Ich habe neulich mal irgendwo geschrieben, dass es unsinnig sei, sich über das "Après-vie" Gedanken zu machen, da irgendwelche Erkenntnisse darüber ohnehin nicht zu erlangen seien und die Möglichkeit zur Einflussnahme folglich kleiner Null.
Mittlerweile bin ich da gedanklich einen Schritt weiter. Zwar bin ich immer noch überzeugt, dass wir über das, was nach unserem Tod kommt oder nicht kommt, nichts wissen können, aber.
Ich hielte es für grundfalsch, davon auszugehen, dass da nichts kommt. Pragmatische Begründung: Warum sollte ich bis zum Schluss achtsam, lernbegierig, empathisch usw. bleiben, wenn ich meine, dass da ohnehin nur noch ein abruptes Ende und dann gar nix mehr kommt? Wie viel schöner ist es, bis zum Ende der diesseitigen Existenz zu fechten, zu forkeln, zu lieben und zu lernen, weil man denkt, man wisse zwar nicht genau, was dann kommt, aber man möchte nicht in die ewigen Jagdgründe (oder was auch immer) wechseln in dem Bewusstsein, hier zum Schluss nur noch lethargisch rumgehangen zu haben.
Kurz: Die nihilistische Denk-Variante klaut Kraft und verursacht Lethargie. Die "Da-kommt-noch-was"-Variante bringt Kraft und fördert Aktivität.
Neben dem pragmatischen Argument gibt es noch ein evolutionäres, und das bezieht sich auf unser Ich-Bewusstsein. Jeder Piepsvogel hat ein völlig übersteigertes Ich-Bewusstsein, und das ist gut so, weil es die Überlebenschancen erhöht, wenn Du jeden Reiz aus Deiner Umwelt a priori auf Dich selbst beziehst. Das Rascheln der Blätter hinter Dir könnte (!) ein Fressfeind verursacht haben, der es auf Dich (!!!) abgesehen hat. Reflexhafte Flucht ist angesagt.
Ein evolutionärer Vorteil ist auch, wenn Du in Deiner Gruppe Geschichten über Gefahren austauschen kannst, die gar nicht aktuell, sondern nur potentiell bestehen (Kommunikation) und wenn ihr Pläne für die verschiedenen Notfall-Szenarien entwickeln könnt (Kognition).
Das sind ganz holzschnittartig die Ursachen, die Forscherys diverser Fachrichtungen für die Anfänge der menschlichen Persönlichkeitsentwicklung liefern, und ich halte die auch für richtig, aber.
Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber ich nehme für mich in Anspruch, dass in meiner Persönlichkeit / Seele / Entität / Buddhanatur, in meinem Atman, im tiefsten inneren, unveränderlichen Kern meiner Selbst etwas herumkreucht, was über Erklärungsansätze der synthetischen Evolutionstheorie hinausgeht. Da sind Gedanken und Einstellungen, die mir weder beim Überleben noch bei der Nahrungssuche noch bei der Wahl paarungswilliger Sexualpartnerinnen¹ irgendeinen Selektions-Vorteil verschaffen.
Kurz: In mir ist etwas, was mit den Mitteln der Naturwissenschaft nicht fassbar ist und auch nicht sein muss.
Mein zweites Argument für die "Da-kommt-noch-was"-These lautet also: Es wäre eine Wahnsinns-Verschwendung, wenn das bei meinem Ableben einfach über'n Deister ginge. Ich glaube (hört, hört!), da ist etwas, was vor meiner Geburt existierte und was nach meinem Tod übrigbleibt.
Jaaa, mit diesen Überlegungen habe ich mich wahnsinnig angreifbar gemacht, weil da natürlich auch ganz kreatürliche Hoffnungen vermutet werden können und weil ich ganz viele Konzepte, religiöse, naturwissenschaftliche und philosophische, verwirbelt habe. Aber das ist mir seltsamerweise ziemlich wumpe.
Nachklapp: Ich grenze mich vorsorglich von jeder Vereinnahmung durch traditionelle Religionsanbieter ab. Die Jenseits-Vorstellungen der abrahamitischen Religionen (Juden, Christen, Islam und Derivate) sind allesamt trivial und ausschließlich darauf angelegt, die Massen zu verdummen, zu demütigen und zu sedieren, damit sich ein paar psychopathische alte Männer auf Teufel-komm-raus orgastische Machträusche zelebrieren können.
¹ Hier zu gendern wäre Schwachsinn: Ich bin ein Mann und kann zwar lieben, wen ich will, aber wenn es um die Weitergabe meiner Gene geht, brauche ich eine Frau.
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