Samstag, 13. April 2019

V e r h e r r l i c h u n g


Was für ein Wort, oder?!

"Ver-herrlich-ung" fiel mir neulich als Begriff auf, als ich zum gefühlt fünfzilliardsten Mal versehentlich in irgendeine Hitler-Bio oder "Geheimwaffen-des-III.-Reichs"-Doku reinzappte. "Verherrlichung" gibt es anscheinend nur in Zusammenhang mit Krieg, Gewalt, Faschismus und Religion, entweder wahlweise oder in beliebiger, auch multipler Kombination. Zum Beispiel: "Wir müssen die Ungläubigen töten, ihre Länder zerstören, zum ewigen Ruhme Allahs/Jesu/Jahwes [Unzutreffendes streichen]. Der größte Feldherr aller Zeiten hat das schon ganz richtig vorgemacht!"

Allerdings wird nur in Religionen die Verherrlichung auch metasprachlich realisiert und normativ eingefordert [1]. Eine Formulierung nach dem Schema "Preiset alle Hitler / Erdogan / Orban etc. etc." kommt nur in sehr diktatorischen Diktaturen vor, denkbar Nordkorea oder Saudi-Arabien - oder eben analog alltäglich in jedem Gottesdienst ("Preiset alle Gott etc. ..." s.o.).

Bei der Gewaltverherrlichung fallen uns natürlich noch die bösen, bösen Gangsta-Rapper, zahllose TV-Serien und ihre schwerst-mehrfach pubertierenden Bewunderer ein. Aber die Ersteren bedienen einfach nur eine perverse Geschäftsidee, und die Letzteren sind dumme Achtklässler. Weder über die einen noch über die anderen muss hier viel gesagt werden. [2]

Eine weitere Spielart der Verherrlichung ist die Selbstverherrlichung, aber da wird's schwammig: Wir kennen alle die individuelle Selbstbeweihräucherung [3] einzelner Kolleg*innen, aber die Reichweite dieses Verhaltens ist gering, die Wirkung nutzt sich rasant ab und schlägt alsbald ins Gegenteil um. Dagegen steht natürlich die professionelle Selbstverherrlichung der ohnehin Mächtigen, die ihre krankhafte Neigung auch noch fremdgesponsert finanzkräftig medial befeuern: Trump, Kim Jong Un, tendenziell eigentlich alle Plittikörr und viele Wirtschafts-Mächtige.

Eine Friedens-Verherrlichung habe ich nicht gefunden, nicht mal in Google. Auch keine Demokratie-Verherrlichung und keine Menschenrechts-Verherrlichung.

Was für eine niederschmetternde Bilanz!

Ich trete hiermit dafür ein, dass wir das Verherrlichen nicht weiterhin kampflos den Arschlöchern dieses Planeten überlassen. Ich fordere, dass wir auf der Stelle beginnen, die Demokratie, die FDGO, die Menschenrechte und Schutz einer menschenwürdigen Umwelt zu verherrlichen.

Begründung: Ich habe es so satt, dass scheinbar nur der Abschaum jeder Gesellschaft, die Nazis, egomanische Plittikörr, religiöse Fundamentalisten und Unternehmensberater, in der Lage sind, ihre Visionen den Menschen dieses Planeten nahezubringen! Warum müssen freidenkende, aufgeklärte, demokratische, humanistische, umweltbewusste Menschen immer erstmal streiten und alles zerreden? Natürlich soll und muss diskutiert werden, aber wir vergessen, den Leuten immer wieder klarzumachen, dass das, worauf wir hinauswollen, eine wundervolle Vision, die einzige, die wirklich lebenswert ist und dass wir uns da, trotz allem, völlig einig sind: Wir kämpfen für eine friedliche, freiheitliche, freie und gleichberechtigte Welt.

Es ist an der Zeit, dass wir mal wieder für unser Projekt werben, denn das ist es wert, statt uns, was ja viel einfacher ist, in internen Grabenkämpfen aufzureiben. Es ist an der Zeit, dass nur noch aufrechte Menschenrechts-Kämpfer als "cool" gelten und dass jene, die das nicht teilen, eben nicht "cool" oder angesagt sind, sondern einfach nur blöde Arschlöcher, die man zu keiner Party einlädt, von denen man sich nicht einladen lässt, mit denen man keine Geschäfte macht, erst recht keine Waffengeschäfte usw. usw.

Was ist negativ daran, ein "Gutmensch" zu sein? Ich find's herrlich! Lasst es uns offensiver sein.





(stark verändert via wiki commons)
Ich bin "Gutmensch" und stolz darauf. 
Wenn ich mir die Leute anschaue, die es nicht sind, wird mir kotzelend.







[1] "Verherrlichung Gottes bedeutet, Gott Ehre zu erweisen. Von der Selbstverherrlichung Gottes kann die Rede sein, wenn Gott seine Stärke in der Geschichte erweist." Lexikon Bibelwissenschaft

[2] An anderer Stelle habe ich schonmal erwähnt, warum "Gangstaz" ihre Wumme immer so cool quer halten, wenn sie, mutig, mutig, unbewaffnete Opfer bedrohen: Wenn man mit einer Waffe nicht umgehen kann, haut der Rückstoß den Lauf nach oben. Bei quergehaltener Waffe habe ich so eine bessere Chance, auf Höhe der Mündung irgendwas anderes zu treffen. Kein Witz. Unter Profis ist die quergehaltene Pistole etwa so stigmatisierend wie Stützräder an einem Fahrrad. Gewaltverherrlichend ist es jedenfalls nicht wirklich, aber Achtklässler LIEBEN sowas...

[3] Auch hier wieder eine enge Verknüpfung von Verherrlichung und Ritus.




Mittwoch, 10. April 2019

Sammel-Post


Vielleicht ein bisschen inspiriert von Illies "1913 Was ich unbedingt...", das mich derzeit nach Form und Inhalt auf's Äußerste fasziniert.

Zunächst Positives aus der Wirtschaft: Firma Ford Brau, Oldenburg, ist die Anti-These zu meiner zunehmenden Unlust, kaufender-weise Betriebe zu unterstützen, von denen ich mich insgesamt  immer stärker vergackeiert fühle. Nicht so bei Brau. Da gibt es freundliche, aber nicht servile Mitarbeiter*innen, die gleichermaßen erfrischend sachlich, kommunikativ und kompetent wirken. Und die prognostizierte Werkstattzeit von maximal 45 min war nach 37 min gewuppt. Und der Preis war ein winze-bisschen höher als bei einer Werkstatt, die ich weiter nördlich auf dem Lande kenne, und ich ich finde das völlig in Ordnung, und wenn Ford Brau so weitermacht, dann habe ich auch überhaupt kein Problem damit, wenn die sich solcherart 'ne goldene Nase verdienen, im Gegenteil.

Themenwechsel

Doitsche haben für alle Ewigkeit in Demut und Scham die Klappe zu halten, wenn es um Werturteile gegenüber Israel und jüdischem Leben geht. Das habe ich vollkommen internalisiert, und das steht außer Zweifel. Aber jenseits aller Bewertung brennt in mir immer stärker die Frage, wie ein Volk mit einer solchen Geschichte in einer freien, geheimen und gleichen Wahl einen solchen Führer wiederwählen kann. Wie tickt man*frau, wenn frau*man so wählt?

Themenwechsel

Über Erdogan aus Prinzip nichts Positives zu sagen, wäre ja auch ein Indiz geistiger Begrenztheit. Möge sein Ansatz, die Entscheidung über Waffenkäufe als je nationales Freiheitsrecht zu betrachten, doch bitte Schule machen. Es war ok, Waffen immer nur bei den Amis oder zumindest im Westen zu kaufen, solange man damit parallel auch immer eine Respektbekundung kommunizieren wollte. Mittlerweile dämmert auch dem letzten Deppen, hat Trump hundertfach unzweifelhaft klar gemacht: USA, China und Russland sind als machthungrige Gefährder für den Rest der Welt ethisch, wirtschaftlich und militärstrategisch ununterscheidbar geworden. Wir, und seltsamerweise denke ich da an das Doppelpack Frankreich-Deutschland,  müssen zügig ganz neue Bündnisstrukturen schaffen, wenn wir nicht als tiefstgefallene, allerverächtlichste Lakaien des kranken Mannes im Weißen Haus enden wollen.





(stark verändert via wiki commons)







 

Montag, 8. April 2019

Einfach mal die Klappe halten ...


Soso, Kulturstaatsministerin Grütters fordert verbindliche KZ-Besuche für angehende Lehrer*innen, weil "hasserfüllte Parolen immer ungenierter öffentlich kundgetan würden – auch von Seiten einiger Besucherinnen und Besucher in NS-Gedenkstätten."

Spontan war ich ein bisschen sauer, aber das hielt nicht lange an. Schnell überwog dann Mitleid. Wie traurig, ist es doch, dass die arme Monika niemanden hat, der oder die ihr ganz vertraulich sagt: "Du, Monika, das war jetzt nicht so ganz schlau, was Du da rausgehauen hast. Das war, wenn man genau hinsieht, eine unglaublich schwere Beleidigung aller Lehrer*innen. Du tust so, als wären die Lehrer*innen für den Fascho-Populismus verantwortlich, Du kleines Dummerchen."

Und dann würde Grütters (M.G.) wahrscheinlich sagen: "Was? Wieso? Verstehe ich nicht. Ich habe doch nur gesagt, was mir gerade so einfiel..."

Und dann müsste die vertraute Person (V.P.) sagen: "Ja, liebe Monika, das ist's ja gerade! Du bist leider strunzdoof und solltest besser nicht so einfach etwas sagen. Am besten wär's, Du sagtest überhaupt nix. Denn von nix hast Du am meisten richtig Ahnung."

M.G.: "Das stimmt doch gar nicht! Immerhin bin ich Bildungs-Tussi. Immer schon gewesen. Aber hallo! Schau mal in meinen Lebenslauf."

V.P.: "Ja, aber was glaubst Du denn, warum man Dich als reine Quoten-Tussi zur Bildungs-Tussi gemacht hat? Das ist der Bereich, in dem Plittikör wie Du am wenigsten unmittelbar sichtbaren Schaden anrichten und sich trotzdem 'nen goldenen Arsch verdienen können. Schau Dir doch die Karliczek an."

M.G. (kleinlaut): "Achso. Ja, stimmt. Aber irgendwie muss ich doch auch mal öffentlich auftreten und wichtig rummimen."

V.P.: "Warum? Musstest Du Dich jemals in einem Wahlkampf bewähren? Bist Du jemals demokratisch für irgendwas gewählt worden?"

M.G.: "Äh ... nein."

V.P.: "Siehste. Du bist eine Quoten-Tussi. Deine Parteikarriere verdankst Du Deiner Gerissenheit in innerparteilicher Taktik. Du bist doof, skrupellos und leicht manipulierbar. DAS ist Dein Kapital. Versuch' am besten NIE wieder irgendwas Inhaltliches, ok?!"

M.G.: "Is' gut ..."



(stark verändert via wiki commons)















Sonntag, 7. April 2019

Folge-Gedanken zu Mene Tekel (s.u.)


Die ganze Zeit rumoren in mir die üblichen Selbstvorwürfe, was für ein besserwisserischer, arroganter Sack ich doch sei, die Soldaten, die im Ersten Weltkrieg so gelitten haben (und die natürlich nur als Stellvertreter für viele andere [keineswegs alle] Soldat*innen stehen) als Vollidioten zu bezeichnen, deren Leid mich ankotze.

Ja, liebes schlechtes Gewissen, mir ist natürlich völlig klar, dass ich, wäre ich in derselben Situation, haargenau so agieren und reagieren würde, wie die armen Würstchen damals. Darüber erübrigt sich jede Diskussion: Ich bin nix besser oder schlechter als die.

Worauf ich hinauswill: Wenn wir schon trauern und bedauern, dann sollten wir es auch richtig machen. Es ist traurig und bedauerlich, dass so viele Millionen Menschen aus so idiotischen Gründen einander umgebracht bzw. das Leben zur Hölle gemacht haben. Trauerarbeit bedeutet auch, zu fragen, warum diese Menschen sich so dauerhaft für diese Idiotie hergegeben haben, statt sich zu solidarisieren und zu rebellieren.

Kriege verhindert man nicht, indem man darauf baut, Plittikörr würden ihr Verhalten ändern. Das tun sie seit Jahrtausenden nicht, denn Politik ist das Spiel mit und um Macht. Netanjahu tanzt es doch aktuell mit der angedrohten Annexion der besetzten Gebiete vor: Um seine eigene persönliche Macht zu erhalten, zündelt der Macht-Habende auch gerne mal mit dem Kriegsleiden von Millionen.

Kriege verhindert man, indem man die Machtlosen stark macht und Macht-Habenden eng begrenzt und kontrolliert. Les tyrans ne sont fort que de votre faiblesse. Über die Faiblesse sollte man trauern. Und dann was dagegen tun.


















Samstag, 6. April 2019

Mene tekel


Lese gerade Jürgs M.: Der kleine Frieden im Großen Krieg, München, 2003. Lieblos zusammengeklatscht, allzu menschelnd, schlecht redigiert, Bertelsmann eben. Aber viel primäres Material zu den kuriosen Ereignissen, als in der Hölle des Grabenkrieges in Flandern um Weihnachten 1914 die Soldaten beider Seiten das Kämpfen unterbrachen, sich im Niemandsland trafen, teilweise kleine Geschenke austauschten und Fußball spielten. Es gibt sogar einen extrem kitschigen Kinofilm dazu.

In der Summe wurden und werden diese Ereignisse oft als ein "Wunder" bezeichnet und in der Tat sorgten die Kommandoebenen aller kriegführenden Mächte dafür, dass diese peinliche Sache nicht publik würde und sich in den folgenden drei Kriegsweihnachten auch nicht wiederholte. 

Ich finde es nicht des Wunderns wert, dass die Leute in weihnachtlicher Sentimentalität einfach mal ein paar Stunden lang nicht aufeinander schießen wollten. Auch nicht, dass sie neugierig waren, die Jungs kennenzulernen, denen man monatelang unter sehr ähnlichen Lebens- und Sterbensbedingungen gegenüberlag. 

Was meine Vorstellungskraft übersteigt, ist nicht der Anfang dieser Episode, sondern ihr Ende, der Moment, in dem man dann irgendwann sagt: "So, jetzt gehen wir alle wieder zurück in unsere frostigen, matsch- und leichengefüllten Gräben und bringen uns weitere drei, vier Jahre lang um."

Wie kriegt man sowas hin? Wie können - angeblich - vernunftbegabte Lebewesen sowas machen? Zumal es einen ganz simplen Alternativvorschlag gab: "Erschießt Eure Offiziere und geht nach Hause!" Hätten das alle Soldaten konsequent und solidarisch durchgezogen, und diese Absprache hätte man Weihnachten '14 ja mal eben treffen können, wäre der Krieg auf der Stelle vorbei gewesen, mit nur einem Promille der Opfer, die er realiter gekostet hat.

Warum haben die Soldaten das nicht gemacht? Selbst dem dümmsten, hinterwäldlerischsten Muschkoten muss diese Logik einleuchten. War der Leidensdruck nicht groß genug? Wenn ich mir die Berichte aus jener Zeit anschaue, kann ich mir das eigentlich nicht vorstellen. Waren die Leute vielleicht im tiefsten Innern geil auf das Leiden? Sehr unwahrscheinlich, dass sich da wirklich 6 Millionen Masochisten gegenüberlagen. Die Historiographie gibt dergleichen auch nicht her.

Waren die Leute vielleicht überzeugte Militaristen, Deutsche, Briten, Franzosen, bejahten sie also, kurz gesagt, den Krieg und das, was sie da eigentlich machten? Wenn das so wäre, dann sollen sie sich, verdammt nochmal, nicht so viel beklagen, dann passt das weinerliche Gewinsel der Feldpostbriefe und Tagebuchaufzeichnungen nicht. Dann hatte Ernst Jünger, dessen Kriegsbegeisterung man aus heutiger Sicht psychopathologisch analysieren muss, in seinen "Stahlgewittern" also nur verschriftlicht, was die Jungs beiderseits der Front dachten?

Oder ist es die die uralte Geschichte, die bereits 1576 von einem 19jährigen erkannt wurde: "Die Tyrannen sind stark, weil wir schwach sind."? Ist die Macht der Herrschenden wirklich so groß, dass sie das Leiden so vieler Millionen Menschen über so lange Zeit als pseudo-stabilen Zustand etablieren können?

Wenig Anlass zur Hoffnung.



Vollidioten aller Länder vereinigen sich.
Sie hatten die Wahl. In diesem Moment hatten sie die Wahl.
Und sie haben sich entschieden, weiterzumachen.
Ich will also keine Klagen mehr hören. 
"Euer Elend kotzt mich an!"












Mittwoch, 3. April 2019

Zack! Sommer!


Heute Vormittag habe ich definitiv die erste Schwalbe des Jahres gesehen! Damit ist, wie wir alle wissen, der Sommer zwar noch nicht gemacht, aber ein ganz deutliches Signal gesetzt.

Ob diese Schwalbe jetzt ein besonders cleverer oder ein besonders dämlicher Vertreter der Gattung Hirundo war, kann ich nicht sagen. Das aktuelle Wetter und die 3-Tage-Prognose sind ja nicht so prickelnd. Wenn die Tiere wirklich über so hypersensible Wahrnehmungsorgane verfügen, dass sie meteorologische Entwicklung antizipieren können, dann hätte ich als Schwalbe lieber noch ein paar Tage im Südlichen Oberrheingraben herumgedölmert. Aber wahrscheinlich gibt es überall gesellschaftliche Streber.


(stark verändert via wiki commons)
Ja, nein, das Bild habe ich nicht selbst geknipst. Aber genau so sah es aus!







Dienstag, 2. April 2019

Kampf der Kulturen


Hörte inzwischen mehrfach die Klage, es würden vermehrt die Verkaufsstände von Hofläden ausgeraubt, jene, bei denen man auf Treu und Glauben einen Sack Kartoffeln entnehmen und dafür eine Summe Geldes deponieren kann, und zwar würde nicht das mittlerweile leidlich gesicherte Geld, sondern die wohlfeile Ackerfrucht entwendet.

Las sodann gottweißwo, es wären vor allem Kleingruppen ost- und südost-europäischer sowie vorderasiatischer Ethnien für diese Diebstähle verantwortlich.

Ließ mir dann von einem hier wohlassimilierten Angehörigen dieser unter Generalverdacht stehenden Völkerschaften erklären, ja, das klinge plausibel, denn es sei dort ein Zeichen von Schwäche, genauer: von unfassbarer Blödheit, wenn man auf seine Sachen nicht aufpassen könne, und diese Blödheit auszunutzen gelte keineswegs als unehrenhaft bei diesen Leuten, die auf persönliche Ehre, Integrität und ihren Erhalt allergrößten Wert legten.

Kann den Aspekt der Eigenverantwortung nachvollziehen, der darin zum Ausdruck kommt: Wenn Du Deinen Kartoffelsack unbeaufsichtigt herumliegen lässt, ist er irgendwann weg. Allerdings fehlt hier die Grenzbedingung. Gilt denn auch: Wenn Du nicht im Stande bist, mit potenter Wumme in der Faust Deinen Kartoffelsack gegen eine Horde schwerbewaffneter, räuberischer Barbaren zu verteidigen, bist Du ein Schwächling, der nichts Besseres verdient, als seines Kartoffelsackes verlustig zu gehen? Wo soll die Grenze dieser tendenziell gewaltaffinen Ethik sein?

Außerdem kann ich aus meiner aus, ach, so vielen Quellen zusammengestökelten Gebrauchs-Ethik nicht raus. Schriebe ich endlich irgendwann mal auf, welche Verhaltensweisen ich als Ausweis "guten" Verhaltens betrachte, würden da auf jeden Fall Sätze auftauchen, wie "Klauen ist völlig ausgeschlossen!" oder "Wenn Du's haben willst, musst Du's Dir verdienen!" oder "Häng' Dich doch nicht so am Materiellen auf, Blödmann!"

Kurz: Für mich ist es ein Beweis wahrer Ehrenhaftigkeit, wenn man in einer Situation straflos klauen, betrügen, behumpsen und beschuppsen könnte, aber nicht mal im Traum daran denkt, es zu tun. Das ist für mich ein Ideal, das ich selbst unbedingt befolge, und ich möchte nur Menschen um mich haben, die genau so denken.

Und nein, damit habe ich NICHT das ganz große Ausländer-raus-Fass aufgemacht! Beklaut und betrogen werden wir in der Summe am stärksten von Bio-Doitschen, von Bio-West-Hemisphärlern, von Bio-Erstweltlern, von Konzern-Raffkes, von Plittikörrn. Dagegen ist die hiesige unbedarfte Klein- und Gelegenheitskriminalität der vielen doitschen und ein paar anderer Ganoven ein Witz, ein erbarmungswürdiger. *

Der "Kampf der Kulturen" geht eben nicht Doitscher gegen Rumänen oder Albaner oder sonstwas, und erst recht nicht Doitscher gegen Migranten. Auch nicht zwischen "Erstwelt" und "Drittwelt". Das ist eine Auffassung, die man uns einreden will, um vom tatsächlichen Gegner abzulenken. Die Hauptkampflinie verläuft zwischen den Anhängern einer Normalo-Ethik (d.h. meine Ethik, s.o.) und den globalen Raffgier-Egomanen.

Und der Kampf geht, bis einer heult.





(stark verändert, Quelle unbekannt)



* Und ich verkaufe keine Kartoffeln. Und meine Hütte verfügt über exquisite Einbruchssicherung. Und ich würde nicht tatenlos zusehen, wie man mir den Laden ausräumt. **

** Natürlich bin ich gegen Gewalt. Aber ich bin auch dagegen, alles "mit der Brechstange" regeln zu wollen. Und trotzdem habe ich eine ... ach nee, zwei.



 





Sonntag, 31. März 2019

Hab' keine Lust!







Ärgerlich: Dass der Bayer-Konzern eine bei mir recht wirksame Creme neuerdings in eine feste, starre Plastik-Tube verpackt, die konstruktiv darauf ausgelegt ist, möglichst große Restmengen des nicht eben billigen Produktes zurückzuhalten.

Ärgerlich nicht nur, dass man das an sich nützliche Produkt nun leider boykottieren muss.

Noch viel ärgerlicher der Gedanke, dass die Marketing-Fuzzies, die sich das ausgedacht haben, sich selbst für unglaublich ausgebufft und uns für ausgesprochen blöd halten.

Und am aller-ärgerlichsten der Gedanke, dass sie damit anscheinend recht haben.

Beweis: Würde es sich betriebswirtschaftlich nicht lohnen, ein so mieses, kundenfeindliches Marketing zu betreiben, würden die Knallköppe es vermutlich nicht tun.

Umkehrschluss: Der Schwachsinn, der uns aus Werbung, Warenangebot und Produktgestaltung entgegenquillt, ist der Schwachsinn, auf den eine mathematisierbare Mehrheit abfährt. Das ist zwar völlig unbegreiflich, aber das sind Teile der Quantenphysik auch.

Persönliche Schlussfolgerung I: Fast alles Idioten, außer ich!

Persönliche Schlussfolgerung II: Ich verstehe alle tendenziellen Eremiten, die sich vom Treiben dieser Mehrheiten möglichst zurückziehen.

Persönliche Schlussfolgerung III: Minimalistisches Leben fällt mir immer leichter. Es macht keinen Spaß mehr, Sachen zu kaufen. Das ist kein Konsumverzicht, sondern Konsum-Lustlosigkeit, die aus dem zunehmenden Gefühl permanenten Betrogen-Werdens resultiert.
















Donnerstag, 28. März 2019

Angels at my Gate


Was ist der Unterschied zwischen Huawei und Google?

Naja, auf der einen Seite haben wir einen riesengroßen, übermächtigen Internetkonzern, der mehr oder weniger halboffiziell von der Großmacht, deren Rechtsprechung er unterliegt und die uns Europäern keineswegs freundlich gesonnen ist, gezwungen wird, die Daten, die wir dort hinterlassen, persönliche Daten, Firmengeheimnisse, Konstruktions- und Strategiepapiere, auszuspionieren und an die Dienste der betreffenden Großmacht weiterzugeben, wo diese Daten dann zu unserem Nachteil genutzt werden.

Und auf der anderen Seite ... äh ... oh.*

Ich meine, wer auch immer Lizenzen zum Aufbau des 5G-Netzes bekommt, man sollte extremst misstrauisch sein und bleiben. Huawei ist höchstens ebenso gefährlich wie alle anderen.






Mata Hari (1905)
oder:
Als Spionage noch verrucht und verboten war.
oder:
"Früher war mehr Lametta!"





* Diese Konstruktion habe ich von Terry Pratchett geklaut, der solcherart höchstgenial Scheibenwelt-Magie und irdische Naturwissenschaft verglichen hat.









Dienstag, 26. März 2019

Fast nix gemerkt




(stark verändert via ndr.de)

Erst habe ich drüberweggelesen. Die organisierte Kriminalität von Auto- und Finanzkonzernen bleibt eigentlich im selben Aufmerksamkeits-Überdruss-Filter hängen, wie Trump, Brexit und die weltweite Populisten-Fascho-Kacke.

Dann habe ich - warum, weiß ich nicht - doch nochmal sinnentnehmend gelesen und festgestellt:

  • Es geht nicht darum, dass VW im großen Stil, d.h. weltweit und mehrmillionenfach bewusst, d.h. mit gezielter technischer Manipulation Kunden betrogen hat. Das ist keine Frage, sondern Tatsache. 
  • Es geht auch nicht darum, dass das kollektive ethische Versagen der Führungstruppe den im Titel erwähnten "Rückschlag für Volkswagen" darstellt.  
  • Es geht auch nicht darum, dass die betrogenen Auto-Käufer irgendwie entschädigt und verantwortliche Groß- und Schwerstkriminelle bestraft werden sollen.
  • Es geht auch nicht darum, dass der Konzern sein Fehlverhalten bis über den allerletzten Moment hinaus verschwiegen hat und bis heute keine Verantwortlichen benennt, wie auch Mafiosi oder die Mitglieder krimineller arabischer Clans niemals einen der Ihren den Gesetzeshütern ans Messer liefern. 


Vielmehr geht es darum, dass "mögliche kursrelevante Information der Märkte" möglicherweise von unterhalb des Vorstandes herausgesickert seien, dass infolgedessen der Aktienkurs weggebrochen sei, bevor (!) die Anleger ihre absehbar im Wert geminderten Anteile abstoßen konnten und dass sie solcherart Kursverluste in Höhe von fünf- bis neunmilliarden Euro zu verkraften hätten, die sie nun, bitteschön, ersetzt haben möchten.

Wohlgemerkt: Die Anleger haben kein Problem damit, dass der Konzern, "ihr" Konzern, bandenmäßigen Betrug in besonders schwerem Fall (§263 StGB) begeht. Sie hätten auch kein Problem mit dem vorübergehenden Einbruch der Aktienwerte gehabt, wenn, ja wenn, die Konzernspitze doch wenigstens die Freundlichkeit gehabt hätte, sie vor allen Anderen und exklusiv zu informieren. Dann hätte man nämlich auf der Basis dieses Insider-Wissens die Aktien vor dem zwangsläufigen Niedergang an irgendwelche uninformierten, nützlichen Idioten verscheuert, die dann den Verlust zu tragen hätten. Das wäre völlig o.k. gewesen.

Was ich nicht verstehe und gerne wissen möchte: Finde nur ich die dahinterstehende Ethik brechreizerregend (keine Metapher[!])? Warum wird darüber in einem Ton berichtet, als sei so ein Verhalten normal? Warum empört sich niemand?




(verändert via wikicommons)
Nee, das ist jetzt nur ein altes Foto eines Prozesses gegen die normale Mafia. 
Wann die VW-Manager angeklagt werden, weiß ich noch nicht.