Heute im Reformhaus jewesen. Fast vor Fremdscham im Strahl jekotzt ...
Kundin: (18 % über Zimmer-Lautstärke) "Hach, was sind das denn für [Produkte X]?"
Inhaberin: "Das si..."
Kundin: "Ich hatte nämlich mal [Produkt X] aus Italien, da hat man gleich gemerkt ... (folgt einminütig-monologisierende inhaltsleere Ich-Erzählung)"
Inhaberin: "Ja, also d..."
Kundin: "Und was ist das hier?" (Zeigt auf ]Produkt Y].)
Inhaberin: "D..."
Kundin: "Davon nehme ich auch mal was mit!" (Greift zu, legt [Produkt Y] neben die Kasse, wo ich bereits zwei Flaschen mega-ökologischen Olivenöls zwecks Bezahlung abgestellt habe.)
Inhaberin: "G..."
Kundin: (wendet sich zu mir) "Und was ist das für Öl?"
Ich: "Äh. Öl?"
Kundin: (längst wieder abgewendet, Blick durch den Laden lichternd) "Hach, Ihr habt hier so viel, da kann man sich gar nicht entscheiden, laber, laber, laber ..." *1
Geschickt nutze ich ihren Redeakt, der Inhaberin zu signalisieren, dass ich bitte, bitte zahlen möchte, verlasse anschließend fluchtartig den Laden und schwöre mir, mich fürderhin nur noch über den eisekalt-entmenschten Interneteinzelhandel zu verköstigen, selten vielleicht auch mal in riesigen, neonlichtvergifteten, seelenlosen Supermärkten, wo devote Regal-Räum-Zombies ihre systemrelevante Arbeit verrichten und Jeden mit ihrem Todesblick vernichten, der mehr Kommunikation erheischen will als allerhöchstens ein minimalisiert-freundliches Nicken.
Was ich heute gelernt habe: Reformhäuser MÜSSEN teurer sein, als normale Läden. Das liegt zum geringeren Teil daran, dass diese ganzen Special-Öko-Produkte in der Herstellung ein bisschen teurer sein dürften als der Normalo-Kram, vor allem aber daran, dass die Mitarbeiter*innen neben ihrer normalen kaufmännischen Tätigkeit als Projektionsfläche für die rücksichtslos-offensive Selbstdarstellung der, ach, so wie-auch-immer-engagierten Klientel herhalten müssen.
Ich bin sicher, dass die Reformhaus-Mitarbeiter*innen, hätte man sie gefragt, niemals zugestimmt hätten, aber seitens der Schicki-micki-Ökos wurde ihnen ein teuflischer Pakt oktroyiert: "Ich zahle Dir Mörder-Preise für Grundnahrungsmittel, dafür gibst Du mir Bühne und Publikum bei meinem lautstark-egomanischen Öko-white-washing!"
Hat man die Reformhaus-Mitarbeiter*innen beim Einstellungsgespräch eigentlich auf diesen Aspekt der Zwangs-Prostitution hingewiesen?
(1907 via wiki commons)
*1 Ich bitte die zahlreichen Auslassungen und metasyntaktischen Variablen zu entschuldigen. Mein Gehör ist in funktioneller Hinsicht zwar überdurchschnittlich leistungsfähig, aber mein Gehirn schaltet bei sinnfreiem Schalldruck die Verarbeitung einfach ab. Das ist kein Witz, das hat mir ein HNO vor vielen Jahren bestätigt! Also: Ich weiß wirklich nicht, um welche Produkte X und Y es ging, was es mit den italienischen Sachen auf sich hatte und was statt "laber, laber, laber" gesagt wurde. Diese, meine Fähigkeit ist unterbewusst, effizient und oft, aber nicht in jedem Fall eine Erleichterung.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Vielen Dank für Ihren / Deinen Kommentar