Mittwoch, 24. September 2025

Ich bin nicht "Antifa", sorry.

 

Ich muss zugeben: Auch ich fühlte mich kurz gebauchpinselt, als Trump die Antifa zur terroristischen Organisation erklärte. Man konnte sich so herrlich als Mitglied bzw. Sympathisanty einer verfolgten Gruppe fühlen, sich in einer Reihe mit Tom Hanks, Sting und all' den anderen geschassten Künstlerys sehen, vielleicht sogar den Brückenschlag zu den Widerständlerys des Nazi-Regimes für sich beanspruchen ...

Alles Schwachsinn. Antifa ist seit jeher eine schwiemelige, molluskenhafte Selbstbezeichnung, sowohl bei uns als auch in Ämmerikor. Da steht nirgends eine konkrete Organisation hinter und erst recht kein politisches Programm. Antifa taugt nicht mal als Sammelbezeichnung für Leute, die gegen Faschismus sind, denn gegen Faschismus zu sein ist genau so banal wie für Menschenrechte zu sein. Das Wort Antifa ist völlig ausgeleiert, jedy Deppy kann Antifa sein.

Ein Wort, das alles erklärt, erklärt nichts. (Popper K.)

Innerhalb der Antifa gab (und gibt?) es außerdem Strömungen, die Gewalt, auch militante, d.h. organisierte, bewaffnete Gewalt für ein Mittel des politischen Diskurses halten. Aus persönlicher Erfahrung aus den 1980er Jahren weiß ich, dass es da einige sehr kleinpimmelige Großsprecher gab, die den gewaltsamen Systemwechsel propagierten, zum Glück aber Lichtjahre von der Entschlossenheit entfernt waren, das auch umzusetzen.

Von diesen Strömungen hat Antifa sich nie distanziert, und das ist für mich, der ich Gewalt als Mittel der Politik ausschließe, ein Killer-Argument. Ich werde mich keinesfalls als Antifa-Fuzzy definieren. Links ja, gegen Faschismus, für Menschenrechte, FDGO etc. etc. ja, ja, ja. Antifa  nein.

Eine bittere persönliche Erfahrung sagt mir auch, dass es in naher Zukunft ein paar subklinische Psychopathen geben könnte, die den Begriff einfach für sich kapern und sich zu Führerys der Antifa aufschwingen, schlicht durch Selbst-Akklamation und die Unterstützung ein paar weniger Speichelleckys. Und dann stehe ich da mit meiner Aussage, ich sei Antifa, aber DAS habe ich nicht gewollt, blablabla ...

Mir ist das so gegangen, als ich eine zeitlang sagte, ich stünde der buddhistischen bzw. taoistischen Philosophie nahe und als dann ein paar myanmarische Äbte buddhistischer Klöster zum Völkermord an den Rohingya aufriefen. Oder als ich auf einer Demo für oder gegen irgendwelche Hochschulpolitik war und plötzlich eine kleine Schar marxistisch-leninistischer Knallchargen sich mit Riesen-Bannern an die Spitze des Zuges und der Rednery-Liste setzten. Oder als die christliche Lehre im 4. Jhdt. n. Chr. in die Hände fanatischer alter, weißer¹  Männer fiel. Oder als die ersten kommunistischen Führerys die Ideen Marx' pervertierten ...

Und schließlich: Es gibt überhaupt keinen Grund, stolz darauf zu sein, sich "Antifa" zu nennen. Denn wie Du Dich definierst, ist den Nazis, und damit meine ich auch die Trumps, Erdogans, Orbans, Putins usw., scheißegal. Und mehr noch: Ich glaube, Trump beömmelt sich köstlich darüber, wie sich jetzt alle über sein Antifa-Verbot empören. Mit einer einfachen Geste hat er der progressiven Linken so viel Energie geklaut - das ist "flood the zone" at its best.

Und warum sollte es irgendeinen Autokraten interessieren, für wie "antifa" Du gelten möchtest? Das ist in der Tat völlig wumpe, denn Du bewirkst ja nichts. Die Aussage "Seht, ich bin Antifa!" ist bestenfalls geistige Masturbation.² Schlimmstenfalls blockiert sie den Blick auf das, was wirklich konkret getan werden könnte.


(via wiki commons)

Das ist das Antifa-Logo von 1932, als die Kommunisten
in kritischer Zeit und durchaus mit persönlichem Risiko
zum Widerstand gegen die Nazis aufriefen.
Wie hat sich und wer hat aus welchen Motiven durchgesetzt,
dass die eine Flagge schwarz wird,
um neben dem Kommunismus auch den Anarchismus zu symbolisieren?

Da wird also doch organisiert und gefummelt! Von wem?





¹ Ich sag's gerne immer wieder: Auch lesbische schwarze Menschen mit Behinderungen können alte weiße Männer sein. 

² Ja, das kann man diesem Blog auch vorwerfen. Ich bin mir der weitgehenden Wirkungslosigkeit  dieses Blogs als Instrument politischer Auseinandersetzung bewusst. 






Montag, 22. September 2025

Kollektive Lernentwicklungsstörung, nicht therapierbar.


Einer der besten im politischen Kabarett, Volker Pispers, hat als einen Grund seines Abschieds von der Bühne angegeben, er habe das Gefühl, sein Tun bewirke überhaupt nichts, auch wenn die Zuschauerys ihn ob seiner bissigen, brillianten Gesellschaftskritik feierten.

Ich würde niemals wagen, meine Ergüsse auch nur ansatzweise mit V.P.'s Genialität zu vergleichen, aber das Gefühl totaler Wirkungslosigkeit kann ich nachvollziehen:

Wieder mal titelt der ÖRR prominent, die "Bundeswehr fängt russisches Flugzeug über der Ostsee ab", und wieder stellt sich heraus, dass nur zwei hochmoderne Kampfjets der Luftwaffe ein uraltes Aufklärungsflugzeug der Russen eine Weile im neutralen Luftraum über der Ostsee begleitet haben, wie das dort tägliche Routine von beiden Seiten ist. 

Exakt den selben Propaganda-Dreck hat "tagesschau.de" bereits im April 2023 gebracht und seitdem kommt das immer mal wieder, wenn die Kriegs-Stimmung weiter angeheizt werden soll.

Jooo, und wenn wir schon bei ollen Kamellen sind: Es gab mal den "Traditionserlass" von 2018, der eine allzu enge, enthusiastische Verknüpfung der Bundeswehr mit der Nazi-Wehrmacht deckeln sollte. Ulkige Koinzidenz¹: In einem Artikel von 2016 hatte ich darauf hingewiesen, dass unsere Bundesluftwaffe Nazi-Symbole wiederbelebt. 

Und siehe: Es ist 2025, wir werden wieder kriegstüchtig, und dabei stellen wir fest: Oppas Doitsche Wehrmacht ist nie so richtig aus den Köpfen verschwunden. ↓ 


(stark verändert via wiki commons)

↑ Und mal ehrlich, kriegstüchtig sein heißt doch immer auch so ein bisschen Nazi sein, kriegstüchtiger werden heißt rechtsradikaler zu werden ...


↓ ... es sei denn, man ist kaisertreu und ein begnadeter Abschiesser, wie der Richthofen. Dann muss man kein Nazi sein, um als kriegstüchtig zu gelten. Die dümmliche Arroganz ostelbischen Junkertums ist hinreichender Ersatz. Wir müssen also entweder AfD wählen oder Reichsbürger werden. Hauptsache, es gibt endlich mal wieder einen anständigen Krieg, auf den wir alle so geil sind.

(stark verändert via wiki commons)


Ach, ist das interessant, wenn man mal anfängt, in den alten Sachen zu wühlen. Der niedersächsische Finanzminister Möllring, CDU lässt sich 2007 mit einem Bundeswehrjet just for fun durch die Gegend gondeln, die SPD protestiert gegen den Kostenwahnsinn. 2019 lässt sich Siemtje Möller, MdB der SPD, mit einem Bundeswehrjet just for fun durch die Gegend gondeln, die CDU protestiert gegen den Kostenwahnsinn. 2024 lässt sich Fritze Merz, noch vor der BTW mit einem Bundeswehrjet just for fun durch die Gegend gondeln, aber da protestiert niemand mehr über die sinnlos vergeigten 111.242,38 Euro. Warum eigentlich nicht? Na auch egal. ↓


(stark verändert via wiki commons)

↑ Ich fürchte, dieses Bild hat das blöde Wahlvolk im Wahlkampf zur BTW 2025 eher beeindruckt als empört. Für 111.000 Ocken hätte man natürlich auch ... ach, ich hab's einfach sooo satt!


Schluss damit. Ich verliere mich in Einzelheiten, in den ganzen alten Geschichten. Was auffällt: Die aktuelle staatlich oktroyierte Kriegsgeilheit funktioniert nicht ohne primitivste, rechtspopulistische Propaganda. Frustrierend ist, dass die örr-gestützte Hof- und Kriegsberichterstattung bei den Menschen in diesem, unserem Lande genau so verfängt wie vor 100 Jahren. Wir haben nichts, überhaupt nichts dazu gelernt.



"Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte."

M. Liebermann 





¹ Ich bin nicht so größenwahnsinnig zu glauben, Uschi v.d.L. habe meinen Artikel gelesen und daraufhin Maßregeln veranlasst. Koinzidenz ist quasi das Gegenteil von Ursache und Wirkung.





Donnerstag, 18. September 2025

Verflucht gut: KI-Bildgenerator

 

Habe die letzten zwei Tage mit einem gewissen KI-Bildgenerator¹ herumexperimentiert. Mein wesentliches Motiv war - abgesehen von purer Neugier - einen Eindruck seiner Leistungsfähigkeit zu bekommen. Gerade weil ich Text- und Bild-KIen mit großer Reserviertheit gegenüberstehe, wollte ich um so genauer wissen, worüber wir da eigentlich reden. Ich wollte, überspitzt gesagt, den Feind kennenlernen.

Und, meine Fresse, der besagte Bildermacher ist erstaunlich, atemberaubend leistungsfähig! Die Ergebnisse sind auf Anhieb ziemlich gut, auch bei knappen, schlichten, dödeligen Anfänger-Versuchen. Wenn man dann ein bisschen übt, mit den Prompts zu jonglieren, wird's schnell immer besser. Die alten Tutorials "Wie erkenne ich KI-generierte Bilder?" kannste, was technische Details betrifft, vergessen.

Problem: Genau wie bei LLM-basierten Texten muss auch jedes Bild fürderhin mit Vorsicht, Zweifel und Skepsis betrachtet werden. Es gibt keinen unvoreingenommenen Zugang zur Kunst mehr.

Funke der Hoffnung: LLMs erkennt man an ihrer Unfähigkeit zu echtem Humor, und analog kann man Bildgeneratoren daran erkennen, dass sie Porträts nicht wirklich gut in andere Stile transferieren können. Ich bitte das geneigte Lesy, selbst auszuprobieren, ein Porträt (muss ja nicht das eigene sein) mit Prompts wie "Erstelle ein Bild auf der Basis dieses Fotos im Stile von ..." zu versehen. Einige Aufgaben dieser Art wurden erstaunlich gut gelöst, aber bei Klimt, Dali, Picasso war Brennschluss und spätestens die Ergebnisse bei "Kubismus" und "Höhlenmalerei" beweisen, dass die KI "nur" Maltechniken kopiert, aber nicht ästhetische Entscheidungen trifft, treffen kann. 

Merkt Ihr, wie mühsam ich nach den letzten verbleibenden Alleinstellungsmerkmalen menschlicher Intelligenz forsche?

Vielleicht ganz gut, dass KI uns zwingt, darüber nachzudenken, was unser Menschsein ausmacht.



Prompt lautete, ein Foto von meinem Flugzeug
 "im Stil von Heidi-Zeichentrickfilmen" umzusetzen.
Da ich nicht dogmatisch bin, kann ich zugeben,
dass ich das Ergebnis ganz großartig finde.
 (... auch wenn da ein paar Spanndrähte fehlen
und ich die schwarze Flügelnase nacharbeiten musste.)




¹ Nein, ich verrate nicht, mit welchem. Aber ist Euch auch schon mal aufgefallen, mit welcher Schafsköpfigkeit wir us-amerikanische Kultur-Imperialismen nachbeten? Ich hatte neulich schon moniert, dass "Naikie" nicht "naikie" heißt, sondern "nike", weil das eine griechische Göttin ist. Man glaubt es nicht, denn wenn man googelt, findet man nur den Sportartikelhersteller. Trotzdem ist Nike die antike Siegesgöttin.

Im gleichen Sinne halte ich es für eine schwere Beleidigung der europäischen Kultur, "dschämminai" zu sagen, wenn das lateinische Wort "gemini" (Zwillinge) gemeint ist.

Wenn eine französische Automarke als "poi-ge-ott" ausgesprochen wird, lachen wir uns schlapp, aber den Amis lassen wir all die vielen Sprachbarbareien durchgehen. Warum eigentlich? Weil wir wissen, dass sie ungebildet sind? Oder weil wir so weich in der Birne sind, dass wir ALLES nachäffen, auch, wenn wir wissen, wie dumm es ist?










Dienstag, 16. September 2025

"You're the voice" funktioniert nicht mehr.


Neulich zufällig mal wieder John Farnhams "You're the voice" von 1985 gehört. Schockiert festgestellt, dass die Botschaft bei mir nicht mehr zündet¹. Das Lied ist eine enthusiastische Hymne aus Kaltkriegszeiten für Frieden und Verständigung und Aufbruch in eine bessere Welt und hat mich beim Mitsingen, -pfeifen, -brummen immer sehr positiv gestimmt.  

Jetzt löst es nur noch Erinnerung aus, vielleicht auch distanziertes historisches Erkenntnisinteresse. Trockener, toter Staub, wo einst Freude und Hoffnung sprühten.

En détail:

"We have the chance to turn the pages over
We can write what we wanna write
We gotta make ends meet, before we get much older"

Wer, bitteschön, ist "We"? Die Verfasserys meinten vermutlich die Friedensbewegten in den Ländern unter sowjetischer bzw. us-amerikanischer Hegemonie. Der klare, knackige, weltbewegende Ost-West-Gegensatz hat sich aber längst erledigt und damit anscheinend auch die Friedensbewegungen. Die Hälfte der Amis bejaht den Fall in den Faschismus, vergleichbare Tendenzen finden wir in allen Demokratien. Wenn künftig jemand the chance nutzt, to turn the pages over, könnten das die hirntoten Braunbratzen irgendwelcher noch-demokratischen Staaten sein. Das ist kein Zeichen der Hoffnung, sondern ein Grund zum Fürchten.

Der zweite Vers, "We can write what we wanna write", hat für Wissenschaftlys inzwischen auch ein "Gschmäckle" bekommen: Sie können über den anthropogenen Klimawandel schreiben, was sie wollen, entweder werden ihre Sachen nicht gelesen oder nicht verstanden oder von den Konzernen durch gekaufte Gegengutachten totgelabert oder the zone wird mit shit gefloodet oder die Forschungsgelder werden gestrichen. Wirksamkeit hat das geschriebene Wort jedenfalls nicht mehr, da kannst Du schreiben, was Du willst.

Refrain: 

"How long can we look at each other
Down the barrel of a gun?"

Jaja, das war metaphorisch die Situation im Kalten Krieg, die Alten werden sich erinnern. Aber dieser Gegensatz ist längst aufgelöst. Schießkriege, Eroberungskriege sind wieder führbar und gehören zum politischen Tagesgeschäft, Russland in der Ukraine, Israel im gesamten Nahen Osten sind nur signifikante Beispiele. Gleichzeitig macht man aber immer noch gute Geschäfte miteinander, braucht doch Öl, Gas, Uran, High-Tech und Devisen voneinander. Massenhaft wehrlose Zivilistys umbringen ist das Eine, aber der Profit der Konzerne, die ohnehin weit über den lächerlichen Nationalinteressen stehen, darf natürlich nicht leiden, tut er auch nicht, im Gegenteil.

Kurz: Diese beiden Verse müssen wir streichen. Stattdessen vielleicht irgendwas in dem Sinne: Die Starken massakrieren die Schwachen, sofern diese sich nicht sklavisch einer der drei Hegemonien (RU, CH, USA) unterordnen. 

Noch mehr Refrain:

"Oh, whoa
We're not gonna sit in silence
We're not gonna live with fear
Oh, whoa"


Oh, whoa. Doch!

Genau das tut Ihr. Vielleicht betrügt Ihr Euch, wie ich an dieser Stelle auch, mit Hilfe der asozialen Medien im Hinblick auf Eure Wirksamkeit. Aber die Wahrheit ist: Ihr seid den Herrschenden völlig wumpe. Wäret Ihr wirksam, wäret Ihr längst weg vom Fenster.


"This time, we know we all can stand together
With the power to be powerful
Believing we can make it better"

Tut mir leid, aber aus aktueller Sicht sind diese Verse nur noch erbärmlich naiv. Die einzigen, die together ständen, sind die Nazis, die Autokratys und ihre Speichellecker. Die linken, progressiven, friedlichen Kräfte haben es nie geschafft, sich international zu solidarisieren. Der Vorwurf, Putinversteherys, Antisemitys und Faschisten-Kuschlerys zu sein, hat sie immer wieder totgeschlagen. Dabei wollten sie einfach nur, dass das organisierte Massenmorden aufhört.

Und wenn wir nicht vom Militarismus bzw. Faschismus sprechen, bliebe noch der Ökozid, die Vernichtung der für Menschen lebenswerten Umwelt zum Zwecke der Profitmaximierung der Superreichen. Da kriegen wir doch auch nix gebacken, von wegen "we can make it better". Können wir nicht.




"Stat rosa pristina nomine, nomina nuda tenemus."
"Die Rose von einst steht nur noch als Name, uns bleiben nur nackte Namen."

(Eco, Name der Rose)




(Still aus einem Kinofilm "Der Name der Rose", stark verändert.)






¹ Ja, auf Trump-Doitsch hätte ich natürlich schreiben müssen, dass die message mich nicht mehr triggert. Aber ich mag nicht.








Donnerstag, 11. September 2025

Nazis töten

 

Ich find's ekelhaft und abstoßend, dass der Video-Schnipsel, der das Attentat auf den US-Faschisten Charlie Kirk zeigt, gerade viral geht. In den asozialen Medien¹, feiern Idiotys von ganz rechts und ganz links das Event.

Die Rechten feiern, weil sie jetzt einen Anlass zur hemmungslosen Gewaltanwendung gegen Andersdenkende haben. Ein kluger Kopf hat den Mord an Kirk mit dem Mord an Horst Wessel 1930 verglichen, damals ein gigantischer, nachhaltiger Propaganda-Gig FÜR die Nazis.

Die Linken feiern, weil ... weiß ich nicht. Einen ersetzbaren Unterführer abzuschießen, hat null positiven Effekt für die Sache der Freiheit, Gleichheit, Solidarität. 

Und überhaupt, die Linken. Mich erschüttert, wie viele "linke" oder sich sonstwie als progressiv verstehende Menschen das Video positiv mit mehr oder weniger Häme kommentieren. Was ist mit den Lippenbekenntnissen zur Würde eines Menschen? Wo steht, dass Arschlöcher wie Kirk keinen Anspruch auf ebendiese Würde haben? Wie dünn ist die Tünche humanistischer Ethik bei diesen "Linken"? Wie erbärmlich und ernüchternd, wenn man feststellt, dass das Alles nur hohle, hirntote Laberei gewesen ist.

Wer das Attentat gutheißt, wer Gewalt als Mittel politischer Auseinandersetzungen gutheißt, stellt sich in eine Reihe mit Putin, Netanjahu, Hitler, Trump. Wenn ich mit einer Pistole einen Nazi erschieße, dann kann ich auch mit einer Drohne einen Hamas-Führer töten, mit Polonium einen Litwinenko vergiften, mit einem Messer einen US-Journalisten enthaupten  und so weiter und so weiter und so weiter. Prinzipiell kein Unterschied.

Apropos "Nazi töten": Warum wohl hat der israelische Geheimdienst, als er 1960 Adolf Eichmann, einen der höchstrangigen Holocaust-Verantwortlichen, in Argentinien aufspürte, mühevoll und nicht ohne Risiko eine Entführung Eichmanns nach Israel organisiert, statt ihn einfach vor Ort abzuknallen? Weil es nicht in erster Linie um die Person Eichmann ging, sondern um die Auseinandersetzung mit der Denkart, die er repräsentierte. 

Am Eichmann-Prozess sind die Zeugenaussagen wichtig, die Aussagen Eichmanns, Hannah Arendts Text über die "Banalität des Bösen", vielleicht ist auch das Urteil wichtig. Überhaupt nicht wichtig ist hingegen, wie das Urteil vollstreckt wurde. Ich muss und möchte davon kein Video sehen. 

Warum geilen sich so viele Leute am Video über Kirks Ermordung auf?


(verändert via wiki commons)

Bei diesem Bild brauche ich ein bisschen Hilfe: Das sollen tote Soldaten sein, aber die sind so zerfetzt und aufgedunsen, man erkennt gar nicht mehr, ob das gute oder böse Soldaten sind. Man weiß gar nicht, ob man jetzt betroffen und wütend sein soll oder ob man sich freuen soll. Was für ein Durcheinander. Wer kann helfen? Na los! Ihr steht doch auf Erschießungen. Schaut mal genau hin.






PS: Während ich diesen Text schrieb, wurde ich auf Mastodon als Nazi-Versteher identifiziert, weil ich das Kirk-Video verurteilte. 

So viel Blödheit - die Opposition zerlegt sich wieder mal selbst. 

Wir werden es nicht schaffen.






¹ An dieser Stelle erlaube ich mir den Hinweis, dass ich von heute an den Begriff "soziale Medien" ganz bewusst nicht mehr verwenden werde. Denn wasauchimmer darunter subsumiert wird, ist alles Mögliche, aber nicht sozial. Auch dieser Weblog ist nicht "sozial". Es sind meine Inhalte, und nur weil ich sie der geneigten Leseryschaft verfügbar mache, keineswegs an die Allgemeinheit übereignet. 

Ich werde also fürderhin den Begriff "Internet-Medien" verwenden. Das ist neutral

Mittwoch, 10. September 2025

Demokratie kaputt

 

Es ist nicht leicht, über die Probleme eines demokratischen Systems zu schreiben, ohne den Nazys, (Ja, ich meine die AfD) und/oder Möchtegern-Autokratys und/oder sonstigen Fundamentalistys Wasser auf die Mühlen zu gießen.

Deshalb vorweg: Ich bin FDGO-Ultra. Ich mag die Demokratie und die dazugehörige Rechtstaatlichkeit, weil sie die Leute, denen sie Macht in die Hand gibt, in ihrem Handlungsspielraum beschränkt und sie in einer stets wackeligen und angreifbaren Position hält. 

In Staaten wie Iran und Nord-Korea sehen wir, wie Menschen unter nichtdemokratischen, d.h. autoritären bzw. faschistischen Regimes leiden. In der Türkei und in den U.S. of A. sehen wir, wie Demokratie und Rechtstaatlichkeit peu à peu untergehen und autoritäre bzw. faschistische Regimes sich etablieren.

Zurück nach Doitschland und der Frage nach dem hier derzeit stattfindenden Absturz der Demokratie.

Ich habe viele Gründe gehört und gelesen, die meisten sind unplausibel, dumm und/oder taktisch motiviert vorgeschoben. Folgende Hypothesen konnte ich bis jetzt nicht widerlegen:

  1. Bei uns regieren nicht demokratisch gewählte Vertreterys. Das höchste Souverän in diesem unserem Staate sind nicht die mündigen Staatsbürgerys, sondern die großen Konzerne. Gegen die Interessen der Wirtschaft kann kein Politiky agieren. Beweis: Wenn Auto-, Agrar-, Rüstung-, Energie-Lobbyismus einer Partei ihre Gunst entziehen und sie einer anderen Partei erweisen. Dieter Hildebrandt sagte: "Politik ist der Freiraum, den die Wirtschaft ihr lässt." Das Interesse der Konzerne ist nicht das Wohlergehen der Gesellschaft, sondern die jeweilige Profitmaximierung. 
  2. Das Parteipersonal, das es in die relevanten Ressorts und Positionen schafft, besteht aus den Siegerys eines je parteiinternen Selektionsprozesses. Diese Prozesse werden von den Betroffenen als intransparent, verlogen, intrigant, brutal erlebt und beschrieben. Wer in diesem jahre- und jahrzehntelangen Rattenrennen erfolgreich ist, ist deshalb nicht unbedingt geeignet, ein politisches Amt auszuüben. Schaue ich  mir e.g. die aktuelle Bundesministy an, fällt mir nur das Bild gezüchteter Laborratten ein. Aber das ist nur mein ganz persönlich und total subjektiver Eindruck.
  3. Die Wählerys, die mündigen Staatsbürgerys ... Allzu oft habe ich hier schon verflucht, dass Demokratie EIGENTLICH davon lebt, dass alle (!) Menschen sich kluge (!!) Gedanken darüber machen, was langfristig (!!!) das Beste für die Gemeinschaft (!!!!) ist. Und dass sie dann jener Partei die Stimme geben, die diesem Ideal am nächsten kommt. Stattdessen haben wir einen rasant wachsenden Anteil von Leuten, die Demokratie mit "Wähl' Dich reich!" verwechseln. "Populismus" heißt, man verspreche den Leuten Reichtum, Macht, tabulosen Sex und dass Doofsein total gut ist. Und je schwachsinniger die Versprechen, desto sicherer der Sieg.

Ich bin selbst erstaunt: Es sind wirklich nur drei ganz überschaubare, konkret belegbare Punkte, die unserer Demokratie gerade das Genick brechen.

Gibt es einen Ausweg?

Bildung. Kritische Bildung. Bildung, Bildung, Bildung, Erziehung zu mündigen Staatsbürgys, Kritische Bildung. Naturwissenschaftliche Bildung. Geisteswissenschaftliche Bildung. Jede Bildung jenseits kapitalistischer Verwertungsinteressen. Bildung. Kritische Bildung. 

Noch was?

Ach ja: Bildung!


(via wiki commons)
















Sonntag, 7. September 2025

Die 25jährige und der Alte Sack

 

Gerade den Song "What's up" von 4 Non-blondes gesehen/-hört. Die Protagonistin, 25 Jahre alt, is 

"trying to get up
That great big hill of hope
For a destination". 

Der Refrain klärt uns darüber auf, dass das nicht so einfach ist: 

"And so I wake in the morning
And I step outsinde
And I take a deep breath
And I get real high
And I scream from the top of my lungs:
What's going on?"

Ich liebe dieses Lied und neige dazu, es sehr (!) laut mitzusingen. Und die neugierigen Fragen "Was ist hier los?" und "Was ist mein Ziel bzw. meine Bestimmung?" haben mich ein Leben lang beschäftigt, ebenso wie die Erkenntnis, dass diese Fragen gar nicht so einfach zu beantworten sind. Ich fühlte mich der Protagonistin seelenverwandt¹. Das Lied war und ist sozusagen eine Hymne für mich. Nicht die einzige, aber durchaus eine bedeutende.

Seit ein paar Jahren verschiebt sich aber mein Fokus in Bezug auf diese Fragen, und das bemerke ich, wenn ich dieses Lied heute höre. Die Frage der 25jährigen nach ihrer Position in dieser frag-würdigen Welt stellt sich für den 63jährigen alten Sack zwar immer noch in alter Frische, aber der 63jährige hat natürlich auch schon ein paar Thesen über das Funktionieren der Welt und seiner eigenen Rolle darin entwickelt. 

Die Neugier des alten Sacks gilt daher immer mehr dem Versuch der akribischen Prüfung seiner Thesen. Nur eine falsifizierbare Aussage ist eine wissenschaftliche Aussage. Und deshalb laufe ich mit großer Aufmerksamkeit, Offenheit und Neugier durch die Welt, und jedes neue Stück Erkenntnis wird eingehend geprüft, ob es mein bisheriges Gedankengebäude stützt oder ob ich an letzterem Änderungen, Ergänzungen, Präzisierungen vornehmen muss. 

Manchmal frage ich mich, ob das nicht schon eine geistige Selbstbeschränkung ist, nicht mehr überhaupt nichts von mir und der Welt zu wissen. Ist man dann überhaupt noch offen? Oder generiert man nicht automatisch Voreinstellungen, wenn im eigenen Kopf bereits ein Bild von der Welt kristallisiert?

Ja, nein, ja. Ich glaube, Du kannst nicht 63 Jahre leben, ohne Deine Erfahrungen zu extrapolieren. Eine geistige Einschränkung wäre das nur, wenn Du aufhörtest, kritisch damit umzugehen. Wenn Du zum Beispiel anfingest, Beobachtungen von der Welt umzuinterpretieren, damit sie zu Deinem bisher gesammelten Seich passen. Solange Du aber neue Beobachtungen nutzt, Dein Weltbild zu prüfen, ggfs. zu modifizieren, brauchst Du Dein Erfahrungswissen nicht zu verdammen und nicht zu fürchten.

Tl, dr: Mit 63 hast Du nicht null Bild von der Welt. Aber Du solltest null Voreinstellungen und 110 % Offenheit² haben. 





"Just to get it all out what's in my head
And I, I am feeling a little peculiar"





¹ Und wir wollen ja schön zwischen der fiktiven Figur der Protagonistin einerseits und der Autorin / Sängerin andererseits unterscheiden, nicht wahr?!

² Ja, 110 %. Das meint, Du sollst 100 % offen und darüber hinaus noch ein bisschen bekloppt offen sein.












Donnerstag, 4. September 2025

When will you ever learn ...?

 

Gestern Abend die Arte-Doku über Joan Baez gesehen. 

Es gelingt mir nicht, jenen progressiven Teil von USAmerika, den wir da erlebt haben, mit dem heutigen protofaschistischen Staat zusammenzubringen. Wie konnte die Idee so brutalstmöglich scheitern? Welche Fehler haben die Friedensbewegten, die Antirassistys gemacht? Oder waren sie letztlich doch korrumpierbar durch die Versprechen des kapitalistischen Way of Life?

Man muss das genau erforschen. Und lernen.



↓ Tja, das ist jetzt etwas ernüchternd, aber: Das lächelnde Mädel im Vordergrund hat verloren, und die weißen Männer mit den Schlagstöcken haben gewonnen. Schade eigentlich. Am schlimmsten ist, dass die Mehrheit der Amis das auch noch befürworten.


(sehr stark verändert via wiki commons)
 






Mittwoch, 3. September 2025

Wichtig: Vorbilder!

 

Der DFL verleiht Uli Hoeneß den Ehrenpreis. 

Mehr Zynismus geht nicht, und mehr muss man nicht wissen.

  • Wir lernen, was beim Sport wichtig ist (hemmungslose, grenzenlose Profitmaximierung) und was nicht (Sport).
  • Wir lernen, dass kriminelles Verhalten zum Zwecke der hemmungslosen, grenzenlosen Selbstbereicherung bei uns nicht ethisch verurteilt wird. Wer die Allgemeinheit um 28,462 Millionen Euro betrügt und dafür in den Knast geht, gilt als vollkommen unbescholtener Ehrenmann.

Was ich ein bisschen schwierig finde, ist, unseren Kiddos zu erklären, warum sie fleissig, ehrlich, solidarisch sein und unsere Gesetze, die Grundregeln des Zusammenlebens, achten sollen. 

Die Vorbilder, die gesellschaftlich Erfolgreichen, weisen ausschließlich in die entgegengesetzte Richtung.


(stark verändert via wiki commons)

Die Panzerknacker hatten und haben stets einen klaren moralischen Kompass.
Sie hatten nie den Anspruch, ihr Verhalten sei gut oder richtig.
Die Panzerknacker sind Hoeneß ethisch Lichtjahre voraus.












Sonntag, 31. August 2025

Gelungene Dressur

  

Im erbärmlichsten Druckerzeugnis der Welt, dem Werbemüll-Sonntagsblatt, findet sich heute ein Artikel zur Leisure Sickness, dem Phänomen, dass viele Arbeitnehmys (70+%) an den ersten Tagen eines Urlaubs krank werden. Medizinys erklärten, dass Adrenalin und Cortisol als "Stresshormone" während der Arbeitsphasen die Immunreaktionen unterdrückten, was beim Abfall des Arbeits-Stresses zu nachgeholten Abwehr-Prozessen führe.

Man solle also zu Beginn der Urlaubszeit ein bis zwei Tage für den Übergang reservieren, "moderate Bewegung, regelmäßiger Schlaf und eine ausgewogene Ernährung" seien empfohlen.

Ich finde zwei, nein, drei Aspekte daran wert, bemerkt zu werden:

  1. Nirgendwo, weder im besagten Drecksblatt, noch in den ÖRR-Berichten über Leisure Sickness wird problematisiert, dass, wenn die Zahlen zutreffen, über 70 % der Arbeitnehmys unter den Bedingungen krankmachender Stresslevel arbeiten.
  2. Nirgendwo wird in Frage gestellt, warum es die ersten ein, zwei freien Tage des Arbeitnehmys sein müssen, die mit den Symptomen Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafstörung, Kopfschmerzen etc. versaut werden. Man könnte ja auch sagen: "Ich habe demnächst Urlaub, da fahre ich jetzt schon mal den Stresslevel runter, mache jetzt schon mal Leisure, damit ich nicht in der wertvollsten Zeit des Jahres aus den Schuhen kippe." Oder man sagt: "Ich lasse überhaupt nicht mehr, zu keiner Zeit des Jahres zu, auf Stressleveln zu arbeiten, die mich umhauen würden, wenn sie denn mal vorbei gingen."
  3. Was für ein dümmliches, krankmachendes Arbeitsethos haben wir denn da internalisiert? Und wie kommt es wohl, dass Drecksblätter und sonstige Medien das immer weiter kritiklos befeuern? Und wie kommt es, dass Arbeitnehmys, die von sich sagen, sie hätten einen einen stressfreien Job, inzwischen sogar von ihren Peers ein wenig belächelt, wenn nicht gar verachtet werden?


Zusatzfrage: Wer verdient sich eigentlich einen goldenen Arsch, wenn wir uns so bereitwillig selbst ausbeuten, buchstäblich bis zum Umfallen? Wer?


(Albert Hahn, Entwurf "Der Kapitalist", verändert via wiki commons)

Nein, das Bild ist nicht mehr zeitgemäß.

Wir brauchen keinen fiesen, fetten Kapitalisten mehr.
Wir sind schon so wirkungsvoll dressiert,
dass wir uns das Leben selbst zur Hölle machen.
Den Einpeitscher im Hintergrund tragen wir längst mit uns herum.