Aus dem Exil schrieb Tucholsky "... ich bin au-dessus de la mêlée, es geht mich nichts mehr an. Ich bin damit fertig."
Zwar bin ich nicht so größenwahnsinnig, mich in irgendeinem Punkt mit K.T. vergleichen zu wollen, aber ich mag die Aussage. Wünschte mir, ich könnte das konsequenter umsetzen, wünschte, ich könnte die tausendfach bestätigte Erkenntnis, die Reichen und Mächtigen seien allesamt Arschlöcher und die Armen und Ausgebeuteten allesamt unsolidarische, speichelleckerische, korrumpierte Idioten, nutzen, mich zurückzuziehen: In eine Welt, in der ich bescheiden, d.h. ressourcenschonend, nachhaltig, tolerant, freundlich und neugierig mein kleines, persönliches Privat-Paradies leben könnte, in der ich aber ignorieren kann, dass Andere rundherum abgrundtief dumm, selbstzerstörerisch, krankhaft egoistisch nur auf ihren eigenen, kurzsichtigen Vorteil bedacht agieren, dass die ganze Suppe mittelfristig den Bach runtergehen wird.
Doch die Zeiten, sie sind nicht so. Weder gibt es außer mir nur Arschlöcher und Idioten auf der Welt, noch bin ich selbst gänzlich frei vom Arschloch- und Idiot-Sein. Mein bisheriger Lebensstil kostete extrapoliert garantiert drei Planeten, und in meiner Restlaufzeit wird die Rückzahlung dieser Schuld auch deshalb nicht gelingen, weil ich es gar nicht verbissen genug versuche.
Und nun?
Meine Specie ekelt mich an, meine eigene Inkonsequenz ekelt mich an. Das Einzige, was ich versuchen kann, Tag für Tag nach bestem Wissen und Gewissen so gut wie es mir möglich ist, zu handeln, mich immer ein wenig weiter über jenen Punkt hinaus zu verhalten, den meine Bequemlichkeit als Grenze des mir ökopax nachhaltig Guten und Machbaren vorgaukelt.
Klingt erbärmlich.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Vielen Dank für Ihren / Deinen Kommentar