Dienstag, 4. April 2017

Sprachpragmatisches Problem


Jestern Sprachproblem jehabt. Eine Kollegin hat unerträglich nutzlosen, verhassten Verwaltungskram vorfristig bei der Leitungsebene abgeliefert, und ich wollte ihr daraufhin kollegial-neckisch vorwerfen, sie sei eine Streberin. Stellte aber fest, dass "Streberin", zu einer Frau gesagt, nicht dasselbe Beleidigungspotential hat, wie "Streber", zu einem Mann gesagt.

Ganz offensichtlich haben wir verinnerlicht, dass Frauen tatsächlich strebsamer sind als Männer, auf eine viel natürlichere, viel unprätentiösere, viel weniger schleimige Weise, wohingegen strebsame Männer mindestens etwas Peinliches, wenn nicht gar widerwärtig Machtbesessenes haben. Daher zieht "Streberin" eben nicht so wie "Streber".

Um besagte Kollegin nun doch adäquat beleidigen zu können, haben wir dann gemeinsam (!) Formulierungen gesucht, die bei selbem Inhalt eine dem "Streber" vergleichbare pejorative Wucht entwickeln. "Streberschlampe" schien uns als Widerspruch in sich. "Streberzicke" hat dann doch eine andere inhaltliche Wertigkeit. "Strebertussi" könnte vielleicht gehen, aber so ganz glücklich wurden wir mit dieser Alternative auch nicht.

Bleibt die Erkenntnis, dass es für diese Bedeutung kein Bedeutendes gibt. Vielleicht ist es noch nicht lange genug her, dass Frauen jemals in den Genuss einer Funktion kamen, in der sie regulär durch Strebsamkeit beruflichen Erfolg generieren können. Da hinkt die Sprachentwicklung einfach hinterher.



(via wiki commons)