Samstag, 26. Oktober 2024

Alt-Sein - eine ganz neue Erfahrung! Teil 3: Habe ich was verpasst?

 

Angst vor dem Sterben und Tot-Sein resultiert für viele Menschen anscheinend aus der Angst, etwas verpasst zu haben und der einsetzenden Gewissheit, gewisse Ziele definitiv nicht mehr erreichen zu können, jedenfalls nicht in diesem Leben.

Meine Selbst-Prüfung ergibt:

Verpasste Besitzstände: 
Ohne eigenes Zutun, ohne eigenen Verdienst, nur durch eine äußerst glückliche Aneinanderreihung geographischer, kultureller und historischer Zufälligkeiten gehöre ich zu den reichsten 4 bis 5 Prozent der Menschen dieses Planeten und zwar all-time up to now. Würde ich Materielles vermissen, müsste man mir mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf schlagen. Mehrfach.

Verpasster Sex: 
Vermutlich ist es ein evolutionär stabilisiertes Verhalten, immer mehr Sex haben zu wollen. Aber es gibt auch ein Quantum sexueller Erfahrungen, nach denen ist immer mehr Sex nichts weiter als das: Einfach nur immer mehr davon. (Was nicht bedeutet, dass das nicht schön sei!) Weitere Details sind privat, aber ich habe nichts zu bedauern und zu beklagen.

Exkurs: 
Nur einmal, da gab es eine Situation, in der eine sehr nette und unfassbar attraktive Freundin mich zu einem ONS animieren wollte, und ich hab's nicht kapiert, weil ich es für ausgeschlossen hielt, dass eine wie SIE mit einem wie MIR ... Verpasste Situation, unwiderbringlich verpasst, bedauerlicherweise. Können wir den alten Spielstand nochmal laden? Nein? Verdammt! Im nächsten Leben, ich schwör's ...
Schluss damit! Was bleibt, ist der Name der Rose. (frei nach Umberto Eco) 
Exkurs Ende

Verpasste Jugendlichkeit: 
Au ja, ich hätte gerne wieder meinen Körper von, sagen wir 20 bis 24 Lebensjahren zurück. Ohne die ganzen Scheiß-Zipperlein, die sich später zwangsläufig einstellen, weil wir biologisch nur für eine Laufzeit von 40 Jahren gebaut sind. Was ich nicht vermisse, sind Disco-Besuche, Akne, Stimmbruch, zaghafte Liebeleien, all das Verletzen und Verletzt-Werden in spätpubertären Beziehungskisten. Nein, ich bin gerne erwachsen, kein Problem!

Verpasste Erkenntnis:
Gestattet mir die selbstschmeichlerische Feststellung, dass mich ein unersättlicher faustischer Erkenntnisdrang umtreibt. Es könnte also sein, dass ich in der Sekunde meines Dahinscheidens auch mit unbefriedigter Neugier hadere, sofern mich da nicht andere Dinge ablenken. Hier setze ich allerdings große Hoffnung auf die Option, dass nach besagtem Dahinscheiden nicht Nichts, sondern unter anderem universelle Erkenntnis folgt. So oder so ist da kein bedauerns-werter Zustand zu erwarten. Alles gut.

Verpasste Zuwendung: 
Was ich wirklich unrettbar und unwiderruflich verpasst habe und bedauere: Ich habe meinen Söhnen nicht so viel Liebe und Zuwendung und Wertschätzung geschenkt, wie sie verdienen. Gründe und Details sind mein Privat-Scheiß.
Und dann gibt es garantiert noch viele Menschen, die ich nicht so wertschätz(t)e, wie sie es verdienten oder denen ich das nicht hinreichend kommuniziert habe. Aber letzteres ist eine Binse und nicht so eklatant, dass es mir die After-Life-Party restlos versauen würde. 


Fazit:
Diese Liste berücksichtigt nur die Frage, ob ich beim Sterben Angst haben muss, etwas verpasst zu haben. Es ist keine Lebens-Bilanz, da z.B. Erfahrungen großer Freude und großen Leids nicht erfasst werden. Außerdem habe ich ja erst 78 % meiner mir zustehenden Lebenszeit abgelebt, da kann also noch was kommen.

Und was ist das bisherige Ergebnis? Ich kann damit leben, mein Alter zu haben. Muss mich nicht mit Insignien von Jugendlichkeit behängen, nicht immer panischer Träumen nachlaufen, die altersbedingt immer unerreichbarer werden. Ohne einzupennen und ohne zu verkrusten kann ich in den nächsten Jahren meine Kreise drehen. Das ist ein gutes Ergebnis.














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