Montag, 26. September 2016

"Neidsteuer"


Der Kommentator für die Bundespolitik ätzt im unvermeidlichen Provinz-Käseblatt gegen die Sozis in Berlin, die gerade einen Vorschlag erarbeiten, die mickrigsten und mittleren Einkommen steuerlich ein wenig zu ent- und die Superreichen um ein Nichtigstel mehr zu belasten. Der Kommentar trägt tatsächlich als Titel den Begriff "Neidsteuer", obwohl der Text darauf gar keinen Bezug nimmt.

Mich befremdet das. Wir leben in einer Zeit, in der Jedem und Jeder klar ist, dass die Schere zwischen den paar Pervers-Superreichen und den restlichen 99 Prozent immer schneller immer weiter auseinanderläuft, in einer Zeit, in der selbst konservativste Finanzer sagen, dass die Droge vom ewigen Wachstum in die Katastrophe führt, sie aber leider keinen Plan B haben, aber dringend danach suchen.

Und in so einer Zeit holt der Kommentator des "Harlinger" diese völlig antiquierte und ausgelutschte "Neiddebatte" aus dem Sarg. Wie geht das?

Ist er

A.) geistig in den Fünfzigern des letzten Jahrhunderts stehen geblieben und hat er seitdem keinen neuen Gedanken mehr aufgenommen, geschweige denn, selbst gedacht?
B.) ein inkompetenter Idiot? Oder ist er
C.) ein korruptes Arschloch, das sich bei den Reichen einschleimen will, hoffend, dass dafür ein Brosamen von deren Tisch ihm hingeworfen würde?

Alles unplausibel.

Zu A.) Wer die Entwicklung der letzten 60 Jahre verpennt hat, wird ja wohl kaum Gelegenheit bekommen, diese Altlasten im Jahre 2016 in einer Zeitung zu verklappen, die auch nur einen Hauch von Qualitätsanspruch hat.
Zu B.) Also, bitte! Als würde der "Harlinger" Artikel von inkompetenten Iditoten drucken ...
Zu C.) Nein, nein, nein, ich weigere mich, den Gedanken zu akzeptieren, es würde wieder Großkapitalisten geben, die nur mit dem Finger schnippen müssen, damit die Horde sabbernder, devoter Journalisten ihnen willfährt. Wir geben hier doch kein Karl-Marx-Reenactment, und wir sind auch nicht im alten Rom.

Wirklich, für mich ist diese Sache völlig verwirrend. Das wäre ja fast so, als würde eine namhafte CDU-Plittkörrin plötzlich alte Nazi-Floskeln in die Flüchtlingsdebatte werfen. Völlig bescheuert. Völlig abstrus. Völlig undenkbar.


(Feuersturm Hamburg 1943 - via wiki commons)
Es spielen mal wieder dumme Wichtigtuer mit dem Feuer, Leute, die zu doof sind, die zu wenig Phantasie haben, Konsequenzen ihres Tuns zu denken.





Sonntag, 25. September 2016

Simples Unverständnis


Die Medien liefern nun ständig schöne, hochaufgelöste Nahaufnahmen schwerverletzter Kinder, die man aus irgendwelchen frischzerbombten nahöstlichen Ruinen rettet. Dazu Erläuterungen, die zusammengefasst lauten: "Die Anderen waren's!". Es waren immer die Anderen, egal, von welcher Seite die Verletzte-Kinder-und-heulende-Mütter-und-ernst-blickende-Väter-Propaganda gerade lanciert wird.

Und jeder Bericht macht unterschwellig klar, dass der Zeitpunkt, es den Anderen mal so richtig heimzuzahlen, längst überfällig ist, aber sowas von.

Ginge es nicht um das millionenfache Leid von Menschen, ginge mir der ganze Seich inzwischen kalt am Herzen vorbei. Das Ganze ist so durchschaubar, so banal und wegen zu vieler Wiederholungen so laaaangweilig.

Aber es geht um Menschen, und deshalb verzweifle ich an einer ganz simplen Frage: Wie können Juden, Syrer, Libanesen, Jesiden, Palästinenser, Sudanesen, Yemeniten etc. etc., also Leute, die in jüngster Zeit selbst so viel Leid durch Rassismus, Faschismus, Fundamentalismus, durch Krieg, Vertreibung, Folter erfahren haben, NICHT mitfühlend, barmherzig, aufgeklärt, humanistisch, tolerant, friedliebend, demokratisch sein?

Und kommt jetzt nicht mit dem blöden Spruch "Die Anderen verhalten sich wie Arschlöcher, deshalb müssen wir das auch tun." Arschloch ist Arschloch. Immer.


Wenn Du Deine Feinde für böse hältst, 
bist Du selbst ein Feind.
Lao-Tse


 (via wiki commons)
Oft wird behauptet, die Friedenstaube sei ein Symbol für ein naives Weltbild.
Nun, die Denk-Alternativen führen ausnahmslos zu bestialischen Ergebnissen.
Uns bleibt eigentlich nur die Taube, wenn wir menschlich bleiben wollen. 














Donnerstag, 22. September 2016

Bedrohlich



Hm. Ein SPON-Artikel beklagt, dass ein Disney-Animation-Film nun erneut den Bestand seltener Tropenfischarten bedroht, da der Protagonist ein Paletten-Doktorfisch sei und die weltweite Nachfrage nach diesen Tieren als Haus-, genauer: Aquariumstiere nun dramatisch ansteige. Vergleichbares sei auch mit Clownfischen nach dem Film "Findet Nemo" geschehen.

Der genaue Appell dieses Artikels erschließt sich mir nicht, aber eins ist klar: So gerne ich auch auf Konzerne schimpfe, so sehr ich auch einen wohlbegründeten Widerstand gegen die hirnlose US-Amerikanisierung der Kultur pflege, so deutlich muss auch gesagt werden: Dem Disney-Konzern ist in diesem Zusammenhang kein Vorwurf zu machen. Es ist nicht plausibel anzunehmen, dass die Disney-Leute ein perverses Interesse an der Ausrottung knuddeliger Fischlis haben, es ist wahrscheinlich nicht mal so, dass die am Hype um die realen Clown- und Paletten-Doktorfische etwas verdienen.

Nein, dieser Schwachsinn ist der ganz individuelle Konsum-Schwachsinn des globalen wohlhabenden Bürgertums.

Eine Macht, die mir mehr Angst einjagt, als der adipöse Irre aus Pjöngjang.




(verändert via wiki commons)





Mittwoch, 21. September 2016

Angestrengte Bazis


Fast (!) kann einem die CSU leid tun. Da eiern sie mühevoll jahrzehntelang um ihren zutiefst nationalistischen (auf Bayern bezogen) und rassistischen (auf Nicht-Bayern bezogen) Markenkern herum und geben sich brutalstmögliche Mühe, ihre dümmlich-arrogante Wurzelseppelhaftigkeit quasi nur als Imprematur gleichzeitig unauffällig und doch unübersehbar hinter einer dünnen Firnis pseudo-demokratisierter Bejahung der FDGO durchscheinen zu lassen, ...

... und dann kommt die AfD und erzielt Erfolge, in dem sie das ausspricht, was alle CSU-Wähler sowieso denken, aber einander nur nonverbal, jovialaugenzwinkernd, permanent selbst versichern.

Ist klar, dass Leute wie Seehofer irgendwann durchdrehen und Generalsekretär Scheuer ganz offen rauslässt, was er einfach nicht mehr halten kann:

'"Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist.“ Laut einem Mitschnitt sagte er danach: 'Weil den wirst du nie wieder abschieben.' Medien hatten ihn an dieser Stelle mit den Worten zitiert: 'Den kriegen wir nie wieder los."' (dpa via nwzonline.de)

(verändert via wiki commons)

Ja glaubt Ihr denn, es sei einfach, Bayer zu sein? 
Es erfordert per-ma-nen-te Kon-zen-tra-tion! 
Sobald Du einmal nachlässt, besteht die Gefahr, dass Du anfängst zu denken. 







Montag, 19. September 2016

Oh nein, nicht den! Bitte nicht den!



Althusmann! Sie haben tatsächlich Bernd Althusmann zum MP-Kandidaten gemacht. Der Mann hat kein Profil, keine eigene Idee, nichts geleistet, erst recht nichts Gutes, vor allem, als er vorübergehend Kultusminister in Niedersachsen war, ein Amt, das grundsätzlich nur an totale Nullnummern vergeben wird, die nichts können, nichts dürfen, aber aus Proporz-Gründen in die Ministerrunde gehievt werden müssen.

Himmelnochmal, wie abgrundtief muss eine Partei gesunken sein, um so einen Hanswurst für so ein Amt zu nominieren. Haben die wirklich keinen anderen? Irgendeinen!?

Lage in Niedersachsen demnach wie folgt: CDU soeben unwählbar geworden, FDP seit altersher 'ne peinliche Lachnummer, und wer mit der jetzigen rotgrünen Landesregierung unzufrieden ist, kann nur noch Die Linken oder AfD wählen. Ich habe nichts dagegen, Die Linken zu wählen, aber viele enttäuschte CDU-Wähler (d.h. alle, die B.A. kennen), werden das wahrscheinlich nicht tun.

Die hemmungslos öffentlich gelebte Kombination aus Inkompetenz, Machtgeilheit und Selbstüberschätzung befeuert die allgemeine  Politiker-Verdrossenheit. Schlechte Zeiten für die Demokratie.
 


(verändert via irregulartimes.com)






Dienstag, 13. September 2016

Verblödungs-Gradient



Lese grade Chronik "Tag für Tag in Wort und Bild" der Jahre vor dem Ersten Weltkrieg. Neben ganz viel Kultur, Sport und den alltäglichen, allbekannten dreckigen, lobbybefeuerten Polit-Spielereien schleicht sich über die Jahre ein immer nationalistischerer Ton in die Statements aller Machthaber, immer noch ein bisschen unnachgiebiger, noch ein bisschen rassistischer, noch ein bisschen arroganter, noch ein bisschen mehr auf dicke Hose, von Jahr zu Jahr.

Und alle sagten, sie seien natürlich für den Frieden, und drei, vier Jahre später war Krieg, Weltkrieg.

Vergleiche ich den Vollverblödungs-Gradienten des allgemeinen Polit-Sprechs von 1910 mit dem von 2016, dann krieg' ich's mit der Angst zu tun.




(via wiki commons)


Wenn die Fahnen flattern, ist der Verstand in der Trompete.
(ukrain. Sprichwort)





Samstag, 10. September 2016

Menschengemacht



Ich lese, dass die Außenminister Russlands und der U.S.A. ein Abkommen ausgehandelt haben, in Syrien für Waffenruhe zu sorgen. Eigentlich eine gute Nachricht. Aber es beweist auch, dass der angebliche "Bürger"-Krieg dort von außen zu steuern ist und gesteuert wird.

Wie blöd müssen sich denn die Kämpfer vor Ort fühlen, wenn ihnen so deutlich vor Augen geführt wird, dass sie nur Hampelmänner machtgeiler alter Männer sind, die aus sicherer geographischer und sozialer Distanz die Strippen ziehen?

Und wie viel blöder müssen sich die wehrlosen zivilen Opfer fühlen?

Unfassbarer Irrsinn!



 (sehr stark verändert via web.de)
Und sie fühlen sich auch noch gut dabei. Die sind genau so bescheuert, wie die "da oben".







Dienstag, 6. September 2016

Richtig preußisch


Die Hirntoten der AfD und der anderen Nazi-Parteien sielen sich selbstgefällig in dem Selbstbild, das richtige, das wahre, das aufrechte deutsche bzw. preußische Wesen zu vertreten.

Kein Wunder, ich finde preußische Tugenden auch klasse! Schauen wir uns nur mal an, was der alltime-greatest Erz-Preuße, Friedrich II Hohenzollern, aka "Der alte Fritz", aka "Friedrich der Große" zur Ausländerproblematik sagte :

 "Antwort auf eine Anfrage des Gerneraldirektoriums, ob ein Katholik in einer preußischen Stadt das Bürgerrecht erwerben dürfe: 'Alle Religionen seindt gleich und guht, wan nuhr die leute, so sie profesieren, Erlige leute seindt, und wenn Türken und Heiden kähmen und wollten das Land pöplieren, so wolen wir sie Mosqueen und Kirchen bauen.'" [*1, S. 66]

Das Letzte nochmal übersetzt: "... und wenn Türken und Heiden kämen und das Land bevölkern wollten, so würden wir ihnen Moscheen und Kirchen bauen." Mit "Erlige leute" sind "ehrliche Leute" gemeint, Leute wie Du und ich. Seltsam, der Alte Fritz hatte gar kein Problem mit Überfremdung oder Islamisierung. Der hat gar nicht "Ausländer raus!", sondern "Ausländer rein!" gerufen. Preußen war auch gar nie ein homogener und erst recht kein rassereiner Staat.

Zu den Gefahren des Fundamentalismus hatte Fritze auch Ansichten:

"An die Herzogin Luise Dorothea von Sachsen-Gotha: 'Wer ehrlich nach Wahrheit sucht, wird für seine Brüder stets Nachsicht haben. Nur der Dünkel des Parteigeistes und der persönliche Eigennnutz, der die Sache Gottes als Deckmantel nutzt, drückt den Verfolgern das Schwert in die Hand, das sie vom Altar nehmen. Das ist es, warum ich dem Glaubenseifer der Frömmler mißtraue.'" [*1, S. 70]

Mit den "Frömmlern" waren hier christliche Ober-Einpeitscher angesprochen, aber wir können sicher sein, dass Fridericus islamistische, jüdische und links-rechts-pseudo-demokratische Pendants mitdachte.

Sogar das Voltaire-Zitat "Ich bin zwar anderer Meinung als Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, daß Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen" findet man bei dem "Ersten Diener seines Staates": "[Seine Argumente haben mich nicht überzeugt...] ... trotzdem: wenn man ihn verbrennen wolte, würde ich Wasser herbeitragen, um seinen Scheiterhaufen zu löschen." [*1, S. 71]

Ist das nicht ein cooler König? Tolerant, Aufklärer, ok, auch ein Kind seiner Zeit, es gibt auch ein paar schäbigere Zitate, aber verglichen mit dem Rest der Welt war F II ein Engel, ein Genie und sehr, sehr anti-konservativ. Schlechte Karten für die Braunbratzen!



Jaja, er hat auch Mist gebaut. Aber vergleicht ihn mit seinen Zeitgenossen, und Ihr werdet ihn lieben!










[*1] Piltz G. (Hg.): Friedrich II. Wonach er sich zu richten hat. Urteile und Verfügungen; Berlin 2011

Montag, 5. September 2016

Klugscheißende Spießerarschlöcher


Die AfD-Böberschten, Erdogan, Trump, Kim Jong Un, abrahamitische Theokraten, Nazis, Bayern, Blockwarte, Fundamentalisten of any color and any kind haben geistig alle einen gemeinsamen Nenner:

Die Vision, Dir und jeder und jedem Einzelnen beliebige Vorschriften machen zu können, ohne dabei von Vernunft, Logik, Demokratie, Menschenrechten oder gar Barmherzigkeit angekränkelt zu sein.




 (via wiki commons)
Viel wichtiger finde ich aber nach wie vor die Frage, wie dümmlich-servil, wie süchtig nach devoter Unterwerfung  man als WählerIn  sein muss, solchen Leuten bei einer freien, gleichen und geheimen Wahl freiwillig die Macht in die Hand zu geben? Wenn man Lust dabei empfindet, sich einem kleingeistigen, spießigen Blockwart auszuliefern, reicht dazu nicht die Hierarchie eines Schützen- oder Kleingartenvereins? Muss es immer gleich der ganze Staat sein?





 Stattdessen:

(verändert via spreeradio.de)
Und wenn es 50.000 Mal nicht mein Stil ist [*1]: Ich LIEBE und bewundere Leute, die den Arsch in der Hose haben, immer wieder neu, anders, unangepasst, überraschend, witzig, kreativ zu sein - und das auch zu leben. Davon brauchen wir mehr. Das sind die Vorbilder für unsere Jugend!



[*1] Wer weiß. Ich hab's ja noch nicht ausprobiert. Aber mittlerweile bin dafür zu alt und zu fett. 


Mittwoch, 10. August 2016

Zum Wetter


"HARHAR!", dachte ich leise lächelnd und lockte froh, "was bin ich doch ein raffiniertes Ich, dem widrigen Wetter  ein so schlaues Schnippchen zu schlagen, die allfällige Mahd des längst zur Wiese emporgewachsenen Rasens so klug und knapp vor dem nächstdräuenden Regenguss zu einem guten Ende gebracht zu haben!"

Doch dann besann ich mich des Datums und erkannte schmerzlich, dass im Hochsommer den Rasen zu mähen in früher'n Jahren als besondere Kunst nicht grad in Ansehen stund und nicht als Grund galt, sich ob gewiefter Raffinesse selber zu bekeckern.


Tl, dr: 

Anfang/Mitte August: Bin froh, zwischen zwei Regenschauern endlich den Rasen gemäht zu haben  ... Was für ein Scheiß-Sommer!




Jaja, so'n Regenbogen ist natürlich toll, 
aber auf Dauer kein Ersatz für einen 
richtigen Sommer, der seinen Namen verdient.