Montag, 22. Juni 2020

Notwendige Begriffsklärung


In Stuttgart Bürgerkriegs-Zustände, nur ohne Anlass und ohne Utopie, einfach so. In NRW 1331 Korona-Infektionen, aber kein Lockdown, der schon bei 50 Fällen eigentlich fällig gewesen wäre. Trump, Bolsonaro, Erdogan sind (wieder-)gewählte Staatslenker. Was, zum Henker, läuft falsch in dieser, unserer Welt?

Ganz einfach: Die Begriffe stimmen nicht mehr. Beispiele:

Fakten und Fake-News:
Wir würden, heißt es, mit Informationen so dichtgeschmissen werden, dass Wahrheit und Lüge nicht mehr unterscheidbar seien. Ich stimme dem zu. Das aber als Entschuldigung für Passivität, für bequeme persönliche Un-Verantwortlichkeit und für einen ethischen Persil-Schein zu nehmen, ist falsch. Gegen Fake-News kann man sich ganz leicht schützen: "Wer einmal lügt, dem glaubt nicht!". Fertig. Gab es nicht mal Zeiten, in denen ein Plittikörr erledigt war, wenn man ihn bei EINER Lüge erwischt hat? In Worten: "eins", in Zahlen "1". Dahin können wir ganz leicht zurückkehren. Wir dürfen nur keine Plittikörr wählen, die jemals öffentlich gelogen haben. So einfach!

Ich will nicht beschwören müssen, dass es sowas schon mal in Reinform gegeben hat und wann und wo. Aber genau dahin müssen wir: Bewusst taktischer Umgang mit der Wahrheit ist ein endgültiges K.O.-Kriterium. Das gilt für Plittikörr, Konzernbosse, vor allem aber auch für Presse-Organe, die den Journalismus, der nur dann Journalismus ist, wenn er fundiert kritisch ist, durch billigen Polit-Lautsprech ersetzt haben.

Deutsche und Nicht-Doitsche:
Auch da verstehe ich nicht, was daran nicht zu verstehen ist: Wer durch Wort und Tat beweist, dass sie*er auf der Basis unserer Freiheitlich-demokratischen Grundordnung handelt und für diese aktiv eintritt, ist Deutsche*r. Es ist vollkommen egal, auf welchem Planeten die Entität erstmals das Licht welcher Galaxie erblickt hat oder wie und wo sie, er, es, * bevorzugt herumstoffwechselt. Umgekehrt sind Faschos und andere Polit-Reli-Fundamentalisten niemals echte Deutsche.

Und auch Leute, denen es egal ist, in welchem System sie leben, die auch Unrecht billigen, wenn denn das Geschäft stimmt, gehören nicht zu den Deutschen. Damit meine ich sowohl den politisch indifferenten türkischen Gemüsehändler und heimlichen Erdogan-Sympathisanten in unserer Fußgänger-Zone als auch den pseudo-doitschen Konzern-Vorstand, und sei er noch so bio-doitsch, der des Steuervorteils wegen seine Zentrale in irgendeinen faschistoiden Failed-State oder nach Irland, Luxemburg oder sonstwohin verlagert.

Gut und Böse:
Bla ... blabla ... bla! Himmel nochmal, im Sandkisten-Alter wussten wir völlig sicher, was Gut und Böse ist. Wenn man sich vor tiefschürfender Auseinandersetzung mit ethischen Positionen scheut, dann kann man wenigstens zu dieser Denke zurückkehren. Klauen ist doof, Schwächere verhauen ist auch doof. Erzählt mir nicht, dass man das erst lernen musste. Das WUSSTE man! Ich frage mich oft, wie dieses Wissen bei manchen Menschen so dermaßen verloren gehen kann.

Und wenn Ihr's ein bisschen theorielastiger ertragt und braucht, dann denkt an die Goldne Regel, die in jeder menschlichen Gesellschaft gilt: "Behandle andere so, wie Du von Ihnen behandelt werden möchtest." Das ist ja intellektuell auch nicht so mörderisch kompliziert, oder? Wenn mir beim Thema "Gut & Böse" jemand erzählen will, so einfach sei das nicht, ist er meistens einer von den Bösen.

Weise und doof:
"Doof" kommt von "taub". Ich biege etymologisch mal ein bisschen rum und definiere: Leute, die auch durch unhintergehbare äußere Sinneseindrücke von einer vorgefassten Meinung nicht abzubringen sind, sind doof. Fertig.

Das Gegenteil von "doof" ist "weise". "Klug, schlau, pfiffig" haben so einen Hauch von Verlogenem, Taktischem. "Intelligenz" ist als Begriff fachwissenschaftlich so uneindeutig, dass es praktisch unbrauchbar ist. Weisheit sei definiert als die Eigenschaft, aus vielen Fehlern gelernt zu haben. Die Mengeneinheit von Weisheit ist die Vielzahl der Fehler, aus denen Verhaltensänderungen abgeleitet wurden. Du kannst nicht weise sein und gleichzeitig frauenfeindlich, homophob, rassistisch, egozentrisch, arrogant, populistisch und machtgeil.

Demokratie:
Das Volk sei der weise, gute, verantwortungsvolle, wohlinformierte und wohlmeinende Herrscher einer Nation. Demokratie funktioniert nicht, wenn es ein paar wenigen superreichen, krankhaft machtgeilen Egomanen gelingt, die restlichen 99 % des Volkes mit Kommerz einzulullen und bis zur Zombiehaftigkeit zu verblöden. Was unter diesen Bedingungen an den Wahlurnen geschieht, ist für mich ein Problem horriblen Ausmaßes, das mich fast verzweifeln lässt und (mit Heine) immer wieder um den Schlaf bringt. Statt zukunftsverantwortlicher Entscheidungen immer wieder und wieder das dumme, egoistische "Demokratie heißt: 'Wähl' Dich reich!'".

Doofe, böse Leute und alle, die aus Faulheit unmündig sind, Kant lässt grüßen, sollten nicht wählen dürfen. Wie man da weise filtert, darüber denke ich noch nach ...






(verändert via wiki commons)


















Sonntag, 14. Juni 2020

Von den Dächern gepfiffen



Soso, der NATO-Generalsekretär "warnt vor Chinas Aufstieg", die weltweite Machtbalance werde sich wandeln. Wieso warnt er nicht vor Trump? Wieviel schlimmer, wieviel unethischer und erniedrigender könnten Abhängigkeiten von* China bzw. Russland sein, als von God's own country in seinem derzeitigen Zustand?

Es ist ja wahrhaftig keine besondere Prophetie nötig, kein vertieftes global-strategisches, diplomatisches oder politisches Verständnis: Die US of A, Russland und China werden sich künftig um die Vorrangstellung auf diesem Planeten kloppen, und alle anderen Staaten können sich entweder speichelleckerisch und devot dem einen oder anderen Honcho auf Gedeih und Verderb ausliefern und absolut unterordnen oder sie schaffen es doch noch, miteinander ein solidarisches Bündnis zu schmieden, um wenigstens Bruchstücke ihrer kulturellen und politischen Selbständigkeit zu retten..

Die EU schafft den vernunftgebotenen Solidarisierungs-Akt allerdings nicht, weil die je regierenden Junten** zwecks egomanischen Machterhalts der Lokal-Herrschenden jeder auch noch so offensichtlichen Verführung zur Entsolidarisierung Europas blind-willig nachkommen.

Diese Dinge sind so banal und deutlich sichtbar ... das macht's irgenwie noch schlimmer.










(...)

Poor people gonna rise up
And get their share
Poor people gonna rise up
And take what's theirs.

Don't you know you better run, run, run,
Run, run, run, run, run, run, run, run,
Run
Oh I said you better run, run, run, run,
Run, run, run, run, run, run, run, run

Just finally the tables are starting to turn
Talkin' bout a revolution
Just finally the tables are starting to turn
Talkin' bout a revolution, oh no
Talkin' bout a revolution.

(...)




* Polit-Sprech: Streiche "Abhängigkeiten von", setze: "Bündnisse mit"

** Das ist der Plural von "Junta", ich hab's nachgeschaut.






Samstag, 6. Juni 2020

Striem off Konschissniss


Das Wetter ... puh! Dabei ist ja seit 'ner knappen Woche meteorologischer Sommer. Und, achduscheiße, ab 20. Juni werden die Tage schon wieder kürzer. Dann geht's auf Weihnachten zu. Trübe Aussichten.

Stimmt es eigentlich wirklich, dass die meisten Kinder inzwischen glauben, der DHL-Mann bringe die Weihnachts-Geschenke? Das muss ja sehr verwirrend sein, wenn der DHL-Mann Sachen von Amazon bringt, die eigentlich der Weihnachtsmann bringen sollte, von dem niemand genau weiß, in welcher Beziehung er zu Coca-Cola und / oder zum Christkind steht, das ja Jesus ist, ans Kreuz genagelt wurde und nie Geschenke gebracht hat, weil das Aufgabe der drei heiligen Könige ist, die in diesem Jahr aber wegen Corona-Rassismus elend im Mittelmeer ertrinken oder in einem südeuropäischen bzw. vorderasiatischen Auffanglager enden werden. Also keine Geschenke dies Jahr, schade.

Ich glaube, ich habe mir eine leicht fiebrige Sommergrippe eingefangen, die mir gerade sonderbare Assoziationen eintrichtert. Corona kann's eigentlich nicht sein, da liefe die Nase nicht so, oder? Außerdem macht Corona nicht blöd, glaube ich. Immerhin habe ich nebenbei Wäsche aufgehängt, da ist die Zeit nicht völlig vertan ...





(verändert via wiki commons)


Ok, treiben wir die Verwirrung weiter. Aus dem vorderasiatischen Mann, der die Wechsler aus dem Tempel warf und deshalb von einem militaristischen Besatzer-Regime auf Geheiß der ortsansässigen Kapitalisten-Spießer-Kollaborateure bestialisch hingerichtet wurde, ist ein blondes, nordeuropäisches Mädchen mit Flügeln geworden, das unsere Kinder mit Konsum-Müll dichtschmeißt. Lessons learned, würde ich mal sagen. Und wenn Amazon demnächst flächendeckend per Drohne ausliefert, wird das kitschige Bild noch stimmiger ...










Mittwoch, 3. Juni 2020

Einfach so, mal wieder.


Jestern wieda untaweechs jewesen ...

Interessant: Das ist mein Ablaufpunkt zum heimischen Platz, wenn ich aus nördlichen Richtungen zurückkomme und nur noch lässig, das heißt: erfahrungsbasiert, das heißt: eigentlich gar nicht navigiere. Dass dieser Punkt eines von weltweit nur zwei (!) Druckluft-Dampfspeicherkraftwerken ist, habe ich gerade eben nur durch Zufall herausgefunden.




Und es gibt so manches, was man bei der low&slow-Gondelei entdeckt, aber beim besten Willen nicht zuordnen kann, z.B. dieses abgezäunte, unbeschilderte Gelände in the middle of nowhere:


War die Betonplatte mal ein Fundament für etwas, das drauf stand? Oder ist sie ein Deckel, für etwas, das drunter begraben bleiben soll? Warum ist das so hermetisch abgeriegelt? Sachdienliche Hinweise wären äußerst willkommen.

Egal, irgendwann muss man das Cockpit aufräumen und zur Landung klarmachen. Chipstüten, leere Bierflaschen, Aschenbecher ... nein, das war ein Scherz! Nur der rechte Handschuh und der Fotoapparat liegen meist zwischen meinen Beinen.



Und nach der Landung wird der stolze Vogel im goldenen Licht der Abendsonne abgerödelt.









Samstag, 30. Mai 2020

Samsara is the place ...


Viel zynisches Amüsement ziehe ich aus meiner ständigen Selbstbeobachtung. Obwohl so etwas nicht möglich sein sollte, überrasche ich mich immer wieder, indem ich unvermutete, teils unschöne, meist völlig lächerliche Verhaltensweisen an mir entdecke. Als Irgendwie-übender-Buddhist (oder was auch immer) glaube ich natürlich an einen unveränderbaren, innersten Kern meines Wesens, und dieser Kern steht alltäglich ziemlich oft neben mir und lacht sich halbtot, wenn er meinen Samsara-Teil in action betrachtet ...

Neulich in meinem Lieblings-Buchladen: Ich entdecke, dass es mir sehr gefällt, namentlich begrüßt zu werden, wenn ich den Laden betrete. Natürlich erfreut mich die Freundlichkeit, die in der Stimme der Mitarbeiterin mitschwingt. Aber darüberhinaus wird eine Saite in mir zum Klingen gebracht wird, die auf die Mentalität eines eingebildeten Bildungs-Spießers verweist. Was für eine Bankrott-Erklärung! Was für eine arme Wurst, die aus so einem Mikro-Privileg Saft für sein offenbar nicht gerade selbst-stabiles Ego saugen muss...





(verändert via wiki commons)



Samsara was the state I lived in
The city walls forestalled a break-in
The brochure told folks they were safe here
A destination with no check-in
The women there were tantalising
Shame shaped their minds through advertising
The clothes we chose for lies to live in
We had no guide but television
Samsara was the state that I lived in
A destination with no check-in. Samsara
Samsara was the state I lived in
Just like L.A. with no religion
Some teacher told me I was gifted
Her number wasn't even listed
I wasn't sure if she existed
Samsara was the state that I lived in
A destination with no check-in. Samsara
Now far from home this body's shaking
With fantasies I fed to blind me
The open door is now behind me
One day I woke and it was missing

Rupert Hine: Samsara








Sonntag, 17. Mai 2020

Unsicher


Immer wieder fällt mir auf, wie wenig ich, der ich als Spross einer völlig nicht-akademischen Familie mich einst akademischem Leben und Denken mit Vorsicht und Respekt von Außen zu nähern hatte, auch heute noch davon verstehe.

Gerade las ich eine Biographie:

" ... XY , geboren 1971 in Reykjavík, studierte an der Universität von Island Philosophie, Filmregie an der New York Film Academy und Französisch und Kunst in Frankreich. Nach mehreren Kurzfilmen arbeitet er vornehmlich als Grafikdesigner und bildender Künstler mit zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen, zudem betreibt er den Tunglið Forlag (Mond Verlag).

2013 veröffentlichte er mit »Bréf frá Bútan« (Briefe aus Buthan) einen ersten eigenen Roman sowie anschließend eine Sammlung mit Kurzgeschichten, 2015 folgte der erste Gedichtband » ..."
[*1]

Es ist, ich schwör's, ohne raffinierte Hintergedanken und wirklich nur rein informativ gefragt: Wie geht sowas?

Gut, XY wird eine schulische Laufbahn mit einer Hochschulzugangsberechtigung abgeschlossen haben, das ist schon mal was. Dass er sich für Philosophie interessiert, ehrt ihn, und ich bin sicher, dass ein Philosophie-Studium in Island etwas ganz Besonderes ist. Aber: Hat er da einen Abschluss gemacht? Davon steht da nichts, aber vielleicht gibt es ja mir unbekannterweise eine nicht-codifizierte akademische Sozialnorm, die besagt "Über so etwas Profanes wie einen Magister, ein Diplom, einen Bachelor etc. spricht man nicht, das hat man. Ist doch selbstverständlich!"

Oder lautet die nicht-codifizierte Norm vielleicht: "Liebe Güte, nur Spießer machen Abschlüsse! Willst Du mit einem so sakrosankten Thema wie [Studienfach einsetzen] etwa GELD verdienen!? Pfui über Dich! Wir studieren um der Sache willen, Du Spießer-Mittelstandskrampen-Beamtenkind-Loser!"

Das ist jetzt kein Witz, und ich kokettiere damit auch nicht. Ich weiß es wirklich nicht! Ich weiß nur, dass ich ein Lehramts-Studium gewählt habe, weil das ein Kompromiss war zwischen dem, was mich interessierte und dem Wunsch / der Notwendigkeit, mich damit irgendwie zu ernähren. Am Ende meiner Ausbildung [*2] war ich ziemlich pleite und sehr darauf angewiesen, Geld zu verdienen. 

XY scheint am Ende seines Philosophie-Studiums nicht pleite gewesen zu sein. Ich meine: New York Film Academy? Muss man da nicht Studiengebühren bezahlen? Muss man dazu nicht nach New York fliegen? Dort eine Unterkunft finanzieren? Egal. Was wir nicht erfahren, ist, ob XY da einen Abschluss gemacht hat, oder ob er das Film-Studium irgendwann auch geschmissen hat. 

Jedenfalls studiert er danach Französisch und Kunst in Frankreich. Klingt gut. Dann macht er Kurzfilme ...

Man verstehe mich nicht falsch: Ich bin weder neidisch noch bewerte ich XY. Ich bin einfach nur verunsichert: Die Vielzahl und die Verschiedenartigkeit der, sagen wir mal, Studien-Ansätze von XY scheinen für den Verlag ein positives Werbe-Argument zu sein. In meiner piefigen Provinz-Pauker-Lebenswelt würde man sagen, XY habe drei Studiengänge geschmissen, sich danach eine zeitlang durchgeschlagen, bevor er im Alter von 42 Jahren mit Literatur-Veröffentlichungen begann. Würde XY sich mit diesem Lebenslauf in einem normalen Unternehmen bewerben, wären seine Chancen, zu einem Vorstellungsgespräch geladen zu werden, eher gering.

Nun bin ich überhaupt nicht der Auffassung, ein Leben müsse nach dem Diktat kapitalistischer Verwertungsinteressen organisiert sein. Ich find's schön, dass XY offenbar Kohle ohne Ende im Rücken hat, sich so ein Leben leisten zu können ...

Hm, an dieser Stelle verspüre ich vielleicht doch ein bisschen Neid: Der Mann war / ist so unglaublich reich, dass er es sich leisten kann, sich aus allen Zusammenhängen herauszuziehen, die Marx der "Reproduktion der Arbeitskraft" zurechnet. 

Der Reichtum von Multimilliardären beeindruckt mich nicht. Der Reichtum von Leuten wie XY beeindruckt mich.






(verändert via wiki commons)

Hauptsache glücklich!

  








[*1] Quellenangabe lohnt nicht, weil der Text auf vielen Verlags-Seiten gecopy-pasted wurde. Was das Original ist, ist nicht feststellbar. 

[*2] Auch so'n Spießer-Begriff! Ein Studium ist doch nicht mit einer Tischler-Lehre zu vergleichen. Man studiert, um sich selbst zu verwirklichen ... oder so ...




Samstag, 9. Mai 2020

Mixtur


Gestern versehentlich in eine Doku zum Tag der Befreiung vor 75 Jahren reingezappt. Eine Zeitzeugin berichtet über den Hungerwinter 1945/46 und endet ihren Bericht mit der Bemerkung, die Jugend von heute hätte unter diesen Bedingungen nicht bestehen können.

Ich wusste nicht, dass so etwas Dümmlich-Arrogantes heute immer noch öffentlich gesagt wird, außer in ironisierenden Zusammenhängen. Stellen wir also klar: Die Jugend von 45/46 ist mit ihren Aufgaben und in die Bedingungen hinein gewachsen, und dazu ist Jugend seit jeher grundsätzlich ziemlich gut im Stande, auch die von 2020. Welche Bedingungen das jeweils sind, haben die Jugendlichen (noch) nicht zu verantworten, die Schuldigen sollten anderswo gesucht und gefunden werden. 


(Bundesarchiv via wiki commons)



War sonst noch was?

Ach ja: Lustflug auf meiner Lieblingsrennstrecke. Wenn da irgendwas Besonderes zu sehen ist, zieht's den Low-and-slow-Flieger an, wie ein Kuhfladen die Mistfliegen.

(gestern, die Weser zwischen Elsfleth und Brake)

Geplant war eigentlich eine ganz andere Strecke, aber ich hatte keine Lust, in die Dunstschicht und auf die niedrigstehende Sonne zuzufliegen. Da sieht man nicht so viel von der Landschaft.




Ein gutes Gefühl, einen Plan über'n Haufen zu schmeißen, um das zu tun, was man will.











Freitag, 1. Mai 2020

Gezeitenwechsel


Corona ist immer noch die Krise in Zeitlupe und deshalb ein unwiderstehliches Studienobjekt menschlichen Verhaltens.

Deutlich ist die erste Phase vorbei, in der wir ALLE Schiss hatten und in der wir in großer Solidarität und Einigkeit zueinander das Miteinander fanden. In dieser Phase riefen ja sogar die Macht-Habenden zu Solidarität und Vernunft auf, was wir als äußerst angenehme Ausnahmesituation empfanden, da der Kapitalismus diese Eigenschaften auf der untersten Stufe der Profitkette, dem Konsumenten, gewöhnlich nicht goutiert.

Wir sind jetzt in Phase zwei, das machen unsere Plittikörr, allen voran Laschet, ganz deutlich:

  1. Die Parole, dass die Gesundheit der Menschen vor den Profitinteressen der Wirtschaft zu rangieren habe, gilt nicht mehr.
  2. Indem Laschet - wie übrigens Trump auch - die Wut der Menschen auf das "social distancing" medienwirksam anheizt, instrumentalisiert er sie, treibt er die Solidarität der Gesunden und Kranken, der Gefährdeten und Weniger-Gefährdeten auseinander.
  3. Die Forschenden, die sich mit der Pandemie wissenschaftlich befassen, werden der Reihe nach persönlich diskreditiert. Was einst wichtige Leitlinie der Corona-Politik war, logische, schlüssige vernunftbasierte Ergebnisse naturwissenschaftlicher Erkenntnismethode, wird mit populistischen Anwürfen ("Die ändern ja ihre Meinung!") in den Dreck gezogen.  
  4. Das ausschließlich profitorientierte Wollen der Lobbyverbände beeinflusst politische Entscheidungen wieder mehr, als der medizinische Sachverstand. 


Die Konzerne und ihre Marionetten in den politischen Ämtern ätzen verstärkt gegen die Epidemiologen, sie mögen doch mal kundtun, wie lange die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie noch aufrechterhalten werden sollen. Fragen wir doch einfach mal umgekehrt die Konzerne, wievielen Menschen zusätzlich (!) wegen Covid 19 allmählich die Lungen voll Flüssigkeit laufen sollen, wieviele Menschen also elend ersticken sollen, und zwar über Tage hinweg, damit der größte Horror des Kapitals, die Abwesenheit von Profit (Marx) nicht eintritt.

Ich habe so gar keine Lust, mitansehen zu müssen, wie "Alles wie früher, nur ein bisschen schlechter" (Schweijk) wird.






(verändert via I-net)

Das ist auch so eine Sache: Die Medien betrügen uns mit so hübsch aufbereiteten Modellen. Macht Euch bitte mal klar, was eine Covid-19-Infektion bedeuten kann: Deine Lungen füllen sich sehr langsam mit Flüssigkeit. Das Atmen fällt Dir zunehmend schwerer, Dein gesamter Körper japst nach Sauerstoff, den aber irgendwann nicht mal die Beatmungsgeräte mehr in hinreichender Menge zur Verfügung stellen können. Wenn Du Glück hast, medizinisch gut versorgt zu werden, wirst Du mit Tranquilizern ruhiggestellt, damit Panik und Schmerzen Dich nicht wahnsinnig machen. Am Ende, nach Tagen oder Wochen, bist Du nur noch ruhiggestellt, stirbst nach langen Tagen des Leidens, indem Du bewusstlos rüberdämmerst.

Klingt brutal, aber das ist es, worüber wir reden. Das ist das Leid, über das Plittikörr aktuell entscheiden, wieviel wir des Kommerzes wegen davon vermehrt akzeptieren sollen.





Samstag, 25. April 2020

Ernüchtert! (Imperativ, 2. Pers. Pl.)


Befremdlich ist's, wer derzeit mal wieder in völliger Unkenntnis der Sachverhalte über Schule und schulische Dinge zu simpeln sich nicht entblödet.

Um es kurz zu machen:

"Lehren bedeutet nicht, ein Fass zu füllen, sondern eine Flamme zu entzünden."
Angeblich von Heraklit und demnach 2.500 Jahre alt, aber es gibt auch jüngere Zuschreibungen.


Wenn corona-aktuell über digitalen Unterricht, über Samstags-Unterricht, Ferien-Verkürzungen etc. öffentlich diskutiert wird, dann geschieht das immer auf der Basis des Fass-Füll-Gedankens. Sinngemäß: "Sieh an, hier fehlen ein paar Wochen Unterricht, den Stoff trichtern wir ersatzweise hier, hier und hier ein, dann sollen die Kinder noch dieses und jenes Youtube-Video anschauen und diese und jene Aufgabe lösen - fertig."

Wissen als quantifizierbare, portionierbare Ware, als Stoff, den man handeln und bepreisen kann. So denkt man gern im Kapitalismus.

Der Auftrag von Schule ist aber "Bildung" zu vermitteln, und das bedeutet: Der "Unterrichtsstoff" ist nur schnödes Vehikel, um die Schüler*innen zu selbständig denkenden, kritischen, solidarischen  Geistern zu erziehen, so steht's im Gesetz. Evolution unterrichtet man nicht, damit die Kinder wissen, wer von wem abstammt, sondern damit sie nachvollziehen, wie Denken, in diesem Fall: ein sehr kluger, kritischer, naturwissenschaftlicher Gedanke, unser Bild von der Welt umgehauen hat, dass Weltbilder umhaubar sind und dass es immer mal wieder nötig ist, sie umzuhauen. Meine verstorbene Frau hat Programmierung und Datenbank-Trallala unterrichtet und immer wieder betont, dass es dabei eigentlich nicht um Computer und Datenverarbeitung, sondern letztlich nur um Yoga ginge.

Lehrer*innen, jedenfalls die Guten unter ihnen, sind keine Stoff-Abfüller, sondern Denkend-Macher.

Und eines ist ganz klar: Jede Stunde, die wir nicht im klugen, mitunter witzigen, stets menschlichen direkten Gespräch mit unsern Lerngruppen verbringen, ist ein für alle Mal verloren und nicht ersetzbar!

Das ist kein Plädoyer für einen unverantwortbaren, überstürzten Wiedereinstieg ins Pre-corona-Leben. Es ist nur ein Plädoyer wider den Ungeist, so zu tun, als sei ein technischer Ersatz für die menschliche Klassenraum-Kommunikation denkbar. Ich habe größte Bedenken, dass da bei viel zu vielen Technik-Nerds und den Krisen-Gewinnlern der Konzerne so ein Furz im Kopp bleiben könnte, die Digital-Nummer habe ja während der Corona-Zeit so gut geklappt, warum also damit aufhören?

Was im Moment und in den nächsten Monaten in Schulen abgeht, ist gewiss das Beste, was unter diesen Umständen möglich ist. Aber verglichen mit richtigem Unterricht, mit der Vermittlung von Bildung, ist es Moppelkotze, bestenfalls Ersatzbefriedigung!




(Plakat 1910 via wiki commons)


















Donnerstag, 23. April 2020

Augen auf bei der Berufswahl!


"Der hat jetzt fünf Wochen Urlaub gehabt, der hätt' ja auch mal die Hecke schneiden können  ...!"

Das Letzte habe ich soeben nicht mehr ganz genau verstanden, aber das Erste kam mit einer herrlichen, höllischen, abgrundtiefen Böswilligkeit von jenseits der angenehm hohen und angenehm dichten Hecke zu meinen Nachbarn. Ich mag das, wenn die Leute so einen hilflosen Hass empfinden und den unüberhörbar rauskotzen wollen und müssen, wenn sie aber andererseits leise genug rumkotzen, weil sie zu feige sind, sich gegebenenfalls drauf festnageln zu lassen.

Aber sie haben natürlich Recht: Ist ja schon schlimm, dass man im Strandkorb sitzen und digitale Aufgaben erstellen oder korrigieren kann. That ain't working, ARBEIT beginnt da, wo man einen Spaten in der Hand hat oder einen Tank mit krebserregendem Roundup in die Rabatten entleert. Oder morgens um halb sechs los muss. ARBEIT muss körperlich sein. Und unangenehm. Und wehtun.

Im Strandkorb im Garten sitzen und mit einem Stift in der Hand was lesen, ist auf keinen Fall ARBEIT!

Auch ein Buch lesen ist keinesfalls ARBEIT. Buch lesen ist per se irgendwas angeschwult Elitäres und bestenfalls dem Freizeitbereich zuzuordnen und nichts, was ein anständiger Mensch zu einer Tageszeit macht, in der man auch ARBEITEN kann ...

Ich liebe unüberbrückbare Vorurteile. Sie machen das Leben so einfach, die Dinge so transparent. Und wenn Du die Welt nur in sehr wenige, sehr große und sehr robuste Schubladen einsortierst, dann musst Du am Ende auch gar nicht mehr so viel denken.

Richtig ist: Was berufliche Konsequenzen der Corona-Krise betrifft, sind wir Lehrer*innen im ÖD bisher ziemlich gut weggekommen. Die meisten von uns hätten dennoch liebend gerne ihren alten, gewohnten Rhythmus wieder. Wir haben uns den status quo weder ausgesucht noch ihn begrüßt.

Eine französische Lehrerin hat neulich in einem Interview treffend festgestellt: Man bezahlt Feuerwehrleute auch nicht nur dann, wenn es brennt. Die vielen tausend Lehrer*innen in Deutschland haben die Aufgabe, Millionen junger Menschen zu unterrichten. Für unser Land hat der Souverän, das Volk aus mündigen Staatsbürger*innen, das so beschlossen. Wir brauchen besonders viel Bildung, weil wir so verdammt wenig Rohstoffe haben. Dass uns Lehrer*innen derzeit teilweise die Hände gebunden sind, ist doof. Wir alle finden das doof.

Klar soweit?



(stark verändert via I-net)