Kennt ihr die Anekdote, nach der der Spieß die angetretene Kompanie nach einy Freiwilligen fragt und die ganze Kompanie bis auf eine arme Wurst einen Schritt zurücktritt, so dass es aussieht, als sei die Wurst einen Schritt vorgetreten und habe sich also freiwillig gemeldet?
Genau so funktioniert das mit dem Alt-Werden. Du veränderst Dich (gefühlt) überhaupt nicht, aber noch ältere Menschys um Dich herum sterben einfach oder verschwinden ins Sterbe-Heim oder gehen in den Ruhestand und jüngere kommen nach. Plötzlich stehste da und die Gesellschaft schreibt Dir die komplette soziale Konstruktion des Alt-Seins zu.
Da gibt es durchaus Varianten, z.B. die Zuschreibung von Erfahrung, Weisheit und Respekt, kurz: von Seniorität. Oder die Zuschreibung geistiger Verkrustung, Rechthaberei, Vergrätztheit, Unbelehrbarkeit, kurz: Senilität. In jedem Fall wird Dir körperlicher Verfall unterstellt.
Es ist unangenehm, selbst die Variante mit der Seniorität. Natürlich fühlt man sich gebauchpinselt, wenn man mit Erfahrungswissen punkten kann, und davon hat man ein bisschen angesammelt, wenn man kein totaler Trottel war und ist. Aber ich habe viel mehr genossen, im fruchtbaren Diskurs unter Gleichen Lösungen zu erarbeiten. Manchmal muss man sich richtig Mühe geben, zu signalisieren, dass man, bitte, den Senioritäts-Bonus nicht wünscht.
Und sich selbst muss man immer wieder versichern, dass Senilität und Verfall noch nicht jenes Stadium erreicht haben, dass es sozial auffällig wäre.
Würde doch nur jene innere Stimme schweigen, die mich mit zynischer und teils schmerzhafter Selbstkritik ein Leben lang begleitet hat und die im Laufe der nächsten 20 Jahren am länger werdenden Hebel sitzt.
Ich habe immer noch Zweifel, dass das ein Kompliment ist.
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