Samstag, 14. Oktober 2023

Floskeln fallen lassen

 

Seit vielen Jahren benutzte ich, wenn ich meine politische Denke leicht-fasslich beschreiben wollte, die Formulierung "links-grün-versiffter Möchtegern-Gutmensch". Mir gefiel die ironsierende Übernahme der Nazi-und-Spießer-Terminologie, weil damit auch gleich klargestellt war, zu wem ich mich in Opposition sah und sehe.

Ich habe jetzt beschlossen, diese Formulierung nicht mehr zu verwenden. 

Links:

Die Klassifizierung links - rechts ist nicht mehr brauchbar. 

Warren Buffett  
hat die Sache auf den Punkt gebracht: "Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen". Zur Klasse der Reichen kann man auf diesem Planeten die Mitglieder von ca. 700 Familien-Clans zählen. Alle anderen 8 Milliarden Menschen, die berühmten 99 Prozent, gehören zu den Verlierern, d.h. Opfern dieses Krieges. Sich diesen Umstand bewusst zu machen, ist nicht links, sondern Mathematik. Wir sind - in einem ganz mathematisch-statistischen Sinne - nicht links, wir sind die Normalen.  

Nur dümmliche Opportunisten suchen ihr Heil darin, als Speichellecker und devote Diener des 1 reichen Prozents zu reüssieren.

Grün:

Es ist Quatsch, eine grüne Position zu haben oder nicht zu haben. Greta Thunberg hat in ihrer Rede vor der UN 2019 darauf hingewiesen, dass mehr als hinreichend belegt ist, dass unser Verhalten die Grundlagen für ein zukünftiges menschenwürdiges Leben zerstört. Das ist keine Frage mehr, über die noch weiter geforscht werden müsste, und auch die Gegenmaßnahmen und ihr extrem knapper Zeitrahmen sind völlig klar und unbestritten.

Würden wir unserer eigenen Species ernsthaft die Fähigkeit zur Vernunft unterstellen, dann müssten wir sagen: Ausnahmslos alle Individuen dieser Specie müssten mit allen verfügbaren Mitteln für den Erhalt ihrer Umwelt kämpfen. Das wäre  - wieder in einem streng mathematisch-statistischen Sinne - normales Verhalten.

Genau wie auf das Attribut "links" können wir auf das Attribut "grün" also verzichten. Es ist nichts Besonderes "links" und "grün" zu sein, es bedarf sprachlich-logisch ergo keiner Hervorhebung. Hervorheben müsste man, wenn Menschen auf der Seite der Superreichen kämpften und wenn sie entgegen aller kreatürlichen Vernunft weiter insistieren, ihre Lebensgrundlagen zu zerstören.

Die Psycho-Pathologie kann uns in beiden Fällen bestimmt mit Begriffen aushelfen.

Versifft:

Dem politischen Gegner Schmutzig-Sein zu unterstellen, ist ein ewig-uralter rhetorischer Winkelzug. Genau wie Rechts-Sein mit "rechtmäßig", "richtig", "aufrecht" usw. bewusst verknüpft wird. Blöderweise werden diese sprachlichen Taktiken immer nur von rechts nach links, von oben nach unten, von reich nach arm eingesetzt, nie umgekehrt. Das ist paradox, denn die Konzerne sind die Öko-Dreckschweine, und es ist einfach unge"recht", dass sie immer wieder die Macht haben, Schäden bzw. Verluste zu sozialisieren und Profite zu privatisieren.

Wir sollten uns angewöhnen, den "Siff" als ethische und rechtliche Schuld den Reichen zuzuordnen. Die FDP als lobbyversiffte Partei, die CDU/CSU als spießerversiffte, CEOs als profitversifft usw. usw. 

Gutmensch:

Diese sprachkritische Debatte ist hinreichend geführt worden, das muss ich hier nicht wiederholen. Nur zur Erinnerung die Kernfrage: Wem nützt es, Menschen, die sich ethisch korrekt verhalten wollen, zu diffamieren? Erinnert ein bisschen an die Frage nach der Logik der Bezeichnung "Menschenrechtler", die manchem Promi-Namen wie eine Berufsbezeichnung vorangestellt wird.

Allen Nazis of any colour and any kind zur Kenntnis: FÜR Menschenrechte einzutreten, ist die statistische Norm. Wäre es daher nicht tausendmal sinnvoller, zu erwähnen, wenn jemand GEGEN Menschenrechte ist? Vielleicht so: "Arschloch Trump besuchte die Arschlöcher in den VAE. Else Müller von Human Rights Watch kritisierte, dass ... blablabla." 

Klingt vernünftiger, finde ich.

Fazit:

Ich bin normal, weil ich im Kampf Reich gegen Arm nicht auf der Seite des 1 Prozent stehe, sondern auf der Seite der 99 Prozent. Ich bin normal, weil ich mich für den Erhalt einer menschenwürdigen Umwelt einsetze. Ich bin normal, weil ich die Menschenrechte für mich und folglich für alle Menschen beanspruche. 

Das klingt natürlich viel unspektakulärer und macht mich zu einem ziemlich langweiligen Typen. Aber als Selbstaussage ist es einfach zutreffender.



Schon schön, wenn von unter einer düsteren Schichtwolken-Fläche ins klare, freie Sonnenlicht fliegt.  


Out of the dark
Hörst du die Stimme, die dir sagt
Into the light
I give up and you waste your tears
To the night.
Falco



 


 



 

Sonntag, 8. Oktober 2023

Wahlempfehlung heute

 

Allzuoft habe ich in letzter Zeit öffentlich geklagt, es gäbe in Doitschland keine politische Partei, die ein sinnvolles inhaltliches Angebot machte, nur machtgeile Opportunisten-Vereine, deren Menschen und Phrasen austauschbar wären.

An dieser Kritik kann ich leider nichts ändern, aber die Menschen in Hessen und Bayern stehen heute vor einer Wahl, und Nicht-wählen ist natürlich keine Option.

Welches ist also die derzeit am wenigsten ungeeignete Partei?

Lässt sich schwer sagen, aber was mich beeindruckt, ist, dass es eine Partei gibt, die sowohl von den extremen und moderaten Linken als auch von den extremen und moderaten Rechten als auch von jenen, die gar kein Programm haben, außer, den Konzernen devot zu willfahren, attackiert wird. Das sind die Grünen.

Als guter Demokrat bin ich natürlich Wechselwähler, aber ich bin ziemlich sicher, heute würde ich die Grünen wählen. Wenn alle Anderen auf ihnen rumhacken, müssen die was Gutes haben, was mir bislang entgangen ist.


(verändert via wiki commons)

War damals das Gleiche mit Avatar I: Die Amis lehnten den Plot ab, weil er zu humanistisch ist und zu sehr an die First-Nations-Massaker, Vietnam etc. erinnert, die Chinesen haben den Film unterdrückt wegen Tibet, Tian'anmen und überhaupt. Wenn sowohl die extremsten Kapitalisten als auch die extremsten Kommunisten etwas scheiße finden, dann MUSS es einfach gut sein!






 

Freitag, 6. Oktober 2023

Die böse Banalität des Spießers

 

Aus ganz persönlicher Nostalgie lese ich gerade nach Jahrzehnten mal wieder C. Zentners "Drittes Reich und II. Weltkrieg". Der Einstieg über das Ende des Ersten Weltkriegs, die Versailler Verträge, Hitlers Jugend und beginnenden Aufstieg etc. ist - wie so oft - für meinen Geschmack zu teleologisch geraten, zu zwangsläufig werden die Geschehnisse als Ursachen für spätere (hier: katastrophale) Wirkungen beschrieben.

Aber: 

Was ich überraschend neu lese, ist, dass es zwischen dem Ende des Doitschen Kaiserreichs 1918/19 und der Übergabe der Macht an die Nazis 1933 viel weniger teuflische Bösartigkeit gab, als ich dachte. Unter dem Stichwort "Banalität des Bösen" stellte Hannah Arendt in der causa Adolf Eichmann fest, dass es da keinen mythisch-bösen Teufel gab, sondern nur einen fleissigen, beflissenen Verwaltungsfachmann, der kritiklos Aufträge ausführte. Es scheint, als müssten wir das Denken und Fühlen und das Wahlverhalten der Doitschen, die schließlich bereitwillig den Nazis alle politische Macht in die Hände legten, genau so betrachten.

Da waren keine besonders bösen oder besonders dumme Menschen am Werk. Da waren mittelmäßig normalböse bzw. normalgute und - wenn man sie fragen würde - vor allem gutmeinende Menschen am Werk, die durch die Folgen von Versailles angepisst und enttäuscht. vor allem aber verängstigt, verunsichert und orientierungslos waren. Das Ganze war geradezu blödsinnig banale Spießer-Kacke. 

Der aktuelle Trend zum Autoritarismus im Jahre 2023 steht also in deutlicher Tradition. Erwartet nicht, dass der aufhaltsame Weg in den Faschismus spektakulärer verlaufen wird. Das wird er nicht. Wenn wir nicht aufpassen, kommt der Faschismus wieder in vielen kleinen Schritten in die Köpfe der Leute.

Demokratie und Menschenrechte sterben nicht in kameratauglichen Explosionen auf der Straße. Sie sterben leise und unbeachtet in jeder*m Einzelnen. Die Faschos müssen dann nur noch abräumen.



Zeitgenössische Karikatur zur Machtübernahme Hitlers - via wiki commons



Ach, und übrigens: Denkt doch auch noch mal drüber nach, ob die Forderung nach russischen Reparationszahlungen in unbestimmter und unbegrenzter Höhe ein kluge Forderung sind, wenn man einen Krieg längerfristig beenden will.   







Dienstag, 3. Oktober 2023

Wir werden es nicht schaffen.

 

Ich mag mich nicht sonderlich für diese pessimistischen Gedanken, aber es bringt auch nix, die Zeichen an der Wand zu übersehen.

Experiment: 

  • Fahrt auf einer Bundesautobahn und stellt Eure evtl. vorhandene Geschwindigkeitsregelanlage auf 110 km/h ein. Betrachtet aus dieser Perspektive den Verkehr drumherum.
  • Betrachtet den prozentualen Anteil der SUVs und sagt mir, dass wir die anthropogene Klimakatastrophe noch abwenden können.
  • Betrachtet den prozentualen Anteil der Idioten-Raser und sagt mir, dass wir die anthropogene Klimakatastrophe noch abwenden können.
  • Betrachtet den prozentualen Anteil der Idioten, die nicht vorausschauend fahren, sondern bis kurz vor der Baustelle, kurz vor der Abfahrt, kurz vor dem Stauende die maximal mögliche Geschwindigkeit halten und dann voll in die Eisen gehen und sagt mir, dass wir die anthropogene Klimakatastrophe noch abwenden können.
  • Betrachtet den prozentualen Anteil der Idioten, die ihrem Auto mit Niederquerschnittsreifen, phallisch-bombastischen Pseudo-Auspuffanlagen und völlig wirkungsfreien Spoilern einen Hautgôut von Höchstgeschwindigkeits-Ufo geben wollen und sagt mir, dass wir die anthropogene Klimakatastrophe noch abwenden können.
  • Betrachtet den ständig steigenden Anteil von Lastkraftwagen, deren Unternehmer durch diese Transportmethode Profite machen, statt saftige Strafen wegen Umweltvergiftung zu zahlen und sagt mir, dass wir die anthropogene Klimakatastrophe noch abwenden können.
  • Betrachtet die schiere Masse von Kraftfahrzeugen (zählt die je eigenen selbstverständlich mit!) und sagt mir, dass wir die anthropogene Klimakatastrophe noch abwenden können.
  •  etc. etc.

(Rembrandt: Belsazar, via wiki commons)

Die Zeichen an der Wand in aktualisierter Übersetzung: "Ihr habt es verkackt, Ihr verfluchten Idiot*innen! Nicht, weil Ihr zu blöd, sondern weil Ihr zu faul und zu bequem wart. Ihr verdient keinen Funken Mitleid!"





 


Mittwoch, 20. September 2023

Anaerobier versus Homo sapiens


Heute Morgen ist mir nach langer Zeit mal wieder das Schlagwort "die große Sauerstoffkatastrophe" untergekommen. Kurz vergröbert geht es darum, dass vor 2,4 Milliarden Jahren einige Einzeller begannen, Energie aus Photosynthese zu gewinnen, statt beim guten, alten Verfahren zu bleiben, Schwefelwasserstoff (oder Was-auch-immer) zu verstoffwechseln. Die Photosynthese ist zwar  effizienter, erzeugt aber als Abfallprodukt auch überschüssigen Sauerstoff, der für die allermeisten damals lebenden Arten tödliches Gift war.

Zunächst fiel das nicht auf, da der freiwerdende Sauerstoff zunächst andere Stoffe oxidierte, bevor er sich in tödlichen Mengen in der damaligen Atmosphäre ansammelte. Das war ein sehr allmählicher Prozess, der über Hunderte Millionen Jahre dauerte, bis dann recht plötzlich ein Sättigungswert erreicht war, der alle Beteiligten existenziell bedrohte.

Woran erinnert uns das?

Nein, die Frage ist zu banal, die Parallele zu offensichtlich.

Aber ich schelte mich dafür, dass mein Unterbewusstsein seit heute Morgen praktisch pausenlos Dialog-Szenen entwirft, in denen technologie-offene Pro-Photosynthese-Cyanobakterien allen anderen erklären, wie geil, effizient, profitabel und sowieso völlig alternativlos Photosynthese ist, während die Bakterien der Gegenseite sehr klug und zurückhaltend und warnend über Grenzwerte, Risiko-Abwägungen, Kippunkte und so weiter räsonnieren, also kurzgesagt immer wieder nur ganz und gar lahmarschige Spaßbremsen-Szenarien entwickeln, die anständige, volksnahe Bakterien mit einer Aufmerksamkeitsspanne unter einer Zehntelsekunde gar nicht verarbeiten könnten, selbst, wenn sie es wollten.

Ich überlasse es der Kreativität der Leser*innen dieses Blogs, eigene Diskurse zu simulieren. Irgendwie ist es ganz lustig, den Einzellern die abgrundtiefe Dummheit und Absurdität unserer heutigen Klima-Debatte unterzuschieben, aber es auch traurig, weil a.) so ein planetares Massensterben nun mal per se nicht lustig ist und b.) wir feststellen, dass 2.500.000.000 Jahre evolutionärer Geistesentwicklung uns keinen Fatz schlauer gemacht haben, wenn es um die Lösung überindividueller existenzbedrohender Probleme geht. 

Im Vergleich zu den Bakterien, die es auch nicht geschafft haben, ihr selbstmörderisches Verhalten abzustellen, kann man uns bestenfalls attestieren, dass wir individuell noch hinterhältiger, geschickter und egoistischer geworden sind, wenn es darum geht, Nahrung zu beschaffen, ohne selbst Nahrung zu werden. Und wir haben manchmal richtig guten Sex. Das hatten die Bakterien per defintionem nicht. Aber darüber hinaus? Nö. Nix Neues. Nix gelernt.

Der Vergleich über 2,5 Milliarden Jahre hat aber auch was Beruhigendes: Klar hat's damals nahezu alle Lebewesen ausgerottet, und das wird diesmal auch wieder so sein. Aber vielleicht schlägt die Natur wieder nur eine neue Seite auf, vielleicht müssen wir die Klima-Katastrophe so zielgerichtet durchziehen, wie wir es gerade zu tun im Begriff sind, damit das nächste Kapitel frisch und frei beginnen kann. 

Könnte ich dabei sein, würde ich sagen, ich freu' mich drauf!



(verändert via wiki commons 1960)

Die Frage des Filmtitels evoziert natürlich ein klares "Nein!". Sollten wir mehrheitlich aber zu einem anderen Ergebnis kommen, dann ist es jetzt allerhöchste Zeit zu beweisen, dass wir doch schlauer sind als die Bakterien damals. 




 










Montag, 18. September 2023

Erratum und Korrektur

 

Ich habe hier einige Male mehr oder weniger offen darüber räsonniert, dass im Kapitalismus das Individuum nur eine einzige wirksame Möglichkeit habe, politischen Unmut zu äußern, und das sei der möglichst weitgehende Konsumverzicht¹, vielleicht auch, nadelstichartiger, der Boykott eines Konzernes oder Produktes. Und diese Methode sei desto schlagkräftiger, je mehr Konsument*innen solidarisch mitmachten.

Dabei habe ich übersehen, dass der Konsum nicht mal mehr 60 % des deutschen BIP ausmacht, Tendenz: weiter fallend. Wenn der private Konsum in Doitschland um 1,2 bis 3,9 % p.a. (je nach dem, welche Zahlen man zugrundelegt) sinkt, die Umsätze der Konzerne aber schlimmstenfalls um 0,3 % abnehmen, dann bedeutet das, dass die Konzerne sich immer mehr vom privaten Konsum in Doitschland emanzipieren und ihre Umsätze anderswo generieren, entweder mit anderen Konsument*innen und / oder durch Geschäfte mit anderen Konzernen.  

Wie auch immer: Die Rolle der doitschen Normalverbraucher schwindet dahin. Klar, es wird ein paar Verwerfungen im Einzelhandel geben, d.h. Firmen werden pleite gehen, die klassischen Verkaufsstellen werden aufgelöst, Millionen von Verkäufer*innen werden mittelfristig "freigesetzt", aber das ist Fußvolk, der Plebs, der allerunterste Teil der Nahrungskette. Den Profit der Konzerne tangiert das nicht, darf es auch nicht tangieren. ²

Laut unserer Verfassung (Art. 20 GG) geht alle Macht vom Volke aus. In der täglichen Praxis hingegen geht alle Macht von den verschiedenen Lobby-Verbänden der Wirtschaft, sprich: von den Super-Reichen, aus, vgl. Hildebrandt D.: "Politik ist der Freiraum, den die Wirtschaft ihr lässt." Und wenn nun auch noch Konsumverzicht bzw. Boykott als Mittel der Einflussnahme entfallen ³, haben wir, die Regierten, die wir eigentlich Souverän in diesem unserem Staate sein sollten, keinen Einfluss mehr auf die Lenkung dieses Staates.  In Worten: "null", in Zahlen: "0,00".

Ich halte die Korrektur, dass auch Konsumstreiks keine wirkliche Macht hätten, für wichtig. 

Jedenfalls dann, wenn wir davon ausgehen, dass gerade etwas ganz schrecklich falsch läuft und dass wir sehr pronto sehr grundsätzlich umsteuern müssen, wenn wir nicht in einer Umwelt enden wollen, in der menschliches Leben, das diesen Namen verdient, nicht mehr möglich ist. Und wenn die Lage mittlerweile so zugespitzt ist, wie sie ist, und wir uns folglich keine zeitraubenden Irrtümer und Illusionen in puncto Taktik⁴ mehr erlauben dürfen.

Die FDGO hilft nicht, der individuelle Konsumstreik, der Boykott, hilft auch nicht. Was bleibt denn noch, wenn man, wie ich, Gewalt als Mittel der Politik (und überhaupt) strikt ablehnt?   

Ich weiß es nicht. Beängstigend, oder?



Hicks E.: Noahs Arche, 1846 via wiki commons

Mit der Geschichte von Noahs Arche konnte ich nie was anfangen.
Was für ein arschlöchiger Scheiß-Gott, der alle seine Wesen elendig ersaufen lässt.
Bis auf ein paar Auserwählte ...
... die es, siehe Jesus, später auch wieder voll verkackten!







¹ Diese Protest-Methode könnte gleichzeitig Gutes gegen die Klima-Katastrophe tun, aber das ist ein anderes Thema.

²  "Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere." Marx K.


³ In dem Zusammenhang dürfen wir auch nicht vergessen, dass Konsumverzicht und Boykott nie nennenswert stattgefunden haben, weil die doitsche Mittelstandskrampe zu sowas grundsätzlich zu dumm, zu faul, zu feige, zu spießig und zu bierärschig ist.

⁴ Beispiele für taktische Irrtümer:

  • Wir machen das mit demokratischen Mitteln.
  • Wir boykottieren. Z.B. Nestlé.
  • Wir sind technologieoffen, "die Wissenschaft" findet eine Lösung.
  • Der Markt regelt das.
  • Der Herrgott wird's scho' richten.
  • Nach mir die Sintflut.
  • ...



Sonntag, 3. September 2023

Nach Art des Paul K.

In letzter Zeit bin ich schreibfaul. Andere Dinge dominieren über die Lust an der Textklopperei.

Aber Bilder gipps genug. Landschaftsbilder. Kennt Ihr Paul Klees "Hauptwege und Nebenwege" von 1929?

(via wiki commons)



Ok, Klee hat andere Farben verwendet, aber das folgende hätte er bestimmt "Strömung" genannt.


Und wie er das genannt hätte, weiß ich nicht:



Für das folgende Bild muss man eher ein Zitat aus Coppolas "Apocalypse Now" bemühen: "Ich liebe den Geruch von glühendem Edelstahl am Abend, weil es nach einem geilen Flug riecht!"



Man müsste noch den haut goût verbrannten und unverbrannten Motoröls und Benzins erwähnen und die Wärme, die vom Motor aufsteigt, aber dann wäre der Rhythmus des Zitats im Eimer und richtig beschrieben wäre es ohnehin nur, wenn man es schaffte, das Konglomerat aus all dem in Worte zu fassen. Keine Chance!






 

Dienstag, 22. August 2023

Warum wir es definitiv verkacken.

 

Ein Kommentator der ARD fühlt mit der Bundesregierung, die den dringenden Empfehlungen der Wissenschaftler*innen des Klimaschutzrates nicht folgen mag, da der Wählerwille in der Sache so uneinheitlich sei, wie man aus Umfragen und Debatten entnehmen könne. Demokratische Parteien, so der Kommentator, müssten, anders als die Expert*innen, eben auch die nächsten Wahlen im Blick behalten. Klimaschutzmaßnahmen dürften die Gesellschaft nicht weiter spalten und müssten darüberhinaus zu einem wirtschaftlichen Erfolg führen.  

Ich übersetze: Parteipolitischer Egoismus und der besinnungslose Wille zum Machterhalt gehen selbstverständlich vor Vernunft. Die Doktrin unbedingten, grenzenlosen Wachstums  gilt unhinterfragt bis zum Verrecken.

Nun gut. Das war's dann.

Was ich mir gewünscht hätte - und wie Demokratie eigentlich funktioniert: Verantwortliche und verantwortungsbewusste Politiker*innen, die klug genug sind, die sich abzeichnende menschenverursachte Katastrophe sachlich richtig als solche zu erfassen und die bereit sind, ihre ihnen vom Souverän des Staates, den mündigen Bürger*innen, übertragene Macht einzusetzen, um die Katastrophe abzuwenden. Seien die dazu notwendigen Maßnahmen auch unpopulär, wüteten die Lobbyisten auch noch so sehr und koste es schließlich auch Mandate in der nächsten Legislaturperiode. 

So hätte ich mir das vorgestellt. Und würde das gesamte Kabinett bei der nächsten Wahl ganz demokratisch abgewählt, dann könnten sie sich wenigsten in dem Bewusstsein suhlen, das Richtige getan zu haben. Aber nicht einmal die Grünen konnten sich dazu entschließen.

Und alle Welt scheint diesen schmierigen, erbärmlichen und mörderischen Opportunismus unserer Führungs-Camarilla für völlig normal und ganz verständlich zu halten. 

Wie sehr ich diese feigen Egoist*innen verachte!

Wir werden es nicht packen. Wir haben es auch nicht verdient. 




Bracht E.: Gestade der Vergessenheit, 1889, via wiki commons






Sonntag, 20. August 2023

Wach bleiben!


Aus morgendlichem Tran weckte mich heute diese Guardian-Titelzeile:


Schien mir plausibel, dass im transphoben Russland so eine Transition eine gute Tarnung für Kriegsverbrecherinnen der Wagner-Truppe darstellt. Aber irgendwas schien seltsam an dieser Interpretation, so dass ich den Goggel-Übersetzer deaktivierte.


(Abbildungen stark verändert via Gaurdian.com)

Es soll hier nicht die Angst der Frauen marginalisiert werden. Vor allem soll hier aber nicht hämisches KI-Bashing stattfinden. Ich nutze die Übersetzer aus allmorgendlicher geistiger Bequemlichkeit beim "Zeitunglesen" oft und gerne und bin mit den Ergebnissen insgesamt absolut einverstanden.

Was mir aber gerade wieder bewusst geworden ist:

  • Eine KI¹ kann Vokabular übertragen und, wenn sie gut ist, grammatische Strukturen richtig umsetzen.
  • Eine KI kann, wenn sie richtig, richtig gut ist, vielleicht auch punktuell aus dem Kontext die je plausiblere Übersetzungs-Alternative richtig erraten.² 
  • Eine KI hat aber null Ahnung davon, ob die Transitions-Geschichte, die mir als Erstes durch die Birne fuhr, sinnvoll denkbar ist. Wir respektieren dabei, dass die o.g. Übersetzung ins Deutsche fachlich nicht wirklich falsch ist. Sie ist nur total bescheuert.

Daraus folgt:

  1. Wir müssen stets die Ergebnisse von KIen als solche erkennen können, um sie auf ganz bestimmte Plausibilitäts-Fehler hin zu prüfen.
  2. Den kulturellen Kontext können nur wir Menschen herstellen. Das ist ein aktives, gestalterisches Tun, denn Kultur ist, Tag für Tag, ein soziales Konstrukt.
  3. Dieses Alleinstellungsmerkmal dürfen wir uns von den Maschinen nicht aus der Hand nehmen lassen. Bequemlichkeit hin oder her.
  4. Wir müssen die Defizite ³ der KI in allen Lebensbereichen, nicht nur beim Übersetzen, stets kritisch im Auge behalten. Wenn wir nicht die Maschinen beherrschen, beherrschen die Maschinen uns.


(verändert via wiki commons)

Susan Calvin: Das Gehirn des Roboters ist eine Differenzmaschine. Es liest Vitalsigns. Es muss getan haben ...
Detective Del Spooner: Es hat getan. Ich war die logische Wahl. Es wurde berechnet, dass ich eine Überlebenschance von 45% hatte. Sarah hatte nur eine Chance von 11%. Das war jemandes Baby. 11% sind mehr als genug. Ein Mensch hätte das gewusst.

I Robot





¹ Ich habe soeben "Bard" gefragt, ob Übersetzungsprogramme KI nutzen. Die Antwort lautet, kurzgefasst: "Ja."

² Da habe ich mit DeepL schon äußerst vielversprechende Erfahrungen gemacht.

³ Ja, Defizite! Kommt mir in diesem Zusammenhang nicht mit Defizit-Differenz-Diskussionen. Nicht bei KI!






Samstag, 19. August 2023

Warmluft-Meditation


Vor knappen 40 Jahren gab es an der norditalienischen Adriaküste noch Strandabschnitte, die zwar nicht völlig menschenverlassen waren, aber abends doch so verwaist, dass man sich da mit 'ner Buddel Rotwein und 'nem Päckchen Tabak hinfläzen konnte, um friedlich dem Meer bei seinem Meer-Sein zuzuschauen. An den Strand klatschende oder - je nach Größe - auch nur schwappende Wellen versetzen Dich in meditative Stimmung, und angesichts der Weite fängste garantiert am Philosophieren an. Du kannst Dich an Meer niemals satt sehen. Völlig ausgeschlossen.

Und genauso geht es mir mit dem Raum zwischen Himmel und Erde, dem natürlichen Aufenthaltsort der Low&Slow-Flieger:innen. Deshalb die vielen Bilder-Postings.

Die Bedingungen heute Vormittag waren Milchglas, nicht so ganz das Zentrum meiner Comfort-Zone. Aber das Verschwinden der Welt in der Ferne hat was. Du fokussierst auf das Naheliegende.



Eine Inversionsschicht macht zwar die Luft ruhig, sammelt aber auch den Dreck der darunterliegenden Schichten. Ist der graue Streifen rechts, knapp über dem Horizont erkennbar? Noch weiter rechts liegen Hafen und Industriegebiete von Bremen.



Das Naheliegende. Siedlungsformen. Firmengelände. Die Low&Slow-Perspektive zeigt, wo es aufgeräumt zugeht und wo nicht so. Dazwischen immer mal wieder kleine, isolierte Grundstücke, bei denen ich denke: "Sieh an, da hat sich jemand einen muckeligen Rückzugsort geschaffen."
 


Und die Erfahrungssammelei hört nie auf. Ja, man kann bei diesem Wetter barfuß und ohne Kombi fliegen. Aber ich hätte daran denken sollen, wie sehr ein Hosensaum bei 70 km/h flattert. Nicht wirklich schmerzhaft, nur ziemlich unangenehm. Enganliegende Klamotten sind angesagt!

Dass kurze Hosen überhaupt nicht gehen, habe ich frühzeitig gelernt. Mein recht starke Beinbehaarung wirkt wie ein Fangnetz für Kleininsekten. Und auch wenn ich mir die Beine rasierte, bliebe da als weiteres Problem die Sitzhaltung, die dazu führt, dass durch kurze Hosenbeine Dinge in großer Intensität belüftet würden, bei denen ein gewisses Maß an Luftigkeit zwar sehr angenehm, ein Übermaß jedoch sehr unangenehm sein kann.