Sonntag, 1. März 2020

Corona kommunizieren


Der Corona-Virus ist natürlich besonders schlimm für die Leute, die damit infiziert sind und gar daran sterben. Doch auch Uninfizierte haben reichlich Gründe, genervt zu sein:

Erstens: 
Wenn es um meine Gesundheit geht, möchte ich bitte nicht von Leuten informiert werden, deren einzige Kompetenz es ist, des eigenen, egomanischen Machterhalts wegen mit Fakten ausschließlich taktisch umzugehen. Um es konkreter zu sagen: Ob Seehofer, Spahn oder sonstwer aus der politischen Kaste etwas sagen, ist mir völlig lala, unvermeidliches Störgeräusch.

Lasst in wichtigen Gesundheitsdingen, bitte, die Mediziner*innen reden. Die haben einen Ruf zu verlieren und werden sich dreimal überlegen, unhintergehbare Aussagen rauszuhauen. Ich habe auch nichts dagegen, von Mediziner*innen taktisch informiert zu werden. Es ist nicht unbedingt schlecht, wenn die Ärzt*in sagt "Hm, da sollte nochmal der Radiologe draufschauen ..." statt "Sie haben Krebs und werden bald sterben." Wer verstehen will, versteht, und wer sich verständlicherweise lieber selbst betrügt, hat den Freiraum dafür.

Zweitens: 
Es interessiert mich einen Scheißdreck, ob die Wirtschaft darunter leidet! Von Anfang an waren und sind journalistische Corona-Berichte überwiegend nach dem Schema aufgebaut, mit 20 Prozent menschlichem Leid als Aufreißer einzusteigen und dann 80 Prozent krokodils-träniges Wehklagen der Lobby-Verbände zu kolportieren. Habe ich gesagt, dass mich angesichts des Ersteren Letzteres einen Scheißdreck interessiert? Ja?!

Drittens:
Es gibt nichts Erbaulicheres als die Meinungsäußerung von Leuten, die keine Ahnung haben, aber  sprichwörtlich jedes (!) Thema so weit vergewaltigen, dass sie daraus einen rechtspopulistischen Angriff auf die Freiheitlich-demokratische Grundordnung zusammenstökeln können. Manche Kommentare auf tagesschau.de sind einfach umwerfend komisch.

Herrlich auch die Kommentare, nicht nur von Faschos, die evozieren, eine Pandemie müsse sich doch, bitteschön, den Regeln demokratischer Willensbildung unterwerfen. Lange vor der Pseudo-Diskussion um die anthropogenen Ursachen des Klimawandels gab es auf heute.de ein Forum, wo die Vor- und Nachteile von Regen und Sonnenschein diskutiert (!) wurden.

Viertens:
Es sei die offizielle Bezeichnung "SARS-Cov-2" doch bitte zu vermeiden, da sie an das altbekannte SARS-Virus erinnere und ergo Menschen verängstigen könne. "Corona-Virus" klingt viel freundlicher.

Sehr schön! Wenn das ernsthaft als Problem gesehen wird, haben wir kein Problem. Pessimistischere Lesart: Da wir keinen Schimmer haben, was auf uns zukommt und was wir unternehmen können, frickeln wir erstmal an offiziösen Sprachregelungen herum. Irgendwas muss man ja tun. Die Pest brachte im Mittelalter zwar ein Drittel der Bevölkerung um, das war aber vor allem ein Problem unprofessioneller B2C-Kommunikation.








Man muss sich eine Sache einfach mal schön-denken können.




















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