Wenn man einmal angefangen hat darauf zu achten, welche Ministerposten mit Menschen welcher Kompetenz besetzt werden, zeichnet sich ein durchgängiges Bild, das, sagen wir, Anlass zu Fragen gibt:
Ganz allgemein stellt man fest, dass designierte MinisterInnen in der überwiegenden Zahl der Fälle inkompetent sind. Damit meine ich nicht nur, dass sie niemals qua Berufspraxis, Ausbildung oder Studium mit ihrem künftigen Ressort kollidiert sind, sondern auch, dass sie in ihrer bisherigen politischen Laufbahn bis dato niemals mit dem Thema zu tun hatten.
Oft genug habe ich darüber gewitzelt, aber nun, da ich merke, dass das Phänomen flächendeckend ist, beginne ich, die Sache ernster zu nehmen. Fragen wir also mal, welche Vorteile durch und durch inkompetente MinisterInnen haben, oder besser: WER hat einen Vorteil, wenn MinisterInnen von ihrem künftigen Ressort so viel Ahnung haben wie ein Lurch vom Triebwerksbau?
Zunächst einmal die/der betreffende PlittikörIn selbst. Es ist natürlich eine feine Sache, wenn Du aus innerparteilichem oder Koalitions-Proporz einen hochdotierten Ministerposten brauchst und dabei auf Fachliches keine Rücksicht genommen werden muss. Man stelle sich vor, die Koalitionsverhandlungen und die innerparteilichen Drecks-Machtspielchen hätten für einen zu verschachernden Posten beispielsweise das Profil ergeben "CDU - Ossi - Frau - U50" und dann käme auch noch einer mit der Forderung - was weiß ich - "Grundkenntnisse in Umwelt-Scheiß" oder so. Da findste doch keinen, das geht gaaar nicht!
Auch die Ebenen der StaatssekretärInnen, Abteilungsleiter etc. in den Ministerien, die ewigen "powerfull second", wünschen sich natürlich eher jemanden, den/die sie wie Wachs in ihren Händen kneten und verbiegen können, als jemanden, die/der fachlich versiert ist und entsprechend selbstbewusst führen kann.
Das Gleiche gilt für die Lobbyisten: Ein/e MinisterIn, die keine Ahnung hat, ist natürlich viel leichter manipulierbar, während jemand mit Erfahrungen und Durchblick ganz ausgesprochen schädlich für's Geschäft wäre. Würde jemals ein/e erfahrene/r LehrerIn zur/m KultusministerIn aufsteigen, müsste Bertelsmann 'ne Gewinnwarnung an die Aktionäre rausgeben. Da sei Gott vor!
Ganz reizend ist's auch für die jeweiligen Kabinettschefs auf Bundes- oder Landesebene, wenn sie nämlich wissen, dass praktisch alle Leute am Kabinettstisch ein dauerhaft schlechtes Gewissen haben, da sie, die Minister, ja wissen, dass alle wissen, dass sie wissen, dass alle wissen, dass sie eigentlich keinen blassen Schimmer von dem haben, was sie da gerade auf höchster Ebene leiten und (eigentlich, theoretisch) zu verantworten haben. So etwas macht viele (nicht alle!) Menschen demütig und handzahm.
Ausnahmen scheint es nur in den Finanz- und Wirtschaftsressorts zu geben. Während eine designierte Kultusministerin schon mal ungestraft im Radio-Interview sagen kann, sie habe überhaupt keine Ahnung von ihrem Aufgabengebiet, aber viel Spaß, sich in unbekannte Sachverhalte einzuarbeiten, würde so etwas einem Finanz- oder Wirtschaftsminister in spe das Genick brechen. Das bedeutet nicht, dass da Leute mit professionellen Vorkenntnissen antreten, aber es werden nur jene auf die Posten gehievt, die schon lange genug als PlittikörrInnen in dem Bereich herumwurschteln, um zu wissen, dass sie eigentlich überhaupt nichts zu melden haben, weil nämlich die MÄRKTE, sprich: ein paar wenige Konzerne, alles entscheiden. Es wäre für die Finanz- und Wirtschafts-Lobbyisten einfach unzumutbar, alle vier Jahre wieder den Willen, die Seele und den Geist irgendwelcher Newbies brechen zu müssen. Das kostet jedes Mal Kraft und Zeit, es nervt, und falls es an die Presse durchsickert, macht es für ein, zwei Tage einen schlechten Eindruck.
(via wiki commons)
Kompetenz wird überschätzt. Es reicht doch, wenn man so einen allgemeinen Überblick hat. *
* Ich gebe zu: Das war Ironie! Wenn Triebwerksbau wie Politik funktionieren würde ... oh nee, lieber nicht dran denken. (Dito: Chirurgie, Straßenbau ... eigentlich alles.)