Donnerstag, 13. Juli 2023

Unterste Schublade

 

So hirnzerfetzend dümmlich ist "unsere" Kriegspropaganda geworden, dass ich nur noch mit dreckigem Zynismus und tiefer, tiefer Scham reagiere. 

Das weitgehende Versagen der ukrainische Gegenoffensive im Allgemeinen und der himmelhochjauchzend gehypten Leopard 2 im Besonderen versetzt die (nicht-geographisch-)westlichen Medienleute ¹ offenbar in grelle Panik, und entsprechende geistige black-outs schlagen in ihrer Berichterstattung durch: 

Der private Nachrichtensender "WELT" hat jetzt das wirkungslose Verdampfen der doitschen "Leos" auf dem Schlachtfeld mit einer russischen Hinterhältigkeit erklärt: Die Russen setzen nämlich intelligente Waffen ein!

"Nein!" - "Doch!" - "Ooh!"

So steht es wirklich wörtlich in der Titelzeile: "Wo sind die Leopard 2? Heimtückische Waffe verhindert Panzerschlacht". Drei Aspekte dieser Zeile sind des Bemerkens wert:

  1. Die Medienmacher ¹ stellen eine Frage voran, die ich mir so noch gar nicht gestellt habe, von der sie aber offenbar meinen, damit das Publikum teasern zu können. Beim zweiten Nachdenken begreift man die Logik: Was für eine völlig übertriebene Erwartungshaltung wurde in den letzten Wochen in Bezug auf die Leopard 2 gepusht!? Durchaus vorstellbar, dass die Redaktionen jetzt mit Anfragen überschüttet werden, wann denn, bitteschön, die "Game-Changer" anfangen würden, das Game zu changen. Reagiert die Redaktion hier auf all zu neugierige Fragen?
  2. Meine Fresse, wie oft müssen wir das noch wiederholen? Eine Waffe ist nicht heimtückisch. Die Leute, die sie erfinden und die Leute, die sie einsetzen, können ethischen Bewertungen unterworfen werden, die Waffe nicht.
  3. Oooooh, die Panzerschlacht findet nicht statt! Dabei habe ich mich sooo darauf gefreut! Die Botschaft hinter der Botschaft: Wenn der Russki den Arsch in der Hose gehabt hätte, sich einer guten, alten, ehrlichen Panzerschlacht zu stellen, dann hätte "unsere" Leos ihm aber dermaßen das Fell über die Ohren .... also, sowas von aber auch ... nee, wirklich! Aber der Iwan ist ja nicht nur heimtückisch, sondern auch feige.
    Ich bleibe dabei: Es gibt im Westen eine weit verbreitete Sehnsucht, im Ukraine-Krieg eine Neuauflage der Panzerschlachten des Zweiten Weltkrieges zu inszenieren. Aber diesmal, bitteschön, mit dem "richtigen" Ergebnis!

Und dann kommt der Militärexperte Guido Schmidtke zu Wort, der Sport studiert, eine Medienagentur gegründet und sich in der CDU-Kommunalpolitik in Großenkneten getummelt hat und nur deshalb Militärexperte ist, weil er sich selbst dazu ernannt hat. 

Es ist alles so lausig!

Schauen wir uns die Realität an: Das ISDM Zemledeliye ist "ein hochmodernes Fernminenlegesystem", das sogar von westlichen Miltär-Portalen, die nicht unter dem Verdacht stehen, Putin-Versteher zu sein, gelobt wird, weil es sehr präzise nicht nur eigene und gegnerische Streitkräfte unterscheiden kann, sondern auch militärische und zivile "Ziele". Und: "Addressing concerns related to responsible mine deployment, the ISDM Zemledeliye system incorporates self-destruct mechanisms in every mine. This adherence to the requirements of the convention for mining underscores the commitment to minimizing the long-term impact on affected areas." Zu deutsch: Ein Selbstzerstörungsmechanismus in jeder einzelnen Mine sorgt dafür, dass die Auswirkungen in den betroffenen Gebieten minimiert werden. Die Minen entsorgen sich selbst, statt noch jahrzehntelang Menschenleben zu gefährden

Man vergleiche mit den Streubomben, die die US of A aktuell an die Ukraine liefern. 

Was bleibt: Die Russen setzen ein Waffensystem ein, das in der Defensive (!) ziemlich gut und effektiv ist. Und zwar so effektiv, dass wir eigentlich mal anfangen müssten, den tatsächlichen militärischen Nutzen unserer hochgehypten und schweineteuren High-Tech-Leoparden deutlich in Frage zu stellen.

Das Infragestellen wird aber nicht passieren, denn dann könnten Umsatz-Einbußen bei den Rüstungskonzernen drohen, und das geht ja mal gar nicht. Da ist's natürlich besser, das Bild vom niederträchtigen, barbarischen  Russen aus der untersten Schublade der Propaganda-Werkzeugkiste vorzuholen.




 


NS-Plakat für Polen, 1944: "Gefahr droht aus der Steppe"




¹ Ich schwöre, ich habe ein Wort gesucht, dass nicht in das Framing der neo-faschistischen "Lügenpresse" spielt. Ich kann den Begriff "Journalist*innen" hier nicht verwenden, denn Journalismus ist es nur, wenn es kritisch ist, andernfalls sprechen wir von "Propaganda". Verzeiht mir also mein sprachliches Rumgeeiere und FCKNZS.






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