Anscheinend fragen sich einige Menschen meines näheren Umfeldes, ob meine jüngsten Texte über Alter, Sterben und Tot-Sein einen konkreten, eventuell besorgniserregenden Anlass haben, und die Antwort lautet "Nö, nicht dass ich's wüsste."
Was ich aber weiß, ist, dass ich meistens (und falls überhaupt) der Allerletzte war und bin, der die eigenen wichtigen persönliche Entwicklungen bzw. Veränderungen registriert. Mathematisches Lebensalter, zunehmende Faltenbildung im Gesicht und anderswo und alterstypische Zipperlein sind zwar Hinweise auf Alt-Sein, aber diese Hinweise erreichen mich nur rein kognitiv.
Das ist wie beim Begriff "Lichtjahr". Wir wissen verstandesmäßig, dass damit eine Strecke von 9,46x10¹² (9,46 Billionen) km gemeint ist. Und wenn wir unsere Phantasie mühevoll hochpeitschen, dann spuckt unser Hirn vielleicht noch einen Kommentar aus, wie "Boah, das ist aber echt viel ... also weit ...". Aber wirklich fühlen tun wir's nicht.
So ist das bei mir mit dem Alt-Sein.
Und damit kommen wir zur Frage, warum ich diese Texte über das Altern und überhaupt Texte schreibe. Dazu ein Zitat, das ich ohne klare Quellenangabe im I-net fand:
"Schreiben ist der Prozess, durch den Du merkst, dass Du gar nicht verstehst, worüber Du redest. (...) Schreiben ist auch der Prozess, durch den Du das herausfindest. Über etwas zu schreiben informiert Dich darüber, was Du weißt, was Du nicht weißt und wie Du denkst. Über etwas zu schreiben ist einer der besten Wege darüber zu lernen. Schreiben ist nicht nur ein Vehikel, um Ideen mit anderen zu teilen, sondern auch ein Weg, sie selbst besser zu verstehen."
Oder sehr frei nach Wittgenstein: Wenn Du Deine Gedanken durch die Mühlen sprachlich-grammatischer Logik drehen kannst, sind sie möglicherweise nicht falsch.
Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen
erkanntes Leben, jäher Sinn,
die Sonne steht, die Sphären schweigen,
und alles ballt sich zu ihm hin.
Ein Wort - ein Glanz, ein Flug, ein Feuer,
ein Flammenwurf, ein Sternenstrich -
und wieder Dunkel, ungeheuer,
im leeren Raum um Welt und Ich.
G. Benn 1941
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