Mittwoch, 6. November 2024

Trump ist nicht das Problem.

 

Trump ist nicht das Problem. Der ist nur ein reicher, kranker, alter Psychopath.

Die etwa 130 Millionen Menschen, die Trump gewählt haben, sind auch nicht das Problem. Das ist  einfach die dümmere Hälfte unter den us-amerikanischen Wahlberechtigten, und wenn es nur zwei Parteien gibt, eine für Kluge und eine für Dumme - was soll man machen?

Das wirklich besorgniserregende Problem ist, dass es ein paar wenigen Menschen möglich ist, das Verhalten der Massen dahin zu steuern, dass die einen erwiesenermaßen straffälligen Verbrecher, Hochverräter, Lügner, Antidemokraten, Antifeministen, Rassisten und Milliardär zum mächtigsten Menschen der Welt wählen, weil sie erwarten, dass er den sich als arm und benachteiligt fühlenden US-Amerikaner*innen hilft.

Wenn, sagen wir, 10 Millionen Amis (etwa 8 %) Trump gewählt hätten, dann wäre das schon ein Indiz, dass irgendwas mit der demokratischen Willensbildung in "gods own country" nicht in Ordnung ist. Aber die Hälfte der Wahlberechtigten... Oij!

Wenn Ihr nach Ursachen forschen wollt, folgt dem Geld. Wer macht Profit im kommenden Chaos?



(Weird Tales, 12/1939 via wiki commons)










Dienstag, 5. November 2024

Der ubiquitäre Eingeborene

 

Lindenbergs "Oberindianer" , genauer: das Wort "Indianer" könnte dazu führen, dass Menschen sich diskriminiert fühlen, sagt das Humboldt-Forum Berlin. Die Native American Association in Deutschland findet es problematisch, das Wort ‚Indianer‘ problematisch zu finden, da es von vielen Native Americans auch offiziell verwendet werde.

Viele Eskimos finden es problematisch, das Wort 'Eskimo' problematisch zu finden, weil 'Inuit' eben KEIN politisch korrektes Synonym für 'Eskimo' darstellt, sondern die Iñupiat und Yupik ausschließt.

Die Problematik der Bezeichnung 'Zigeuner' wird von den solcherart Bezeichneten offenbar kontrovers diskutiert. Gut lesbar auf der Seite des Zentralrates der Sinti und Roma.

Das angel-sächsische "native", vgl. lat. 'nativitas', Geburt, erinnert sehr an den doitsch-imperialistischen Begriff vom "Eingeborenen", der nach meinem Sprachempfinden ziemlich herabsetzend ist. Und "native americans" schließt, wenn ich das richtig verstehe nur die vorkolumbianischen Usa- und Kanada-Leute ein, oder? Was ist mit Südamerika?

"First nations" ist durch Donald T.s "America first!" korrumpiert. 

Wieso sind die australischen Aborigines 'indigene' Gruppen, also 'von Indien abstammend' - oder von den Indianern? Ich lernte, dass "indigene Völker" lt. UN alle autochthonen (= ursprünglich ansässigen) Völker meint, die von irgendwelchen Eroberern erobert wurden. 

Ich will nicht dem Komplettheitswahn erliegen. Die Liste sprachlicher Diskriminierungen von Ethnien, wenn es denn eine gäbe, changierte ohnehin täglich, wahrscheinlich sogar stündlich, denn wir reden sowohl bei Sprache als auch bei Ethnien über soziale Konstrukte par excellence. 

Die Auswertung überlasse ich Wischmeyer, 1997: "(...) Als ob die sprachliche Tünke auch nur einen Deut die gesellschaftliche Realität verändern, geschweige denn verbessern würde. (...) Wenn die Menschen sich in die political correctness fliehen, dann, um zumindest in der Sprache eine heile Zuckerbäckerwelt zu erschaffen. Dieses heuchlerische Umrubeln der alten Wörter leugnet die Identität der Bezeichneten. (...)"

Kurz: Oktroyierte Sprachregeln ändern nichts am latenten Rassismus. Nur wo es keinen Rassismus in den Köpfen der Menschen gibt, gibt es auch keine diskriminierende Sprache.

Vgl. Sexismus, Faschismus, Homophobie etc. etc.


(stark verändert via wiki commons)

Klausuraufgabe:
  1. Gib bei Google den Suchbegriff "Eingeborene" zur Bildersuche ein.
  2. Erkläre, warum dort nur Bilder von Menschen aus Südamerika und Afrika auftauchen.
  3. Fasse Deine Ergebnisse zusammen, indem Du Hypothesen zur realen Wortbedeutung von "Eingeborene" formulierst.
  4. Nimm Stellung zu Deinen Ergebnissen in A.3.)







Samstag, 2. November 2024

Hättich wissenmüssen!

 

Als Tao-Übender hätte ich wissen müssen: Du kannst Schönes nicht erzwingen. Du kannst es nur geschehen lassen und Freude und Dankbarkeit empfinden, wenn es auf Dich niedergeht.

Was nicht funktioniert, ist der abergläubische Dreisatz: 1.) Fliegen ist schön. 2.) Ich werde heute fliegen. 3.) Das wird schön. 

Das funktioniert prinzipiell nicht, und erst recht nicht bei 07 °C am Boden, Dunst & Schichtwolken in einem Drachentrike.



Es war trotz Winter-Combi arschkalt, außerdem mackte mein Funkgerät, wie vor ein paar Wochen schon mal, und ich komme mit der Fehleranalyse nicht weiter, weil der Fehler eben nur selten auftritt und dann wieder alles tippitoppi ist. 

Als ich nach der Landung auch noch feststellen musste, dass nach einem Ölwechsel der Ölfilter suppt - ohne Angabe von Gründen! - war der Bock endgültig fett.

Das sind natürlich keine großen Sachen, aber fliegerisch zusammengenommen ein Scheiß-Tag. Ich vermute, dass ich genau das lernen sollte: Du kannst Schönes nicht erzwingen ... s.o.



Zwei Binnenschiffe, einander distanzierend. 
Hätte man was Lustig-sinniges draus machen können, 
aber sie waren schon zu weit auseinander, als ich kam.
Ich sach ja: Fliegerisch ein Scheiß-Tag!




(...)
It's okay to start again cause change is gonna come
Nothing ever stays the same, it's not like we're still young
Let's blow it up and burn it down so we can stand alone
No fear of change, no fear of the unknown
All my hopes and memories are blowing in the wind
I started off with nothing and I'm back her once again
The little things in life are free
The simple things like you and me
And like love, like love, like love, like love
The sky above, the earth below, fire within me, let it glow.
(...)

Mcdonald A.: From the ashes






Donnerstag, 31. Oktober 2024

Wir, die Guten, ...


Ich stelle gebetsmühlenartig voran:

  • Ja, ich glaube daran, dass Putins Politik menschenverachtend, dumm und machtversessen ist. 
  • Ja, ich glaube daran, dass der dicke Diktator von Nord-Korea ein Psychopath und eine riesengroße Gefahr für die Menschheit ist.
  • Ja, ich glaube daran, dass die Theokraten im Iran und die islamistischen Warlords in Afghanistan menschenverachtende Fundamentalisten sind, die dringend eingehegt werden müssen. 
  • Ja, ich glaube daran, dass aufgrund der Gräueltaten der Nazis alle Deutschen eine  besondere historische Verantwortung tragen.
  • Ja, ich glaube daran, dass die chinesische Staatsführung ihre eigenen Leute, insbesondere ethnische Minderheiten im eigenen Land brutal unterdrückt.
  • Ja, ich glaube auch vieles, was unsere Führer, ich meine die wahren Führer, die in Washington bzw. New York uns glauben lassen wollen. 

  • Wirklich. Ich glaube daran ganz in echt. Mit großer, geradezu lächerlicher kindlicher Glaubenskraft. 

Was ich aber nicht glaube:

Dass "wir" die "Guten" sind, nur, weil die "Anderen" die "Bösen" sind. 

  • Ich glaube nicht daran, dass Putin die Ukraine aus willkürlicher Machtgier angriff.
  • Ich glaube nicht daran, dass es keine Zusicherung des Westens gab, die NATO werde sich nicht nach Osten ausbreiten.
  • Ich glaube nicht daran, dass die ca. 145 Millionen Russ*innen beabsichtigen, die ca. 448 Millionen EU-Bürger*innen zu überfallen, zumal dann vielleicht (!) ca. 345 Millionen US-Bürger*innen intervenieren könnten. 
  • Ich glaube nicht daran, dass Netanjahu ein guter, friedfertiger Mensch ist, der aus Selbstlosigkeit handelt und ich glaube auch nicht daran, dass Israel aufgrund stattgehabter Opferrolle ethisches Sonderrecht genießt, Täter zu werden.
  • Ich glaube nicht daran, dass die U.S. of A. irgendwelche positiven ethische Ziele verfolgen, sondern nur die je eigenen Profit- und Machtinteressen.
  • Ich glaube nicht daran ... 

Ok, die Long-list liest ja doch kein Mensch. Egal.


(Prayer wheel, Luca Galuzzi, 2007, verändert, via wiki commons)

Gebetsmühlen sind an sich nicht schlecht.
Man darf nur nicht aufhören, kritisch zu denken.







Montag, 28. Oktober 2024

Warum diese Texte?

 

Anscheinend fragen sich einige Menschen meines näheren Umfeldes, ob meine jüngsten Texte über Alter, Sterben und Tot-Sein einen konkreten, eventuell besorgniserregenden Anlass haben, und die Antwort lautet "Nö, nicht dass ich's wüsste."

Was ich aber weiß, ist, dass ich meistens (und falls überhaupt) der Allerletzte war und bin, der die eigenen wichtigen persönliche Entwicklungen bzw. Veränderungen registriert. Mathematisches Lebensalter, zunehmende Faltenbildung im Gesicht und anderswo und alterstypische Zipperlein sind zwar Hinweise auf Alt-Sein, aber diese Hinweise erreichen mich nur rein kognitiv. 

Das ist wie beim Begriff "Lichtjahr". Wir wissen verstandesmäßig, dass damit eine Strecke von 9,46x10¹² (9,46 Billionen) km gemeint ist. Und wenn wir unsere Phantasie mühevoll hochpeitschen, dann spuckt unser Hirn vielleicht noch einen Kommentar aus, wie "Boah, das ist aber echt viel ... also weit ...". Aber wirklich fühlen tun wir's nicht. 

So ist das bei mir mit dem Alt-Sein. 

Und damit kommen wir zur Frage, warum ich diese Texte über das Altern und überhaupt Texte schreibe. Dazu ein Zitat, das ich ohne klare Quellenangabe im I-net fand:

"Schreiben ist der Prozess, durch den Du merkst, dass Du gar nicht verstehst, worüber Du redest. (...) Schreiben ist auch der Prozess, durch den Du das herausfindest. Über etwas zu schreiben informiert Dich darüber, was Du weißt, was Du nicht weißt und wie Du denkst. Über etwas zu schreiben ist einer der besten Wege darüber zu lernen. Schreiben ist nicht nur ein Vehikel, um Ideen mit anderen zu teilen, sondern auch ein Weg, sie selbst besser zu verstehen."

Oder sehr frei nach Wittgenstein: Wenn Du Deine Gedanken durch die Mühlen sprachlich-grammatischer Logik drehen kannst, sind sie möglicherweise nicht falsch.






Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen
erkanntes Leben, jäher Sinn,
die Sonne steht, die Sphären schweigen,
und alles ballt sich zu ihm hin.

Ein Wort - ein Glanz, ein Flug, ein Feuer,
ein Flammenwurf, ein Sternenstrich -
und wieder Dunkel, ungeheuer,
im leeren Raum um Welt und Ich.

G. Benn 1941







(stark verändert via wiki commons / DLR)











Samstag, 26. Oktober 2024

Alt-Sein - eine ganz neue Erfahrung! Teil 3: Habe ich was verpasst?

 

Angst vor dem Sterben und Tot-Sein resultiert für viele Menschen anscheinend aus der Angst, etwas verpasst zu haben und der einsetzenden Gewissheit, gewisse Ziele definitiv nicht mehr erreichen zu können, jedenfalls nicht in diesem Leben.

Meine Selbst-Prüfung ergibt:

Verpasste Besitzstände: 
Ohne eigenes Zutun, ohne eigenen Verdienst, nur durch eine äußerst glückliche Aneinanderreihung geographischer, kultureller und historischer Zufälligkeiten gehöre ich zu den reichsten 4 bis 5 Prozent der Menschen dieses Planeten und zwar all-time up to now. Würde ich Materielles vermissen, müsste man mir mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf schlagen. Mehrfach.

Verpasster Sex: 
Vermutlich ist es ein evolutionär stabilisiertes Verhalten, immer mehr Sex haben zu wollen. Aber es gibt auch ein Quantum sexueller Erfahrungen, nach denen ist immer mehr Sex nichts weiter als das: Einfach nur immer mehr davon. (Was nicht bedeutet, dass das nicht schön sei!) Weitere Details sind privat, aber ich habe nichts zu bedauern und zu beklagen.

Exkurs: 
Nur einmal, da gab es eine Situation, in der eine sehr nette und unfassbar attraktive Freundin mich zu einem ONS animieren wollte, und ich hab's nicht kapiert, weil ich es für ausgeschlossen hielt, dass eine wie SIE mit einem wie MIR ... Verpasste Situation, unwiderbringlich verpasst, bedauerlicherweise. Können wir den alten Spielstand nochmal laden? Nein? Verdammt! Im nächsten Leben, ich schwör's ...
Schluss damit! Was bleibt, ist der Name der Rose. (frei nach Umberto Eco) 
Exkurs Ende

Verpasste Jugendlichkeit: 
Au ja, ich hätte gerne wieder meinen Körper von, sagen wir 20 bis 24 Lebensjahren zurück. Ohne die ganzen Scheiß-Zipperlein, die sich später zwangsläufig einstellen, weil wir biologisch nur für eine Laufzeit von 40 Jahren gebaut sind. Was ich nicht vermisse, sind Disco-Besuche, Akne, Stimmbruch, zaghafte Liebeleien, all das Verletzen und Verletzt-Werden in spätpubertären Beziehungskisten. Nein, ich bin gerne erwachsen, kein Problem!

Verpasste Erkenntnis:
Gestattet mir die selbstschmeichlerische Feststellung, dass mich ein unersättlicher faustischer Erkenntnisdrang umtreibt. Es könnte also sein, dass ich in der Sekunde meines Dahinscheidens auch mit unbefriedigter Neugier hadere, sofern mich da nicht andere Dinge ablenken. Hier setze ich allerdings große Hoffnung auf die Option, dass nach besagtem Dahinscheiden nicht Nichts, sondern unter anderem universelle Erkenntnis folgt. So oder so ist da kein bedauerns-werter Zustand zu erwarten. Alles gut.

Verpasste Zuwendung: 
Was ich wirklich unrettbar und unwiderruflich verpasst habe und bedauere: Ich habe meinen Söhnen nicht so viel Liebe und Zuwendung und Wertschätzung geschenkt, wie sie verdienen. Gründe und Details sind mein Privat-Scheiß.
Und dann gibt es garantiert noch viele Menschen, die ich nicht so wertschätz(t)e, wie sie es verdienten oder denen ich das nicht hinreichend kommuniziert habe. Aber letzteres ist eine Binse und nicht so eklatant, dass es mir die After-Life-Party restlos versauen würde. 


Fazit:
Diese Liste berücksichtigt nur die Frage, ob ich beim Sterben Angst haben muss, etwas verpasst zu haben. Es ist keine Lebens-Bilanz, da z.B. Erfahrungen großer Freude und großen Leids nicht erfasst werden. Außerdem habe ich ja erst 78 % meiner mir zustehenden Lebenszeit abgelebt, da kann also noch was kommen.

Und was ist das bisherige Ergebnis? Ich kann damit leben, mein Alter zu haben. Muss mich nicht mit Insignien von Jugendlichkeit behängen, nicht immer panischer Träumen nachlaufen, die altersbedingt immer unerreichbarer werden. Ohne einzupennen und ohne zu verkrusten kann ich in den nächsten Jahren meine Kreise drehen. Das ist ein gutes Ergebnis.














Donnerstag, 24. Oktober 2024

Comfort-Zonen-Stretching

 

Gestern Nachmittag waren die Sichtflugbedingungen grenzwertig. Das sagte die offizielle Flugwettervorhersage, und das sagte die Vernunft. Mit meinem kleinen, langsamen, wendigen Brummer habe ich mich in die Lücken zwischen die Nebelbänke getraut. Mit anderen Maschinen hätte ich das nicht gemacht. 1 : 0 für low 'n slow.

Ich hab's auch nur für die Fotos gemacht.


Spotlight.

Vorgeschriebene Sichtflug-Minima in diesem Luftraum: 1.500 m nach vorne, Erdsicht, Wolken dürfen nicht berührt werden. Sicherheitsmindesthöhe: 500ft (152,4  m). Der Spielraum war zeitweise nicht üppig, aber jederzeit vorhanden.



Ich mag diese Bedingungen, die wie zufällig den Blick auf ein gerade angestrahltes Stückchen Erde lenken und den Rest drumherum ausblenden bzw. abdunkeln.



Neeiiin! Flieg' nicht ins Licht!!!

Caspar David Friedrich würde heutzutage seine Motive beim Low-'n-slow-Fliegen im Herbst suchen und finden.




Ah, eine hoffnungsvolle Lücke im Nebel! Übaaaa däään Wolkääähn ... könnte ich natürlich frisch, fromm, fröhlich, frei dahinbrummen, hätte aber keine Erdsicht mehr (verboten!) und ich würde nicht mitkriegen, wenn sich die Suppe darunter noch weiter zuzöge. 

Irgendwann müsste ich dann stumpf in die Wolken tauchen und hoffen, dass zwischen Wolkenuntergrenze und Erdoberfläche dann immer noch eine kleine Lücke ist, und dass da gerade keine Windkraftanlage, kein Strommast oder wasauchimmer aufragt.

Nö. Unter den derzeitigen Bedingungen zu riskant. Schade. Es ist ein einmaliges Gefühl, knapp oberhalb so einer Abdeckung dahin zu fliegen. Äh, das hat mir ein Froind erzählt ...





Mittwoch, 23. Oktober 2024

Teufel & Beelzebub

 

Habe in letzter Zeit viele Forderungen gehört, man könne und müsse das umweltsäuische und menschenfeindliche Verhalten der Massen mit den Mitteln des freien Marktes, also des Preises regulieren. 

  • Es werden zu viel fossile Energien verballert? Macht den Sprit teurer!
  • Es wird zu viel geflogen? Macht die Tickets teurer!
  • SUVs und überhaupt Pkw in Innenstädten nerven? Macht das Parken teurer! 
  • Rauchen ist ungesund? Macht den Nikotinkonsum teurer!
  • Over-Tourism? Macht das Urlauben teurer!
  • ...
  • etc. etc. ad ultimo

Das sind überaus wohlmeinende Ansätze, die aber allesamt ein Problem haben: Sie treffen insbesondere Leute, die finanziell sensibel sind. Wer reich ist, schert sich einen Dreck darum, ob z.B. eine Stunde Parkzeit in Paris 18,00 € kostet. Wenn mein SUV in der Île de la Cité nicht erwünscht ist, lasse ich mich eben per Heli zum Shoppen fliegen. Das ist ohnehin viel entspannter und nur erbärmliche Mittelstandskrampen glauben, dass 700,00 € viel Geld sind.

Wenn wir glauben, dass vernünftiges, verantwortungsvolles Handeln nur durch pekuniäre Anreize zu erreichen ist, dann schaffen wir eine Welt, in der Reiche sich benehmen können, wie die Axt im Walde, während die armen Würstchen immer mehr an den Rand gedrängt werden und zuschauen dürfen, wie ihnen immer überdrehterer Luxus als erstrebenswertes Lebensmodell vorgelebt wird. 

Die immanente Botschaft lautet: "Je erfolgreicher Du Dich dem System anpasst, desto mehr darfst Du Dir erlauben, Dich wie ein dummes, rücksichtsloses und unverantwortliches Arschloch zu verhalten!" Na, wenn das keine Motivation ist! Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wer sich vernunftgemäß und verantwortungsvoll und empathisch und nicht-materialistisch verhält, ein dummes, schlaffes links-grün-versifftes Loser-Weichei ist. ¹

Wo ist der Fehler? 

Die wohlmeinenden Initiator*innen der o.g. Maßnahmen arbeiten ausschließlich mit den Mitteln jenes Systems, das die Probleme erst verursacht hat: Geld. Oder genauer: Kapitalismus. Sie bauen und vertrauen auf die "Macht des Marktes" und die "Intelligenz des Geldes". Aber die Logik des Kapitalismus führt zu offensichtlichen Fehlanreizen. 

Wahre Anekdote zum Thema "Gesellschaftliche Fehlanreize": Ein mir bekannter Mensch kommt nach 6 (?) Jahren aus dem Knast, baut sich mit anerkennenswertem Durchhaltevermögen gegen allerhand spießbürgerliche Widerstände eine neue Existenz auf, und verballert die ersten Monatsgehälter für 6.000,00 € auf Pump für neue Felgen für sein ziemlich abgeranztes Auto. Anekdote Ende.

Was ich dagegen vorschlage, nein, fordere: Bildung!

Bildung. Bildung. Bildung.

Ich will, dass die jungen Leute, die das staatliche Schulsystem verlassen, aus sich heraus, das heißt: ohne äußere Motivation, ohne Fremdbestimmung, Leute zum Kotzen finden, die SUVs fahren. Oder vergoldete Steaks ordern. Oder für eine Nacht zum Saufen nach Malle jetten ...  Die Grundlage unseres Handelns und Entscheidens muss die individuelle Vernunft sein, die auf umfassendem Wissen in natur- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen basiert. 

Und ich will, dass diese jungen Leute den Mut haben, eigen- und allgemeinverantwortlich zu agieren und gewaltfrei aber offensiv gegen den Kackscheiß angehen, der um sie herum stattfindet.



(stark verändert via I-net)

Wie reich muss man sein, um sich sowas zu leisten zu können?
Und wie krank muss man in der Birne sein, um das dann auch zu tun?
Ich kritisiere nicht die Investor*innen, denn die bedienen nur Kundenwünsche.
Ich meine die Leute, die auf sowas abfahren.

 


¹Wir fragen uns doch immer, warum Trump trotz oder wegen seines arschlöchigen Verhaltens so erfolgreich ankommt. Ich glaube, hier ist die Erklärung. Ein Leben als maximales Arschloch führen zu können, ist ein Beweis für gesellschaftlichen Erfolg! Alle wollen sein wie Trump. Oder Ribéry. Oder Dieter Bohlen ... 






Montag, 21. Oktober 2024

Alt-Sein - eine ganz neue Erfahrung! Teil 2: Seniorität vs. Senilität

 

Kennt ihr die Anekdote, nach der der Spieß die angetretene Kompanie nach einy Freiwilligen fragt und die ganze Kompanie bis auf eine arme Wurst einen Schritt zurücktritt, so dass es aussieht, als sei die Wurst einen Schritt vorgetreten und habe sich also freiwillig gemeldet?

Genau so funktioniert das mit dem Alt-Werden. Du veränderst Dich (gefühlt) überhaupt nicht, aber noch ältere Menschys um Dich herum sterben einfach oder verschwinden ins Sterbe-Heim oder gehen in den Ruhestand und jüngere kommen nach. Plötzlich stehste da und die Gesellschaft schreibt Dir die komplette soziale Konstruktion des Alt-Seins zu.

Da gibt es durchaus Varianten, z.B. die Zuschreibung von Erfahrung, Weisheit und Respekt, kurz: von Seniorität. Oder die Zuschreibung geistiger Verkrustung, Rechthaberei, Vergrätztheit, Unbelehrbarkeit, kurz: Senilität. In jedem Fall wird Dir körperlicher Verfall unterstellt. 

Es ist unangenehm, selbst die Variante mit der Seniorität. Natürlich fühlt man sich gebauchpinselt, wenn man mit Erfahrungswissen punkten kann, und davon hat man ein bisschen angesammelt, wenn man kein totaler Trottel war und ist. Aber ich habe viel mehr genossen, im fruchtbaren Diskurs unter Gleichen Lösungen zu erarbeiten. Manchmal muss man sich richtig Mühe geben, zu signalisieren, dass man, bitte, den Senioritäts-Bonus nicht wünscht. 

Und sich selbst muss man immer wieder versichern, dass Senilität und Verfall noch nicht jenes Stadium erreicht haben, dass es sozial auffällig wäre. 

Würde doch nur jene innere Stimme schweigen, die mich mit zynischer und teils schmerzhafter Selbstkritik ein Leben lang begleitet hat und die im Laufe der nächsten 20 Jahren am länger werdenden Hebel sitzt.


(Saruman - stark verändert via wiki commons)

Ein Traum von Seniorität!
Es gibt die Floskel "Er*sie ist gut gealtert."
Ich habe immer noch Zweifel, dass das ein Kompliment ist.








Samstag, 19. Oktober 2024

Fairtrade! Fair Trade?


Jrade Buch über Fairtrade jelesen. Hahn M., Herrmann F.: Fair einkaufen - aber wie?; 08/2019. Erfreulich detaillierte und teilweise auch kritische Untersuchung zu den Grenzen und Möglichkeiten fairen Handels im Allgemeinen und bei den einzelnen Produktgruppen im Besonderen.

Ich verkneife mir hier eine Inhaltswiedergabe, empfehle stattdessen das Werk (trotz seines Alters) zur Lektüre. Die bleibenden Eindrücke sind eher frustrierend. Egal, ob es sich um Bananen, Kaffee, Diamanten, Tee, Klamotten oder wasauchimmer handelt, letztlich geht es um Geld, nein, um Profit, und das heißt, an jedem einzelnen Punkt in der Kette zwischen den Produzierenden bis zu den Endverbrauchys wird maximal-möglich gelogen und betrogen, geheuchelt und gemeuchelt.

Einzig die armen Würstchen ganz am Anfang und ganz am Ende haben wenig Chancen zum Bescheißen: Die Produzierenden müssen definierte Mengen zu definierter Qualität liefern und werden von den Abnehmern und den Fairtrade-Zertifizierys knallhart geprüft, haben selbst aber nur wenig, praktisch gar keine Macht, sich zu wehren. Fairtrade führt im positiven Fall, aber keineswegs immer, dazu, dass sie örtlichen Mindestlohn, vielleicht mit einem kleinen Bonus, für ihre Produkte erzielen. 

Die Endverbrauchys haben de facto keine Kontrolle darüber, in wie weit der von ihnen entrichtete höhere Preis bei den Produzierenden oder wem auch immer ankommt. Sie können sich durch den Dschungel der Fairtrade-Labels arbeiten - mit teils sehr ernüchternden Ergebnissen -  doch schließlich und endlich müssen sie blind vertrauen. 

Einwurf:
Oder sie zahlen den etwas höheren Fairtrade-Preis einfach nur, um sich das irgendwie gute Gefühl zu kaufen, irgendwas Gutes getan zu haben. Motto: "Wir Doitschen gehören zu den reichsten fünf Prozent der Menschheit, aber wir vergessen auch die Armen nicht.
Unsere eigene wohlsituierte Großherzigkeit rührt uns selbst zu Tränen."
Einwurf Ende.

Alle anderen Prozessteilnehmer kalkulieren jedenfalls auf drei Stellen nach dem Komma, welchen zusätzlichen Profit sie durch Fairtrade-Zertifizierung und Siegel einfahren können. Das gilt übrigens auch für die Zertifizierungs-Konzerne selbst, die den Job eben nicht aus Sorge um das Wohlergehen der Menschen machen.

Man verstehe mich nicht falsch: Ich werde weiter konsequent versuchen, möglichst öko-fair einzukaufen, und ich empfehle es auch uneingeschränkt der geneigten Allgemeinheit. Aber lasst uns bitte trotzdem intensiv darüber nachdenken, ob das kapitalistische Wirtschaftssystem dem Wohle aller Menschen zuträglich ist, oder ob da nicht dringend nachgesteuert werden muss.


(stark verändert via wiki commons)


Ein Beispiel aus d'r Schwyz, egal, im Netz finden sich reichlich andere Grafiken dieser Art. Die MwSt. ist in D allerdings empfindlich höher.

Aha, die Arbeiter*innen und die Verwaltungsleute in den Sweat-shops erhalten nur 2,3 Prozent des Verkaufspreises, nämlich 2,80 CHF. Jetzt beaufschlage diesen VKpreis mit, sagen wir, 5 Prozent für Fairtrade und so. Dann kostete der Schuh 126,00 CHF.

Frage 1: Würdest Du diese Differenz bezahlen, wenn das Produkt dadurch "fair" würde? Oder würdest Du Dich freuen, wenn Du das gleiche Produkt 6,00 CHF günstiger kaufen könntest?

Frage 2: 2,3 Prozent von 6,00 CHF entspricht etwa 0,14 CHF. Das wäre der Fairtrade-Bonus für die Arbeiter*innen und die Verwaltungsleute in den Sweat-shops. Was kommt wirklich bei den Arbeiter*innen an, um deren Wohlergehen es bei alledem letztlich geht? Wo versickern die restlichen 5,86 CHF? Oder sind meine Annahmen unzutreffend?