Ja, der folgende Text enthält Verallgemeinerungen. Ich habe hinreichend Heroic Fantasy inhaliert, um verallgemeinern zu dürfen. Die Aussagen werden dadurch nicht falsch. Es gibt hinreissende Ausnahmen, absolut geniale Geschichten. Ich plädiere hiermit dafür, dass wir mehr davon brauchen.
- Warum ist die Monarchie die beliebteste Staatsform in den allermeisten Phantasiewelten?
Die Frage entstand, als man in den 1970ern feststellte, dass gerade die Hippie-Szene (i.w.S.) auf den "Herrn der Ringe" abfuhr. Ich habe eine toiflische Hypothese: Die Herrschaft durch Stärke, die Sehnsucht nach schlicht strukturierter Hierarchie entspricht eher der Verdrahtung in unserem Hirn, als die FDGO. Die Vernunft schreit nach Demokratie, der evolutive Affe in uns ist da aber noch gar nicht angekommen. Wir dürfen dem nicht nachgeben, sondern müssen bewusst gegenan arbeiten. - Warum gibt es so viele "gute" Könige?
Die Protagonistys der Heroic Fantasy (HF) stehen meist in unkritischer Nibelungentreue zu ihren Herrschern, und das wird nicht hinterfragt. Wären die fiktiven Herrscherys Arschlöcher, bekämen wir ganz schnell ethische Probleme mit "Befehlsnotstand" und Arendts bzw. Kants "Niemand hat das Recht zu gehorchen." Wären die Königys "böse", müssten die Protagonistys rebellieren - kein marktgängiges Rollen-Modell. Sind die Königys "gut", können die heldenhaften Protagonistys coole, lockere Helden sein. - Täusche ich mich, oder sind Königinnen prozentual öfter böse als ihre männlichen Pendants?
Wenn eine Frau zu Macht gekommen ist, können nur "böse" Kräfte dahinterstecken. Das unüberwundene Patriarchat lässt grüßen. - Warum gibt es so viele konkret wirkende Göttys und so viel Magie?
Göttys befriedigen die Sehnsucht nach höheren Mächten. Interessanter Befund, dass das immer noch in unseren Reptilienhirnen herumfleucht. Magie bedient den Traum, unser Wünschen würde etwas bewirken. Wenn die Magie nicht funktioniert, wünschst Du es Dir einfach nicht doll genug. - Warum ist Speziesmus so toll und voll allen Beteiligten gewollt?
Übersichtlichkeit, Klarheit, Einfachheit. Wenn ein Ork mich fixiert, darf und muss ich dreinschlagen, mit Allem was ich habe und vor allem ohne zu fragen. Elven sind immer anmutig, schön, schlau, stark, mystisch, allgemein: verehrungswürdig. - Wie und womit versorge ich 200.000 Orks, Trolle, Haradrim usw. während der Schlacht auf den Pelennor-Feldern?
Im europäischen Mittelalter, das die Folie für die meisten HF-Geschichten bietet, waren über 90 Prozent der Menschen Bauern. Anders gesagt: Man brauchte 9 Bauern, um 1 weiteren Menschen zu ernähren.¹ Für 200.000 Krieger brauchte man ergo 1.800.000 Bauern landwirtschaftliche Betriebe, und wenn die Gegend nicht sehr fruchtbar ist, wie in Mordor sowie südlich und östlich davon, wird das Zahlenverhältnis noch etwas schräger. Ach ja, und wir brauchen Leute, die den Nachschub transportieren. Und ihn bewachen. Und ihn verwalten. Und die Krieger brauchen nicht nur Nahrung, sondern auch Waffen, Rüstungen. Die müssen repariert und ersetzt werden etc. etc. - von Leuten, die auch verpflegt werden müssen ...²
Worauf ich hinaus will: Es gibt viel zu wenig Bauern in HF. Dieser Verwaltungsscheiß um die Logistik ist scheinbar banal, aber er hat die Heerführerys mehr beschäftigt als die Kämpfe in den großen Schlachten. - Warum besteht der Plot der meisten Geschichten in einer konsequenten argumentativen Hinführung zu einer alternativlosen Problemlösung durch völlig enthemmte Gewalt?
Hypothese: Wir stehen drauf! Aber sowas von! Die lange Hinführung brauchen wir nur als Alibi. - Warum spielen so viele HF-Geschichten in Klimaten, in denen man nur ganz wenig, praktisch gar keine Textilien benötigt?
Ich weizzes nich'!
¹ Können wir mal eben ganz kurz ignorieren, dass Troll-Nahrung qualitativ, vor allem aber quantitativ (!) nicht mit menschlicher Nahrung zu vergleichen ist? Bitte?!
² Wen sowas interessiert: Über die Armeen Friedrichs des Großen und Napoleons gibt es detaillierte Zahlen. Clausewitz rechnet vor, dass eine Stadt im Schnitt eine 3-Tages-Reserve an Nahrung hat. Du kannst also in einer großen Stadt von, sagen wir 10.000 Einwohnys (um 1800) ein Heer von 30.000 Soldaten einen Tag lang ernähren. Danach musst Du weiterziehen und solltest erst nach ein paar Monaten wiederkommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das eine eigene oder eine feindliche Stadt ist.