Neulich benutzte ich den Begriff "kleinkindliche Sandkastenethik". Man bat mich um Präzisierung.
Meine Kindheit verbrachte ich glücklich in einer friedlichen Mietwohnblocksiedlung. Die Rasenflächen, Spielplätze und Sandkasten dazwischen waren für meine Spielkameradys und mich die wesentliche Lebenswelt. "Unsere" Sandkiste war groß, weil zur kollektiven Nutzung durch viele Block-Kinder gedacht, und wir liebten sie und hockten nicht selten zu fünft oder sechst buddelnd und bauend darin.
Meine Kindheit verbrachte ich glücklich in einer friedlichen Mietwohnblocksiedlung. Die Rasenflächen, Spielplätze und Sandkasten dazwischen waren für meine Spielkameradys und mich die wesentliche Lebenswelt. "Unsere" Sandkiste war groß, weil zur kollektiven Nutzung durch viele Block-Kinder gedacht, und wir liebten sie und hockten nicht selten zu fünft oder sechst buddelnd und bauend darin.
Ich kürze ab: Wenn mir einy die Schippe aus der Hand riss, fand ich das doof. Bestimmt riss ich auch mal anderen die Schippe aus der Hand, weil ... ich sie gerade brauchte. Und ich bin sicher, die Betroffenen fanden das dann auch doof. Unterhalb der Grenze des für uns Sagbaren lernten wir, dass die anderen ziemlich genau dasselbe doof finden, was man selbst auch doof findet.
Im nächsten Schritt stellt man dann natürlicherweise fest, dass das Leben viel angenehmer ist, wenn man nicht doof zueinander ist. Anders formuliert: Im Alter von vier, fünf Jahren hatten wir in einer Delmenhorster Sandkiste die "Goldene Regel" erfunden:
„Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“
bzw.
"Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg' auch keinem ander'n zu."
Den Friedensnobelpreis bekamen wir dafür nicht, denn wir kamen mit unserer Erfindung anscheinend mindestens (!) 3.500 Jahre¹ zu spät, aber das wussten wir nicht. Ehrlich gesagt, war uns auch überhaupt nicht bewusst, dass wir irgendwas Tolles entdeckt hatten, denn es war doch so einfach und so klar und so logisch, da musste man nicht mal drüber sprechen. Man fühlte einfach, dass es falsch war, Andere doof zu behandeln.
Diese tief intuitive Kategorisierung von "gut" und "böse" beherrsche ich absolut sicher, auch ohne Kenntnis der entsprechenden Diskurse um Ethik, Philosophie usw., die ich deshalb keineswegs gering schätze. Die "Goldene Regel" ist übrigens Grundlage aller großen Philosophien und tritt in allen Weltreligionen fast wortgleich auf, außer im Arschlochismus ², im Kapitalismus, in Diktaturen, Theokratien³ etc..
Diese atemberaubend einfache Regel fasziniert insbesondere in der alltagspraktischen Anwendung:
- Beispiel Bürgergeld: Welche Summe würde Friedrich Merz fordern, wenn er, sagen wir, 52-jährig in strukturschwacher Region seinen Arbeitsplatz verlöre?
- Beispiel Migration: Gott bewahre, Dobrindt und seiner Familie drohten in ihrem Heimatland Tod, Folter und Verschleppung durch religiöse Fundamentalisten. Mit Müh und Not und unter Zurücklassung sämtlichen Besitzes gelingt ihnen die Flucht in fremdes Ausland. Welche Lebensbedingungen würde Dobrindt dort normativ erwarten?
- Beispiel Renten ...
- Beispiel Steuern ...
- Bespiel Krieg ...
Reicht, oder? Das Prinzip ist klar, oder? Wannimmer irgendein Politiky großkotzige Forderungen raushaut, macht doch, liebe Leserys, die Gegenprobe auf der Basis der "Goldenen Regel". Würde sier das Gleiche fordern, wäre sier auf der anderen Seite?
(verändert via wiki commons)
Zwei Vertreter einer Partei, die sich
"Christlich" und "demokratisch" und "Union" nennt,
was zumindest zweifach gelogen ist.
Zum Glück hat die niemand gewählt.
¹ Die aktuelle Evolutionsforschung zur Hominisation, also zur "Menschwerdung des Affen", legt nahe, dass wir eher 3 Millionen Jahre zu spät kamen.
² "-ismus" heißt bekanntlich "Streben nach". Seit Trump ist das Streben, sich wie ein möglichst schäbiges Arschloch zu verhalten, nicht nur salonfähig, sondern erstrebenswert und normativ erwartet. Diese Religion gewinnt unfassbar schnell an Gläubigen. Offensichtlich gab es da eine Menge Leute, die sehnsüchtig auf einen entsprechenden Arschloch-Messias gewartet haben.
³ Theokratien haben überhaupt nichts mit Religionen zu tun. Ü-ber-haupt nichts! Deshalb steht die "Goldene Regel" in allen "Heiligen Schriften", und die theokratische Praxis macht das genaue Gegenteil. Vergleiche Judys, Christys, Islamys, Hindys und vermehrt auch Buddhistys.