Montag, 1. Februar 2021

Ende der Utopien


Früher einmal war die Selbstaussage, für die Sozis oder für die Grünen zu sein, ein recht klares und umfassendes Bekenntnis zu einer bestimmten Weltanschauung ¹. Diese bequeme Eindeutigkeit haben SPD und Grüne allerdings versaubeutelt, als sie, von Machtgeilheit korrumpiert, ihre Positionen bis zur Unkenntlichkeit verschwurbelten.  

Wenn ich heute schnell und deutlich meinen Standpunkt darlegen will, muss ich mich beim Slang der Hirntoten bedienen und konstruiere das Bekenntnis "Ich bin das, was die Braunbratzen der AfD als 'links-grün-versifft' bezeichnen. Das bedeutet, ich trete aktiv für unsere Verfassung und den Erhalt einer menschenwürdigen Umwelt ein." Das ist viel zu kompliziert, außerdem habe ich keine Lust, mich beim Arschloch-Framing der Neonazis bedienen zu müssen. Was wir dringend brauchen, ist eine aktuelle, kurze und klare Definition dessen, wofür wir stehen.  

Trotz jahrelanger Meditation zum Thema ist es mir bisher nur gelungen, das Ganze auf einen Dreisatz einzudampfen. Und der geht so:

Erstens: Unser derzeitges Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell basiert auf der hemmungslosen, ungebremsten Gier nach Macht bzw. Geld. Dabei sind Macht und Geld austauschbar, denn wer über ein lebensnotwendiges Limit hinaus immer mehr Geld akkumuliert, tut dies, um immer mehr gesellschaftliche Macht zu erwerben, und umgekehrt hat bislang noch jeder Macht-Haber seine Position dazu missbraucht, sich persönlich finanziell zu bereichern. Die erfolgreiche Jagd nach Macht/Geld wird gesellschaftlich positiv sanktioniert, mögen die Mittel ethisch auch noch so verwerflich sein. ("Ein gerissener Hund!"; "Kompromissloser Dealer, der weiß, was er will!") Vernichtung unserer Umwelt, Kriege, Hunger, Unfreiheit, Rüstungswettläufe, Leid, Sklaverei etc. sind die unausweichlichen Folgen.

Zweitens: Dem Kapitalismus entgegen stehen sozialistische bzw. kommunistische Entwürfe und die Religionen, die uns ursprünglich lehren wollten, den Mammon zu verachten und stattdessen ein paar andere Sachen wichtig zu nehmen. Aber dabei ist ausnahmslos auch nur Moppelkotze rausgekommen, es endet immer in Fundamentalismus, Mord, Diktatur, Kriegen, Unterdrückung, Hunger, Leid etc. Das ist erstaunlich, denn einige der Utopien sind ganz schlüssige Entwürfe, die eigentlich funktionieren müssten, wenn da nicht immer wieder das schwächste Glied, das menschliche Individuum ... 

Ah?

Zwischenbilanz: Der Kapitalismus bringt uns um und die Alternativen, die großen gesellschaftlichen Utopien haben wir bislang allesamt verkackt. 

Drittens: Könnte es sein, dass wir, wenn wir das selbstmörderische Profitstreben überwinden wollen, nicht weiter versuchen sollten, einen anderen großkotzigen Gesellschaftsentwurf dagegenzustellen? Wie wär's denn, wenn wir stattdessen ganz klein und unten anfingen: Bei uns selbst und bei den Menschen in unserer Umgebung? Wenn wir ohne viel Aufhebens unseren persönlichen Materialismus auf ein Minimum herunterführen? Wenn wir begönnen, Leute toll zu finden, die sich für andere Menschen einsetzen, statt nur für ihren eigenen kurzfristigen und fragwürdigen Vorteil? Wenn wir auch Kindern und Jugendlichen beibrächten, Profitgier zu verachten und dass es großartig und lohnend ist, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Und dass Respekt, Toleranz und Solidarität unhinterfragbare Werte sind. Und ... so.

Ganz ehrlich: Um heute ein anständiger, d.h. links-grün-versiffter Bürger zu sein, brauchst Du keine große, linke Utopie mehr. Du weißt, worum es geht. Also fang endlich an!



 

(Wostok R7 beim Start - stark verändert via nasa)






¹ Die Aussage, politisch links zu stehen oder konservativ zu sein, war zu meinen Lebzeiten allerdings noch nie hinreichend präzise. Wie links? Ein bisschen links der SPD? Oder eher so DDR-links? Stalinistisch etwa? Oder eher so Fidel-Castro-flippig links? Und wie konservativ? Bürgerlich? National-konservativ? Revisionistisch?  





Sonntag, 31. Januar 2021

Ganz unten!


Corona-Lockdown plus Kackwetter - heute kam's zum Äußersten. Das Krisenhafte der Krise berührte mich mit seinen grausamen Krallen erstmals da, wo's wirklich wehtut: Der Lesestoff könnte bald knapp werden. Und wie der gestrandete Marsianer seine kargen Kartoffel-Stück-Rationen immer weiter streckt, schraube ich die Qualitätsansprüche an meine Lektüre immer weiter zurück, bis ich heute auf dem alleruntersten Niveau landete, dem tiefsten, ununterbietbaren Betonboden textuellen Schaffens: der umsonsten Sonntagszeitung.

Sparen wir uns hier die eklen Details. Möge, wer Beweise sucht und sich dem Schmutz aussetzen will, folgende Thesen selbst prüfen:

  1. Zielgruppe sind geistige Geronten. (Das sind Leute, die die Welt nicht [mehr] als veränderbar verstehen wollen. Es gibt Achtzehnjährige, die geistige Geronten sind, und es gibt Hundertachtjährige, die es nicht sind.)
  2. Die Themen sind ausnahmslos trivial. Wenn Politik eine Rolle spielt, gibt es höchstens mal  Interviews, in dem die Lokal-Plittikörr für die jeweils dominante Lokal-Lobby zu Wort kommen.
  3. Alle anderen Artikel sind mehr oder weniger schlecht versteckte Werbung für Produkte bzw. Dienstleistungen.
  4. Die beigelegten Prospekte machen über die Hälfte des Gesamtgewichtes aus, und wir erinnern uns, dass der pseudo-journalistische Teil ohnehin nur dazu dient, die Werbung in Briefkästen werfen zu dürfen, deren Besitzer*innen deutlich signalisieren, dass sie genau das bitteschön nicht wünschen.

Der letzte Punkt macht mich immer wieder nachdenklich: Welchen Nutzen kann Werbung haben haben, deren bloße Existenz uns wahnsinnig auf den Keks geht? Egal, ob sie unsere Briefkästen verstopft, mitten in den spannenden Fernsehabend quäkt oder auf der website herumflimmert, die wir gerade betrachten wollen?  

Und weiter: Was für eine geistige Verfasstheit haben eigentlich die Marketing-Fuzzies, die Mörder-Kohle darauf verwenden, uns mit Werbung dichtzuschmeißen, von der sie wissen, dass ihre Adressaten damit nur genervt werden? Wie kann so ein Marketing-Arsch denken: "Haha, natürlich nervt die Werbung mehr, als dass sie Kauflaune weckt, aber in der Summe holen wir das trotzdem über gesteigerte Gewinne wieder rein!"

Oder andersrum: Wie unendlich dumm sind wir Menschen, dass diese völlig verquere Logik der Marketing-Fuzzies offensichtlich funktioniert?

Ich schäme mich so...




(stark verändert via wiki commons)






Mittwoch, 27. Januar 2021

Echauffiert.


Die ganze Corona-Berichterstattung wird schon wieder so skurril: Buchstäblich jeder schmierige Lobby-Verband der Wirtschaft shanghait sich einen oder mehrere Privat-Sender und lässt volltönend Untergangs-Szenarien für die Branche und in ziemlich direkter Folge dann auch für den Planeten, das Universum und den ganzen Rest* verkünden, falls der Shutdown nicht SOFORT aufgehoben und falls nicht Subventionen in fantastisch-unbegrenztem Umfang an alle Klienten der jeweils lautsprechenden Lobby-Vereinigung gezahlt würden. 

Ich verstehe nicht, warum von den, ach, so kritischen Journalist*innen oder sonst niemand mit dem Hinweis nachhakt, dass viele zusätzliche Menschen stürben, wenn der Shutdown jetzt gelockert würde. Ich würde gerne hören, dass diesen hirnlosen Lautsprechern ihre kranke, bedingungslose Profitgier, die sich so himmelweit über das Gemeinwohl stellt, dass sie zusätzliche Todesfälle billigend in Kauf nimmt, um die Ohren gehauen wird.

Was für eine Scheiß-Welt, in der solche Leute sich überhaupt trauen, so öffentlich so antisozial aufzutreten und nicht schnell und solidarisch durch konsequente Boykotte ihrer Produkte und Dienstleistungen abgestraft werden. 

Und was für eine Scheiß-Welt, in der Plittikörr wie die Karliczek mindesten alle 48 Stunden bekloppte schulpolitische Forderungen raushaut, ohne von ihrer Entourage darauf hingewiesen zu werden, dass sie dazu qua Amt überhaupt nichts zu sagen hat, dass sie außerdem völlig uninformiert über Themenbereiche spricht, die man gerade in Krisenzeiten eigentlich Profis überlassen sollte, dass sie, die Karliczek, immer dann, wenn sie den Mund aufmacht, das absolut sichere Gefühl vermittelt strunzdumm zu sein, so dumm, dass sie selbst es nicht bemerkt und wir uns ergo auch noch für sie fremdschämen müssen und dass deshalb nicht einmal ihre eigenen Leute ihr noch zuhören oder gar irgendwas von ihr kommentieren ...




(via wiki commons)






* natürlich Douglas Adams. Was sonst?






Montag, 25. Januar 2021

Gedanke beim winterlichen Blick aus dem Fenster






Mein CO₂-Abdruck wäre längst nicht so groß, 

wenn es hier nicht ständig so arschkalt wäre!










Sonntag, 24. Januar 2021

Is' was?


Tausendfach gelesen: Wie sehr Lockdown uns auf uns selbst zurück wirft. Was für eine dümmliche, pseudo-existentialistische Metapher. Richtig ist: Reduzierte Außenkontakte führen zu mehr Nabelschau. Das ist zeitweilig an sich garnix Schlechtes. Aber die Ergebnisse haben auf einem Blog nichts zu suchen.

Öffentlich relevante Themen attackieren mich derzeit gerade nicht so, dass ich da unbedingt was raushauen muss. Deshalb halte ich einfach mal die Klappe, bis wieder was is'.









Sonntag, 17. Januar 2021

Versuch über unsere Probleme

Die Insassin eines Altersheims berichtet mir tränenaufgelöst, die Sitzordnung im Frühstücksraum sei geändert worden. Zwecklos meine Versuche, das tröstend mit eventuellen Anti-Corona-Maßnahmen zu begründen. 

Es ist nicht an uns, die gefühlte Größe von Problemen anderer Menschen an scheinbar objektiven Maßstäben zu messen und zu qualifizieren. Oder konkreter: Sachliche Erklärungen oder Hinweise wie "'N appes Bein wäre schlimmer!" sind weder menschlich hilfreich noch logisch sinnvoll durchzuhalten. Denn es gibt für nahezu JEDEN denkbaren Fall ein noch größeres Problem, das man dagegen stellen könnte: Jesus wurde ans Kreuz genagelt, und die Sonne explodiert in fünf Milliarden Jahren und wird die Menschheit vernichten. 


(verändert via nasa.gov)


Derlei Vergleiche äußert aber niemand ernsthaft, sonst hätten wir häufiger Dialoge nach dem Schema "Ich habe Krebs und werde bald sterben!" "Na und? Heute werden 1.000 Menschen in Doitschland an Corona sterben. Dagegen geht's Dir also noch gold, Sonnyboy*!" Prinzipiell entstehen keine guten Gespräche, wenn wir bewerten, ob die Probleme, die ein Mitmensch formuliert, schlimm sind oder doch nur Pipifax

Andererseits: Die Sitzordnung im Frühstücksraum ist nun wirklich kein Problem, das uns in Tränen auflösen sollte. Man kann das im Gespräch klären, Kompromisse finden usw. usw. Aufgrund intensiver Selbstbeobachtung und beiläufiger privater empirischer Sozialforschung weiß ich aber auch, es gibt immer wieder Sachverhalte, die uns Tag und Nacht beschäftigen, über erhebliche Zeiträume hinweg Energie und Schlaf rauben - und die wir erst spät, viel zu spät, als das erkennen, was sie sind: Vergleichsweise mickrig, banal und leicht lösbar, kurz: Pipifax.

Fazit nach jahrzehntelanger Beobachtung, Selbstbeobachtung und reiflicher Überlegung:

  1. Was uns als Problem beschäftigt und was nicht, ist subjektiv und es ist auch innerhalb eines Subjektes Wandlungen unterworfen.
  2. Ob uns eine Sache als Problem beschäftigt oder nicht, hängt davon ab, wieviel andere Probleme wir zu diesem Zeitpunkt bereits wälzen und welcher Güte diese anderen Probleme sind. Allzu drastisches Beispiel: Wenn Hunger mein Leben und das meiner Familie bedroht, wird mir die Sitzordnung im Speisesaal egal. Probleme sind also relativ.
  3. Anscheinend haben alle Menschen Probleme, die - von wenigen extremen Ausnahmen abgesehen - oft nicht der Kategorie der lebensbedrohenden Probleme zugerechnet werden können, in der Summe der Belastung aber stets mehr oder weniger gleich sind.
  4. Wenn Probleme subjektiv und relativ sind und - von wenigen extremen Ausnahmen abgesehen - quantitativ gleich empfunden werden, dann kann man nicht behaupten, Probleme seien objektiv da. Vielmehr liegt der Schluss nahe, dass sich jede*r Mensch so viele Probleme konstruiert, wie sie*er will oder braucht oder verträgt.  
  5. Wenn die Vermutung zutrifft, dass unsere Probleme - von wenigen extremen Ausnahmen abgesehen - konstruiert sind, dann wäre es doch eine schlaue Idee, möglichst viele zu dekonstruieren und/oder gar nicht erst als solche zu haben, oder?

Zusammenfassung der Zusammenfassung: Es ist - von wenigen extremen Ausnahmen abgesehen - Deine eigene Entscheidung, wie glücklich oder unglücklich Du Dich fühlen willst.


 

Summertime madness.
Ja, ich weiß, so ähnliche Bilder 
gab's hier schon öfter.
Egal, hier geht's um Glück,
und da weiß man, was man hat...



* Zur Schreibweise s. hier.





Dienstag, 12. Januar 2021

Stichworte zum Distanzlernen


Gestern erster Schultag nach Ferienende, die meisten Kolleg*innen haben mühevoll Unterricht auf der Basis von Videokonferenzen vorbereitet. IServ, unsere dienstliche Groupware-Anwendung, machte die Grätsche, und nichts lief. Sehr ärgerlich für alle Beteiligten.* 

Die anhängige Problematik ist dreifach:

  1. Die Schüler*innen sind genervt und haben nicht viel gelernt, außer vielleicht, dass Schule es einfach nicht drauf hat. Jeder dödelige Plittikörr weltweit kann Videokonferenz, aber Schule natürlich nicht.
  2. Die Lehrer*innen sind genervt, denn sie können ihre mittelfristige Unterrichtsvorbereitung in den Senf drücken.
  3. Lehrer*innen, die ein reguläres Referendariat abgeschlossen haben, sind darauf gedrillt, die Wahl ihrer Methoden und technischen Mittel permanent kritisch zu befragen. Wenn bei einem Unterrichtsbesuch durch Ausbilder bzw. Vorgesetzte so ein Problem künftig erneut auftritt, müssen wir uns fragen lassen, ob wir das denn nicht hätten voraussehen können. Und kleinlaut müssten wir im De-briefing dann zugeben, unsere Wahl digitaler Unterrichtsmittel sei nicht hinreichend durchdacht gewesen. Wenn wir künftig technisch anspruchsvollen Digitalunterricht vorbereiten, müssen wir also immer eine analoge Alternative dazuentwickeln. Das ist doppelte Arbeit, das hält im normalen Alltag niemand lange durch.  

(stark verändert via wiki commons)



Kurz: Die Sache gestern war echt blöd. Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass Videokonferenzen noch nicht zu den Kulturtechniken gehören, die in Schulen funktionieren. Schönen Gruß an die Welt: Wir Lehrer*innen sind - entgegen aller Unkenrufe - definitiv so weit, damit zu arbeiten. Wir warten nur darauf, ein hinreichend zuverlässiges Werkzeug zu erhalten.

Erfreut waren übrigens die vielen Schüler*innen, die im Vorfeld Befürchtungen geäußert hatten, sie könnten an den Videokonferenzen nicht teilnehmen, weil sie zu Hause weder über die Hardware noch über die Leitungskapazitäten verfügten. Da machen wir Lehrer*innen häufig Denkfehler: Wir können uns rattenschneller Rechner und Leitungen leisten. Es gibt Leute, bei denen das - aus was für Gründen auch immer - nicht so ist. Und wenn Du dann siehst, wie Schüler*innen versuchen, die geforderte Langtext-Hausaufgabe mit ihrem Handy zu erstellen, dann kommen Dir die Tränen und Du überlegst Dir, was für ein rücksichtsloses, arrogantes Digital-Arschloch Du bist.

Vorschlag: Lasst uns Distanzunterricht mit den Mitteln der späten 1990er abwickeln, e-mail, nicht-US-messenger, Foren etc. Das können wir - realistisch betrachtet - mit dem derzeitigen Stand der Technik in Schulen wuppen. Alles andere ist einfach nicht einsetzbar. 

Die entsprechenden Konzerne hypen Videokonferenzen und anderen Digital-Schnickschnack, weil die sich mit der notwendigen Aufrüstung eine goldene Nase verdienen, aber die Schulträger vor Ort sind nicht bereit, da im entsprechend erforderlichen Maße zu investieren.

Ich habe es ziemlich satt, dass sowohl die Konzerne als auch die Schulträger, statt den Konflikt miteinander auszutragen, ihn auf den Rücken der Lehrkräfte verlagern. 

Ach, und noch was: Ich finde es ganz reizend, dass die öffentlich-rechtlichen Sender in ihren Mediatheken jetzt sowas wie Schulfernsehen improvisieren. Ganz tolle Idee, wirklich. Für Corona-Zeiten super. Aber bitte, bitte, bitte, lasst uns nicht vergessen, dass Unterricht nicht bedeutet, ein Fass zu füllen, sondern eine Flamme zu entzünden**. Wenn Corona irgendwann mal vorbei ist, möchte ich gerne wieder Lehrer sein, nicht Stoff-Portionierer.




(stark verändert via wiki commons)






*(Da es presseöffentlich wurde, bin ich nicht unloyal, wenn ich das hier erwähne.)

** Heraklit





Donnerstag, 7. Januar 2021

Imperiale Implosion

 

Ich habe früher nie verstanden, wie so große und mächtige Reiche, wie das Ägypten des Altertums oder das römische Imperium jemals untergehen konnten. Klar, man hat mir etwas von Barbaren-Einfällen, von Kriegen und Gewalt, sogar von Klima-Veränderungen erzählt, aber das waren allesamt Sachverhalte, die vorher auch schon da gewesen sind und mit denen sich jede soziale Großstruktur seit jeher herumschlagen musste und muss. Keine wirklich befriedigenden Erklärungen für den Untergang von Imperien.

Seit gestern, seit den Bildern der marodierenden Idioten vor dem Kapitol in Washington, weht mich so ein Hauch von Ahnung an, wie ein eigentlich florierendes Großreich sich quasi über Nacht selbst vernichtet. Es liegt natürlich nicht an Trump, das wäre zuviel der Ehre. Ebensowenig wie Hitler in persona im Stande war, einen Völkermord zu exekutieren, kann ein alter, psychisch kranker Mann wie Trump die einst mächtigste Nation der Welt in die Grütze hauen.  

Auch wenn's schwer fällt, müssen wir endlich zur Kenntnis nehmen: Ein erheblicher Anteil der Bevölkerung der USA, fast die Hälfte der Wahlberechtigten, befürwortet enthusiastisch, dass sich ihr Land auf das politische Niveau autokratisch regierter Bananenrepubliken begibt. Der Wille zur Demokratie, zu Aufklärung und Freiheit, Gleichheit und Solidarität sind futsch.

Und das ist nicht erst seit gestern so, der Verrottungsprozess der freiheitlichen Strukturen muss schon unter Obama begonnen haben, denn dass Trump ein Oberarsch ist, war bereits zu dem Zeitpunkt klar, als er gewählt wurde. Vielleicht werden Historiker später einmal konstatieren, dass sich unter Trump ein Aufschaukelungskreis von Dummheit, National-Egoismus und individueller und sozialer Machtgeilheit installiert hat, der zu den gestrigen Bilder geführt und das Ende der Weltmacht No. 1 als solche eingeläutet hat. Aber ich will nicht vorgreifen.

Heute können wir nur folgendes sicher sagen:
1. Die Geister, die hier geweckt worden sind, werden die USA nicht mehr los. Wenn die zentrale politische Insitution eines Weltreiches einmal gestürmt werden kann, dann kann sie potentiell immer wieder gestürmt werden.*
2. Ob es einen autokratischen Staat mehr oder weniger auf der Welt gibt, ist inzwischen eigentlich wumpe, aber dieser Staat hat irrsinnige militärische und wirtschaftliche Macht. Ein Psychopath verdient unsere Solidarität und sollte von erfahrenen Mediziner*innen behandelt werden, ein schwerbewaffneter Psychopath ist allerdings eine ernste Gefahr.
3. Ich hatte immer noch die naive Hoffnung, die USA könnten - nach Trump -  eine Alternative zu den auch nicht gerade sympathischen Machtblöcken China bzw. Russland sein. Ich dachte, die transatlantische Solidarität könnte à la longue wieder aufleben und unsere westliche, freiheitliche Kultur befeuern. Das wird nichts. Selbst wenn Biden vereidigt wird, wird er sich angesichts der bedrohlichen nationalistischen Stimmung und Gewaltbereitschaft nicht rühren können. Ein unberechenbares Pulverfass ist kein guter Allianzpartner.  
4. Diesen Vertrauensverlust erlebe nicht nur ich, wie ich vermute. Ganz unbescheiden behaupte ich, dass das weltweit so empfunden wird. Von den Bildern des besetzten Kapitols werden die US sich nie mehr erholen. Das Vertrauen ist weg, dem bewaffneten Psychopathen begegnet man nur noch mit professioneller klinischer Aufmerksamkeit und Vorsicht. 

Tja, und so (!) gehen Weltreiche unter. 



(stark verändert via wiki commons)


  



* Interessant: Die riesengroße Bedeutung von Senat und Repräsentantenhaus bei der politischen Willensbildung wird in Paragraph 1, Absatz 1 der amerikanischen Verfassung geregelt. Das macht die Fallhöhe der gestrigen Nummer klar, oder?




(stark verändert via wiki commons)

Dieses Plakat hat kaum was mit dem Text zu tun, 
aber ich fand den Filmtitel so lustig. 
Ok, die USA wurde nicht invasiert, 
aber "los Barbaros" waren in den 
Nachrichten-Schnipseln deutlich zu sehen. 







Mittwoch, 6. Januar 2021

Sehr Heutiges über Gestriges


Neulich zufällig ein aktuelles Interview mit Annie Lennox gefunden. Das ist die, die als Eurythmics-Sängerin vor zig Jahren so großartige Sachen wie "Here comes the rain again" und "Sweet Dreams" gemacht hat. Was mir auffiel: Auch heute noch, ein Dritteljahrhundert später, tritt sie für die gleichen Werte ein, die damals schon ihr künstlerischen Schaffen befeuerten. Sowas beeindruckt mich. Die ästhetischen Werke werden dadurch nachträglich geadelt *, denn die unerbittliche Zeit hat ihrer Aussage nichts klauen können.

Das gleiche Gefühl hatte ich auch bei dem rezenten Interview mit Grace Slick, der einstmaligen Sängerin von Jefferson Airplane. Die Hochbetagten unter uns erinnern sich an die legendäre Performance von "White rabbit" in Woodstock '69 ... seufz! Ja, und wenn die heute 81jährige mit unglaublicher Vitalität brandaktuelle und kluge Gesellschaftskritik vom Stapel lässt, dann lacht unsere Seele und freut sich ob der durch die Zeit geschmiedete Gewissheit, dass der Woodstock-Gig eben keine opportunistische Show war, sondern tiefempfundene, authentische Botschaft ist.

Hach, wo wir schon bei Woodstock sind: Ebenfalls legendär ist ja Country Joe McDonald mit dem "Fixing to Die Rag", vulgo "Vietnam-Song". Der gute Joe hat sich vor wenigen Jahren zur Ruhe gesetzt, ist auch nie zum Mega-(reichen)-Star geworden, aber seiner Sache immer treu geblieben, wie man auf seiner website sieht. 

Warum ist das sowas Besonderes? Weil es auch ganz furchtbare Gegenbeispiele gibt: 

Wie kann Meat Loaf in jungen Jahren "Bat out of hell" machen und sich im Alter medienwirksam als Trump-Freund einschleimen? Ja, gut, wir wissen, dass er sich mit Alk und Drogen das Hirn weggeflext hat, da kann man schon mal versehentlich zum Trump-Fan werden, wenn man nicht aufpasst. Das bedeutet aber auch, dass das Lebensgefühl, das Meat Loaf uns vorgelebt hat, entweder eine Lüge war, um mit dem Rebellenimage Geld zu scheffeln oder dass das Lebenskonzept bewiesenermaßen untauglich ist, wenn es uns denn als Vollidioten enden lässt.

Oder Janis Joplin. Himmel, wie sehr hat mich "Mercedes-Benz" angefixt! Aber ein paar wenige Tage nach dem Einspielen hat sie sich im Alter von 28 Jahren mit einer Überdosis in eine hoffentlich bessere Welt geballert. Das ist an sich traurig genug, aber es nimmt darüberhinaus ihrem künstlerischen Wollen die Spitze. Die gute Janis hatte offensichtlich keinen schlüssigen Entwurf, den sie uns als gangbare Alternative zu ihrer sehr berechtigten Gesellschaftskritik anbieten konnte. Ihr persönliches Leid ist in ihrem Gesamtwerk erkennbar, das ist immerhin etwas. Aber einen Appell könnte ich da nicht herauslesen. 

Ganz doof fühle ich mich auch mit Rammstein. Wie klug war "Amerika", wie erfrischend grenzwertig "Engel" im Madison Square Garden. Aber dann? Nur noch Normenverstöße nach rechts, immer nach der miesen, feigen AfD-Taktik, erstmal was Grundgesetzwidriges / Ekliges / Nazi-Verherrlichendes** rauszuhauen und dann schrittchenweise unter dem Eindruck der Kritik zurückzuweichen. Texte wie in "Benzin" sind nicht eindeutig gewaltverherrlichend, ich weiß. Aber es ist keine Kunst, wenn ich konstatieren muss, die darin enthaltene Scheiße sei mir wenigstens nicht direkt ins Gesicht gesprungen. Ganz ehrlich: Rammstein ist fertig, die haben nichts mehr zu sagen und kochen nur noch eine unappetitliche Suppe nach der anderen nach ewiggleichem Rezept.

Status Quo hat nach einem Dutzend richtig guter Sachen vor 50 Jahren zwar auch nichts Neues mehr gemacht und leidliches Geld mit dem ewigen Wiederholen dieser Erfolgs-Songs verdient, aber das finde ich nicht schlimm: Sie haben ein gutes Produkt, und sie müssen von was leben. Und wenn das Publikum glücklich ist - was will man mehr? Status Quo hat immerhin nichts und niemanden verraten. Das ist's, worauf es ankommt.

Mir fallen unzählige Beispiele ein, sowohl für jene, die auch nach Jahrzehnten noch zu ihrer "Sache" stehen und sie damit immer authentischer machen als auch für jene, die ihre einstigen Kunstwerke als Scharlatanerie demaskiert oder sonstwie entwertet haben. Aber das ist hier nicht die Abteilung "Opa erzählt vom Krieg...". 

Worauf die Beispiel-Sammlung abzielt: Ich bin unglaublich gespannt, wer von den aktuell aktiven und berühmten Musik-Schaffenden in zehn, zwanzig Jahren  noch zu ihrem Stoff stehen - und bei wie vielen sehr schnell klar geworden sein wird***, dass sie nur des Kommerzes wegen mitgedödelt haben. Vielleicht sollte man schonmal Wetten darauf abschließen.


(stark verändert via wiki commons)

Eine von den Guten: Hazel O'Connor (Decadent Days)




*nicht, dass sie das nötig hätten, aber es geht ja auch anders...

** Man schaue sich das Lindemann-Kostüm Paris 2018 an und kotze im Strahl.

*** Futur II, ich habe EWIG gewartet, es mal wieder sprachlogisch korrekt einsetzen zu können!







Dienstag, 29. Dezember 2020

Das Wetter zur Krise


Wenn es denn, liebe Freundinnen und Freunde, noch eines weiteren Beweises für Macht und Einfluss der Merkel-Diktatur bedürfte, so wäre er mit dem heutigen Wetter geliefert:



Ich meine: Wie blöd muss man sein, um nicht zu erkennen, dass dies das ideale Wetter zum Lockdown ist? Nass, kalt, matschig, dreckig, rutschig, aber nicht so, dass ein positives Vergnügen draus werden könnte. Neinnein, die Botschaft ist klar. Flankierend zu den Ermächtigungsgesetzen, die uns - angeblich wegen Corona - zwingen, den Arsch zu Hause zu halten, unterbindet auch dieses Wetter unseren berechtigten Drang nach Freiheit. 

Wie genau die Systemhure und Vollstreckerin der BRD GmbH das nun wieder hingekriegt hat, kann aktuell nicht veröffentlicht werden, aber wer auch nur ein Fünkchen Verstand hat, hat sich längst gefragt, warum die Elite, unsere Regierung und ein paar willenlose wissenschaftliche Meteorologen-Zwerge, das Wetter immer schon ein paar Tage im Voraus kennen? Weil sie es selber machen! Mit Chem-Trails und ... äh ... Magnetismus und ... ahja, der Hilfe von Bill Gates!

Bill Gates hat die Möglichkeiten zur absoluten Wetterkontrolle, denn der hat ja längst die NASA gekauft und schon die Mondladung 1969 gefaked. Weil ... äh ... er die Beweise dafür unterdrücken wollte, dass die Erde eben doch eine Scheibe ist, und keine Kugel, wie die Lügenpresse steif und fest behauptet, weil sie von Satan geleitet die Wahrhaftigkeit der Bibel in Frage stellen will.

Gut, 1969 war Billy angeblich erst 14 Jahre alt, aber das ist natürlich auch eine glatte Lüge, denn in Wirklichkeit ist er viel älter, was man nur nicht sieht, weil er ja ständig Adrenochrom aus entsafteten Babies einpfeift.  

Genau! Und damit wir von der ganzen Baby-Entsafter-Industrie nichts mitkriegen, müssen wir eben in den Lockdown, bis ... ja ... wahrscheinlich bis wir selbst entsaftet werden oder so.

Wir fassen zusammen: Das Kackwetter, Corona-Lüge, Baby-Entsaften, Mondlandungs-Lüge, Erde-gleich-Scheibe, Satanismus, Bill Gates und die Merkel-Diktatur - das ist alles aus einem Guss. Das bedingt und begründet sich gegenseitig. Wenn man das einmal durchschaut hat, wird Alles ganz einfach. 



Wenn man aber auch nur an einem Punkt Vernunft, d.h. Zweifel zulässt, bricht alles zusammen.