Angst vor dem Sterben und Tot-Sein resultiert für viele Menschen anscheinend aus der Angst, etwas verpasst zu haben und der einsetzenden Gewissheit, gewisse Ziele definitiv nicht mehr erreichen zu können, jedenfalls nicht in diesem Leben.
Meine Selbst-Prüfung ergibt:
Verpasste Besitzstände:Exkurs:Nur einmal, da gab es eine Situation, in der eine sehr nette und unfassbar attraktive Freundin mich zu einem ONS animieren wollte, und ich hab's nicht kapiert, weil ich es für ausgeschlossen hielt, dass eine wie SIE mit einem wie MIR ... Verpasste Situation, unwiderbringlich verpasst, bedauerlicherweise. Können wir den alten Spielstand nochmal laden? Nein? Verdammt! Im nächsten Leben, ich schwör's ...
Schluss damit! Was bleibt, ist der Name der Rose. (frei nach Umberto Eco)
Exkurs Ende
Verpasste Jugendlichkeit:
Au ja, ich hätte gerne wieder
meinen Körper von, sagen wir 20 bis 24 Lebensjahren zurück. Ohne
die ganzen Scheiß-Zipperlein, die sich später zwangsläufig
einstellen, weil wir biologisch nur für eine Laufzeit von 40 Jahren
gebaut sind. Was ich nicht vermisse, sind Disco-Besuche, Akne,
Stimmbruch, zaghafte Liebeleien, all das Verletzen und
Verletzt-Werden in spätpubertären Beziehungskisten. Nein, ich bin
gerne erwachsen, kein Problem!
Verpasste Erkenntnis:
Gestattet mir die selbstschmeichlerische Feststellung, dass mich ein unersättlicher faustischer Erkenntnisdrang umtreibt. Es könnte also sein, dass ich in der Sekunde meines Dahinscheidens auch mit unbefriedigter Neugier hadere, sofern mich da nicht andere Dinge ablenken. Hier setze ich allerdings große Hoffnung auf die Option, dass nach besagtem Dahinscheiden nicht Nichts, sondern unter anderem universelle Erkenntnis folgt. So oder so ist da kein bedauerns-werter Zustand zu erwarten. Alles gut.
Verpasste Zuwendung:
Was ich wirklich unrettbar und
unwiderruflich verpasst habe und bedauere: Ich habe meinen Söhnen nicht so viel
Liebe und Zuwendung und Wertschätzung geschenkt, wie sie verdienen. Gründe und Details sind mein Privat-Scheiß.
Und dann gibt es garantiert noch viele Menschen, die ich nicht so wertschätz(t)e, wie sie es verdienten oder denen ich das nicht hinreichend kommuniziert habe. Aber letzteres ist eine Binse und nicht so eklatant, dass es mir die After-Life-Party restlos versauen würde.
Diese Liste berücksichtigt nur die Frage, ob ich beim Sterben Angst haben muss, etwas verpasst zu haben. Es ist keine Lebens-Bilanz, da z.B. Erfahrungen großer Freude und großen Leids nicht erfasst werden. Außerdem habe ich ja erst 78 % meiner mir zustehenden Lebenszeit abgelebt, da kann also noch was kommen.
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