Samstag, 30. Mai 2020

Samsara is the place ...


Viel zynisches Amüsement ziehe ich aus meiner ständigen Selbstbeobachtung. Obwohl so etwas nicht möglich sein sollte, überrasche ich mich immer wieder, indem ich unvermutete, teils unschöne, meist völlig lächerliche Verhaltensweisen an mir entdecke. Als Irgendwie-übender-Buddhist (oder was auch immer) glaube ich natürlich an einen unveränderbaren, innersten Kern meines Wesens, und dieser Kern steht alltäglich ziemlich oft neben mir und lacht sich halbtot, wenn er meinen Samsara-Teil in action betrachtet ...

Neulich in meinem Lieblings-Buchladen: Ich entdecke, dass es mir sehr gefällt, namentlich begrüßt zu werden, wenn ich den Laden betrete. Natürlich erfreut mich die Freundlichkeit, die in der Stimme der Mitarbeiterin mitschwingt. Aber darüberhinaus wird eine Saite in mir zum Klingen gebracht wird, die auf die Mentalität eines eingebildeten Bildungs-Spießers verweist. Was für eine Bankrott-Erklärung! Was für eine arme Wurst, die aus so einem Mikro-Privileg Saft für sein offenbar nicht gerade selbst-stabiles Ego saugen muss...





(verändert via wiki commons)



Samsara was the state I lived in
The city walls forestalled a break-in
The brochure told folks they were safe here
A destination with no check-in
The women there were tantalising
Shame shaped their minds through advertising
The clothes we chose for lies to live in
We had no guide but television
Samsara was the state that I lived in
A destination with no check-in. Samsara
Samsara was the state I lived in
Just like L.A. with no religion
Some teacher told me I was gifted
Her number wasn't even listed
I wasn't sure if she existed
Samsara was the state that I lived in
A destination with no check-in. Samsara
Now far from home this body's shaking
With fantasies I fed to blind me
The open door is now behind me
One day I woke and it was missing

Rupert Hine: Samsara








Sonntag, 17. Mai 2020

Unsicher


Immer wieder fällt mir auf, wie wenig ich, der ich als Spross einer völlig nicht-akademischen Familie mich einst akademischem Leben und Denken mit Vorsicht und Respekt von Außen zu nähern hatte, auch heute noch davon verstehe.

Gerade las ich eine Biographie:

" ... XY , geboren 1971 in Reykjavík, studierte an der Universität von Island Philosophie, Filmregie an der New York Film Academy und Französisch und Kunst in Frankreich. Nach mehreren Kurzfilmen arbeitet er vornehmlich als Grafikdesigner und bildender Künstler mit zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen, zudem betreibt er den Tunglið Forlag (Mond Verlag).

2013 veröffentlichte er mit »Bréf frá Bútan« (Briefe aus Buthan) einen ersten eigenen Roman sowie anschließend eine Sammlung mit Kurzgeschichten, 2015 folgte der erste Gedichtband » ..."
[*1]

Es ist, ich schwör's, ohne raffinierte Hintergedanken und wirklich nur rein informativ gefragt: Wie geht sowas?

Gut, XY wird eine schulische Laufbahn mit einer Hochschulzugangsberechtigung abgeschlossen haben, das ist schon mal was. Dass er sich für Philosophie interessiert, ehrt ihn, und ich bin sicher, dass ein Philosophie-Studium in Island etwas ganz Besonderes ist. Aber: Hat er da einen Abschluss gemacht? Davon steht da nichts, aber vielleicht gibt es ja mir unbekannterweise eine nicht-codifizierte akademische Sozialnorm, die besagt "Über so etwas Profanes wie einen Magister, ein Diplom, einen Bachelor etc. spricht man nicht, das hat man. Ist doch selbstverständlich!"

Oder lautet die nicht-codifizierte Norm vielleicht: "Liebe Güte, nur Spießer machen Abschlüsse! Willst Du mit einem so sakrosankten Thema wie [Studienfach einsetzen] etwa GELD verdienen!? Pfui über Dich! Wir studieren um der Sache willen, Du Spießer-Mittelstandskrampen-Beamtenkind-Loser!"

Das ist jetzt kein Witz, und ich kokettiere damit auch nicht. Ich weiß es wirklich nicht! Ich weiß nur, dass ich ein Lehramts-Studium gewählt habe, weil das ein Kompromiss war zwischen dem, was mich interessierte und dem Wunsch / der Notwendigkeit, mich damit irgendwie zu ernähren. Am Ende meiner Ausbildung [*2] war ich ziemlich pleite und sehr darauf angewiesen, Geld zu verdienen. 

XY scheint am Ende seines Philosophie-Studiums nicht pleite gewesen zu sein. Ich meine: New York Film Academy? Muss man da nicht Studiengebühren bezahlen? Muss man dazu nicht nach New York fliegen? Dort eine Unterkunft finanzieren? Egal. Was wir nicht erfahren, ist, ob XY da einen Abschluss gemacht hat, oder ob er das Film-Studium irgendwann auch geschmissen hat. 

Jedenfalls studiert er danach Französisch und Kunst in Frankreich. Klingt gut. Dann macht er Kurzfilme ...

Man verstehe mich nicht falsch: Ich bin weder neidisch noch bewerte ich XY. Ich bin einfach nur verunsichert: Die Vielzahl und die Verschiedenartigkeit der, sagen wir mal, Studien-Ansätze von XY scheinen für den Verlag ein positives Werbe-Argument zu sein. In meiner piefigen Provinz-Pauker-Lebenswelt würde man sagen, XY habe drei Studiengänge geschmissen, sich danach eine zeitlang durchgeschlagen, bevor er im Alter von 42 Jahren mit Literatur-Veröffentlichungen begann. Würde XY sich mit diesem Lebenslauf in einem normalen Unternehmen bewerben, wären seine Chancen, zu einem Vorstellungsgespräch geladen zu werden, eher gering.

Nun bin ich überhaupt nicht der Auffassung, ein Leben müsse nach dem Diktat kapitalistischer Verwertungsinteressen organisiert sein. Ich find's schön, dass XY offenbar Kohle ohne Ende im Rücken hat, sich so ein Leben leisten zu können ...

Hm, an dieser Stelle verspüre ich vielleicht doch ein bisschen Neid: Der Mann war / ist so unglaublich reich, dass er es sich leisten kann, sich aus allen Zusammenhängen herauszuziehen, die Marx der "Reproduktion der Arbeitskraft" zurechnet. 

Der Reichtum von Multimilliardären beeindruckt mich nicht. Der Reichtum von Leuten wie XY beeindruckt mich.






(verändert via wiki commons)

Hauptsache glücklich!

  








[*1] Quellenangabe lohnt nicht, weil der Text auf vielen Verlags-Seiten gecopy-pasted wurde. Was das Original ist, ist nicht feststellbar. 

[*2] Auch so'n Spießer-Begriff! Ein Studium ist doch nicht mit einer Tischler-Lehre zu vergleichen. Man studiert, um sich selbst zu verwirklichen ... oder so ...




Samstag, 9. Mai 2020

Mixtur


Gestern versehentlich in eine Doku zum Tag der Befreiung vor 75 Jahren reingezappt. Eine Zeitzeugin berichtet über den Hungerwinter 1945/46 und endet ihren Bericht mit der Bemerkung, die Jugend von heute hätte unter diesen Bedingungen nicht bestehen können.

Ich wusste nicht, dass so etwas Dümmlich-Arrogantes heute immer noch öffentlich gesagt wird, außer in ironisierenden Zusammenhängen. Stellen wir also klar: Die Jugend von 45/46 ist mit ihren Aufgaben und in die Bedingungen hinein gewachsen, und dazu ist Jugend seit jeher grundsätzlich ziemlich gut im Stande, auch die von 2020. Welche Bedingungen das jeweils sind, haben die Jugendlichen (noch) nicht zu verantworten, die Schuldigen sollten anderswo gesucht und gefunden werden. 


(Bundesarchiv via wiki commons)



War sonst noch was?

Ach ja: Lustflug auf meiner Lieblingsrennstrecke. Wenn da irgendwas Besonderes zu sehen ist, zieht's den Low-and-slow-Flieger an, wie ein Kuhfladen die Mistfliegen.

(gestern, die Weser zwischen Elsfleth und Brake)

Geplant war eigentlich eine ganz andere Strecke, aber ich hatte keine Lust, in die Dunstschicht und auf die niedrigstehende Sonne zuzufliegen. Da sieht man nicht so viel von der Landschaft.




Ein gutes Gefühl, einen Plan über'n Haufen zu schmeißen, um das zu tun, was man will.











Freitag, 1. Mai 2020

Gezeitenwechsel


Corona ist immer noch die Krise in Zeitlupe und deshalb ein unwiderstehliches Studienobjekt menschlichen Verhaltens.

Deutlich ist die erste Phase vorbei, in der wir ALLE Schiss hatten und in der wir in großer Solidarität und Einigkeit zueinander das Miteinander fanden. In dieser Phase riefen ja sogar die Macht-Habenden zu Solidarität und Vernunft auf, was wir als äußerst angenehme Ausnahmesituation empfanden, da der Kapitalismus diese Eigenschaften auf der untersten Stufe der Profitkette, dem Konsumenten, gewöhnlich nicht goutiert.

Wir sind jetzt in Phase zwei, das machen unsere Plittikörr, allen voran Laschet, ganz deutlich:

  1. Die Parole, dass die Gesundheit der Menschen vor den Profitinteressen der Wirtschaft zu rangieren habe, gilt nicht mehr.
  2. Indem Laschet - wie übrigens Trump auch - die Wut der Menschen auf das "social distancing" medienwirksam anheizt, instrumentalisiert er sie, treibt er die Solidarität der Gesunden und Kranken, der Gefährdeten und Weniger-Gefährdeten auseinander.
  3. Die Forschenden, die sich mit der Pandemie wissenschaftlich befassen, werden der Reihe nach persönlich diskreditiert. Was einst wichtige Leitlinie der Corona-Politik war, logische, schlüssige vernunftbasierte Ergebnisse naturwissenschaftlicher Erkenntnismethode, wird mit populistischen Anwürfen ("Die ändern ja ihre Meinung!") in den Dreck gezogen.  
  4. Das ausschließlich profitorientierte Wollen der Lobbyverbände beeinflusst politische Entscheidungen wieder mehr, als der medizinische Sachverstand. 


Die Konzerne und ihre Marionetten in den politischen Ämtern ätzen verstärkt gegen die Epidemiologen, sie mögen doch mal kundtun, wie lange die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie noch aufrechterhalten werden sollen. Fragen wir doch einfach mal umgekehrt die Konzerne, wievielen Menschen zusätzlich (!) wegen Covid 19 allmählich die Lungen voll Flüssigkeit laufen sollen, wieviele Menschen also elend ersticken sollen, und zwar über Tage hinweg, damit der größte Horror des Kapitals, die Abwesenheit von Profit (Marx) nicht eintritt.

Ich habe so gar keine Lust, mitansehen zu müssen, wie "Alles wie früher, nur ein bisschen schlechter" (Schweijk) wird.






(verändert via I-net)

Das ist auch so eine Sache: Die Medien betrügen uns mit so hübsch aufbereiteten Modellen. Macht Euch bitte mal klar, was eine Covid-19-Infektion bedeuten kann: Deine Lungen füllen sich sehr langsam mit Flüssigkeit. Das Atmen fällt Dir zunehmend schwerer, Dein gesamter Körper japst nach Sauerstoff, den aber irgendwann nicht mal die Beatmungsgeräte mehr in hinreichender Menge zur Verfügung stellen können. Wenn Du Glück hast, medizinisch gut versorgt zu werden, wirst Du mit Tranquilizern ruhiggestellt, damit Panik und Schmerzen Dich nicht wahnsinnig machen. Am Ende, nach Tagen oder Wochen, bist Du nur noch ruhiggestellt, stirbst nach langen Tagen des Leidens, indem Du bewusstlos rüberdämmerst.

Klingt brutal, aber das ist es, worüber wir reden. Das ist das Leid, über das Plittikörr aktuell entscheiden, wieviel wir des Kommerzes wegen davon vermehrt akzeptieren sollen.





Samstag, 25. April 2020

Ernüchtert! (Imperativ, 2. Pers. Pl.)


Befremdlich ist's, wer derzeit mal wieder in völliger Unkenntnis der Sachverhalte über Schule und schulische Dinge zu simpeln sich nicht entblödet.

Um es kurz zu machen:

"Lehren bedeutet nicht, ein Fass zu füllen, sondern eine Flamme zu entzünden."
Angeblich von Heraklit und demnach 2.500 Jahre alt, aber es gibt auch jüngere Zuschreibungen.


Wenn corona-aktuell über digitalen Unterricht, über Samstags-Unterricht, Ferien-Verkürzungen etc. öffentlich diskutiert wird, dann geschieht das immer auf der Basis des Fass-Füll-Gedankens. Sinngemäß: "Sieh an, hier fehlen ein paar Wochen Unterricht, den Stoff trichtern wir ersatzweise hier, hier und hier ein, dann sollen die Kinder noch dieses und jenes Youtube-Video anschauen und diese und jene Aufgabe lösen - fertig."

Wissen als quantifizierbare, portionierbare Ware, als Stoff, den man handeln und bepreisen kann. So denkt man gern im Kapitalismus.

Der Auftrag von Schule ist aber "Bildung" zu vermitteln, und das bedeutet: Der "Unterrichtsstoff" ist nur schnödes Vehikel, um die Schüler*innen zu selbständig denkenden, kritischen, solidarischen  Geistern zu erziehen, so steht's im Gesetz. Evolution unterrichtet man nicht, damit die Kinder wissen, wer von wem abstammt, sondern damit sie nachvollziehen, wie Denken, in diesem Fall: ein sehr kluger, kritischer, naturwissenschaftlicher Gedanke, unser Bild von der Welt umgehauen hat, dass Weltbilder umhaubar sind und dass es immer mal wieder nötig ist, sie umzuhauen. Meine verstorbene Frau hat Programmierung und Datenbank-Trallala unterrichtet und immer wieder betont, dass es dabei eigentlich nicht um Computer und Datenverarbeitung, sondern letztlich nur um Yoga ginge.

Lehrer*innen, jedenfalls die Guten unter ihnen, sind keine Stoff-Abfüller, sondern Denkend-Macher.

Und eines ist ganz klar: Jede Stunde, die wir nicht im klugen, mitunter witzigen, stets menschlichen direkten Gespräch mit unsern Lerngruppen verbringen, ist ein für alle Mal verloren und nicht ersetzbar!

Das ist kein Plädoyer für einen unverantwortbaren, überstürzten Wiedereinstieg ins Pre-corona-Leben. Es ist nur ein Plädoyer wider den Ungeist, so zu tun, als sei ein technischer Ersatz für die menschliche Klassenraum-Kommunikation denkbar. Ich habe größte Bedenken, dass da bei viel zu vielen Technik-Nerds und den Krisen-Gewinnlern der Konzerne so ein Furz im Kopp bleiben könnte, die Digital-Nummer habe ja während der Corona-Zeit so gut geklappt, warum also damit aufhören?

Was im Moment und in den nächsten Monaten in Schulen abgeht, ist gewiss das Beste, was unter diesen Umständen möglich ist. Aber verglichen mit richtigem Unterricht, mit der Vermittlung von Bildung, ist es Moppelkotze, bestenfalls Ersatzbefriedigung!




(Plakat 1910 via wiki commons)


















Donnerstag, 23. April 2020

Augen auf bei der Berufswahl!


"Der hat jetzt fünf Wochen Urlaub gehabt, der hätt' ja auch mal die Hecke schneiden können  ...!"

Das Letzte habe ich soeben nicht mehr ganz genau verstanden, aber das Erste kam mit einer herrlichen, höllischen, abgrundtiefen Böswilligkeit von jenseits der angenehm hohen und angenehm dichten Hecke zu meinen Nachbarn. Ich mag das, wenn die Leute so einen hilflosen Hass empfinden und den unüberhörbar rauskotzen wollen und müssen, wenn sie aber andererseits leise genug rumkotzen, weil sie zu feige sind, sich gegebenenfalls drauf festnageln zu lassen.

Aber sie haben natürlich Recht: Ist ja schon schlimm, dass man im Strandkorb sitzen und digitale Aufgaben erstellen oder korrigieren kann. That ain't working, ARBEIT beginnt da, wo man einen Spaten in der Hand hat oder einen Tank mit krebserregendem Roundup in die Rabatten entleert. Oder morgens um halb sechs los muss. ARBEIT muss körperlich sein. Und unangenehm. Und wehtun.

Im Strandkorb im Garten sitzen und mit einem Stift in der Hand was lesen, ist auf keinen Fall ARBEIT!

Auch ein Buch lesen ist keinesfalls ARBEIT. Buch lesen ist per se irgendwas angeschwult Elitäres und bestenfalls dem Freizeitbereich zuzuordnen und nichts, was ein anständiger Mensch zu einer Tageszeit macht, in der man auch ARBEITEN kann ...

Ich liebe unüberbrückbare Vorurteile. Sie machen das Leben so einfach, die Dinge so transparent. Und wenn Du die Welt nur in sehr wenige, sehr große und sehr robuste Schubladen einsortierst, dann musst Du am Ende auch gar nicht mehr so viel denken.

Richtig ist: Was berufliche Konsequenzen der Corona-Krise betrifft, sind wir Lehrer*innen im ÖD bisher ziemlich gut weggekommen. Die meisten von uns hätten dennoch liebend gerne ihren alten, gewohnten Rhythmus wieder. Wir haben uns den status quo weder ausgesucht noch ihn begrüßt.

Eine französische Lehrerin hat neulich in einem Interview treffend festgestellt: Man bezahlt Feuerwehrleute auch nicht nur dann, wenn es brennt. Die vielen tausend Lehrer*innen in Deutschland haben die Aufgabe, Millionen junger Menschen zu unterrichten. Für unser Land hat der Souverän, das Volk aus mündigen Staatsbürger*innen, das so beschlossen. Wir brauchen besonders viel Bildung, weil wir so verdammt wenig Rohstoffe haben. Dass uns Lehrer*innen derzeit teilweise die Hände gebunden sind, ist doof. Wir alle finden das doof.

Klar soweit?



(stark verändert via I-net)















Freitag, 17. April 2020

Nicht Alles schlecht!


Mit zunehmendem Lebensalter dräuen vielleicht irgendwann mancherlei Gebrechen, aber man unterschätze nicht die Vorteile! Wie geil ist's zum Beispiel, dass ich mir und anderen nichts mehr beweisen muss.  

So auch heute: Die Flugwettervorhersagen waren vielleicht ein bisschen zu liebreizend, meine Interpretation der Daten gewiss zu sehr vom Wunsch geprägt, den Allerwertesten in die Luft zu bekommen. Kurz: Es lief mal wieder grob unschön, was in einem 120kg-Drachen-Trike bedeutet, dass Du Dich schon nach kurzer Zeit fühlst wie ein Preisboxer in der 12. Runde. 

Wie geil, dann einfach abzubrechen und sehr cool nach 26 Minuten wieder zu landen, statt auf Krampf heldische Durchhalteübungen zu zelebrieren, die anschließend sowieso niemanden interessieren. 





(Heute, westl. Hude, 190 m)

Grüne, gelbe, braune Felder. 
Baumreihen. 
Straßen und Wege. 
Bauernhof, Massentierhaltung. 

Low & slow bietet Dir die Welt in einer geradezu naiven Anmutung von Ordnung, Übersicht und Gegliedert-Sein dar.  





(dto.)



Donnerstag, 16. April 2020

Spreu


Es ist keine leichte, dafür aber eine sehr lohnenswerte Übung zum Corona-Zeitvertreib: Man beobachte mal, wer in diesen Zeiten, da die Kacke echt am Dampfen ist, nichts zu sagen hat. Besonders schlaglichtartig war das nach gestriger Sitzung des sogenannten "Corona-Kabinetts" zu registrieren, wo ja wirklich relevante und nicht ganz einfache Entscheidungen zwischen Ökonomie und Epidemiologie abzuwägen waren.

Die AfD ist schon seit langer Zeit komplett aus dem Rennen. Da kam und kommt ewig nur dummes Zeug, und mehr haben die auch nicht. Das AfD-Erfolgsrezept, das Erfolgsrezept aller Populisten, den jeweils hirntotesten Braunbratzen nach dem Maul zu reden, versagt, wenn ernsthafte und vor allem neue Probleme auftauchen, die einer klug abgewogenen Lösung bedürfen.
Für die FDP wollte wenigstens Sunny-boy Lindner im "heute"-Interview Akzente setzen, aber es wurde peinlich klar erkennbar, dass er keine hatte. Warum wurde er dann interviewt? Warum das Interview dann gesendet? Um ebendies publik zu machen?
Die Linke äußert Bedenken, aber keine weiterführenden Vorschläge. Ein Zeichen von Klugheit, dann auch einfach mal die Klappe zu halten. Wenigstens lenkte Ramelow den Blick auf die Armen.

Den Großpreis verdienten Fremdschämens räumt allerdings Frau Karliczek ab, unsere Bildungministerin. Sie trötet seit Wochen mit bundesbildungsministerieller Macht banale Botschaften zu Inhalten, die ihr qua Ressort überhaupt nicht zustehen, sie wird von niemandem gehört, ihr Hinausgeblähtes wird weder kommentiert noch kritisiert, nicht mal von ihren Parteigenoss*innen. Was für ein glorioses Desinteresse dieser Frau allseits entgegenschlägt! Und mit welcher Dickfälligkeit sie das nicht mal zu bemerken scheint.

Ist die Dame intrinsisch stumpf? Möglich. Unser politisches System selegiert Stumpfheit in menschlichen Dingen positiv.

Oder merkt sie es, leidet aber schweigend? Wenig wahrscheinlich. Wenn dem so wäre, würde sie ja so nicht weitermachen. Sie könnte ja zur Abwechslung mal was Schlaues sagen. Oder schweigen.

Umgeben sich unsere Plittikör vielleicht mit einer Mischpoke aus speichelleckerischen Hofschranzen, die sie von der Außenwelt abschirmen und sie immer weiter bestärken? Ah!? Das klingt allzu plausibel.

Komödie ist, wenn ein völlig überzogener Selbstanspruch mit der Realität kollidiert. Was Frau Karliczek liefert, reicht aber nicht mal für eine Komödie, dazu ist es zu klein, zu dumm und zu niedrig. Aus Mitleid und um sie vor sich selbst zu schützen, muss man die Frau, die nichts mehr peilt, schnellst von diesem Amt entfernen. Und das Amt, das nur für parteitaktische Regional- und Geschlechterquoten geschaffen wurde und in unserem föderalen Bildungssystem gar keinen Sinn hat, gleich mit.




(stark verändert via wiki commons)














Freitag, 10. April 2020

Phänomenologische Feststellung


Es gibt alljährlich vier Beweise dafür, dass der Frühling eifrig den Sommer vorbereitet:

  1. Schmetterling-Imagos flattern umher. Die ersten habe ich am 31.03. gesehen.
  2. Schwalben sind zurück. Die erste habe ich heute gesehen.
  3. Die seltsamen 50-cent-Ferngläser für die Touries sind an der Küste installiert.
  4. Eduard Mörike (1804 - 1875) redet mit mir.    



(heute in N-siel)


Er ist's 
Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
— Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab' ich vernommen!

Eduard Mörike, 1828

Donnerstag, 9. April 2020

Schützenswerte Wort-Denkmäler


Da wird gerade wieder ein Wort zu Tode geritten, dessen ursprüngliche Bedeutung unbedingt unter Schutz gestellt werden muss: Solidarität.

Wikipedia beschreibt es ganz treffend: " ...Haltung der Verbundenheit mit – und Unterstützung von – Ideen, Aktivitäten und Zielen anderer. [Solidarität] drückt ferner den Zusammenhalt zwischen gleichgesinnten oder gleichgestellten Individuen und Gruppen und den Einsatz für gemeinsame Werte aus ..."

Zur Zeit wird gerade mal wieder die Solidarität innerhalb der EU beschworen, insbesondere von den Ländern, die von der Pandemie so richtig übel erwischt worden sind. Aber da wird der Denkfehler ganz deutlich. Diese Länder wollen keine Solidarität, sondern Geld. Sie wollen, dass man ihnen hilft, und das ist auch nachvollziehbar, und ich bin auch dafür.

Solidarität wollen sie aber nicht, da sie, außer, wenn sie was zu ihrem eigenen Vorteil einfordern, keine Haltung der Verbundenheit zu Europa, keine Unterstützung gemeinsamer Ideen, Aktivitäten und Ziele zeigen. Diese utilitaristische Haltung, salopp: Abzocker-Mentalität, ist weltweit zwar sehr en vogue, und wir Doitschen machen's genau so, aber das ist das genaue Gegenteil von Solidarität.

Solidarität ist eine Grundhaltung. Man kann sie nicht punktuell haben und fallbezogen ein- oder ausschalten. Man vergleiche "solidarisch" und "nett". Ein Mensch, der nur im Einzelfall "nett" ist, ist eigentlich überhaupt nicht nett, sondern höchstwahrscheinlich sehr gefährlich ("Mama, der fremde Mann auf dem Spielplatz war heute richtig nett zu mir...!")

Also sagen wir's nochmal richtig: Italien braucht Kohle ohne Ende. Punkt. In der geographischen Nachbarschaft gibt es das sehr reiche Doitschland, das sich seit Jahrzehnten an der EU dumm und dusselig verdient. Punkt. Her mit dem Geld!

Es gibt keine europäische Idee, weder in Italien noch in Deutschland.

Das Gleiche gilt für unsere Kolonien im Osten, die Vizegrad-Gruppe: Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn haben mit der europäischen Idee, mit unserer Kultur, unseren Zielen noch viel weniger zu tun als Great Britain, aber wir pampern sie, um nicht mehr selber Frontstaat der NATO im Osten sein zu müssen. Dafür zahlen wir irrwitzige Agrarsubventionen und tolerieren schafsköpfig die zunehmende Abschaffung der demokratischen Grundordnungen in diesen Ländern. Das ist kalte, zynische Berechnung, aber keinesfalls Solidarität.

Wenn wir europäische Solidarität wollen, dann müssen wir die Nationalstaaterei abschaffen. Das setzte allerdings eine weitgehende Entmachtung der herrschenden plittischen Klasse voraus.

Uups, vom Thema abgeglitten.

Tl, dr: Solidarität ist ein grundlegendes Gefühl von Verbundenheit. Alles andere lässt sich mit Geld bezahlen und ist daher wertlos.







(verändert via wiki commons)