Dienstag, 9. Februar 2016

Ganz einfach und unverstehbar.


Schlimm ... SCHLIMMM!!!! Schlimm, schlimm, schlimmschlimmschlimm: Der DAX fällt!

Diejenigen, die meinen, sie hätten Ahnung (was sie natürlich nicht haben, denn wenn sie sie wirklich hätten, würden sie sie profitabel nutzen, statt uns, ausgerechnet uns!, davon zu erzählen), meinen, es läge am dauerhaft niedrigen Ölpreis.

Das klingt plausibel. Wenn die ölfördernden Länder kein Geld mit Öl verdienen, können sie auch nix einkaufen, also können unsere Unternehmen auch nix verkaufen, also können die Anteilseigener dieser Unternehmen, die Aktionäre, keinen Reibach machen, also sind die Aktien weniger wert, also sinkt der deutsche Aktienindex, der DAX. Logisch.

Umgekehrt lässt das aber auch folgenden Schluss zu: Nur weil Otto Normalverbraucher an der Tankstelle ständig überhöhte Preise für den Sprit bezahlt, verdienen die Ölkonzerne Mörderkohle, schieben damit die Umsätze der Konzerne an, die deshalb irrwitzige Aktiengewinne an ihre Aktionäre auszahlen können. Logisch.

Kurz gesagt: Es gibt einen ständigen Geldfluss aus den Taschen der Milliarden Normalmenschen in die Taschen einiger weniger Megareicher.

Letztere haben natürlich überhaupt kein Interesse daran, dass das jemals aufhört, dass wir jemals sagen können oder wollen "Ja, nu' is' gut. Jetzt habe ich doch wirklich genug, ich bin's zufrieden." Nein, das wäre fatal. Stattdessen muss es uns immer ein klein bisschen dreckig gehen, wahrhaftig oder gefühlt, nicht zu sehr, denn dann  gibt's Massenunruhen, aber auch nicht zu wenig, denn dann fällt ja der DAX.

Kurz: Ich akzeptiere, dass es im Leben keine Garantie zum Glücklichsein gibt. Aber ich akzeptiere nicht, dass es einzelne Menschen gibt, für die das Nicht-Glücklichsein anderer Profit bringt.


 (verändert via wiki commons)
Warum kloppen die sich so um Aleppo? Da gipps doch gar kein Öl.  Wenn deutsche Konzerne den Auftrag für den Wiederaufbau bekämen, würde der DAX spontan 0,02 Prozentpunkte nach oben hüpfen. Über die Toten redet keiner, aber der Kurssprung des DAX, der käme in die Abendnachrichten.







Montag, 8. Februar 2016

Motivsuche



Ach ist das schöööön. Der Herr niedersächsische Wirtschaftsminister kömmt in die Provinz und, so meldet das Käseblatt, teilt die "Sorgen der Landwirte", hat "ein offenes Ohr für sie", "vertritt ihre Interessen" und verkündet, dass Industrie an sich nix Schlechtes sei.  Die Landwirte sind natürlich begeistert.

Er sagt den Landwirten nicht, dass sie jahrzehntelang einem System falscher Anreize erlegen sind, das angesichts weltweiter, industriell geschaffener Agrarüberschüsse längst an unerbittliche Grenzen stößt, und dass ganz dringend ganz schnell umgesteuert werden muss und dass die Katastrophe desto schrecklicher wird, je länger man weitermacht wie bisher.

Die Motive für Herrn Ministers Ausflüsse wollen wir erneut mit Hilfe einer Plausibilitätsprüfung ausleuchten. Welche der folgenden Erklärungen ist am wahrscheinlichsten?

Erklärung A.) Olaf Lies ist doof.
Auf keinen Fall! Intellekt ist zwar grundsätzlich hinderlich beim innerparteilichen Aufstieg, aber sooo blöd darf man auch wieder nicht sein.

Erklärung B.) Olaf Lies ist inkompetent.
Ja, natürlich. Er ist Wirtschaftsminister und nicht Landwirtschaftsminister. Aber er hat einen Beraterstab, dessen Aufgabe es ist, ihn vor ungewollt idiotischen Aussagen zu schützen. Hat dieser Beraterstab versagt? Dafür gibt es keine Belege.

Erklärung C.) Olaf Lies hasst die Landwirte und will sie absichtlich immer tiefer in die Grütze fahren.
Also bitte! Ich bin ja auch nicht gut auf Plittikörr zu sprechen, aber diese Annahme ist schlicht bekloppt.

Erklärung D.) Olaf Lies glaubt sich selbst, was er sagt.
s. Erklärung C.)


Erklärung E.) Olaf Lies taktiert hier mit billigsten Mitteln auf allzu leicht durchschaubare, zum Fremdschämen peinliche Weise. Er betreibt schleimige, schmierige Klientelpolitik, was ihm umso einfacher fällt, da er keinerlei konkrete Zusagen gemacht hat und für seine Äußerungen niemals zur Verantwortung gezogen werden wird. Und die Bauern sind entweder so verzweifelt oder so blöd, sich von so einem offensichtlichen Scheiß einwickeln zu lassen.
Hm. Tja ...

Interpretation / Ergebnis: Hm. Tja ...
 
Im Sinne einer sozialen Demokratie hätte Lies fordern müssen, dass man nun äußerste Kraft darauf verwenden müsse, Landwirtschaft so umzubauen, dass sie auch in Zukunft für bäuerliche Betriebe ökonomisch auskömmlich und für alle ökologisch tragbar wird. Er hat das Gegenteil getan.

Wann hat sich die SPD eigentlich für das Motto "Es läuft mies. Weiter so!" entschieden? Früher war die alte Tante mal in der Lage, gute Ideen durchzuhalten, ohne die korrumpierende Kurzatmigkeit von Legislaturperioden. Aus und vorbei.




(via wiki commons)
Statt Smiley-Schleimi vielleicht doch lieber ernsthafte Arbeit an der Problemlösung?





Sonntag, 7. Februar 2016

Kategorialer Fehler



Es ist bemerkens - wert,

wie viele Deutsche und Europäer

überzeugt sind,

sie selbst

- und nicht etwa die Flüchtlinge -

seien die Opfer in der "Flüchtlingskrise".





(verändert via panasonic.com)
"Your highly emotional reaction is most illogical."







Samstag, 6. Februar 2016

Mens sana?


Frage: 

Gibt es etwas Frustrierenderes, Niederschmetternderes und Selbstbildzerstörerisches als nach monatelanger (Zwangs-)Pause wieder ernsthaft mit dem Lauftraining anzufangen?

Antwort: 

Ja! Noch frustrierender, niederschmetternder und selbstbildzerstörerischer als nach monatelanger (Zwangs-)Pause wieder ernsthaft mit dem Lauftraining anzufangen, ist es, sich dabei auch noch den inneren Dialog zwischen dem eigenen Schweinehund (SH) und dem Über-Ich (ÜI) bewußt zu machen:

SH: Puuh. Ich kann nicht mehr!
ÜI: Waaas? Wir sind doch gerade erst losgelaufen!
SH: Jaaa, aber mir geht schon die Puste aus.
ÜI: Ooookeee. Dann verkürz' die Schrittlänge ein bisschen.

(Pause)

ÜI: Jetzt trottest Du hier lang wie'n nasser Sack.
SH: Hallooo? Ich tu' was ich kann!
ÜI: Genau das ist ja das Problem! Noch langsamer, und Du läufst rückwärts!
SH: Halt einfach die Fresse, ja!?

(Pause)

SH: Ich glaub' mein rechtes Knie tut weh.
ÜI: Das bildest Du Dir nur ein.
SH: Nee, echt jetzt. Ist ja auch kein Wunder, in meinem Alter.
ÜI: Lauf eine Winzigkeit mehr über den Außenfuß, dann geht's. Außerdem bist Du selbst Schuld, weil Du so fett geworden bist.
SH: Mag sein, ändert aber in diesem Moment nichts an der Tatsache ...
ÜI: Halt die Fresse und lauf, ok!?

(ad infinitum)


(verändert via wiki commons)
Evolutionär sind wir auch heute noch Savannenjäger, d.h. wir sind angepasst an eine Jagdmethode, die darin besteht, auch die ausdauerndsten Lauftiere bis zur ihrer Erschöpfung (wahlweise Hitzetod) zu hetzen und ihnen dann ggfs. mit Bogen oder Speer den Rest zu geben. Warum bin ich bloß so fett, untrainiert und käsig?






Sonntag, 31. Januar 2016

Define: KünstlerIn


Ob man KünstlerIn ist oder nicht, liegt im eigenen Ermessen: Betrachte ich meine mußevollen Gedanken, meine verwertungsfreien Räsonnements als bloße Abfallprodukte des alltäglichen pragmatischen Denkens, ähnlich der Flatulenz beim Verdauungsvorgang?

Oder schaue ich mir selbst interessiert beim Denken zu, mal amüsiert, mal überrascht, mal kritisch? Und bin ich dann hin und wieder mit einigen meiner Denk-Ergebnisse so einverstanden, dass ich mich ästhetisch attackiert fühle, irgendwas damit zu machen, die Sachen irgendwie zu objektivieren?

Ja, ich glaube, so einfach ist das ...



 (Bokia via cubanfineart)

 

Freitag, 29. Januar 2016

Plausibilitätsprüfung


Dass die TTIP-Verhandlungen unter Ausschluss der Betroffenen und der meisten iher Mandatsträger stattfinden, führt gerade wieder mal zu bestenfalls lahmarschig-moderater öffentlich-medialer Aufregung. Wir wissen alle, dass da gerade irrsinnige Profitinteressen ein paar ganz weniger globaler Konzerne gegen unseren Willen und Überlebensinteresse und unter Ausschluss irgendwelcher demokratisch legitimierten Kontrolle auf ewig festgeschrieben werden.

Aber einen lauten Aufschrei, eine Revolution gibt es nicht. Ich möchte gerne verstehen, warum nicht.

Wenn man über die Gründe menschlichen Handelns räsonniert, hilft mitunter die Plausibilitätsprobe. Welche der folgenden Aussagen ist am wahrscheinlichsten?

  • Die Menschen vertrauen voll auf die von ihnen gewählten Mandatsträger. PolitikerInnen sind kompetent, verantwortungsbewusst, intelligent und stets selbstlos bemüht, das Beste für das Land und die Bürgerinnen und Bürger herauszuholen.
  • Die Menschen sind faul und dumm. Sie lassen sich von ihren Plittikörrn gerne betrügen, weil das so hübsch bequem ist, viel bequemer als diese Sache mit dem Selber-Denken oder die Hölle persönlicher Verantwortlichkeit, die mit persönlicher Freiheit immer einhergeht. Titten-TV, Titten-Zeitung, ein starkes Handy-Netz und die Soforterfüllung prekariärer Konsumwünsche, nur darauf kommt's an. 
  • Die Menschen haben sich längst daran gewöhnt, dass "da oben" die Masters of the Universe, eine superreiche, supermächtige Führungscamarilla, völlig abgekoppelt vom Rest der Welt, nach Gutdünken, sprich: dem Prinzip sinnentleerter Profit- und Machtgier, schaltet und waltet. Kannste eh nix machen. Musste Dich irgendwie durchwurschteln.
  • Die Menschen sind gar nicht mehr interessiert an den Machenschaften der "Masters". Wer auch nur einen Funken Geist, Verantwortlichkeit und Mut hat, ist längst aktiv dabei, alternative Strukturen zum völlig durchgedrehten globalen Kapitalismus aufzubauen.  

Option eins können wir getrost außer Acht lassen, nicht mal die Plittikörr selber glauben mehr an diesen Schwachsinn, auf den sie eigentlich einen Eid geschworen haben. Option zwei ist die, die ich am meisten befürchte. Option drei brächte mich zum Heulen: Müssen wir immer wieder die Ich-hab-von-nichts-gewusst-und-konnte-nix-dagegen-tun-Mitläufer-Rolle spielen? Option vier ist die, auf die ich hoffe.



(via http://corporateeurope.org/international-trade/2015/07/ttip-corporate-lobbying-paradise)


Lasst sie uns alle alle boykottieren!



Samstag, 23. Januar 2016

Rien ne va.


Heute 'nen schönen Artikel von Modick über Schreibblockaden gelesen. Jawoll, dachte ich, der sagt, wie's ist. Fühlte mich gebauchpinselt, Phänomene zu verspüren, die sonst nur berühmten, wahren Schriftstellern widerfahren ...

Demnächst wieder mehr.


 (via wiki commons)
Manchmal ist man von der Muse geküsst, dann wieder nicht. Kanntze nix machen.





Donnerstag, 14. Januar 2016

Allgemein vs besonders



Stolpere gerade über das Wort "Menschenrechtlerin". Frage mich, warum einem Menschen dieses Attribut beigelegt werden muss. Sind wir - von ein paar indiskutablen Ausnahmen abgesehen - nicht alle MenschenrechtlerInnen?

Überlege, meiner Visitenkarte den Titel "Luftatmer" hinzuzufügen. Aber warum? Das ist nichts Besonderes. Etwas Besonderes wäre, wenn ich dauerhaft anaerob und / oder methanatmend stoffwechseln würde. Dann wäre vielleicht ein entsprechender Titel auf der Visitenkarte oder in der Presseöffentlichkeit fällig.


Genau so bei den Menschenrechten. Wir müssen nicht hervorheben, wenn jemand dafür eintritt, denn das ist das Normale, eigentlich ein ethisches Minimalziel. Zu reden wäre über die relativ wenigen Ausnahmen, die paar krankhaft egozentrischen machtgeilen Männer, die gerade wieder mal dabei sind, alles kaputtzumachen. Warum sollten Kim Jong-un, Trump, Abd-al-Aziz und Konsorten nicht den Titel "Blödes Arschloch" tragen, presseöffentlich und auf ihren Visitenkarten? Dann wäre automatisch mit-gesagt, dass alle Anderen FÜR Menschenrechte eintreten.

Es kann ganz einfach sein, das Besondere vom Allgemeinen zu unterscheiden. Die richtigen Begriffe helfen uns dabei.



(via wiki commons)
 Das hier ist normal. Nix Besonderes.






Mittwoch, 13. Januar 2016

Heilsam



Packen mich fiebrige Anfälle,
an der Menschen grundsätzlicher Fähigkeit zur Vernunft
zu glauben,
horche ich in Küstenorten,
wie manche Touristen einander
im Brustton und mit weiten Gesten
Ebbe und Flut erklären.





(via wiki commons)





Mittwoch, 6. Januar 2016

Unbegreiflich


Der professorale Lautsprecher der übermächtigen deutschen Autolobby, Dudenhöffer, tönt medienöffentlich, die von der US-Justiz angedrohten Strafen im sogenannten Abgas-Skandal stellten für den angeklagten VW-Konzern "lösbare Risiken" dar.

Wie schön.

Ich vergleiche immer gerne mit Banküberfällen oder besser mit Scheckbetrug in 11 Millionen Fällen mit einer Schadenssumme von daumenpeil 30.000 Euro pro Fall. Und dann stelle ich mir vor, der ertappte Verbrecher sitzt vor dem Richter, spricht permanent von einem "Skandal", statt von einem "schweren Kapitalverbrechen im fortgesetzten Fall", und gibt, als der Richter ihn auf die mögliche Höhe der Strafe hinweist, tiefentspannt zu Protokoll, das sei ein "lösbares Risiko".

Aufschlussreiche Diktion: Ein Skandal ist nichts wirklich Schlimmes, eher etwas, was gewisse Kreise temporär ein wenig aufhorchen lässt, was aber bald wieder vergessen sein wird. Bei einem Schwerverbrechen gibt es Schwerverbrecher, bei einem Skandal gibt es ...? Genau! Niemanden! Skandale sind etwas, das passiert einfach. Es gibt keine Handelnden und also auch keine Verantwortlichen. Man ist verwickelt, aber wer und wie, will niemand wirklich genau wissen. Mein nächster Bankraub wird also auch ein "Bargeldtransfer-Skandal".

Und dann das "lösbare Risiko". "Risikobewertung" ist ein betriebswirtschaftlicher Fachbegriff. Ich wäge mit mathematischen Mitteln ab, ob die Chancen und Risiken eines Einsatzes von Ressourcen die möglichen resultierenden Gewinne bzw. Verluste rechtfertigen. Gesetze, Regeln, Ethik tauchen in dieser eisekalten Rechnung nicht auf. Sie sind in der Bilanz kein Aktivposten, zumal VW ohnehin viel zu groß und zu global ist, um sich mit so angeschwiemeltem Dreck wie nationalen Gesetzen oder gar Ethik befassen zu können. Und die Kundschaft vergisst schnell, die vergessen sooo schnell ...

Wenn Dudenhöfer also sagt, das Risiko sei lösbar, eine etwas verschwurbelte Formulierung übrigens, dann bedeutet das, die betriebswirtschaftliche Kalkulation, die zu der Entscheidung zum massenhaften Betrug geführt hat, geht für VW nach wie vor auf. Es war und ist also betriebswirtschaftlich richtig, was die Manager gemacht haben. Das Risiko der Entdeckung, die Kosten für die eventuelle Bestrafung waren von vorneherein eingeplant. 

Für meinen nächsten Bankraub, pardon: Bargeldtransfer-Skandal, bedeutet das, ich führe eine Kosten-Nutzen-Analyse durch, in der ich das Risiko, überhaupt erwischt zu werden und die Kosten für Strafen, außergerichtliche Deals, Schmiergelder usw. dem voraussichtlichen (steuerfreien!) Gewinn gegenüberstelle. Wahrscheinlich rechnet sich das Ganze nur, wenn ich gleich 26 Banküberfälle, äh Bargeldtransfers, hintereinander durchführe, so dass ich die Kosten für zwei, drei verpatzte Aktionen ( - ich werde erwischt - ) auf die erfolgreichen (d.h. unbemerkt gebliebenen) Aktionen umlegen kann. Vereinzelte Kleinkriminalität lohnt sich nicht, think big. Die Rechnung ist klar, logisch und unangreifbar.

Was ich ums Verrecken nicht verstehe: Warum klingt diese eiskalte, ethikfreie Kaltschnäuzigkeit bei einem Bankräuber so abscheulich pervers und warum tun wir die ganze Zeit so, als sei das für einen Konzern völlig normal und akzeptabel?




 (via http://www.lka.polizei-nds.de)
Ach ist das süüüß! Nein, dass es sowas noch gibt. Richtig wie früher mit Pistole an den Schalter. Ja, traditionelle Kulturtechniken sollten unbedingt gepflegt werden. Hat so'n bisschen was von Bonny-and-Clyde-Re-enactment. Oder wie 'n Mittelalter-Markt. Was für 'ne arme Wurst!