde es aber so überwältigend, wie selbstverständlich und wie diskursfähig es mittlerweile geworden ist, dass große Konzerne individuelle Privatkunden ohne jeden Hauch ethischen Zweifels, sogar ohne das Bemühen auch nur vorgetäuschter Ethik, ausnehmen. Ein Konzernvertreter, der mir offen sagt, mein berechtigtes Anliegen interessiere dort nicht mehr, da mit mir derzeit kein Profit mehr zu erzielen sei ... Chapeau!

VW macht es ähnlich, wenn der Konzern öffentlich zugibt, US-Kunden würden für den bandenmäßigen Betrug, den der Konzern begangen hat, natürlich entschädigt, deutsche Kunden natürlich nicht, weil das den Profit der Aktionäre schmälern würde. Was soll man machen? Hilflos nicken und "Ah ja!" sagen? Dazu gibt es eigentlich zu viele weitere Beispiele, die uns spontan einfallen.

Früher war das nicht anders, völlig klar. Aber früher hatte man den Anstand, derlei zu kaschieren. Und noch viel früher waren Geschäftsführer noch Geschäftsführer und keine austauschbaren CEOs und sie empfanden sowas wie persönliche Scham. Und noch viel, viel, viel früher, da griff ein Firmen-Chef auch schon mal zum Revolver, zum soliden Strick oder zum Wakizashi, wenn zu viel unethisches Geschäftsgebaren ruchbar wurde und er noch einen Hauch Ehre im Leib hatte.

Acta est fabula. Vielleicht ist es sogar besser, wenn die Arschlöcher ganz offen und ehrlich Arschlöcher sind. Was ist schlimmer als ein Arschloch? Ein verlogenes Arschloch. Na bitte.

Aber die frühkindlich-natürliche Sandkisten-Kinder-Ethik rumort in mir und findet Arschlöcher eigentlich immer noch doof, egal, ob sie offen oder verlogen agieren. Und der 57jährige alte Sack fragt sich, ob er diese brechreizerregende Offenheit zügelloser Profitgier tolerant in sein ohnehin nicht gerade sonnig-fröhliches Welt- und Menschenbild einbauen sollte oder ob es nicht doch an der Zeit ist, Altersstarrsinn zu reklamieren und mit zunehmender Lautstärke zu fragen, ob jetzt in Sachen Ethik eigentlich Alle völlig durchgedreht seien und was eigentlich noch passieren müsse, bevor wir die "Masters of the Universe" kastrieren, statt immer weiter nur zu nicken und "Ah ja!" zu sagen.

...

Oha. Sollte ich mich ein wenig echauffiert haben?

Schnell zwei Gegenbeispiele:

Karina Paulsen, Pflegedienstleitung bei der Sozialstation Wesermarsch-Ammerland. Hat Urlaub, kommt aber trotzdem freitagnachmittags vorbei, weil der Medizinische Dienst der Krankenkasse bei meinem Vater die Visite zur Festlegung der Pflegestufe macht.

Gemeinde Wiefelstede, Fachbereich Innere Dienste/Bürgerservice, eine Behörde (!!!): Alters- und krankheitsbedingt sind meine Eltern immobil. Nun müssen aber neue Personalausweise her und dafür bedarf es persönlichen Erscheinens "au dem Amt". Eigentlich nicht vorgesehen, aber spontan möglich gemacht: Eine Mitarbeiterin kommt vorbei und erledigt alles. Danke, Frau Tabke!


Was lernen wir aus alledem? Dreisatz:

1. Es gibt viel zu viele Beispiele für brechreizerregend unethisches Verhalten. Meistens im Zusammenhang mit der Möglichkeit, viel und schnell Profit zu machen.
2. Es gibt viele Beispiele für Menschen, die einfach nett und selbstlos sind, obwohl sie keine unmittelbaren Vorteile daraus ziehen, sondern einfach nur denken, dass eine Welt, in der es solche netten Menschen bzw. Verhaltensweisen nicht gäbe, keine Welt wäre, in der sie gerne leben wollten bzw. könnten.
3. Der Unterschied zwischen netten Menschen und Arschlöchern ist so grell-schreiend offensichtlich, dass ich künftig jedes klügelnde Geschwurbel über diesbezügliche Definitionen zurückweisen werde.








(Eigenes Foto, stark verändert)







* Eigentlich doch. Aber das bliebe effektfrei, daher kann ich's auch lassen. Selbstverständlich werde ich nie wieder mit der DSL-Bank zusammenarbeiten. Die sind einfach viel zu gewieft für mich.









Sonntag, 10. März 2019

Des Potus' genial-geheime Agenda!


Sollte ich jemals etwas Negatives über Trump gesagt haben, so bitte ich hiermit in Demut und tiefer Scham um Vergebung. Der Mann ist ein Genie. Der ist uns intellektuell um Lichtjahre voraus!

Die Idee, alles nur nach dem Preis und nichts nach dem Wert zu beurteilen, die krankhafteste egomanische Gier nach Macht und Geld zum ethischen Ideal zu stilisieren und den Zweck jedes Mittel heiligen zu lassen, erscheint auf den ersten Blick, nunja, gewöhnungsbedürftig. Wenn man diese Haltung aber auch auf den globalen militärstrategischen Bereich ausdehnt, wie Trump und seine devoten Zwerge es jetzt zelebrieren, dann bekommt Alles einen wunderbaren Sinn. *

Phase 1 (Gegenwart): Trump möchte, dass die Vasallen der U.S.A. für die Präsenz amerikanischer Truppen bezahlen, und zwar im Sinne einer betriebswirtschaftlichen Vollkostenrechnung plus 50 %. Wir können getrost davon ausgehen, dass diese "plus 50 %" reine Verhandlungsmasse und nicht wirklich ernst gemeint sind.

Phase 2: Alle Länder, in denen amerikanische Truppen stationiert sind, bemühen sich, diese Kosten zu minimieren, d.h. auf das allernotwendigste zu reduzieren. Erster Vorteil: Militärpräsenz wird erstmals auf drei Stellen nach dem Komma hinterfragt, das tatsächliche Sicherheitsbedürfnis permanent objektiv quantifiziert. Der Großteil der in Deutschland stationierten amerikanischen Truppen zieht ab.

Phase 3: Wo für Dienstleistung bezahlt wird, entsteht ein Markt aus Angebot und Nachfrage. Die US-Vasallen-Staaten, allen voran Deutschland, Japan usw., stellen fest, dass sie einige dieser Dienstleistungen entweder selbst viel billiger erbringen können oder sie vergeben externe Aufträge nach klarer internationaler Ausschreibung. Gerne dürfen die U.S.A. sich auch daran beteiligen, aber es gilt: Gleiches Recht für Alle! Da aber viele Staaten ihre amerikanischen Besatzungstruppen runterfahren werden, werden die Preise moderat.

Phase 4: Nehmen wir an, der Auftrag, den globalen militärischen Schutz der Bundesrepublik Doitschland zu gewährleisten, sei an einen asiatischen, afrikanischen oder russischen Warlord gegangen, weil dessen Angebot einfach am preisgünstigsten gewesen ist. Nehmen wir weiterhin an, dieser Warlord tut, was auch bei mittelalterlichen Söldnern an der Tagesordnung war: Er übernimmt gleich die politische Macht im Territorium seines Auftraggebers oder erpresst eine Riesensumme mit der Drohung, es zu tun. Dafür bedarf es einer Rückversicherung. Sagen wir also, wir hätten nicht nur den Warlord beauftragt, sondern auch ein dazu passendes Angebot, sagen wir, der russischen Armee angenommen, dass die Kontingente bereitstellt, in so einem Fall die Usurpatoren zur Raison zu bringen. Allein die Versicherungspolice, die wir mit den Russen abgeschlossen haben und für die wir natürlich auch zahlen müssen, verhindert die Usurpation.

Phase 5: Nach einer etwas turbulenten Umstellungsphase, man nennt das "Marktbereinigung", in der z.B. unzuverlässige Söldnerheere aus dem Markt gedrängt worden sind, gibt es nur noch eine Handvoll großer, zuverlässiger Sicherheitsanbieter, die modularisierte Militär-Sicherheits-Lösungen anbieten. Es ist längst nicht mehr nötig, dass wirklich überall auf der Welt Truppen stationiert sind. Für Europa würde es doch reichen, eine einzige, potente Streitmacht bereitzuhalten, die beispielsweise irgendwo westlich des Urals kaserniert sein könnte und nur im Bedarfsfall losgeschickt wird. Einstmals arme Länder, die weder Rohstoffe noch gutausgebildete Arbeitskräfte haben, können ihre Landeskinder in diesen Truppen dienen lassen und damit ihre Wirtschaft sanieren. Eine win-win-Situation, wie derzeit ja schon z.B. bei philippinischen Seeleuten.

In dieser Phase werden Konflikte ausgetragen, indem Land A droht: "Du hast mich beleidigt! Ich werde für 10 Millionen militärische Macht einkaufen!" Land B: "Ha! Wenn ihr für 10 Millionen Macht kauft, kaufen wir für 15 Millionen!" Vermutlich wird man dann aber die 10 respektive 15 Millionen sparen und nur Optionsscheine erwerben: WENN Land A mich überfällt, DANN setzt bitte  irgendwelche militärische Macht in Höhe von 15 Millionen dagegen. Vermutlich wird es auch Warentermin-Geschäfte geben. Was passiert, wenn sowohl Land A als auch Land B beim selben Anbieter einkaufen, weiß ich noch nicht. Aber Heckler & Koch verkaufen auch immer an beide Seiten, und niemand hat ein Problem damit.

Phase 6: Die Kosten für deratige Leih-Armeen werden natürlich unglaublich hoch sein, wenngleich nur ein Bruchteil dessen, was derzeit weltweit für Militär ausgegeben wird. Wenn man es aber richtig managt, kann das auch ein Riesen-Geschäft werden. Wird Zeit, die Kosten und die Risiken auf viele Schultern zu verteilen. Wir privatisieren die Bereitschafts-Armeen und gehen damit gleich an die Börse. Es entsteht die "Armee auf Aktien", genannt  "A³".

Phase 7: Wo Aktien sind, sind Shareholder. Und wo Shareholder sind, muss um des Profites Willen rationalisiert werden. 2017 wurden weltweit 971,9 Milliarden Dollar für Rüstung ausgegeben, davon 602 Milliarden allein von den USA. Nach ein paar Jahren betriebswirtschaftlicher Optimierung sind alle Armeen bis auf ein paar symbolische Reste, vergleichbar den Bärenfell-Mützen-Fuzzies vor dem Buckingham-Palast oder dem Wachbataillon der BW, zusammengestrichen. Die "Masters of the universe", sprich: die Finanzkonzerne, streichen per anno eine Billion Dollar als Gewinn (!) ein und sorgen im Gegenzug dafür, dass Kriege nicht mehr geführt werden. (Logisch: Dann würde ja das Geschäftsmodell leiden.)

Die Macht, Kriege zu unterbinden, hätten die "Masters" bisher auch schon gehabt, aber natürlich kein Interesse, weil dann keine Waffen ver- und gekauft würden und Abwesenheit von Profit ist nun mal der größte Horror des Kapitals, sagt Karl. Und Donald sagt, wenn auch sehr, sehr indirekt und nur in langfristiger Perspektive erkennbar: Gebt ihnen das Geld einfach so, dann brauchen wir keine Waffen und keine Kriege mehr!






(stark verändert via wiki commons)

Verdammt, hier haben wir den größten Checker der Weltgeschichte, und ich habe den Witz nicht kapiert. Peinlich, peinlich! Jetzt finde ich natürlich auch, dass D.T. den Friedensnobelpreis verdient.






* Interessant übrigens, dass ein führender Militär der US-Junta in diesem Zusammenhang ganz offen zugibt, dass ein künftiger Krieg mit China von den Psychopathen in Washington als unvermeidlich angesehen werde. Kennt noch jemand Kubricks "Dr Seltsam oder: Wie ich lernte die Bombe zu lieben"?