Sonntag, 31. August 2025

Gelungene Dressur

  

Im erbärmlichsten Druckerzeugnis der Welt, dem Werbemüll-Sonntagsblatt, findet sich heute ein Artikel zur Leisure Sickness, dem Phänomen, dass viele Arbeitnehmys (70+%) an den ersten Tagen eines Urlaubs krank werden. Medizinys erklärten, dass Adrenalin und Cortisol als "Stresshormone" während der Arbeitsphasen die Immunreaktionen unterdrückten, was beim Abfall des Arbeits-Stresses zu nachgeholten Abwehr-Prozessen führe.

Man solle also zu Beginn der Urlaubszeit ein bis zwei Tage für den Übergang reservieren, "moderate Bewegung, regelmäßiger Schlaf und eine ausgewogene Ernährung" seien empfohlen.

Ich finde zwei, nein, drei Aspekte daran wert, bemerkt zu werden:

  1. Nirgendwo, weder im besagten Drecksblatt, noch in den ÖRR-Berichten über Leisure Sickness wird problematisiert, dass, wenn die Zahlen zutreffen, über 70 % der Arbeitnehmys unter den Bedingungen krankmachender Stresslevel arbeiten.
  2. Nirgendwo wird in Frage gestellt, warum es die ersten ein, zwei freien Tage des Arbeitnehmys sein müssen, die mit den Symptomen Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafstörung, Kopfschmerzen etc. versaut werden. Man könnte ja auch sagen: "Ich habe demnächst Urlaub, da fahre ich jetzt schon mal den Stresslevel runter, mache jetzt schon mal Leisure, damit ich nicht in der wertvollsten Zeit des Jahres aus den Schuhen kippe." Oder man sagt: "Ich lasse überhaupt nicht mehr, zu keiner Zeit des Jahres zu, auf Stressleveln zu arbeiten, die mich umhauen würden, wenn sie denn mal vorbei gingen."
  3. Was für ein dümmliches, krankmachendes Arbeitsethos haben wir denn da internalisiert? Und wie kommt es wohl, dass Drecksblätter und sonstige Medien das immer weiter kritiklos befeuern? Und wie kommt es, dass Arbeitnehmys, die von sich sagen, sie hätten einen einen stressfreien Job, inzwischen sogar von ihren Peers ein wenig belächelt, wenn nicht gar verachtet werden?


Zusatzfrage: Wer verdient sich eigentlich einen goldenen Arsch, wenn wir uns so bereitwillig selbst ausbeuten, buchstäblich bis zum Umfallen? Wer?


(Albert Hahn, Entwurf "Der Kapitalist", verändert via wiki commons)

Nein, das Bild ist nicht mehr zeitgemäß.

Wir brauchen keinen fiesen, fetten Kapitalisten mehr.
Wir sind schon so wirkungsvoll dressiert,
dass wir uns das Leben selbst zur Hölle machen.
Den Einpeitscher im Hintergrund tragen wir längst mit uns herum.