Sonntag, 25. Juni 2023

Überflug 24.06.2023

 

Gestern endlich mal wieder den Allerwertesten in die Luft bekommen. Den geplanten Streckenflug am Vormittag habe ich abgebrochen, weil die Thermik dann doch etwas mehr als nur "mäßig" und das Fliegen mit einem kleinen 120-kg-Trike darin recht nervend wurde - und weil meine Nieren die eine morgendliche Tasse Kaffee zu viel aus dem Körper spülen wollten. Der 18:00-Uhr-Flug war dagegen großartig.

Ja! Ja! Ja! Ich wiederhole mich, ich weiß! Aber die Farben! Diese wunderschönen Farben ...!




... und das Licht! Dieses wunderschöne Licht ...!

Hans-Werner Sahm hat viel mit diesem Licht und diesen Farben gearbeitet. ¹



Aber auch der Intellekt kommt beim Fliegen nicht zu kurz, denn man entdeckt zwischendurch immer wieder Unerklärliches. "A" ist ein Entwässerungskanal, d.h. hier wird Wasser vom Feld weg geleitet. "B" ist eine Bewässerungsanlage, die allerdings nur einen winzigen Bruchteil des Feldes bewässert (obwohl für 48 Stunden später Regen angesagt ist), und diese Bewässerungsanlage steht nicht irgendwo, sondern in ziemlicher Nähe zu "A". Frage: (Was) denkt der Bauer? Oder will er nur aus schlichtem Menschenhass den Grundwasserspiegel weiter absenken? 

"C" ist übrigens der Schatten meines Flugzeugs. Ich find's immer witzig, den über Wiesen und Felder hoppsen zu sehen. 



Bei diesem Bild habe ich die Farben und den Kontrast bearbeitet, weil man die quadratischen Strukturen in den Feldern rings um den ehemaligen Torfabstich (oben im Bild) kaum erkennt. Die Konturen der einstmals stehengelassenen Wände zeichnen sich heute noch durch stärkere Vegetation aus. Das hieße ja, wenn man das Moor nicht bis zum Mineralboden abgebaut hätte, würde da heute mehr wachsen? When will they ever learn?






Jaaa-aa! Ich habe schon eine Zilliarde Fotos von meinem Flugzeug gemacht, und hier kommt nun noch eins. Aber zwei erlebnisreiche Stunden mit so einem Vogel, das macht was mit einem. Motorradfahrer*innen verstehen vielleicht, was ich meine.


¹ Ich hoffe, ich habe das Sahm-Bild genug verfremdet. Zumindest kann ich sagen, dass ich mal einen Druck davon gekauft habe, als ich jung war.



Freitag, 23. Juni 2023

Richtigstellung

 

Vorweg: Mein Mitgefühl den Angehörigen der fünf Menschen, die bei der Titan-Implosion ums Leben gekommen sind.

Mittlerweile wurde im Internetz massenhaft auf das quantitative und qualitative Missverhältnis der Berichterstattung über die Hunderten von Ertrunkenen im Mittelmeer einerseits und den fünf Titanic-Besuchern andererseits hingewiesen, und auch ich habe ja spontan in die Kerbe geschlagen. 

So berechtigt die Kritik ist, greift sie doch zu kurz. 

Medien-Konzerne unterliegen wie alle kapitalistische Unternehmen dem Gebot der Profitmaximierung. Profit erzielen sie,

  • wenn Auftraggeber direkt für Berichterstattung gemäß ihren Partialinteressen zahlen
  • oder über Werbung
  • oder über die Erfassung und den Weiterverkauf von Nutzerdaten.

Für die beiden letztgenannten Punkte brauchen Medien-Konzerne Klicks. (Für den ersten eigentlich auch, denn es bringt beispielsweise einem global agierenden Energie-Konzern gar nichts, den Streaming-Dienst von Webradio Ostfriesland zu kaufen. Größe zählt, heißt: Nutzerzahlen zählen.)

Ja, Medien-Konzerne haben eine ungeheure Macht, sie können zweifellos die Denke dieses Planeten steuern. Aber diese Macht ist nicht unbegrenzt, denn die meisten von uns sind in der Lage, die schlimmsten, manipulativsten, menschenverachtendsten und anti-progressivsten Portale schlicht durch Missachtung, sprich: Boykott, sprich: Nicht-Anklicken zu bestrafen. Theoretisch.

Wenn wir also die Berichterstattung zum Titan-Drama versus Mittelmeer-Dramen betrachten, dürfen wir uns nicht vorstellen, es hätte irgendwo auf der Welt in einem hochgeheimen, hochgesicherten Steuerungs-Zentrum einen hyper-super-bösen Medien-Mogul gegeben, der seinem hyper-super-nerdigen, blassen, übernächtigten Chef-Programmierer die Anweisung gab: "Den Tod meiner Milliardärs-Kollegen, den bringste richtig nach vorne, die Sache im Mittelmeer muss ASAP untergepflügt werden!" 

Ich glaube, so funktioniert das nicht. Stellen wir uns lieber vor, dass auch die größten Medien-Konzerne sich tagtäglich an dem dreckigen, erbärmlichen Rattenrennen um die Profitmaximierung beteiligen. Stellen wir uns vor, dass es da Abteilungsleiter*innen gibt, die ein Mörder-Gehalt einstreichen, dafür aber auch unter erbarmungslosem Erfolgsdruck stehen, immer und immer höhere Profitraten einzufahren. 

Und dazu brauchen sie Klicks. UNSERE Klicks! Da kommt also unser aller Verhalten ins Spiel und damit unser aller Verantwortung. Und da habe ich die allergrößten Befürchtungen. Ich fürchte nämlich, es sind vielleicht gar nicht die Medien-Konzerne, die uns durch fiese Manipulation dazu bringen, fünf tote Milliardäre gegenüber 600 toten Flüchtenden zu bevorzugen. Ich fürchte, aus irgendeinem perversen Grund kann das Massen-Publikum die Milliardärs-Geschichte mit mehr freudig-perversem Gruseln rezipieren als die Mittelmeer-Geschichte ... 

Wer ist jetzt böse? Die Masse der I-net-Nutzer*innen, die die Konzerne zwingt, ethisch Unverantwortliches zu tun? Oder befeuern die Konzerne den perversen Voyeurismus der Masse? Oder haben wir einen Aufschaukelungskreis?

Ich weiß keine Antwort. Und keine der Optionen gibt Anlass zur Hoffnung.



(stark verändert via wiki commons)
Alte Volxweisheit: In einem Rattenrennen kann nur eine Ratte gewinnen.










Donnerstag, 22. Juni 2023

Ich stehe fest an der Seite ... und verzweifle.

 

Hm, ok, Bunzelkanzler Scholz erklärt heute, "(w)ir stehen fest an der Seite der Ukraine." Niemals würde ich dem widersprechen. Fragen und der Wunsch nach Präzisierung bleiben aber.

Frage 1: Wer ist wir? Scholz und seine Partnerin? Scholz und die SPD? Scholz und sein Pluralis majestatis? Scholz und die Leute, die gerade zufällig im Raum sind?

Frage 2: Was umfasst das An-der-Seite-stehen? Wohlwollendes Nicken? Froindliche Anteilnahme? Das Erkaufen des Eindrucks von Pseudo-Solidarität durch Multi-Milliarden-Euro-Zahlungen? Die Lieferungen von Waffen auf unüberschaubare Kosten der steuerzahlenden Menschen und zum üppigen Wohle der deutschen Rüstungskonzerne? Oder signalisiert Scholz nur, dass wir die Ukraine zwar dringend verdächtigen, zusammen mit Polen hinter dem terroristischen Anschlag auf die NordStream2-Leitung zu stecken, dass wir bis zum Erhalt zweifelsfreier Beweise vorläufig aber trotzdem nicht beginnen werden, Doitschlands Sicherheit im unbesetzten Teil der Ukraine zu verteidigen. ¹ 

Oderr schwörrt Scholz hier den heiligen Eid, derr Ukraine beizustehen bis zurr rrrücksichtslosen Vörrnichtung des Bolschewismus, bis auch wirrr sagen können: 'Diesorr Gägnerr wirrd sich nicht wieder erheben!'? ²  Wir Doitschen stehen ja auf diese bedingungslose Nibelungen-Treue. Da sind wir richtig gut drin. Das ist quasi eine Kern-Kompetenz, unser Unique selling point. Außerdem muss man sich keine Gedanken mehr um ethische Verantwortung machen. Im Fall der Ukraine müssen wir nicht mal selber kämpfen, bequemer geht's nicht.

Zum Schluss die Präzisierung: Ich kann nicht ausschließen, dass Menschen Scholz' Aussage in dem Sinne missverstehen, alle Doitschen würden so ticken. Daher lege ich großen Wert auf folgende Feststellung: Mein Mitgefühl gilt allen Menschen, die unter dem Ukraine-Krieg leiden, russischen Menschen, ukrainischen Menschen, gleichermaßen. Und den Menschen, die im Jemen leiden. Und in Palästina. Und im Sudan. Und im Mittelmeer. Und .... und ... und ...




(stark verändert via wiki commons)
Jetzt auf keinen Fall Mitleid zeigen! Vielleicht sind das ja Putin-Versteher.
Für die hat Scholz nix übrig!








¹ Klingt ein klitzebisschen brutal, aber den doitschen Militär-Einsatz in Afghanistan haben wir mit viel weniger ernstzunehmenden Argumenten begründet, und niemand hat sich beschwert. 

² Hitler A.: etwas verfrüht im Sportpalast, Ende 1941. Aber auch Austin L., US-Verteidigungsminister, 2022






Mittwoch, 21. Juni 2023

Mehrwert-Menschen

 

Interessant: Im Mittelmeer sinkt ein Schiff mit 750 Menschen an Bord, von denen 104 gerettet werden. Mit 600+ Todesopfern unter den Flüchtenden ist demnach zu rechnen. Praktisch zeitgleich geht ein Touri-U-Boot verloren, in dem fünf (!) Superreiche eine Luxustauchtour just for fun zum Wrack der Titanic unternehmen wollten und pro Nase etwa 250.000 Dollar bezahlen wollten und konnten. 

Ich will nicht belehrend sein, ich will hier auch keine langweiligen Vergleiche herunterzählen. Aber ich bitte die geneigten Leser:innen, die offiziöse Berichterstattung über den einen wie den anderen Fall nach Quantität, Qualität, Mitleidsgedusel, Click-Baiting-Performance und angehängten Narrativen zu vergleichen. 

Können wir vielleicht einen Faktor errechnen, um den ein Superreicher mehr wert ist als ein Mensch auf der Flucht? 200? 500? 1.000? Soviel zum Thema Menschenrechte: "Artikel 1: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt ... blablabla"

Was für eine verlogene Kack-Kack-Kack-Welt, in der wir leben. 



(verändert via wiki commons)

Es war nicht Alles schlecht, damals.













Freitag, 16. Juni 2023

Mediterrane Reminiszenz

 

Habe mich in letzter Zeit öfter gefragt, warum ich vertrocknete Grasflächen am Straßenrand oder im eigenen Garten (Bild unten) nicht nur nicht schlimm finde, sondern im Gegenteil richtiggehend schön. Die Antwort: Als ich fünf Jahre alt war, also vor (oh Kacke!) 56 Jahren, machte meine Familie den ersten Camping-Urlaub in Italien, und da fiel mir zum ersten Mal die flächig vertrocknete Vegetation auf, die ich aus norddeutschen Sommern nicht kannte. 

Seitdem, so meine Vermutung, assoziiere ich verkokelten Rasen mit kindheitsglücklichen Urlauben an der Adria.

Buchen wir das als eine Anekdote aus dem Buch "Opa erzählt vom Klima-Krieg", ok?


Die Farbkombi aus Strohgelb und Survivor-Grün finde ich immer noch total chique. 


Und bevor die selbstgemachte Klimakatastrophe uns ohnehin zwingt, es hinzunehmen, ob wir wollen oder nicht, lasst uns doch eingestehen, dass wir  Norddoitschen den Wüsten-Look eigentlich immer schon ziemlich geil fanden. 














Donnerstag, 15. Juni 2023

Au-dessus de la mêlée

 

Aus dem Exil schrieb Tucholsky "... ich bin au-dessus de la mêlée, es geht mich nichts mehr an. Ich bin damit fertig." 

Zwar bin ich nicht so größenwahnsinnig, mich in irgendeinem Punkt mit K.T. vergleichen zu wollen, aber ich mag die Aussage. Wünschte mir, ich könnte das konsequenter umsetzen, wünschte, ich könnte die tausendfach bestätigte Erkenntnis, die Reichen und Mächtigen seien allesamt Arschlöcher und die Armen und Ausgebeuteten allesamt unsolidarische, speichelleckerische, korrumpierte Idioten, nutzen, mich zurückzuziehen: In eine Welt, in der ich bescheiden, d.h. ressourcenschonend, nachhaltig, tolerant, freundlich und neugierig mein kleines, persönliches Privat-Paradies leben könnte, in der ich aber ignorieren kann, dass Andere rundherum abgrundtief dumm, selbstzerstörerisch, krankhaft egoistisch nur auf ihren eigenen, kurzsichtigen  Vorteil bedacht agieren, dass die ganze Suppe mittelfristig den Bach runtergehen wird. 

Doch die Zeiten, sie sind nicht so. Weder gibt es außer mir nur Arschlöcher und Idioten auf der Welt, noch bin ich selbst gänzlich frei vom Arschloch- und Idiot-Sein. Mein bisheriger Lebensstil kostete extrapoliert garantiert drei Planeten, und in meiner Restlaufzeit wird die Rückzahlung dieser Schuld auch deshalb nicht gelingen, weil ich es gar nicht verbissen genug versuche. 

Und nun?

Meine Specie ekelt mich an, meine eigene Inkonsequenz ekelt mich an. Das Einzige, was ich versuchen kann, Tag für Tag nach bestem Wissen und Gewissen so gut wie es mir möglich ist, zu handeln, mich immer ein wenig weiter über jenen Punkt hinaus zu verhalten, den meine Bequemlichkeit als Grenze des mir ökopax nachhaltig Guten und Machbaren vorgaukelt. 

Klingt erbärmlich.



(verändert via wiki commons)








Dienstag, 13. Juni 2023

Derrr hintärrerrhällltige Iwan


Was, bitte, ist ein "Kreml-Hinterhalt"? Wenn eine gegnerische Fahrzeug-Ansammlung erfolgreich mit Artillerie bekämpft wird, ist da eigentlich nichts Hinterhältiges dran. Bei militärischen Auseinandersetzungen ist das, im Gegenteil, sogar eine häufig anzutreffende, fast schon etwas altbackene Kulturtechnik.

Etwas anderes ist es anscheinend, wenn dabei aber auch einer der mega-gehypten Leopard-2-Panzer abgeschossen wird. Dann kann es sich natürlich nur um hinterhältiges Handeln handeln, denn sonst wäre sowas natürlich völlig undenkbar, allein schon betriebswirtschaftlich und aus Fairness so weiter. Putin, die Pottsau, macht nicht mal vor unseren High-Tech-Panzern halt, dieser elende Kultur-Bolschewist!

Ernsthaft: Neulich las ich, wenn Journalismus nicht kritisch sei, sei es Propaganda. Hier ist sie wieder mal allzu deutlich erkennbar. Problem: Die deutsche Berichterstattung im Ukraine-Krieg ist so offensichtliche und so primitive westliche Propaganda, dass man sich beim besten Willen nicht mehr ehrlich betrogen fühlen darf. Wer die brechreizerregende Verlogenheit, Einseitigkeit und Durchschaubarkeit nicht wahrnimmt, hat eine bewusste, d.h. verantwortliche Entscheidung zur Bewusstlosigkeit getroffen - und darf hinterher trotzdem nicht sagen, sie*er habe nichts davon gewusst.

Frage: Wie kann ich jemals wieder diesen Journalist*innen vertrauen, die sich derzeit so tabulos an den Regierungs-Sprech ranschmeißen? Und da der glaubwürdige, kritische Journalismus auch bei uns gerade zu Grabe getragen wird, was für ein Freibrief ist das dann für die AfD-Querdenker-Nazi-Propaganda of any colour and any kind?

Noch 'ne Frage: Wo bleibt eigentlich der Aufschrei, da nun immer klarer wird, dass die Ukraine den terroristischen Anschlag auf Nord-Stream 2 durchgeführt hat? So ein Terror-Regime hat weder in der NATO noch in der EU etwas zu suchen ... dachte ich bisher. Deutsche Sicherheit wird am Hindukusch  und irgendwo in Afrika verteidigt. Vielleicht sollten wir sie tatsächlich auch mal in der Ukraine verteidigen. Weder die Hindukuscher*innen noch die Malier*innen haben uns je etwas getan, je eine doitsche Pipeline angerührt. Wo ist da also die Logik?  

Es ist alles so verlogen, so verrottet und verkommen, es macht keinen Spaß mehr.


(stark verändert via inet)

Jaaa, peng, bumm, kaputt! Na und? 
Um die Menschen tut's mir natürlich leid, keine Frage.






Dienstag, 30. Mai 2023

Sie hatten die Wahl und sie haben entschieden.

 

Das Wahlergebnis der aktuellen Türkei-Wahlen wird diskutiert, kritisiert, analysiert. Ich verstehe den Ansatz unserer öffentlich-rechtlichen Medien und unserer Plittikörr überhaupt nicht. Wir haben das Ergebnis einer mehr oder weniger freien, mehr oder weniger gleichen und mehr oder weniger geheimen Wahl, und dieses Ergebnis besagt, dass die Mehrheit der abstimmungsberechtigten Türken eine nationalistische, rückwärtsgewandte, rechts-konservative, patriarchalische, fundamentalistisch-islamische Politik wollen. Sie sind eigenverantwortlich, und sie haben sich entschieden. Punkt.

An diesem Ergebnis haben weder wir noch sonst jemand auf der Welt (außer den Türk:innen selbst) etwas zu analysieren oder zu bekritteln. Immerhin hat ja auch der aussichtsreichste Gegenkandidat des Ziegenpeters irgendwann verstanden, dass man mit national-egoistischem Kack-Scheiß die Gunst der türkischen Wähler:innen am ehesten gewinnen kann, und er hat dementsprechend opportunistisch agiert. 

Auch das haben wir nicht zu kritisieren oder zu kommentieren.

Was wir Deutschen allerdings sehr wohl machen müssen, ist, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Die überwältigende Mehrheit der Türk:innen, das hat die Wahl eindeutig gezeigt, steht nicht auf dem Boden der FDGO, damit ist die Grundlage für eine doppelte deutsch-türkische Staatsbürgerschaft nicht mehr gegeben. Erdogan wählen und einen Eid auf die deutsche Verfassung zu schwören oder zumindest ein gleichlautendes Lippenbekenntnis abzulegen, ist bestenfalls dümmlich-widersprüchlich und schlimmstenfalls opportunistisch verlogen.

Aber keine Angst, Konsequenzen wird es nicht geben. Denn dann müssten wir ja mal ganz grundsätzlich darüber nachdenken, mit was für Kack-Staaten (Ich meine die Staatsgebilde, nicht die Menschen!) wir weltweit aus was für niederen Beweggründen wie intensiv kooperieren. Und dann scheint der furz-konservative, fundamental-patriarchalische, dumm-nationalistische anatolische Bauer im Vergleich als erfrischendes Labsal für das wunde, gepeinigte, allseits wohlmeinende, demokratische Gutmenschenherz.


(Völkermord an Armeniern durch türkische Truppen - verändert via wiki commons)




 

Samstag, 27. Mai 2023

I slipped the surly bonds of earth

 

Ich überwinde mutig meine kleinbürgerliche Sozialisation, die mir eigentlich verbietet, ein Bild von mir selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Es geht auch gar nicht um die Figur an sich. Es geht um den Gegensatz von Individuum und Unendlichkeit.  


"I have slipped the surly bonds of Earth
And danced the skies on laughter-silvered wings;
Sunward I've climbed, and joined the tumbling mirth
Of sun-split clouds,
And done a hundred things
You have not dreamed of ..."

John Gillespie Magee, Jr


Heute östlich des Jade-Busens, gegen 19:00, ca. 200 m Höhe, Kurs Nord. Der Motor blubbert leise und regelmäßig außerhalb bewusster Wahrnehmung, die Luft ist so ruhig, dass man hands-off fliegt, Fotos macht, sich den Eindrücken hingibt und Gedanken nachhängt. Der Traum vom Fliegen! 







Donnerstag, 25. Mai 2023

Vergleich Blog vs Microblog

 

Seit fast einem halben Jahr probiere ich mit Mastodon die Freuden und Leiden eines Microblogging-Dienstes aus. Zwischenbilanz: Insgesamt und über Alles sind meine Erfahrungen zu gefühlten 82 Prozent¹ positiv, zu 14 Prozent "interessant"² und der Rest ist totale Kacke. 

Es dauert nicht lange, bis man die allernervigsten Idiot*innen, die Kriegshetzer, die Twitter-Wiederholer und die mit den klammheimlich kommerziellen Absichten aus den eigenen Timelines herausgeblockt und stummgeschaltet hat. Gleichzeitig hat man viele interessante und bereichernde Schreibende gefunden, denen man gerne und mit großem Gewinn folgen mag.

Bei guter Pflege hat man als Rezipient bald eine Bubble, in der genug Leute auf angenehmer Wellenlänge funken, wo aber auch hinreichend abstruse, bizarre und exzentrische Typen und Meinungen vertreten sind, damit es interessant bleibt und man nicht in der ewig-eigenen Nabelschau verrottet, sondern spannende und wertvolle und wichtige, nicht immer vorhersehbare und nicht immer bequeme Anregungen bekommt. 

Als Schreibender ist mir Microblogging mit der Begrenzung auf 500 Zeichen aber oft zu eng. Wohlgemerkt ist das meine ganz persönliche Auffassung, mein ureigenstes Littiti und keine allgemeine Kritik. Es sind meine Schreibgewohnheiten und Schreibbedürfnisse, die nach anderem Medium verlangen. 

Und Microblogging ist mir zu schnellfickerig, zu hektisch. Inhalte sedimentieren wahnsinnig schnell aus dem Lichtkegel der Aufmerksamkeit. Das scheint für die überwältigende Mehrheit des Publikums in Ordnung zu sein, und das ist auch völlig ok. Manchmal habe ich auch nur Dinge zu melden, die zwar einerseits rauswollen, aber andererseits eine längere Halbwertzeit nicht wirklich verdienen. Dafür ist Mastodon großartig, und deshalb bleibe ich dabei.

Dennoch bevorzuge ich die langsame, betuliche Aneinanderreihung von Texten in diesem "richtigen" Blog. Wer es sich hart geben will, kann hier mittlerweile acht Jahre zurückblättern. Damit ist meine Arbeit  langfristig kontrollierbar, und das ist gut so, weil es dazu führt, dass ich mich bei jedem Text bemühe, keinen Blödsinn zu verzapfen. 

Das ist schließlich der alleinige Zweck dieses Blogs: Nicht nur muss ich meine Gedanken durch die Mühlen sachlichen Richtigkeit und der grammatischen Logik mahlen, auch müssen sie à la longue und über alle Bereiche meines Gedanken-Lebens stringent sein. Gut dem Dinge!

Wie soll ich wissen, was ich denke, bevor ich lese, was ich geschrieben habe? ³


(Th. Mann via wiki commons)



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Ich erlaube mir einen Nachklapp, der indirekt auch was mit meinen Aktivitäten auf Mastodon zu tun hat, aber eher ein "Insider" ist.

Die Wörter "Schwachsinn", "Blödsinn" und "Wahnsinn" benutze ich gelegentlich, und sie sind KEIN ableistischer Narrativ, da sie in den Fachwissenschaften nicht mehr vorkommen und auch im alltäglichen Sprachgebrauch nicht mehr zur (abwertenden / ausgrenzenden) Beschreibung geistiger bzw. seelischer Erkrankungen benutzt werden. Daher erobere ich die Begriffe für meinen Sprachgebrauch zurück.

Beispiel: Wenn die "letzte Generation" kriminalisiert wird, dann von Leuten, die mir unterstellen, mein Realitätssinn sei schwach ausgeprägt, was ziemlich blöd ist, da unzutreffend, was aber die arroganten Herrschenden in ihrem abgehobenen Wahn nicht realisieren. Anders: Wie schwach - sinnig sind unsere Herrschenden, anzunehmen, ich würde den Blöd - sinn glauben, die LG-Aktiven seien Terroristen? Es ist gut, dass jemand gegen den Klima-Wahn - sinn aktiv wird.

In diesem Sinne ist auch die Etymologie von "doof" bemerkenswert. Kommt von "taub", engl.: "deaf", und wenn ich sage "Ich finde Krieg doof.", dann ist das keine ableistische Attacke gegen Menschen mit Hörproblemen.

Jetzt müsste ich noch "Idioten" und "Arschlöcher" vom ableistischen Verdacht frei machen, aber man muss ja nicht jede einzelne Note erklären, wenn man die Melodie erläutern will, oder?

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¹ Was für eine herrliche Pseudo-Präzision. Ungerade Zahlen, sagt man, suggerierten noch mehr Glaubwürdigkeit. Und eine nachgestellte Komma-Sieben-Drei wären der Gipfel. Bsp.:  81,73 % 

² Hier ist teilweise der diplomatische Duktus bemüht. Da bedeutet "interessant" etwa "totaler Unsinn". Aber mancher totale Unsinn ist per se tatsächlich interessant.

³ Geklaut und verändert vom Buchtitel Parianen F.: Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage? (Keine Quellenangabe, ich hab's noch nicht gelesen.)