Mittwoch, 5. März 2025

Beeindruckende Einzelleistung

 

Die Doku "Y-Kollektiv: Frau auf'm Bau" berichtet über vier bemerkenswerte Beispiele von Frauen, die im Baugewerbe tätig sind, eine Maurerin, eine Zimmerei-Azubi, eine Straßenbauerin und eine Hausbauerin. Schwerpunkt sind natürlich die Sexismus¹-Erfahrungen und mögliche Gegenstrategien in einer männerdominierten Welt. Rezeption ist unbedingt empfohlen. 

Eine der wichtigsten Szenen ist für mich jene, in der Frieda, die Zimmerei-Auszubildende, bei sommerlichen  Außenarbeiten bei 34 °C im Schatten sich dazu durchringt, ihre männlichen Gesellen / Kollegen zu fragen, ob es für diese ok wäre, wenn sie, die Azubine, ebenfalls ihr T-Shirt auszöge und mit bloßem Oberkörper arbeitete - was die Männer natürlich längst machten. Problemlose Zustimmung. (ab 12:30) ²

Bemerkenswert daran sind folgende Punkte:

  1. Frieda benötigt zur Begründung ihres Verhaltens keinen theoretischen Überbau. Sie denkt nur mit großem Ernst und einfacher, eigener Vernunft. Kant lässt grüßen.
  2. Sie lässt sich - im Gegensatz zur Reporterin - nicht von tradierten Sozialnormen davon abhalten, das als richtig Erkannte durchzuziehen.
  3. Bei der Umsetzung ist sie nicht offensiv, sondern freundlich und wertschätzend. Sie fragt höflich, ob es für ihre Kollegen ok sei, wenn sie das T-Shirt auszöge.³ 
  4. Die Reaktion des einen Gesellen lautet sinngemäß, es sei letztlich alles Erziehungssache, eine andere Normalität sei denkbar, wünschenswert und zu erwarten.

ad 1.) Wir quatschen zu viel und tun zu wenig. Ich wünsche mir weniger Geschwurbel und mehr mutige Menschen wie Frieda, die ein neues aufklärerisches Ideal vorleben. Theoretische Überlegung ist nur ein Vorprodukt, individuelle Praxis das einzig Wirksame. Der Normenverstoß, der Tabubruch, den sie begeht, ist keine Lappalie, und sie unternimmt ihn, ohne dass eine Partei, ein Verband o.ä. hinter ihr steht. Sie handelt als Individuum, das über Vernunft verfügt und diese einsetzt. Mehr Ehre geht nicht. 

ad 2.) Sexismus ist ein Konstrukt. Von Menschen gemacht, von Menschen veränderbar.

ad 3.) Ich kritisiere Feministys, die universell konfrontativ / aggressiv und blind auf Männer eindreschen.⁴ Das kostet der Sache unfassbar viel Kraft, sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern. 

ad 4.) Es ist eine drastische Herabwürdigung und außerordentlich dumm und falsch, anzunehmen, Männer würden beim Anblick eines Fitzelchens weiblicher Körperlichkeit zu sabbernden Triebwesen werden. Beweis: Gruppen, in denen eine weitgehende Nacktheit Alltag ist. Korrekt ist allerdings die Beobachtung, dass in viel zu vielen sich als "zivilisiert" verstehenden Kulturen im Schema der Männerrolle das sabbernde Triebwesen quasi normativ erwartet wird, sobald weibliche Haut sichtbar wird.

Im Zusammenhang mit letztgenanntem Punkt erinnere ich interessante, aber auf Dauer nervige Diskussionen um Kleiderordnungen in Schulen. Die Sache ist ganz einfach: Mädchen müssen nicht lernen, dass nabelfreie Shirts inakzeptabel sind. Stattdessen müssen Jungs lernen, dass die sexistische, spießige Kackscheiße in ihrem Kopf inakzeptabel und nur anerzogen ist ...

... von Leuten, die in einem Universum aus spießiger Kackscheiße wohnen, und die Götter dieses Universums sind alte Männer, die ihren Untergebenen Triebverzicht befehlen, um letztlich daraus Macht schöpfen, und diese Macht ist ihnen viel wichtiger als Vernunft oder das Leben und das Glück von Milliarden Menschen.

Kurz: Jungs werden künstlich dazu erzogen, zu sabbern, wenn sie Mädchenkörper sehen, und daraufhin werden Mädchen dazu erzogen, ihren Körper zu verbergen. Was für ein krankes System⁵.

Wir brauchen ganz dringend mehr Menschen wie Frieda.



(Still aus "Frau auf'm Bau" - stark verändert via ardmediathek)





¹ Sexismus hier nicht nur verstanden im Sinne körperlicher und verbaler Übergriffe, sondern auch als viel allgemeinerer Geschlechter-Diskriminierung.

² Oh bitte! Beleidigt nicht meinen Intellekt mit der Unterstellung, es ginge mir um die nackten weiblichen Brüste (die im Dreh übrigens nicht gezeigt werden.)

³ Spannende Frage, was Frieda im Falle einer Ablehnung gemacht hätte.

⁴ Jaaa, viele zu viele Frauen werden ihre Gründe aufgrund von Erfahrungen haben. Und, nein, als Mann kann ich das gar nicht richtig abschätzen. Aber die Aussage, alle Männer seine Vergewaltiger ist etwa so hilfreich wie die Aussage, alle Migranten seien Messerstecher.

⁵ ... an dessen Ende das entblößte weibliche Fußgelenk Männer in Ohnmacht fallen lässt und, schlimmer, Burka und Genitalverstümmelung vorgeschrieben werden.







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