Donnerstag, 16. Januar 2025

Sex, Drogen und pychedelische Musik - geschadet hat's uns nicht!


Grade mit großem Vergnügen ein Stück Liedgutes wiederentdeckt, das mit Fug zum kulturellen Menschheitserbe gezählt wird oder werden sollte, Traffics "Hole in my shoe" von 1967.

Am meisten beömmelt habe ich mich über die mehr als 2.000 Kommentare darunter, die ich auch nur überschlägig gelesen habe, die aber mehrheitlich von selbst-gefühlten Hippies, Alt-Hippies und Möchtegern-Hippies stammen und unisono sagen, dass sei doch noch richtig geile, handgemachte Kunst, jedes Stück ein wertvolles Kleinod mit je eigener spannender, erzählenswerter Geschichte, ganz im Gegensatz zu der heutigen seelenlosen, KI-generierten, kurzatmigen, langweiligen Konfektionsware.

Dass die alten Säckys¹ sich bei der Reminiszenz eine Träne aus dem Knopfloch drücken, wollen wir ihnen zugestehen, ich war fünf Jahre alt, als das Lied herauskam, buche es aber auch als Teil meiner jugendlichen Sozialisation.

Und bei dem Stichwort ist mir etwas Interessantes aufgefallen: In meiner Jugend ™ ² wurde den Medien natürlich auch ein gaaanz schlechter Einfluss auf unsere Denke unterstellt. Wir, die damalige Jugend, würden verdorben durch die allzu üppige Darstellung (und Bejahung) von Drogen, Sex, freier und universeller Liebe, Spiritualität, durch psychedelische und Rockmusik, durch Lehre von Freiheit, Toleranz etc.etc.

Diesen Einfluss hatten die Medien tatsächlich, allerdings fanden wir ihn nicht schlecht.

Und heute? Was lernen die Kiddos heute? Rechte Rüpeleien sind absolut salonfähig. Hass, Hetze und Gewalt irgendwie tolerabel. Zu lügen und zu taktieren ist wichtig und richtig und nichts schambehaftetes. Profit, Machtgier, maximaler Egoismus sind die einzig wesentliche Maßstäbe für Dein Wohlergehen. Deine Stellung in der Welt wird ausschließlich durch Besitz und Macht definiert. Empathie ist Dummheit, Frieden ist Krieg, Wahrheit ist Lüge ³.

Wenn ich das so vergleiche ... Puuh. Dann freue ich mich demütig über die Gnade der frühen Geburt.



(verändert via wiki commons)
Grace Slick von Jefferson Airplane,
Woodstock 1969,
The white rabbit ... wie gerne wäre ich dabeigewesen!




¹ Ja, ich gendere auch "alte Säcke". Sollte der Begriff sich wirklich nur auf die Hoden beziehen? Ich bezweifle das. 

² AchduScheiße! Sätze, die so anfangen, können nur in "Opa-erzählt-vom-Krieg" enden.

³ Ja, natürlich habe ich da bei Orwell geklaut. Muss ich denn ALLES selber machen?!











Dienstag, 14. Januar 2025

Demokratie-Killer: Taktisches Wählen

 

Sie dauern fort, die Diskussionen in den sozialen Netzen, in meinem Umfeld und auch in mir selbst, ob man bei der Bundestagswahl 25 immer noch die Grünen wählen sollte, obwohl man allzu deutlich spürt, deren real existierende Politik entfernt sich inhaltlich mit zunehmender Beschleunigung von den Gründen, die uns einst sie wählen ließen.

Die Befürworterys sagen, die Grünen trotz Widerwillens zu wählen geböte die Taktik, wenn man die Roten, Schwarzen, Braunblauen nicht will und auch die eigene Stimme nicht der Gefahr des Untergangs im Orkus der Unterfünfprozentigen und also nichtgezählten aussetzen wolle. Da müsse man einfach mal die Arschbacken zusammenkneifen und eine Partei wählen, die man gar nicht will, um zu vermeiden, dass eine Partei an die Macht kommt, die man noch viel mehr überhaupt gar nicht will.

Dagegen spricht folgende Geschichte von Douglas Adams ¹:

(Eine fliegende Untertasse landet in London. Ihr entsteigt ein riesiger Roboter und verlangt, zur Eidechse gebracht zu werden. Ford erläutert Arthur, der Roboter stamme von einem Planeten, auf dem demokratisch gewählte Eidechsen die menschliche Bevölkerung regierten. Die Menschen hassten zwar die Eidechsen, wählten sie aber trotzdem immer wieder. Begründung:)


"'Sie [die Menschen] haben das Wahlrecht, und so nehmen sie schlichtweg an, daß die Regierung, die sie gewählt haben, mehr oder weniger der Regierung nahe kommt, die sie sich wünschen.'

'Du meinst, sie wählen tatsächlich die Eidechsen?'

'Aber ja' sagte Ford achselzuckend, 'natürlich'.

'Aber' sagte Arthur und stürzte von neuem auf die Kernfrage los, 'warum'?

'Weil, wenn sie keine Eidechse wählen würden', sagte Ford, 'käme vielleicht die falsche Eidechse ans Ruder. (...)'"


Klar soweit? Ich werde keine Eidechse wählen. Stattdessen wähle ich eine Partei, die noch (!) als Kleinpartei gilt, weil sie bislang weder im  Bundes- noch in irgendeinem Landtag vertreten ist. Das schulde ich meinem Verständnis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Der Zahlen-Logik antizipierter Prozentzahlen zu folgen, ist keine gute Basis für eine individuelle Wahlentscheidung. Wirkliche Veränderungen sind mit dieser Methode nicht möglich. Vielleicht landen wir am Ende nicht bei Eidechsen, aber sehr wahrscheinlich bei us-amerikanischen Verhältnissen.

Die Option, nur entweder Republikaner oder Demokraten wählen zu können, erweckt den Eindruck einer sehr verkrüppelten Auswahl. Retardierte, rudimentäre Demokratie, dahinsiechend.



(verändert via wiki commons)
Ford und Arthur in der Serie "Hitchhiker's Guide to the Galaxy", 1981.
Vergesst den blöden Kinofilm.





¹ Adams D.: Per Anhalter durch die Galaxis -  Macht's gut und danke für den Fisch; München, 1985, S. 155 ff







Samstag, 11. Januar 2025

Die Partei, die Partei ...

 

Jo, da war eine kleine, unbeabsichtigte Blog-Pause, und das kam so: 

Seit langer Zeit verspüren wir alle den an Geschwindigkeit und Intensität zunehmenden Rechtsdrall, die globale, mählich sich beschleunigende Erosion freiheitlich-demokratischer Grundsätze. Es ist den Populisten weltweit in den letzten Jahren gelungen, durch immer grenzwertigere und übergriffigere Normverletzungen das rechte Framing salonfähig zu machen, und nun sind wir in die Phase eingetreten, in der die freiheitliche Demokratie nur noch hinhaltenden Widerstand leisten kann und müsste.

Man beachte den Konjunktiv "müsste".

Dann kam der Postillion-Artikel, der satirisch, aber völlig zutreffend darauf hinwies, welche Regierungschefs Elon Musk seltsamerweise NICHT kritisiert, und dann kam das keineswegs satirisch gemeinte "Interview" Musk - Weidel. Und wer bis dahin immer noch dachte, es reiche, einfach nicht rechts zu sein, wenn man so ein bisschen links-grün angesifft ist, sollte nun begriffen haben, dass die Zeit des "Einfach-nur-so-gefühlt-dagegen-seins" passé ist und dass die Zeit des "Wenn-wir-heute-nicht-aktiv-(!)-für-die_FDGO-eintreten-ist-morgen-die-Kacke-am-Dampfen" da ist.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe erstmals in meinem Leben die Mitgliedschaft in einer Politischen Partei beantragt, welche, verrate ich, wenn der Antrag angenommen ist.

Für mich als Tao-Übenden ist das ein sehr schwieriger, weil widersprüchlicher Schritt, denn sagte nicht Laozi ¹:

Gut und Böse,
Heilige und Sünder
entstammen dem Tao.

Ergreifst Du Partei,
verlierst Du es.


Der einzige schlüssige Ausweg aus diesem philosophischen Dilemma: Ich trete nicht in eine Partei ein, weil ich unfähig wäre, mir eine eigene Meinung und Weltsicht zu erschaffen oder weil ich vorgekaute Definitionen von Gut und Böse bräuchte. Ich trete in eine Partei ein, weil der Kampf sich verändert hat und weil ich glaube, dass ein einsamer Wanderer nichts mehr bestellen kann gegen einen Gegner, der so agiert, wie er agiert. 

Und trotzdem verliere ich nicht das Tao, denn: Ich empfinde immer noch Mitleid mit den Arschlöchern dieser Welt. Und ich empfinde nach wie vor wenig Respekt vor dem Big Cheese der Politik im Allgemeinen und "meiner" Partei im Besonderen. Wenn der Kampf gewonnen ist, werde ich die Partei leise und still verlassen.

Der gute Wanderer hinterlässt keine Spuren. Das ist auch von Laozi.


(Laozi via wiki commons)






¹ Das ist eine rhetorische Frage, eigentlich eine Floskel aus dem Tao-te-king. Auflösung zur Frage: Ja, Laozi sagte das. 600 v. Chr. Frag' nicht, woher man das weiß. Die Antwort auf diese Frage könnte ziemlich lang werden.









Sonntag, 5. Januar 2025

Verzweifelte Fragen

 

Ich schwöre so einen richtig fiesen, alttestamentarischen Brutalo-Eid, dass die folgenden Fragen nicht rhetorisch intendiert sind. Sie enthalten keinen versteckten Appell, keine Ironie etc., sondern verstehen sich rein auf der Sachebene. Ich würd's einfach nur gerne wissen.

Ausgangspunkt ist dieser Text auf heute.de vom 01.01.2025 mit dieser ¹ Grafik:



Putin und Selenskij feiern es laut Text als je eigenen Sieg, dass zum 31.12.2024 die russischen Gaslieferungen durch die eingezeichneten Pipelines eingestellt wurden. Grund sei das verlängerungslose Auslaufen eines Durchleitungsvertrages zwischen der russischen Firma Gazprom und der ukrainischen Naftogaz.

Jetzt die Fragen:

Erste Frage: Trifft es zu, dass 1043 Tage lang problemlos russisches Gas durch die ukrainischen Leitungen nach Europa gepumpt wurde, während sich die Ukraine mit europäischer Unterstützung in einem heißen De-facto-Krieg mit Russland befand und nach wie vor befindet?

Zweite Frage: Warum hat die Ukraine die Leitungen nicht sofort dicht gemacht, als die Russen einmarschierten?

Dritte Frage: Kaum zu leugnen, dass militärische Hochwert-Einrichtungen wie Kommando- und Kontrollzentren, Raketenstellungen, Radar etc. oft nahe Objekten installiert werden, die der Gegner nur ungern treffen würde, weil es z.B. propagandistische Nachteile brächte (Schulen, Hospitäler). Haben die Ukrainer versucht, die Pipelines zu nutzen, um ihre Hochwert-Objekte zu schützen? 

Vierte Frage: Wie muss ich mir die Situation an der ukrainisch-russischen Frontlinie vorstellen, wo die südliche Trasse mitten durch das Kampfgebiet verläuft? Haben die Kommandeure auf beiden Seiten ihren Leuten gesagt: "Nur Menschen umbringen, auch gegnerische Waffen und Infrastruktur zerstören, aber AUF KEINEN FALL die Pipeline beschädigen!"? 

Fünfte Frage: Falls ja: Wie wurde das auf beiden Seiten den Soldat*innen gegenüber begründet, die unter grausamsten Bedingungen rund um die Uhr bis zur totalen Erschöpfung ihr Leben für ihre jeweiligen Mutter*Vaterländer einsetzten? "Du darfst massenhaft Menschen umbringen, aber bei der Pipeline, da gipp's einen Vertrag zwischen zwei Konzernen, da dürfen wir nicht gegen verstoßen." Oder "Jaaa, Menschen töten ist ok, aber hier geht's um Geld, um richtig viel Geld, das ist 'ne ganz andere Nummer!"?

Fünfeinhalbte Frage: Warum drehen die Soldat*innen beider Seiten bei sowas nicht durch?

Sechste Frage: Das gilt analog für den gesamten Luft- und Raketen- und Drohnenkrieg: Hyperschallraketen,  ATACMS, am liebsten auch Taurusse und weiß der Himmel was noch werden eingesetzt, um gegnerische Wohngebäude, zivile und militärische Infrastruktur, Militäranlagen, Truppen usw. auf hunderte Kilometer hinter der Frontlinie zu attackieren. Aber die Pipelines werden ausgespart. Warum?

Siebte Frage: Die Ukrainer haben höchstvermutlich mit amerikanischer Hilfe NordStream2 gesprengt, damit die Russen kein Geschäft mit den Deutschen bzw. den West-Europäern machen können, so dass wir nunmehr das sauteure, dreckige US-Fracking-Gas kaufen müssen. Was ist der Unterschied zwischen NordStream2 und den Leitungen durch die Ukraine?

Zusammengefasste Kernfrage: Kann mir, bitte, jemand helfen, folgende kognitive Dissonanz aufzulösen?: Bei dem Ukraine-Krieg geht es auf beiden Seiten um menschliches Sterben und unfassbares menschliches Leiden, da müssen wir also mit aller Härte und aller Konsequenz und den modernsten, schrecklichsten Waffen zuschlagen. Bei den Pipelines hingegen geht es auf beiden Seiten um Profit, da müssen wir also Rücksichten nehmen, Zurückhaltung üben, uns an Verträge halten.

Letzte Fragen: Bin ich wirklich der Einzige, den diese Fragen quälen? Falls ja: Warum? Warum dreht die Welt, die das Ganze hautnah miterleben kann, nicht durch? Oder mache ich vielleicht irgendwo einen Denkfehler? 


(stark verändert via wiki commons)

(...)

He's the Universal Soldier and he really is to blame
His orders come from far away no more
They come from here and there and you and me
And brothers, can't you see?
This is not the way we put the end to war

Donovan: Universal Soldier




¹ aus Copyright-Gründen hier stark verfremdet dargestellten





Donnerstag, 2. Januar 2025

Standortbestimmung

Jahresanfangs-Ritual. In der Zeit "zwischen den Jahren" kann man das Hirn dümpeln lassen, und wenn man jetzt wieder Fahrt aufnimmt, ist's klug sich kurz zu orientieren, wo man ist und wo es hingehen soll.

Um in der maritimen Metaphorik zu bleiben, machen wir eine Kreuzpeilung zur Standortbestimmung.

Landmarke 1:

”There’s class warfare, all right, but it’s my class, the rich class, that’s making war, and we’re winning.” Warren Buffett in New York Times, 26.11.2006

Landmarke 2:

Im Gegensatz zur "rich class" ist es den Nicht-Reichen dieser Welt nicht gelungen, sich zu einem gemeinsamen Widerstand zu solidarisieren. Durch dümmlichen Egoismus und Opportunismus lassen sie sich immer wieder korrumpieren und gegeneinander ausspielen. Das ist so dumm, dass mein Mitleid täglich schwindet.

Landmarke 3:

Das Projekt der Aufklärung ist, was den Großteil der Specie Homo sapiens angeht, gescheitert. Das Konzept, durch Experimente falsifizierbares Wissen zur Grundlage relevanter und rationaler Entscheidungen zu machen, hat sich nicht durchgesetzt. Das Verhalten des Individuums hat sich emanzipiert von der Fähigkeit, sich seines Verstandes zu bedienen.¹ Es gibt keine normative Erwartung mehr, Du solltest Dich vernunftgemäß verhalten.

Landmarke 4:

Mit dem Konzept der Vernunft ist auch die Idee der Demokratie untergegangen. Demokratie bedeutet eigentlich, dass mündige Staatsbürgerys als höchste staatliche Macht entscheiden, was langfristig gut und förderlich für die Gemeinschaft ist. Und die Aufgabe der Parteien ist, diesen Willen zu bündeln und in praktisches Handeln umzusetzen. Demokratie bedeutet nicht "Wähl' Dich reich!" und auch nicht "Lass Dir von krankhaft machtgeilen, hemmungslos egomanischen Menschen das Blaue vom Himmel versprechen und statte sie im Gegenzug mit unsäglicher Macht aus!".

Bittere Bilanz, oder? ² In welche Richtung soll man jetzt losschippern? 

Ich versuche es immer wieder mit Hoffnungslosigkeit. Mit einer No-future-Mentalität. Es spricht alles, alles, alles dagegen, dass wir einen Kurswechsel schaffen werden. Und selbst wenn wir es hier, in dieser Region, in Doitschland, in Europa wider Erwarten hinkriegen sollten, dann warten da noch sieben bis acht Milliarden Menschen auf diesem Planeten, die vielleicht nicht einsehen, dass die Weißen nun ihren Konsum-Spaß gehabt haben, dass jetzt aber tunlichst Schluss damit sein muss, und zwar für alle (außer für die Super-Reichen), unabhängig von der Frage, wieviel Konsum- und Umweltzerstörungs-Spaß man bis dato gehabt habe ...

Versetze ich mich in die Lage einer*s Tuvaluys, Chinesys oder Indys, dann würde ich vermutlich auch eher schmallippig reagieren, wenn alte, weiße Männer mir erläuterten, ich müsse jetzt den Ressourcen-Riemen enger schnallen, denn sie, die Weißen, hätten in den letzten Jahrzehnten alle Ressourcen verballert, als gäb's kein Morgen (= KEINE Metapher!) und nun sei die Kacke am Dampfen.

Nein, wir, als Menschheit werden's nicht packen, eine menschenwürdige Umwelt zu bewahren. Und da das so ist, kann ich als Individuum eigentlich jetzt gleich vom Spar- und Sorgfaltsmodus in den Endzeit-Jetzt-ist-sowieso-alles-egal-Modus umschalten. Mögen die Weltuntergangs-Saturnalien beginnen! Endlich darf ich mich wie die maximale Drecksau benehmen, als rücksichtsloses Arschloch in der Masse der rücksichtslosen Arschlöcherys³.

Klappt leider nicht, das mit No-future. Ich bin zu doof zum Resignieren.

Anders gesagt: Ich bin zu doof, mir ein Leben vorzustellen, in dem ich mich nicht strebend bemühe. Würde ich nur noch für meinen je kurzfristigen Lustgewinn leben, verlöre ich also die Ambition, meinen ethischen bzw, rationalen Idealen morgen näher zu sein als heute, würde ich mich ungesund fühlen, faulig, stinkig, kraftlos, schimmlig, einfach bäh. Ich würde erst geistig und dann auch ganz schnell körperlich verfallen, hundertmal schneller als ohnehin die Biologie diktiert. 

Nein, je mehr ich drüber nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Schluss, dass ich mich zwar einerseits oft selbst für einen faulen, bequemen Sack halte, dass ich aber andererseits ziemlich gut darin bin, mir im Kognitiven, Emotionalen und Körperlichen eine gewisse Spannung und Aufrichtung zu erhalten. Das möchte ich keinesfalls missen.

Deshalb: Ich werde also auch in 2025 weiter mit mir und der Welt hadern, zuweilen grell im Strahl kotzen, vielleicht auch mal kleine Erfolge leise lächelnd zur Kenntnis nehmen. 

Das ist der Kurs. Mal sehen, wo ich damit ankomme.



(verändert via wiki commons)







¹ Kants Denkfehler: Wenn Menschen kraft ihrer Vernunft das Richtige und Wahre erkennen würden, würden sie entsprechend handeln. Wie gut, dass er nicht sieht, was Klimawandel-Leugner, Faschos, Fundamentalisten, Querdenker und  Konzerne usw. heute treiben. 

² Natürlich kribbelt's mir in den Fingern, hier massenhaft konkrete Beispiele anzuführen, aber das wird in den künftigen Blog-Artikeln zur Genüge geschehen.

³ Interessante Frage übrigens: Kann und sollte man "Arschloch" gendern? Antwort: Spricht man vom Arschloch im anatomischen Sinne, also vom Anus, dann erübrigt sich das Gendern. Steht das "Arschloch" aber sinnbildlich für Menschen, die nichts als Scheiße absondern, dann sollte man berücksichtigen, dass es sowohl weiblich bzw. männlich sich verstehende als auch non-binäre, diversgeschlechtliche und Trans- Arschlöcher gibt. Und ja, ich gendere gerne mal nach Phettberg.














Dienstag, 17. Dezember 2024

Stau - Gedanken

 

Die Zufahrt zum Stadtautobahnring ist dicht. Baustelle. Zum Glück kenne ich Ausweichrouten, Schleichwege. Bin aber wohl nicht der Einzige, der diese Routen kennt. Sie sind auch dicht. Stau, Stillstand, Verkehrskollaps.

Wo kommen die vielen Menschen her? Was machen die hier - an einem Dienstagvormittag? ¹

Klaustrophobie ist die Angst vor engen Räumen, Agoraphobie meine Angst, in großen Räumen von Menschenmassen eingekeilt zu sein. Eine verkehrskollabierte Innenstadt ist der Ort, an dem man beides gleichzeitig erleidet. 

Ich weigere mich aber, meine Angstreaktion als Angststörung zu betrachten, neige eher zur Annahme, dass nur eine soziokulturell deformierte Psyche sich in derartiger Zwangslage nicht unwohl fühlt. Die Metropolregion Tokio hat aktuell etwa 37,2 Millionen Einwohnys ² und etwa 3.000 Einwohnys pro Quadratkilometer. Hier im Ammerland sind's 177 pro qkm, und ich finde, es wird hier langsam eng. 

Neulich wurde in irgendeiner Arte-Doku über Nachhaltig und Klima und Wohnen und Zukunft und so³ gesagt, die lockere Verteilung der Wohnbebauung außerhalb unserer Städte sei energetisch ganz großer Mist wegen Wärmedämmung, Verkehrsanbindung, Versorgung u.v.a.m. Wir sollten uns des Klimas und der Umwelt zuliebe stattdessen angewöhnen, die positiven Aspekte des Wohnens in größeren Einheiten in Mega-Cities, vielleicht sogar in Arkologien zu würdigen. 

An der Stelle spürte ich, wie ein ganz kreatürlicher Trotz von mir Besitz ergriff. Mir fielen einige Science-fiction-stories ein, deren Handlung vom Gegensatz zwischen den smarten Bewohnys hochtechnisierter Mega-Cities und den barbarischen, sturen Natur-Leuten außerhalb lebt. Und ich habe mich nie anders als in der Rolle des alten, faltigen, verwilderten, trotzigen, griesgrämigen Sacks gesehen, der, in rohe Tierhäute gekleidet, in rußiger Höhle (natürlich WEIT außerhalb der Mega-Cities) sitzt und archaische Verwünschungen gegen die Städter ausstößt. 

Wenn wir Menschen nur noch überleben können, indem wir auf ein menschenwürdiges Leben  verzichten, dann haben wir's verkackt, "die Uhr mag stehen, der Zeiger fallen, es sei die Zeit für [uns] vorbei." (Faust I)


(Still aus "Matrix" I, stark verändert via wiki commons)







¹ Ja, klar müsste ich mich das selbst auch fragen, aber ich weiß ja, dass ich verdammt gute Gründe habe, hier langfahren zu müssen. Aber die anderen...?

² Die gesamte BRD hat 84,5 Millionen Einwohner, d.h. 44 % der Einwohnys Doitschlands drängen sich in Tokio einer einzigen Stadt, naja Region.

³ Ich muss gestehen, die Quelle nicht wiedergefunden zu haben, reiche sie ASAP nach.






Samstag, 14. Dezember 2024

Sprache bei der Arbeit


Kindheitserinnerung: Sommersonnntagsbesuch bei Großeltern. Ich (4½) spiele draußen mit Nachbarstochter Doris (6?). Doris macht völlig anlasslos irgendwas total Fieses und rennt feixend weg. Ich rufe mit maximaler Empörung und ebensolcher Lautstärke hinterher "Doris, Du schwarzes Arschloch!". Meine Eltern ... konsterniert ... bitten mich zum Gespräch.

Erläuterung: In meiner mittelstandsbürgerlichen Erziehung kam das Wort "Arschloch" nicht vor, weder aktiv noch passiv, war völlig undenkbar, und das gilt für die gesamte Familie. Irgendwo muss es aber in mein kindliches Gemüt gedrungen sein und war dann da, als Zorn und Wut in eben diesem Gemüt heißglühten und verbalen Ausdruck suchten. Mehr noch: "Arschloch" war zwar das allerschlimmste mir verfügbare Schimpfwort, aber offensichtlich dem Sachverhalt noch nicht hinreichend angemessen, so dass ich spontan und kreativ das "schwarze(s)" noch davor setzte. Das "schwarze Arschloch" war definitiv eine totale Wortneuschöpfung, die als solche in den Familiolekt und die Annalen des Clans einging.

Relevanz: Wir sehen an diesem Beispiel, wie Sprache funktioniert und wie sie sich immer weiterentwickelt. Es gibt ein dringendes Bedürfnis, Dinge oder Gefühle auszudrücken, und wenn dieses Bedürfnis stark genug ist, dann finden wir entweder Worte in unserem Wortschatz oder wir basteln spontan neue. Das ist doch unglaublich spannend, oder? Ich glaube, KI kann das nicht.


(stark verändert via Inet)

Wenn ich mit dem Abstand von fast 60 Jahren so drüber nachdenke, bin ich aber auch froh, dass es keine Wortmagie gibt. Wäre Sprache wirkmächtig, hätte mein Zorn ein "Wort der Macht", z.B. ein Feuerball, werden können, wäre von Doris damals nur noch ein Aschewölkchen übriggeblieben.







Mittwoch, 11. Dezember 2024

Spielregeln zum Boomer-Bashing

 

Ok, das Boomer-Bashing greift um sich, das war zu erwarten. Als Betroffener habe ich auch überhaupt nichts dagegen, denn Vieles, was da von X, Y, Z an Kritik geäußert wird, haben zahlreiche Boomer (incl. mir) bereits als Selbstkritik formuliert.

Ob diese Kritik kommt oder nicht, habe ich weder zu bestimmen noch zu bewerten. Was ich sagen kann, ist, ob Kritik bei mir irgendwas bewirkt oder nicht. Hier die Boomer-Bedienungsanleitung:

  1. Wer bei den LTW 2024 oder überhaupt jemals die AfD gewählt hat, hat mir überhaupt nichts zu sagen. Eine Alterskohorte, die zu fast 40 Prozent AfD gewählt hat, hat weißgott reichlich eigene Probleme zu bearbeiten, bevor andere, demokratiefreundlichere Generationen attackiert werden. 
  2. Und so, wie Ihr pauschal ALLE Boomer verurteilt, weil sie Eure Umwelt in die Grütze gehauen haben, sage ich, dass Ihr pauschal ALLE eine Nazi-Generation seid, die unsere FDGO und die Menschenrechte in die Grütze haut. Demnach hat keine*r von Euch das Recht, mir i-was vorzuwerfen.
  3. Ich sehe weder bei Gen X noch Y noch Z gegenwärtig überzeugende und schlagkräftige Konzepte, die die Zukunft nachhaltig betreffen. Jaaa, Ihr habt FFF und tralala, aber vergleichbares Aufbegehren gab's in den 80ern auch. Schaut selbst, was draus geworden ist. Wo stecken Eure Menschys, die die unbequeme Wahrheit, dass wir von unserem Lebensstandard runtermüssen, großflächig durchsetzen? Ein paar wenige Enthusiasten reichen nicht, die hatten wir auch. Ihr habt aktuell nichts auf der Pfanne, was Euch zur Kritik berechtigt.
  4. Im Moment sehe ich mit Grausen, dass (und wie sehr) Ihr Euch durch fucking social-media-Kampagnen beeinflussen lasst, statt durch Lektüre von Fachliteratur. Team science? Drauf geschissen. Mimimi, der böse Putin bezahlt böse Tiktok-Kampagnen! Seid Ihr wirklich so weich in der Birne, dass Euch das beeinflusst? Ernsthaft!? Und Ihr wollt Boomer kritisieren!?

Soll ich weitermachen? Wir können eine riesen-fiese Diskussion vom Zaun brechen.

Oder wir fangen an nachzudenken: Wem ist am meisten geholfen, wenn sich die kritischen Potentiale der Generationen gegenseitig zerfleischen, statt gemeinsam auf den eigentlichen Gegner loszugehen (gewaltfrei natürlich!)? 

Wer.Hat.Ein.Interesse.Daran?

Tipp: Folge dem Geld!

Noch 'n Tipp: Pauschale Urteile nach dem Schema "Alle Boomer sind doof!" sind einer kritischen Praxis kontraproduktiv. Globale Probleme eskalieren, und die Führungs-Camarilla der Welt blockt alles ab (vgl. COP29). Wenn wir uns auch noch gegenseitig blockieren, ist Feierabend. Wir haben ja ohnehin noch nicht mal wirksame Ideen.

Mich würde es sehr freuen, und das meine ich 110% floskelfrei, wenn wir mit der Kinderkacke aufhören und mit der notwenigen Arbeit anfangen bzw. weitermachen könnten.



(verändert via wiki commons)

Man kann viel erreichen, wenn man zusammenarbeitet!









Sonntag, 8. Dezember 2024

Ehre zwopunktnull


Ich plädiere aus vielen aktuellen Gründen für die Wiedereinführung der Idee der persönlichen Ehre. Natürlich in einer aktualisierten Fassung, ohne die fatalen, verlogenen und brandgefährlichen großbürgerlichen und feudalistischen Normensysteme vergangener Zeiten.

Wir definieren:

"Persönliche Ehre" = Der Grad der Wahrhaftigkeit, den ich einem Menschy zuschreibe. ¹

"Wahrhaftigkeit" = Die Selbstverpflichtung eines Menschy, nur das zu sagen, was sie*er für wahr hält.

Begründung:
Wahrhaftigkeit wird bereits von Kant mit "Ehrlichkeit" gleichgesetzt, damals noch im ursprünglichen Wort-Sinn von "Ehre haben". Was beweist, dass schon der alte Königsberger den Zusammenhang von Lügen und Ehrlosigkeit bzw. von Wahrhaftigkeit und Ehre ganz simpel und vollständig erfasst hat.

Wenn ich sage :"X ist ehrlos!", dann meine ich, X sagt bewusst die Unwahrheit, sofern es zu seinem*ihrem persönlichen Vorteil ist.

"Persönliche Ehre" fragt, inwieweit ich annehme, dass eine Person selbst glaubt, was sie*er sagt.

Mit diesem bestechend einfachen Gedanken prüfen wir nun die Menschys unserer Umgebung. Vielleicht hilft es, das jeweilige Ergebnis in Form einer Skala von 1 bis 10 auszudrücken.

"1" bedeutet, er*sie lügt notorisch, alle Aussagen sind ausschließlich taktisch motiviert und auf den eigenen Vorteil bedacht.

"10" bedeutet, sie*er sagt nur Dinge, die er*sie für wahr hält, auch, wenn das zum eigenen Nachteil wäre. 

Wichtig: Dabei spielt es keine Rolle, wie wir selbst den Wahrheitswert einer Aussage bewerten. Man kann aus Unwissenheit, mangelnder Datenlage und sogar aus Verblendung unbeabsichtigt unwahre Aussagen machen. Das menschliche Irren ist ja nicht taktisch motiviert. Falls doch, dann wäre es kein Irren, sondern eine Lüge.

Viel Spaß beim Ausprobieren! Vielleicht fangen wir zur Übung mit Politikys an ...



(FP45 - verändert via wiki commons)

Ein ganz primitive aber effiziente Schusswaffe
zum Gebrauch durch Partisanen im Zweiten Weltkrieg.
Eine Ethik-Guerilla braucht primitive aber effiziente Begriffe.






¹ Zur Abgrenzung "Wahrhaftigkeit" und "Wahrheit" vgl. Kant 1797: "Über ein vermeintes Recht aus Menschenliebe zu lügen". Was war ich sauer, als ich feststellen musste, dass das, was ich mir zum Thema überlegt habe und hier als neuen, heißen Scheiß darlegen wollte, von I.K. schon vor 227 Jahren äußerst präzise, schlüssig und eloquent beschrieben worden ist. Ich musste meinen bis dato mühevoll zusammenformulierten Text komplett in die Tonne kloppen und praktisch neu beginnen. Fick Dich, Kant! Aber in echt! ²

² Andererseits kann ich nicht leugnen, dass es ein erhebendes Gefühl ist, mich einem Genie wie I.K. geistig so weit angenähert zu haben, dass ich realen Grund habe, stinksauer auf ihn zu sein. ³

³ Ich hatte mal einen alten Soziologie-Prof, der aus Indien stammend, stinksauer auf Mahatma Gandhi war, weil der die marxistische Revolution in Indien verhindert habe. Da  wehte uns Studies immer so ein Hauch Historie an, wenn P.A. losschimpfte.







Dienstag, 3. Dezember 2024

Ein bisschen hinterhältig

 

Vorweg, weil wichtig: Der Fehler liegt bei mir, und ich habe keinen Grund zur Klage!

Sachverhalt: Ich kaufte bei einem namhaften Online-Versandhaus einen Skizzenblock; A3; 100 pages, für einen relativ günstigen Preis.



Erst beim Auspacken fiel mir mein Denkfehler auf, dass nämlich "pages" mit "Seiten" zu übersetzen ist und nicht mit "Blatt". Und hätte ich beim Online-Kauf genauer hingeschaut, wäre mir aufgefallen, dass im "Kleingedruckten" die Mengenangabe "100 Pages/50 Sheets" steht. Ich hatte also nur 50 statt erwarteter 100 Blatt, und dafür war der Preis völlig überhöht.

Ich hätte die Übersetzungsleistung erbringen können oder wenigstens die Assoziation, ein Buch mit 1.000 Seiten/Pages besteht aus 500 beidseitig bedruckten Blättern/Sheets, während bei Toilettenpapier nur die Zahl der Blätter/Sheets angegeben wird, weil eine beidseitge Nutzung eher unüblich und ein wenig unappetitlich ist, die Seitenzahl daher irrelevant. Dass ich Skizzenblock-Blätter immer nur einseitig benutze, ist meine persönliche Entscheidung und nicht zu verallgemeinern.

Also nochmal: Mea culpa, in gieriger Schnellklickerei habe ich einen Fehler gemacht. 

Allerdings fällt beim Design des Covers (s.o.) auf, dass der Hersteller schlicht durch die Wahl der Schriftgrößen und Schriftarten diesen Fehler auch nach Kräften unterstützt hat. Da haben pfiffige Marketing-Tussies*Fuzzies mich intelligent reingelegt, und ich gratuliere ihnen zu dieser Leistung und erbiete sportliche Anerkennung: Ihr seid, liebe Jungs und Mädels und alles dazwischen, mir einfach überlegen. Ihr habt gewonnen, und ich habe verloren. Da gibt es nichts zu deuteln.

Ich finde die Sache auch nicht schlimm, denn erstens geht es nur um Geld und zweitens wurde ich auf diese Weise wieder einmal daran erinnert, dass Verkäuferys und Endverbraucherys natürliche Feinde sind. Die Konzerne, die Supermarktketten, die Herstellerys sind nicht ehrbar. Sie wollen nicht Ware gegen Geld tauschen, sondern sie wollen Dich bescheissen.

Einzelhandel ist Krieg gegen die Kund*innen. 
Kein Vertrauen, kein Pardon!

Dass ich das vergessen habe, das werfe ich mir in dieser Sache vor. Allerdings frage ich mich auch, ob das zwingend so sein muss. Die plausibelste Antwort: In einem Wirtschaftssystem, das ausschließlich am maximalen Profit orientiert ist, JA.



(stark verändert via wiki commons)

Meine Dummheit, dass ich auf den Angriff nicht vorbereitet war.